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4?j u> 'S^ Montag, 25. Februar 1985 - D * * *
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WELT
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*° ilkn deutschen Wcttpspterbörstn
UNABHÄNGIGE TAGESZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND
Nr. 47 - 9.W.- Preis 1,20 DM - 1 H 7109 A
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2
"POLITIK
Zweifel mü Grimm: Deutlicher
als zuror äußerte de Vorsitzende
der SPMundestagsfiaktioa,
Hans-Jochen Vogel, Vorbehalte
gegenüber den Granen. Seme:
Zweäfäsefen großer geworden, da
die Gritaor nicht kompromißbe-
reöff geworden säen. (S. 4)
„Fall Michaelis“: Die Europäi-
sche Volkspartei will heute einen
pri pg li chkgitsaTr trflg im Ey.
ropapariament einbringen, in dem
Maßnahmen gegen die Inhaftie-
rung des Bü rgermeisters von
Arolsen (Hessen), von Michaelis,
vötongt werden. Ein „DDR"-Ge-
ng ht hatte Miohaulfa yor fcurgpm
wegen „Fluchthilfe“ zu sechs Jah-
ren Haft verurteilt. (S.4)
VeQBZähhmg: Der parlamentari-
sche Staatssekretär des Innern,
Waffenschmidt, hat die SPD bei
den „Frankfurter Gesprächen“
tiw Hwwcriwn R undfunk« anfjy .
flattert, die Regkrungskbalition
bei der für 1986 geplanten Volks-
zählung zu unterstützen.
Anschlag: Bei einem Bombenan-
schlag auf die Pariser Filiale einer
britischen Kaufhaus-Kette wur-
den 15 Menschen verletzt Die Po-
lizei hat noch keine Hinweise auf
die Urheber des Attentats.
Nein von Schamfri Als „unan-
nehmbar“ lehnte Israels Außen-
minister Sch am ir die von Jorda-
niens König Hussein und FLO-
Chef Arafat erarbeitete Überein-
kunft znr Losung des Palästinen-
serproblems ab. (S. 8)
US-BÖmster bestätigt: Gut ein
Jahr nach der Ernennung des Prä-
sidentenbaaters Edwin Meese
zum neuen Justizminister durch
Präsident Reagan bestätigte der
Senat mit 63 gegen 31 Stimmen
die Ents cheidung .
Festnahme: Der Vorsitzende der
Vereinigung europäischer junger
Christdemokraten, der Italiener
Massimo Goria, ist nach einer Ver-
anstaltung der christlich-demo-
kratischen Oppositionspartei auf
Malta feat genommen worden. Er
soll gegen ein Gesetz verstoßen
haben, das Ausländem öffentli-
ches Auftreten untersagt
Wahl: Bei den heutigen Wahlen in
Pakistan bewerben sich rund 6000
Kandidaten um 237 Parlaments-
sitze. Macht werden die Abgeord-
neten kaum ausüben können, da
Staatschef Zia mit der Gründung
eines nationalen Sicherheitsrates
die Herrschaft in eohw Hand v*nL
ten wird. (S. 5)
ZITAT DES TAGES
99 Berlin steht bei der Wahl zwi-
schen zwei fundamental gegensätz-
lichen Lagern. Berlin wird nur so
lange in Frieden leben, wie hier alli-
ierte Truppen stationiert sind. Ohne
die Atlantische Allianz wird es kein
freies Berlin mehr geben 99
Vertefdigiingsmxnisler Manfred Wöraer
bei einer Veranstaltung in Berlin (S. 4)
FOTO: DPA
WIRTSCHAFT
Tankstellen-Ahbau: Mit dem ra-
dikalen Abbau des IhnksteHen-
netzes in der Bundesrepublik von
mehr als 46 000 im Jahre 1970 auf
heute rund 19000 hat achjdie
Struktur des Servicemarktes ent-
scheidend verschoben. In der
Rangfolge der größten Netzbetrei-
ber verdrängte Texaco Esso von
dem zweiten Platz. An der Spitze
blieb AraL (S. 9)
Vomthestand: Mehr als 200 Vor-
ruhestands-Tarifrerträge sind seit
dem 1. Mai 1984, als das Gesetz in
Kraft trat, abgeschlossen worden.
Die Verträge gelten für Tarifberei-
che mit mehr als sechs Millionen
Arbeitnehmern. (S.9)
US- Agrargesetz: Ifit einem
„Anpassungsgesetz für die Land-
wirtschaft 1985“, das die Farmer
auf einen stärkeren Marktkurs
bringen soll, will Washington die
Larxiwirtschaftspolitik grundle-
gend reformieren und durch die
Steigerung von Agrarexporten an-
dere Staaten zu einer Änderung
ihrer Agrarpolitik zwingen. (S. 10)
WELT-Serie Länderchefs
Kennen wir unsere Länderchefs? WELT-Cbefreporter Horst
Stein hat ihnen beim Regieren zugeschaut. Im dritten Beitrag
dieser Serie porträtiert er Hans Koschnick, der seit 1967 ctie
Geschicke Bremens lenkt. Seite 7
KULTUR
Antoine Watteau: Mit den Wer-
ken des in Valenöennes gebürti-
gen Künstlers Watteau stellt
Schloß Chariottenburg in Berlin
mit seiner Ausstellung „den Ab-
schied von der alten Historien-
malerei“ vor. (S. 19)
Märchen: Neue Märchen aus der
Sammlung der Gebrüder Grimm
sind in einem Nachlaß entdeckt
worden. Die Grimm-Gesellschaft
will sie anläßlich des 200. Ge-
burtstages von Wilhelm Grirain
1986 veröffentlichen.
SPORT
Ski Alpin: Riesenslalom-Weltmei-
ster Markus Wasmaier blieb bei
derideutschen Meisterschaften in
Garmisch ohne TfteL Eine Folge
seines Slaloms zwischen Sport
und Werbung? (S* 13)
Fußball: Der frühere Nationaltrai-
ner Derwall will den Präsidenten
spmiw: türkischen Klubs Galatasa-
ray Istanbul wegen Beleidigung
verklagen. Er fördert 500 000
Mark Schmerzensgeld- (S. 12)
AUS ALLER WELT
Rolte.der Franc Der Konflikt der
Frauen zwischen, dem traditionel-
len Bild von Weiblichkeit und den
Ansprüchen der Emanzipation be-
stimmte die Diskussionen auf
dem zehntel Westdeutschen Psy-
chotherapie-Seminar in Aachen.
Entscheidend sä, so meinte die
Psychßtherapeutin Melitta Mit-
schshch, die „geschlechtliche
Identität“ als Fundament weibli-
chen Selbstbewußtseins. (S. 20)
„Goldene Kamera“: Noch nie in
seiner Geschichte erlebte Berlins
Congress Centrum am Wochen-
ende ein solches Aufgebot an
Stars. Zum 20. Mal hatte Europas
größte Femsehzertschrift, „Hör-
zu“, zur Verleihung der „Golde-
nen Kamera“ Millio-
nen verfolgten das Spek t ak e l am
Femsehschinn. (S. 20)
Wetten Sonnig. 5 bis 10 Grad.
Außerdem lesen Sie in d ies e r A
Camorra-Pra«B In Neapel: Nur
der Abgeordnete Enzo Tortara
muß nicht in den Käfig S.3
Leichtathletik: Der Schwede Pa-
trick Sjjöbeig sprang in geliehenen
Schuhen 2JS& Meter S.13
Ökumenische Tagung: Sorgen WELT-Keport Factoring: Sn al-
und Hoffcungen der jTniamter ter Paragraph stellt die Branche
mft nichtdeutschem Paß" S.4 wieder vor Probleme S. 15 bis 17
Zypern: Kyprianou widersetzt Fernsehen: SPD-Pohtiker Hans-J.
sich dem Druck der Parteien - Vogel schreibt über den amenka-
Streit über Plan der UNO S.5 niseben Bürgerkrieg S.18
Ferm Personalien und Leser-
briefe an dte Redaktion der WELT
-Wert des Tages S.6
Bdebtdoe: Kronkolonie Hong-
kong ist w e hwei t einer der bedeu-
tendsten Unrachlagplto S.16
Pankrac J. Habermas und die Ba-
nalität - Über das Papiergemüt
eines Katbedertiengstes S.19
jwarthimüifjhi: Zu ergötzen die
Herzen mit Singen und Scherzen
- Von Dietbait Goos S.20
„Nur noch wenige Quertreiber.
Keine Gefahr für Koalition“
Bangemann sieht eine Reihe gemeinsamer Aufgaben über 1987 hinaus
DER KOMMENTAR
DW. Saarbrücken
Der neugewählte FDP-Vorsitzen-
de, Bundeswirtschaftsminist er M ar-
tin RangPtnann, ha t in pirmm WKI.T-
Intervißw deutlich gemacht, daß er
„nichts sieht, was die Bonner Koali-
tion gefährden könnte. Wir haben un-
sere Aufgaben noch nicht zu Ende
gefühlt“ Mrt Martin Rangomann
sprachen Stephan Heydeck und Pe-
ter Phillips.
WELT: Herr Bangemann, welche
Bedeutung hat das am Wochen-
ende verabschiedete liberale Mani-
fest?
Bangemann: Es hat bewußt Manifest-
charakter, das heißt, es ist eine Stand-
ortbestimmung, die ' in 1 konkrete
gen umgesetzt werden muß. Wir ha-
ben noch zwei Jahre Zeit bis 1987, die
Fraktion kann zeigen, wie wir moder-
ne Technologien nutzen, ökologische
Marktwirtschaft machen wollen. Und
dte Partei muß an «nigpn Stellen
handfest programmatisch arbeiten,
beispielsweise in der Steuer- und in
der Sozialpolitik.
WELT: Sie haben auf dem Partei-
tag unterschieden zwischen Quer-
denkem und Quertreibern in der
FDP. Waden Sie - wie früher -
auch als Parteivorsitzender zu den
Querdenkem gehören?
Bangemann: Ja. Natürlich kann und
muß eine liberale Partei auch kontro-
vers diskutieren, aber Quertreiberei
wäre es, wenn Minderheiten Be-
schlüsse nicht mittragen.
WELT: Sind Hirsch, Baum und
Hamm-Brücher Querdenker?
Bangemann: Ja.
WELT: Und wer sind die Quertrei-
ber?
Ran^mann- Es gibt HUT noch gany
wenige, weil uns eine Reihe von ih-
nen verlassen hat und jetzt bei der
SPD die undankbare Rolle der Vieh-
treiber übernommen hat
WELT: Sie waren Vorkämpfer für
die jetzige Regierungskoalition in
Bonn. Was könnte sie gefährden?
Bangemann: feh «aKa da nichts. Wir
haben unsere Aufgaben noch nicht zu
Ende geführt. Die Entwicklung in dm 1
SPD, vor allem dte Auseinanderset-
zung mit den Grünen, hat unsere
Möglichkeit derzeit Am gpgrenrf auf
die Koalition mit CDU und CSU. Das
ist auch kein Unglück, solange in die-
ser Koalition liberale Politik umzu-
setzen ist Zu den noch nicht zu Ende
Unbehagen über Rühe und Vogel
Warnung vor „AnfWkpmng“ von Reciitspositioiien in der Diskussion um Oder-Neiße-Linie
BERNT CONRAD, Bonn
Namhafte Wissenschaftler haben
am Wo chenende in Bonn Kritik an
Äußerungen des stellvertretenden
CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden
Volker Rühe und des Staatsministers
im Bundeskanzleramt, Friedrich Vo-
gel (CDU), zu Fragen der deutschen
Ostgrenzen geübt Sie gaben damit
rimm auch von Unionsabgeordneten
geteilten Unbehagen über eine mögli-
che Auflockerung deutscher Rechts-
positionen Ausdruck, die den für
ganz Deutschland geltenden Frie-
densvertragsvorbehalt schwächen
konnte.
Ruhe hatte in einer Aktuellen Stun-
•de des Bundestages am 6. Februar 1
erklärt „Wer nüchtern und ülusions-
los nachdenkt, der weiß, daß der War-
schauer Vertrag eine politische Bin-
dewizkung hat, die auch von einem
wiedervereinigten Deutschland nicht
ignoriert werden könnte.“ Vogel hat-
te in dergleichen Sitzung gesagt, die
Oder-Neiße-Gebiete seien „für die
Bundesrepublik Deutschland Aus-
land".
Zu Rühes Bemerkung meinte der
Kölner Professor Boris Meiss n er, ei-
ner der führenden deutschen Ost-
experten, auf einer Tagung der Stu-
diengruppe für Politik und Volker- (
recht, „politische Bindungswirkung“ ,
werde allgemein als rechtliche Bin- ’
düng verstanden. Wenn aber der Frie- j
densvertrags- Vorbehalt geschwächt 1
werde, gehe es immer auch um Ber-
lin, dein de Berlin-Status gelte bis
«im Friedensvertrag. Territoriale
Fragen bezögen ach nicht nur auf die
Ostgebiete, sondern ebenso auf Ber-
lin. Wer die eine Position erschüttere, .
unterhöhle die andere.
Auch Professor Jens Hacker, Re-
gensburg, bezeichnet^ Rühes Formel
als problematisch. Der Präsident des
Bundes der Vertriebenen und CDU-
Abgeordnete Herbert Czaja stellte
fest, wenn man heute in bezug auf die
Oder-Neiße-Linie von politischer
Bindewirkung rede, dann komme als
nächstes die politische Bindewir-
kung für die Grenze an Elbe und Wer-
ra. Tatsächlich könne es keine Binde-
wirkung geben, die über die rechtli-
chen Handlung grieh tlinien des War-
schauer Vertrages hinausgehe.
Vogels „Auslandsäußerung“, die
schon von mehreren Unionspoliti-
kem kritisiert worden ist, wurde von
Professor Hacker als Verstoß gegen
die Feststellungen einiger höchster
deutscher Gerichte bewertet
Bundesminister Heinrich Winde-
ten (CDU) betonte, ohne Vogel und
Rühe direkt zu erwähnen, die Bedeu-
tung rechtlicher Akribie im Umgang
mit kommunfetisehOT Staaten.
Rechtspositionen könnten zwar Poli-
tik nicht ersetzen. Sie seien aber die
entscheidende Grundlage einer auf
Frieden und Ausgleich gerichteten
Politik.
„Berlin darf nicht ausgegrenzt werden"
Waigel: Auch der Sport mnß nationale Interessen wahren /Neoberger bleibt bei starrer Haltung
MANFRED SCHELL, Bonn
Firw Fußball-Europameisterschaft
1988 ohne Einbeziehung Berlins ist
nach Auffassung des Vorsitzenden
der CSU-Landesgmppe im Bundes-
tag, Theo Waigel, auch aus deutsch-
landpolitischen Grü nden „nicht hin-
nehmbar“. In einem WELT-Gespräch
sagte Waigel am Sonntag: „Lieber
verzichten wir auf die Europameister-
schaft, als daß wir Berlin ein solches
Notopfer zumuten, das langfristig
verheerende Auswirkungen nicht nur
für den Sport in Berlin, sondern auch
für die Wirtschaft und vor allem für
die Politik von Berlin haben müßte.“
„Ausgrenzung“ Berlins, so be-
tonte Waigel, müßte zwangsläufig das
„deutsche Selbstverständnis“, die
Bindungen der Stadt an die Bundes-
republik Deutschland berühren. Da-
mit- werde gu gteteh eine „Statusfra-
ge" tangiert, „die langfristig für Ber-
lin eine Lebensfrage bedeutet Berlin
und . die Bundesrepublik Deutschland
gehören zusammen. Berlin wäre lang-
fristig ohne die poli t ische , wirtschaft-
liche und gesellschaftliche Anbin-
dung - und dazu gehört auch der
Sport - ein Torso.“
Dem Argument von DFB-Präsi-
dent Neuberger, Sport und Politik
hatten nichts miteinander zu tun,
hielt Waigel entgegen: „Es ist richtig,
dte Politik soll dem Sport nicht hin-
SEITE 2:
Noch nicht zu tpfit
einreden. Doch Sportler sind auch
Staatsbürger, und auch Sportfunktio-
näre sind Staatsbürger und haben so-
fern das Wohl ihres Landes im Auge
zu haben.“ Waigel: „Dort, wo durch
den Sport nationale Interessen be-
rührt oder gar existentielle Fragen ei-
nes Staates verletzt werden, darf der
Sport die nationale Politik nicht un-
terlaufen. Deswegen darf im Sport
der Bundesrepublik Deutschland
Berlin nicht ausgegrenzt werden.“
In dieser Dis k ussion, so sagte Wai-
gel im Hinblick auf Neuberger, „hel-
fen auch keine schiefen Vergleiche“.
Er meinte damit die Aussage Neu ber-
gers, der Bundestag halte keine
Plenarsitzungen in Berlin ab. Waigel:
„Dies ist ein törichter Vergleich“,
weil nach dem Berlin-Abkommen
von 1972 durch die Alliierten dte Sit-
zungen des gesamten Parlaments
dort nicht stattfinden, aber sehr wohl
dte Ausschüsse und dte Fraktionen
tagen. Sportveranstaltungen sind
ebenfalls ertaubt, ja geboten, und sie
haben seitdem in Berlin ja auch statt-
gefunden.“
Auf die Frage, ob Neuberger zu-
rücktreten müsse, antwortet Waigel,
dies sei eine „ innerverbandliche Fra-
ge“. Nur Neuberger könne nicht sa-
gen, Sport und Politik hätten nichts
miteinander zu tun. JDie Politik hat
■ Fortsetzung S«ita 8
Sicherer Ton
p: K *! 1 kKKM P
geführten Aufgaben gehört eine Steu-
erpolitik, die weniger als bisher inve-
stiertes Kapital belastet und Leistung
nicht behindert. Wir brauchen also
vor allem eine Korrektur des Einkom-
men- und des Körperschaftsteuerta-
ri fs.
WELT: Also wieder ein histori-
sches Bündnis?
Bangemann: Nein. Aber es gibt noch
Aufgaben für die nächste Legisla-
turperiode. Dte noch von uns ange-
strebten Gesetze können wir nach
nwinor WnsrhätTiing viel eher mit
der CDU/CSU als mit der jetzigen
O pposi tion erledigen.
WELT: Wo liegen dte Schwierigkei-
ten?
Bangemann: Wir haben in der Debat-
te über dm Ersatz der Investitionsab-
gabe unserem Koalitionspartner eini-
ges zugemutet Aber wir haben eine
richtige Position bezogen und letzten
Endes hat die CDU sich unserer Mei-
nupg angeschlossen, obwohl sie sie
nicht akzeptiert hat Ähnliches gilt
für das Ausländerrecht das Demon-
strationsstrafrecht und wird auch für
das Asylrecht gelten. Wir werden ge-
meinsame Löningen suchen. Aber
• Fortsetzung teile 8
D ie Freien Demokraten ha-
ben sich in Saarbrücken
hinter Mar tin Bangemann for-
miert. Alle Abstimmungen zeig-
ten eine neue Geschlossenheit
wie man sie seit Jahren nicht
kannte. Dte Führungsgruppe
nach Genscher gleicht einer
Alpinisten-Seüschaft vor einem
besonders gefährlichen Fels-
überhang. Eine falsche Bewe-
gung, ein falscher Tritt - und
das Ende ist da, für alle. Das
hält zusammen.
Der neue FDP-Vorsitzende
operiert mit zwei Vorteilen: Zu
ihm gibt es keine Alternative, er
ist der Hoffoungsträger der Par-
tei Eine solche Lage verschafft
Autorität und Bewegungsfrei-
heit Tfemgwfflann kann im eige-
nen Kreise entschieden auftre-
ten, er hat das letzte Wort, und
er wird es, wie man ihn kennt,
ergreifen. Das irritierende Laut-
gewirr, das an einen Vogel-
schwarm vor dem Abflug erin-
nerte, ist dem sicheren Ton ge-
wichen.
Der zweite Vorteil: Die Partei
selber besitzt zum gegenwärti-
gen Regierungsbündnis im
Bund und in den Landern (es
sind nur noch zwei) keine Alter-
nativa Aufgrund der Verände-
rungen im deutschen Parteien-
Gefüge sind die Liberalen auf
die Fortsetzung der Koalition
mit den Unionsparteien ange-
USA verschärfen
Angriffe gegen
Sandinisten
DW. Washington
Nach US-Präsident Ronald Reagan
hat steh auch Außenminister George
Sh iiltz eindringlich für eine Wieder-
aufnahme der gegenwärtig vom Kon-
greß blockierten amerikanischen Hö-
fe für die Widerstandskämpfer in Ni-
caragua ausgesprochen. In einer Ver-
anstaltung in San Francisco griff
Shultz dte nicaraguanische Linksre-
gierung in ähnlich scharfer Form an,
wie es Reagan zuvor in seiner Presse-
konferenz in Washington getan hatte.
Shultz warnte, wenn jetzt nicht ge-
handelt würde, könnten die USA spä-
ter zu direkteren »nd gefährlicheren
Ellgriffen gezwungen sein. Der nica-
raguanische Präsident Daniel Ortega
beschuldigte andererseits in einer
Ansprache in Managua dte USA, sie
blockierten dte Lieferung einer
Schiffeladung Öl aus Ecuador.
Shultz warnte den Kongreß, wer
die ni cara . F iaT ” Kf ‘hpn „Freiheits-
kämpfer“ isoliere, der liefere Nicara-
gua .der endlos«) Dunkelheit kom-
munistischer Tyrannei“ aus und füh-
re dte USA auf einen gefährlichen
Weg. Shultz sagte: „Wenn wir näm-
lich jetzt nicht dte geeigneten Schritte
Un t e rnehmen, um die Sflndnusbu 11 ZUT
Einhaltung ihrer früheren Verspre-
chen zu zwingen - die Aufrüstung zu
beenden, den Export der Tyrannei
über ihre Grenzen einzustellen, Nica-
ragua dem freiheitlichen, demokrati-
schen Wettbewerb zu öffnen dann
werden wir vielleicht später, wenn
wir nicht länger untätig bleiben kön-
nen, entdecken, daß die Risiken und
die Kosten größer geworden sind.“
Sette 2: Reagan schafft Klarheit
wiesen. „Pendel-Partei“, um ein
Wort Herbert Wehners aufzu-
greifen, kann sie mangels Masse
gar nicht mehr sein. Für Walter
Scheel, der sich dazu nachdenk-
lich äußerte, entschwindet da-
mit ein „Stück Tradition“. Aber
es war ja gerade diese Tradition,
dte der Partei den Ruf des Wak-
ifplpg und Wankens eingetragen
hatte. Jetzt kann sie nicht mehr
sündigen, sondern muß nun bei
der Sache bleiben und arbeiten.
D ie Koalition mit der Union
ist kein „historisches
Bündnis“, kann aber durchaus
historisch im Sinne von dauer-
haft werden. Gegenüber den
Grünen, die zur Dauerhaftigkeit
wenig Neigung besitzen, ergibt
sich daraus ein positives Profil,
das der Wähler honoriert Sich
auf ein langes Bündnis einzu-
richten, heißt beständige Cha-
rakterzüge zu entwickeln. Sie
liegen, wie das „Manifest“ aus-
weist, in der Entscheidung für
Freiheit und gegen Gleichheit
Das ist ein klarer Ton, und er
erinnert entfernt an die ameri-
kanischen Republikaner Weni-
ger Staat, Förderung der Begab-
ten, Bevorzugung der Individu-
alrechte, Verbindung von Tech-
nologie und Ökologie. Auf die-
sen Gebieten kann eine kleine
liberale Partei entschiedener
operieren als jede der großen
Volksparteien.
Stoltenberg für
»Trendwende“
beim Dollarkurs
DW. Frankfurt
Angesichts der ungebrochenen
Aufwärtsentwicklung des Dollar hat
Bundesfinanzminister Gerhard Stol-
tenberg eine baldige Trendwende zu
realistischeren Kursen und die
Rückkehr zu ausgeglicheneren welt-
weiten Handelsbedingungen gefor-
dert Er appellierte an dte US-Regie-
rung, das amerikanische Zinsniveau
durch eine Verringerung ihrer Haus-
haltsschulden zu senken. Zugleich
sprach sich der Minister für eine Sen-
kung des Spitzensteuersatzes in der
Bundesrepublik Deutschland auf et-
wa 50 Prozent aus.
Stoltenberg äußerte sich bei der
Eröffnung der Frankfurter Frühjahrs-
messe über den Dollarkurs: „Auch
die stärkste Wirtschaftsmacht der Er-
de kann auf Dauer nicht mit einem
dramatisch steigenden Handelsbi-
lanz- Und Zahh ingsb Uanzriefizi t von
jetzt schon rund 125 Milliarden Dollar
jährlich leben.“ Der hohe Dollarkurs
werde zunehmend zu einem Risiko
für dte USA selbst Gleichzeitig ver-
teidigte Stoltenberg die westeuropäi-
schen Industrieländer vor „den blau-
äugigen Bewunderern des Dollarhö-
henflugs und Verachten) der wirt-
schaftlichen Grunddaten Westeu-
ropas“. Derzeit betrage der Abstand
im langfristigen Zins gegenüber den
USA rund vier Prozent Der Minister
verwarf dte Möglichkeit einer Zinsan-
hebung in der Bundesrepublik.
„Niedrige Dollarzinsen sind übrigens
auch eine wesentliche Voraussetzung
dafür, daß die internationale Schul-
denkrise unter Kontrolle gehalten
und schließlich gelöst werden kann“,
gab Stoltenberg zu bedenken.
Beite 9: Mit mehr Schwung gestartet
Schwerkranker Mann an der Wahlurne
R.-M. BORNGÄSSER, Moskau
„Die ganyp Macht der UdSSR ge-
hört dem Volk“, kündete weithin
ächtbar dte Inschrift des blutroten
Plakates an dem alten Schulgebäude
hinter dem Kutusowsky-Prospekt in
Moskau. Miliz-Soldaten mit roten
Armbinden wiesen den Bewohnern
aus dem Viertel der Innenstadt den
Weg zum Wahllokal. Sonntag in Mos-
kau. Dfe Kampagne zur Neubestel-
lung der Obersten Sowjets in den Re-
gionen und Kommunen ist beendet
Tschemenko, der Chef, erschien zur
Wahl in seinem Bezirk. Das Fernse-
hen zeigte ihn in Bettung des Mos-
kauer KP-Chefs Grischin zuerst sit-
zend, dann stehend, auf die Urne ge-
stützt Ein schweikranfeer Mann.
In dar Nacht waren in Moskau rote
Fahnen mit schweren Goldquasten
und Girlanden aufgezogen worden.
Auch die Taxis und Omnibusse sind
mit Wimpeln geschmückt Am Sams-
tagabend erleuchtete ein Feuerwerk
die Hauptstadt Vielfarbige Fontänen
tauchten dfe Türme und Kuppelnder
Stadt in Regenbogenfarben.
Bereits um sechs Uhr morgens öff-
neten die Wahllokale. Am Vormittag
herrschte reger Betrieb, ganze Fami-
hen-Clans rückten an. Die Musiker,
die die Ankommenden mit einem
Ständchen zu begrüßen hatten, wirk-
ten gegen Mittag ermattet Immer
häufiger genehmigten sie sich einen
Schluck aus der Wodkaflasche. Nur
die flhknmmanriiert en Schulmäd-
chen, die jedem Wähler eine rote Nel-
ke überreichten, waren noch mit Elan
bei der Sache.
In dem ziegelroten Schulgebäude
hinter dem Kutusowski-Prospekt
hatten vor sechs Jahren Breschnew
und Andropow ihre Stimmen abgege-
ben. Doch diesmal zeigte sich kein
Poli ^Prominenter. Drinnen im Wahl-
raum geht es ruhig und gedampft zu.
An emem langen Tisch sitzen die
Wahlhelfer. Der Wähler zeigt seinen
Ausweis vor, wird von der Namensli-
ste abgehakt, erhält zwei Wahlzettel -
für jede Kammer einen, auf jedem
steht nur ein Name - und geht dann
zur Urne. Sie steht am Saalende vor
piner hlumpngpsfhm uoli'ten Lenin-
Büste. Die Wahlkabine im Hinter-
grund, wo man den Kandidaten-Na-
men durchstreichen oder durch ging»
anderen ersetzen könnte (das würde
ein „Nein“ bedeuten), wird von nie-
mandem benutzt
Nach der Stimmabgabe geht es in
einen Nebenraum, wo dem „Wähler“
ein Glas Sekt und Häppchen serviert
werden. Auf dem Buffet türmen sich
die sonst so seltenen Apfelsinen zu
Pyramiden. Wer bis zum Mittag nicht
gewählt hat, bekommt Besuch von
einfrm Agitator, wie die etwas auf-
müpfige Studentin, nennen wir sie
Lydia, zu berichten weiß. Die Agitato-
ren sind nicht besonders zimperlich,
wenn es gilt, die Wähler zur Urne zu
treiben. Kann sich also niemand wei-
gern? Lydia zuckt mit den Achseln
und meint resigniert: „Haben wir
denn eine andere Wahl?“
Schon vor Schließung der Wahllo-
kale um 18 Uhr steht der überwälti-
gende Sieg des offiziellen „Blocks der
Ko mmunisten “ fest Nicht weniger
als 99,99 Prozent der Stimmberech-
tigten haben gewählt. Das Ergebnis
ist nicht schwer zu erraten: Erstens
gab es keine formell zugelassenen Ge-
gegkandidaten, und zweitens gehö-
ren Wahlsiege knapp unter 100 Pro-
zent zur Tradition der sowjetischen
Herrschaft Deshalb wird die zweite
Ziffer hinter dem Komma mit Argus-
augen betrachtet Eine Angestellte,
nennen wir sie Natascha, erzählte:
„Stellen sie sich vor, da belief sich
doch das Wahlergebnis im Baltikum
das letzte Mal tatsächlich auf 99,95
Prozent Hoffentlich sind die doxtdie-
sesmal gescheiter, fügte sie ener-
gisch hinzu.
Südkoreas Regierungspartei
wechselt Führungsspitze aus
Neue Opposition fordert Freilassung politischer Häftlinge
DW. Seoul
Südkoreas Präsident China Doo-
Hwan hat nach den Wahlen von vori-
ger Woche, denen eine Kabinettsum-
bildung folgte, die Spitze seiner „De-
mokratischen Gerechtigkeitspartei“
(DJP) ausgewechselt Zum neuen
Parteiführer ernannte er Roh Tae-
Woo (53), der seit 1981 als Sportmini-
ster, Tnrtgnmrnigter uTiri Chefdelegier-
ter bei den Gesprächen mit Nordko-
rea füng ierte. Neu wurden auch dte
Vorsitzenden des Exekutivkomitees
und des Politischen Komitees der
Partei mit Lee Sang-Ik (56) und
Chang Sung-Man (52) ernannt Hinge-
gen wurden Generalsekretär Lee
Han-Dong und Fraktionschef Lee
Hong-Chan auf ihren Posten belas-
sen. Ein DJP-Sprecher erklärte, die
Umorganisierung entspreche dem
Jbandesweiten Wunsch nach Fort-
schritt und Reform, wie er im Ergeb-
nis der Farlsmentswahlen deutlich
geworden ist“.
Chuns Partei hatte einen Teil ihrer
Abgeordnetensitze abtreten müssen
und verfügt künftig über 148 der 276
Parlamentsmandate. Den höchstem
Zuwachs an Stimmen verzeichnete
die neu von der Opposition gegründe-
te „Neue Demokratische Korea-Par-
tei“ (NKDP), die trotz eiins für sie
ungünstigen Wahlsystems auf 67 Sit-
ze kam. Die gewählten Abgeordneten
der DJP hatten sich über den Wahler-
folg der neuen Oppositionspartei
„schockiert“ «'klärt
Südkoreas neuer Ministerpräsi-
dent Lho Shin-Yonh richtete an den
NKDP- Vorsitzenden Lee Min-Woo
ein Höflichkeitstelefonat, was von po-
litischen Beobachtern als eine ver-
söhnliche Geste gewertet wurde. In
einem anschließenden Pressekom-
muniquä forderte die Oppositions-
partei eine sofortige F reilassung der
auf 234 geschätzten „Gefangenen aus
Gewissensgründen“ in Südkorea, um
eine „nationale Aussöhnung“ einzu-
leiten.
Die NKDP wurde vor einem Monat
von den politischen Anhäng ern der
unter Hausarrest stehenden Opposi-
tionspolitiker Kim Dae-Jung und
Kim Young-Sam gegründet und hat
sich eine Demokratisierung des Lan-
des zu ihrer Hauptaufgabe gemacht
G
Schritt für Schritt
Von Peter M. Ranke
J erusalem soll also wieder durch eine Grenze zerschnitten
werden. Das heißt: am liebsten würden die Palästinenser
alles einsacken, ganz Israel und Jerusalem. Das läßt jedenfalls
der Fünf-Punkte-Plan von König Hussein und PLO-Chef Ara-
fat offen, denn da ist die Rede von einer Lösung der Palästi-
nenserfrage „in allen ihren Aspekten“. Dazu gehört nach PLO-
Verständnis das PLO- Vernichtungsprogramm.
Was da als gemeinsame Vereinbarung ausgebrütet wurde, ist
entgegen den Begleitbehauptungen weder gerecht noch fried-
lich. Es ist höchstens ein zeitweiliger Frieden zwischen König
Hussein und Arafat Die „Initiative“ ist bewußt unpräzise und
läßt Ausdeutungen zu. Aber sie folgt der arabischen Ansicht,
daß man Israel militärisch und politisch niederringen müsse.
Dabei setzt man auf Entspannungs- und Konferenz-Seligkeit
im Westen, obgleich der PLO-Terrorist Abu Iyad erst kürzlich
in Amm an erklärte: „Jeder von uns will die Rückgabe von
Jaffa, jeden Zollbreit Bodens. Aber wir müssen Palästina
Schritt für Schritt zurückerobem, vom Jordan bis zum Meer.“
Die „Initiative“ sieht demnach auch die Rückkehr aller Flücht-
linge oder wenigstens ihre Entschädigung vor, aus westlichen
Taschen natürlich, nicht aus den Kassen der Ölscheichs.
Es ist unerheblich, daß die „Initiative“ Winkelzüge wie eine
gemeinsame Delegation der Jordanier und der PLO vor-
schlägt Der gesamte Tenor des Forderungskatalogs läßt keine
Zugeständnisse, keinen Realismus und keinen Friedenswillen
erkennen. Eine Konferenz soll eine „Lösung“ besiegeln, die
nur zu neuen Kriegen führen würde, und dazu noch mit der
Beteiligung Moskaus, das nicht einmal eine Botschaft in Israel
unterhält Die sowjetischen Verbündeten Syrien und Libyen
lehnen natürlich Arafats und Husseins Vorschlag scharf ab, da
er das bloße Wort „friedlich“ enthält.
Israels erfahrener Mosche Dajan hat einmal zu arabischen
„Friedensinitiativen“ gesagt, danach gäbe es vielleicht Frieden
in Nahost, aber kein Israel mehr. Das trifft auch auf die
aufgewärmten Ideen des Königs und des Terroristen in Am-
man zu.
Muß er selbst wissen
Von Heinz Barth
Z weimal ist Helmut Lölhöffel, dem früheren Korresponden-
ten der „Süddeutschen Zeitung“ in Ost-Berlin und jetzigen
Korrespondenten der „Frankfurter Rundschau“ in Bonn, die
Einreise in die „DDR“ ohne Angabe von Gründen verweigert
worden. Das kann, wie man sieht, auch einem Kollegen passie-
ren, dem l.och niemand Voreingenommenheit gegen das Ho-
necker-Regime nachzuweisen vermochte. In den fast sechs
Jahren, die er aus dem anderen Deutschland berichtete, wider-
fuhr ihm das mehrdeutige Glück, nie von dem lauernden
Zenso ren-Wahn des realen Sozialismus gerügt zu werden.
Seit ihm vor drei Monaten an der Grenze das noch wirksame
„DDR“ -Visum ungültig weggestempelt wurde, fehlte es nicht
an diskreten Versuchen, den Fall, wie es die unmittelbar
betroffene Zeitung ausdrückt, „ohne öffentliches Aufsehen“ zu
klären Das Resultat der Schuldforschung, in die auch die
Bundesregierung eingeschaltet wurde, war so mager, wie man
es erwarten mußte. Der Journalist, so ließ sich Ost-Berlin
vernehmen, werde selbst wissen, warum er in Ungnade gefal-
len sei - es hänge mit seiner früheren Tätigkeit zusammen
Da hat der Kollege Pech gehabt Offenbar wollte die „DDR“
den Wirbel vermeiden, den die Ausweisung eines Korrespon-
denten mit seinem politischen Hintergrund produzieren muß-
te. Kaum aber hatte er die Grenze überschritten, da wurde die
Tür hinter ihm verriegelt. „Ohne Aufsehen“, versteht sich. Nun
darf er rätseln, was er falsch gemacht hat Er ist ja nicht der
einzige, der damit leben muß, daß jemandem im Osten seine
Nase nicht gefällt Für solche Willkür, das hat auch diese
Zeitung schon erfahren, bedürfen kommunistische Regime,
denen das Wichtigste am Journalismus die Knebelung seiner
Bewegungsfreiheit ist niemals näherer Begründung.
Im Gegensatz zu anderen Ost-Diktaturen, die sich in Helsin-
ki nur formal zur Respektierung der Pressefreiheit bekannten,
muß aber Ost-Berlin dran erinnert werden, daß es sich im
deutsch-deutschen Grundlagen- Vertrag am 8. November 1972
spezifisch zu Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten verpflich-
tet hat zu denen die freie Information, die jederzeitige Ein- und
Ausreise für stationäre sowie unbeschränkte Bewegungsfrei-
heit für reisende Korrespondenten gehören.
Drei Informanten
Von Eugen Wolmarshof
N un ist auch Walter Wallmann im Gerede. Eben rechtzeitig
zum hessischen Kommunalwahlkampf länderte ein Ham-
burger Wochenblatt folgende Geschichte: -Wallmaim habe von
der Deutschen Bank ein besonders lukratives Aktienpaket
zugeschoben bekommen, tausend Stück, wo andere nur zwan-
zig bekommen hätten. Daran habe Wallmann einen „Spekula-
tionsgewinn“ von sechzigtausend Mark gemacht Die Sache
paßte um so besser, als das Blatt gerade die angebliche Über-
macht der Deutschen Bank in der deutschen Politik beklagt
hatte.
Wallmann setzte sich zur Wehr, veröffentlichte Unterlagen,
gab Auskunft über private Dinge und wies nach, daß er keines-
wegs tausend, sondern nur hundert dieser Aktien bekommen
hatte, wie andere Bankkunden auch. Die Deutsche Bank bestä-
tigte seine Auskunft. Ist die Sache damit erledigt?
Nicht für das Hamburger Blatt Ihm sei nun einmal „von drei
Informanten in der Deutschen Bank“ die Geschichte zugegan-
gen. Es gebe eine „Buehungsorder“ handschriftlich, die „-den
Spiegel-Informanten zufolge - aus der Zentralen Personalab-
teilung der Deutschen Bank“ gekommen sei. Die „Divergenz“
werde durch Wallmanns Angaben „nicht geklärt".
Der mündige Wahlbürger soll also den Schluß vor der Wahl
ziehen, daß der Wallmann nicht gewählt werden darf; wenn die
„Divergenz“ dann nach der Wahl „geklärt“ wird, würde es dem
Angegriffenen nichts nützen. Freilich kann der mündige Wahl-
bürger daraus auch noch zwei andere Schlüsse ziehen.
Nämlich erstens: So steht es mit dem Schutz der Bürgerehre
hier im Land. Geständige Terroristen sind „mutmaßliche“,
aber ein Mann, der durch eigene Angaben und die seiner Bank
bescheinigt, daß die Behauptung über ihn nicht stimmt, ist
schuldig.
Und zweitens: Dasselbe Hamburger Blatt feierte seinerzeit
das Jahr 1984 als „Orwell-Jahr“ mit einer Jeremiade darüber,
wie doch in diesem Land der Datenschutz im argen liege und
kein Bürger vor Schnüfflern sicher sei. Na, wenigstens das
stimmt - aber nicht, soweit der Staat gemeint ist
KGB gegen eine Familie
Ein Mann sieht rot
KLAUS BÖfr&E
Noch ist es nicht zu spät
Von Enno v. Loewenstem
I ch habe das Geluhl“, versicherte
der DFB-Vorsitzende Hermann
Neuberger, „daß viele das Thema
Fiirnp anipigtprsphaft : benutzen. Um
sich selbst darzustellen.“ Viele? Ei-
ner hat es dazu benutzt und nun
haben wir alle den Schaden davon.
Zudem sabotiert er jede Reparatur
des Schadens: „Wir werden auf der
Exekutiv-Sitzung der UEFA am 15.
März in Lissabon Berlin noch ein-
mal ins Gespräch bringen. Aber ich
sehe keine Chancen mehr. Durch-
peitschen läßt sich die Sache hicht
Man muß in Kauf nehmen, daß ein
Spiel in Berlin nicht stattfindet“
Da wird also vom Deutschen
Fußball-Bund den anderen von
vornherein bescheinigt Ihr
braucht euch gar nicht um Berlin
zu kümmern, wir selbst tun es auch
nicht Wenn der DFB diesen Men-
schen nicht umgehend hinauswirft,
dann leistet er sich und leisten wir
alle uns eine Selbstdarstellung, die
an die nationale Substanz geht
Dahingestellt bleiben mag die
Frage, ob es Dreistigkeit oder Debi-
lität ist, was Neuberger sagen läßt:
„Die Politiker sollen sich auf ihre
Aufgaben beschranken . . . Der
Sport muß sieb selbständig zeigen
und sich wehren.“ Weder zeigt sich
der Sport finanziell selbständig,
noch ist er es politisch. Nicht nur
tritt der Deutsche Fußballbund mit
Bundesadler und Bundeshymne
an; seine und alle anderen Funktio-
näre stehen zudem täglich auf den
Matten der Politiker um Zuschüs-
se, neue Stadien, Übernahme von
Vereinsdefiziten und alles mögli-
che. Am allerwenigsten zeigt sich
Distanz zur Politik in der Person
des Hermann Neuberger, der seine
reichdotierte Privatkarriere - Di-
rektor des Saarland-Sporttoto, Ge-
schäftsführer der Spielbank Saar-
brücken, Aufsichtsratsvorsitzender
der Saarhalle - der Politik verdankt
und der bislang keiner Gelegenheit
auswich, sich mit hohen Politikern
öffentlich zu zeigen.
Überdies treten Neubergers
Kicker nicht zu seinem Privatver-
gnügen an, sondern vor dem deut-
schem Publikum, und dieses hat
klar gesagt, daß es Berlin nicht als
Sache irgendwelcher Politiker,
sondern als die Sache aller Deut-
schen empfindet Die Politiker
nehmen ihre Aufgabe wahr, wenn
sie den DFB drängen, den Schaden
in Ordnung zu bringen.
Besonders hanebüchen aber ist
es, wenn Neuberger so tut, als sei
alles bisher aus rein sportlichen
Gründen entschieden worden und
nun erst mische die Politik sich ein.
Die Sowjets sabotieren den Sport
in Berlin seit vielen Jahren, und
zwar unverblümt aus politischen
Gründen: Berlin sei Jeein Bestand-
teil“ der Bundesrepublik. Sie wol-
len Berlin als quasi dritten deut-
schen Staat von der Bundesrepu-
blik trennen. Dazu soll auch der
Sport mit seiner gewaltigen Aus-
strahlung beitragen.
Wahrend also die UdSSR einer-
seits darauf besteht, daß der We-
sten „die territorialen Nachkriegs-
realitäten“ bedingungslos aner-
kennt und beispielsweise nicht et-
wa die Rechtsfrage zu Schlesien
aufwirft, weil dieses doch „real“
unter östlicher Kontrolle stehe, be-
müht sich dieselbe UdSSR ande-
rerseits, und zwar durch ganz ak-
tives Handeln und keineswegs nur
durch juristische Argumente, das
„real“ (und selbstverständlich auch
juristisch) dem freien Deutschland
zugehörige Berlin in den Östlichen
Sklaverei verbünd hinüberzuzie-
hen. Das unterstützt mm der mäch-
tigste und breitenwirksamste aller
deutschen Sportverbände dank
seines ebenso instinktlosen wie eit-
len Präsidenten - und dieser tut so,
als hatten erst diejenigen, die die-
sem großangelegten Manöver ent-
gegen treten, die Politik in den
Sport getragen.
Es hätte, stellen wir dies klar,
nicht so kommen müssen. Und es
ist, stellen wir dies ebenfalls klar,
durchaus noch zu reparieren; der
gefährliche Präzedenzfall, der, nie-
mand mache sich da etwas vor.
„Aufgabe der Politiker": Neuber-
ger mit Gesprächspartner
FOTO. BONGARTS
Berlin für absehbare Zeit sportlich
isolieren würde, wäre abzuwenden
- vorausgesetzt, ein Vertreter der
deutschen Interessen nähme die
Sache in die Hand. Denn die Ost-
block-Vertreter sind in der UEFA
in der Minderheit
Die EM-Absümmung fand in ei-
nem achtköpfigen Gremium mit
nur drei Ostblock- Vertretern statt
Allerdings machte Großbritannien
den Deutschen mit einer eigenen
Bewerbung Konkurrenz, so daß ei-
ne Mehrheit der Westvertreter zu-
nächst nicht gegeben war. Neuber-
ger hätte damals schon versuchen
können, die Frage im westlichen
Kreis zu klaren. Statt dessen bie-
derte er sich beim Osten mit sei-
nem Berlin-Verzicht an. Dort griff
man natürlich zu, hocherfreut über
den nützlichen Unpolitischen. Bei
der UEFA-Tagung am 15. Mäzz
aber ist das S timme nverhältnis so-
gar noch größer zugunsten des We-
stens.
Zwar könnte Großbritannien ;
jetzt die Gelegenheit wahrnehmen,
als lachender Zweiter die Meister-
schaft an sich zu ziehen, zumal da
Neuberger obendrein verkündete:
auch die Mittel- und Westeuropäer
hätten „die Nase voll von deut-
schen Querelen“ und wollten „Ru-
he in Europa" und Jreine Blockbil-
dungen.“ Man kann diese Mittel-
und Westeuropäer (falls sie es wirk-
lich nicht wissen sollten.') darauf
hin weisen, daß die Blockbildung in
Europa bereits da ist und sich in
der Entscheidung gegen Berlin
wieder einmal ausgewirkt hat Daß
man aber von heute auf morgen
Ruhe in Europa herstellen könne
durch die Klarstellung gegenüber
«fern Ost-Block: Berlin wird einbe-
zogen, auch in Zukunft, und wenn
euch das nicht paßt, dann seid ihr
diejenigen, die ausgeschlossen
bleiben.
Gegenüber einer solchen Spra-
che kehren die Sowjets augenblick-
lich zurück, nach Genf, nach Ber-
lin, wohin immer. Und dann ist es
aus mit den Querelen. Insbesonde-
re die Briten begreifen das, denn
sie stehen in Berlin und wissen,
daß Großbritannien auch in Berlin
verteidigt wird. Man muß nur, wie
gesagt, zunächst einen Deutschen
haben, der Mut und Selbstachtung
und, ja, Vaterlandsliebe genug hat,
sie darauf anzusprechen, anstatt
vorher schon schweifwedelnd das
Feld zu räumen.
Von Peter Dittraar
E ine Frau wfll bei ihrem Mann und
ihren Kindern leben. Aber das ist
gegen das Ges€ta - sagen die sowjeti-
schen Behörden. Allerdings manipu-
lieren diese Behörden das Gesetz
selbst, indem sie Irina Griwnina die
An ffrn thalt s prTp 1 ibnis Moskau ver-
' weigern, zur Strafe dafür, daß säe mit
regimekritischen Äußerungen her-
vorgetreten ist Sie möchten die junge
Frau aus der Hauptstadt verdrängen,
weit sie hoffen, daß sie dann verges-
sen wird. So leben sie und ihr Mann
jetzt in der ständigen Furcht vor er-
neuter Verhaftung..
Das spiegelt sch in einem Brief;
der in diesen Tagen in den Westen
gelangte. Darin erklären Irina
Griwnina und ihr Mann, daß ihre bei-
den Töchter von einer namentlich ge-
nannten holländischen Familie adop-
tiert werden sollen, „falls es uns künf-
tig nicht möglich sein sollte, unsere
elterlichen Rechte gegenüber unse-
ren Kindern auszuüben“.
Die Biographie von Irma Griwnina
ist typisch für viele Dissidenten. Sie
wurde 1945 im zentralasiatischen Teil
der Sowjetunion geboren, wohin ihre
Mutter evakuiert worden war. Gleich
nach Kriegsende jedoch kehrte sie
mit ihren Ehern - der Vater war ein
bekannter Japanologe— nach Moskau
zurück. Dank Chruschtschows Tau-
wetter wurde sie als erste Jüdin über-
haupt am Institut für Mathematik
«im Studium m g^iagspn Danach ar-
beitete sie als Ckimputerspezialistin.
Seit 1977 beteiligte sie sich an der
von Dissidenten gebildeten Arbeite-
kommiSSion zur Frfnr<«»hnng des
Psy chiatriemißbra uchs. . Deshalb
wurde sie 1980 verhaftet und zehn
Monate spater wegen „Verleumdung
der Sowjetunion“ zu fünf Jahren Ver-
bannung verurteilt.
Am 26. Juni 1983 durfte säe aus
Kasachstan zurück nach Moskau fah-
ren, denn nach den seltsamen Regeln
des sowjetischen Strafvollzugs wiegt
ein Tag im Gefängnis drei Verban-
nungstage auf Allerdings hätte man
sie eigentlich schon Ende 1982 freilas-
sen müssen, denn damals stellte sich
Soll nicht bei ihrem Monn leben:
Regimekritikerin Griwnina
FOTO; DIE WEIT
heraus, daß sie schwanger war. Und
nach dem Strafgesetz der- Kasachi-
schen SSR müssen Schwangere so-
fort entlassen werden. Seit der Ge-
burt ihrer zweiten Tochter Jana (ihre
erste Tochter Mascha ist inzwischen
zwölf Jahre alt), lebt sie in der Woh-
nung ihres Mannes. Doch das KGB
läßt sie nicht in Ruhe.
In einem Brief an Tschernenko,
den „Kontinent“ in seiner neuesten
Ausgabe publiziert, fordert sie des-
halb die Papiere für die Emigration.
Eine Antwort erhielt sie nicht. Dafür
erschien die Miliz und drohte ihrem
Mann die Entlassung von seiner Ar-
beitsstelle und beiden ein Verfahren
wegen „illegalen Aufenthalts“ und
„Duldung des illegalen Aufenthalts“
in Moskau an.
Irina Griwnina hatte Tschernenko
gefragt, ob der „riesige, schreckliche
Staatsapparat“ vor ihr Angst habe.
Die Antwort steht noch aus. Sie kann
Ausreise heißen, aber auch erneute
Haft und Vexbanmmg. Das, was die
Sowjets fruchten, laßt sich damit je-
doch nicht unterdrücken: die Wahr-
heit über die Menschenrechtsverlet-
Tfingpn, von denen wir dank des Mu-
tes von Frauen wie Irina Griwnina
DIE MEINUNG DER ANDEREN
BRAUNSCHWEIGER
ZEITUNG
Znr Fafiball-HK bonmfct Btatt:
Die Fußball-E u ropameisterschaft
1988 hat noch nicht begonnen, aber
Deutschland liegt schon 0:2 im Rück-
stand - dank zweier Eigentore seiner
Sportfunktionäre. Das erste schoß
der DFB unter Kapitän Neuberger,
als er der UEFA eine Liste mit Spie-
lorten ohne Berlin unterbreitete. Das
zweite, als er, hochgeschreckt durch
die allerorten aufbrandenden Vor-
würfe, beteuerte, er würde sich doch
für eine Berücksich tiung Berlins ein-
setzen, gleichwohl in keinem Falle
auf die Europameisterschaft verzich-
ten. Damit beraubte er seinen Nach-
hinein- „Einsatz“ für Berlin von vorn-
herein jeglicher Überzeugungskraft.
THE SUNDAY TELEGRAPH
Zn den Kalten des BerpiMtFr-Strdki
„ tra i.i i et*. Londoner Ke itum StcOmf;
Nach Angaben des Nationalen In-
stituts für Wirtschafts- und Sozialfor-
schung von letzter Woche sind im
vergangenen Jahr 22 Millionen Ar-
beitstage auf Grunddes Bergarbeiter-
streiks verlorengegangen. Das Wirt-
schaftsaufkommen wurde um ein
Prozent und der britische Handelsbi-
lanz-Überschuß um zwei Milliarden
Pfund reduziert Die Kreditaufnahme
der öffentlichen Hand erhöhte sich
um den gleichen Betrag . . . Zumin-
dest scheint Frau Thatcher jetzt dem
Sieg nahe. Nach der Ablehnung eines
vom . Gewerkschafts-Dach verband
TUC unterstützten Abkommens
durch den Führer der Bergarbeiterge-
werkschaft , Scaigill, und der darauf
felgenden Ablehnung weiterer Ver-
handlungen durch die Regierung
kann man in dieser Woche eine wirk-
liche Woge von Rückkehrern in die
Zechen erwarten. ■
HEILBRONNER STIMME
Zorn SPO-Anftkot :
hier:
i dl« Dolen beifit r*
Zweifel an der Ernsthaftigkeit des
Angebots von Brandt und Vogel müs-
sen aufkommen, wenn man den gan-
zen Ballast von Vorwürfen, mit denen
es garniert ist mit in Betracht zieht
Sie sind nicht gerade dazu angetan,
den Weg zum gemeinsamen Handeln
in wichtigen Sachfragen zu ebnen.
Und welchen Sinn macht es, wenn
die SPD ihren Angebotskatalog sozu-
sagen auf Nebenkriegsschauplatze
ausdehnt, für die. eigentlich nur die
jeweils Regierenden zuständig sein
sollten - und im Interesse einer funk-
tionierenden Demokratie auch müs-
sen. Solche weitgefächerten Kataloge
fuhren sich zudem von selbst ad ab-
surdum, wenn man durchaus richtig
von vornherein einer großen Koaliti-
on eine Absage erteilt
KRUNERMQRQENFOST
Bl« meint rar Wohl Bange .. r
Bangemann ist kein politisches
Wunderkind, gleichwohl werden ihm
die Qualitäten eines Tausendsassas
abveriangt Der neue Vorsitzende
Martin Bangemann soll die Liberalen
aus dem Tal der Tränen herausfuh-
ren. Als Wirtschaftsminister soll er
ein lebenswichtiges Ressort fehlerlos
führen und im Kabinett für ein gutes
Koalitionsklima sorgen. Er soll
Brükcken schlagen zwischen der
bummelnden Parteibasis und der
FDP-Fühmng. . . Ist Bangemann, der
Individualist der sich in vielerlei Sät-
teln behauptete, mit seiner neuen
Aufgabe nicht überfordert?
Endlich schafft Reagan Klarheit in Sachen Nicaragua
Es geht nicht nur um Entlastung für El Salvador / Von Wemer Thomas
R eagans erste Pressekonferenz
der zweiten Amtsperiode war
bemerkenswert, weil der Präsident
seine Position in Sachen Nicaragua
deutlich wie nie dargestellt hat Die
Sandinisten müssen demokrati-
sche Verhältnisse schaffen oder da-
mit rechnen, daß die USA ihre Ent-
machtung betreiben.
Daniel Ortega, der neue nicara-
guanische Präsident, wertete
Reagans Worte als „Kriegserklä-
rung“. Ein Vertreter der US-Regie-
rung sprach dagegen von einem
„letzten Ultimatum“: Systemände-
rung oder Sturz.
Der Konflikt war vorauszusehen.
In Washington wurde bereits. .zu
Beginn der aand inisitische n Ara
der Entschluß gefaßt, daß k ein
zweites Kuba in Mittedamerika ge-
duldet und auch El Salvador ge-
schützt werden solle - nicht erst,
seit Innenminister Tomas Borge
vor zwei Jahren in einem
„Playboy“ -Interview die Katze aus
dem Sack ließ: die Revolution in
Mittelamerika sei „unaufhaltsam“.
Wobei er sogar Reagan riet, sie zu
.unterstützen. Im August 1981 hatte
der US-Diplomat Thomas Enders
die Erfüllung der ursprünglichen
Versprechungen reklamiert: Rura-
lismus, Blockfreiheit, gemischte
Wirtschaft, Abzug der - mittlerwei-
le zehntausend - Kubaner, Abrü-
stungsschritte und ein Ende der
Waffenlieferungen an die salvado-
rianischen Partisanen. Als Gegen-
leistung wollten die USA wieder
ihre Wirtschaftshilfe aufhehmen,
die Carter abgebrochen hatte.
Die Comandantes glaubten sich
die Antwort leisten zu können:
„Wir werden nicht auf den Knien
kriechen“, (Junta-Mitglied Sergio
Ramirez, der heutige Vizepräsi-
ent). Seit November 1981 unter-
stützt die CIA eine antisandinisti-
sche Rebellenorganisation, die
„Demokratischen Kräfte Nicara-
guas“ (FDN). Die Organisation
wuchs auf vierzehntausend Kämp-
fer, die größte GueiriUa-Armee La-
teinamerikas.
Der Kongreß hat die CIA-Hilfe
(vierzehn Millionen Dollar) für die
FDN zwar storniert, aber Außenmi-
nister George Shultz, in Mittelame-
rika-Fragen bisher als besonders
vorsichtiger Taktierer eingestuft,
ist mit einer sehr massiven War-
nung nachgestoßen: Wenn die USA
die Freiheitskämpfer im Stich lie-
ßen würde das die Kosten einer
spateren wie Shultz sagte, „unver-
meidlichen Aktion“ der USA erhö-
hen. Klarer kann man es nicht sa-
gen entweder die Freiheitskämp-
fer Nicaraguas kämpfen - oder, ei-
nes Tages, unsere Boys.
Die Stimmung im Kongreß
schwenkt freilich ohnedies lang-
sam iim. „Die Sandinisten Hahen
kürzlich nichts getan, was das Ver-
trauen in sie gestärkt hätte“, sagte
der liberale demokratische Kon-
greßabgeordnete David Obey.
Im Gegenteil; seit der program-
mierten Wahl Ortegas zum Präsi-
denten Anfang November haben
die Sandinisten die Zügel wieder
gestrafft. Pedro Joaquin Chamorro,
der Chefredakteur der „Prensa“,
der einzigen Oppositionszeitung,
emigierte aus Protest über die ver-
schärfte Zensur nach Costa Rica.
Fidel Castro kam als einziger
Staatschef zur Amtseinführung Or-
tegas Anfang Januar. Der Besuch
des Teheraner Regierungschefs
Hussein Moussavi in Managua gab
Reagan Gelegenheit, an die Verbin-
dungen der Sandinisten zu den
„Terroristen von Iran, Libyen, den
Roten Brigaden und der PLO“ zu
erinnern: „Die Sandinisten sind
Kommunisten, die den Kommunis-
mus exportieren wollen.“ Selbst
Arturo Cruz, vielleicht der angese-
henste nicaraguanische Opposi-
tionsführer, der einmal der sandlni-
stischen Junta diente, plädiert heu-
te für eine weitere Unterstützung
der Freiheitskämpfer durch die
USA. Nur so könnten die Coman-
dantes zu Verhandlungen mit der
Opposition gezwungen werden.
Reagans Koxnpromißlosigkeit ist
von größter Bedeutung für die
Freiheitskämpfer. Bis zur US-Wahl
hatte er die CIA-Hilfe nämlich nur
mit einem Argument auf Gegensei-
tigkeit begründet: solange & San-
dinisten eine Guenilla gegen El
Salvador unterstützten, dürfe Sal-
vador Verbündeter doch wohl ei-
ne G uerrilla gegen Nicaragua un-
terstützen; keineswegs wolle man ■
aber die Regierung in Managua* - -
stürzen. Das mag taktisch klug ge-
wesen sein, auf die Dauer aber hät-
te es zum Zusammenbruch der An-
tisandinisten geführt. Denn wie
sollte man sie motivieren, wenn sie
ihr Leben nicht für die Freiheit ih-
res Landes, sondern nur für die
Entlastung eines fremden Landes
kämpfen durften? Nun ist hier in
einem wichtigen Punkt Klarheit
geschaffen.
Die Comandantes zeigen keins«
Kompromißbereitschaft, im Ge-",
gen te il Die Kubaner bleiben. Vize- H -
Präsident Ramirez wurde in derer- ™ v .
sten Februar-Hälfte über den At-
lantik geschickt, um die Westeuro- '{■■
paer gegen die Reagan-Regierung
zu mobilisieren. Er hatte wenig Er- .f-' >
folg. Adolfe Calero, der Komnian- v >.
deur der antisandinistischen FDN- ;
Rebellen, prophezeit ein „entschei- : -'.-7 :
dendes Jahr“. So ähnlich .urteilen,
auch die Sandinisten.
r
IE $ WELT
Paitei-
öh STEFAN HEYDECK
undFETER PHILIPPS
IJ*.... •**<*■ ■■■%;*■
'■ *xftüiC‘"L
ej>“. v-v !»*■*<*?
■»»...» »
H ans-Dietrich Genschers über-
lebensgroßes Fernsehbild
blitzte einmal kurz auf der
Leinwand der Saarland-Halle au£
wurde von den Deckenschein wertem
überstrahlt und verschwand wieder -
genauso wie auf diesem 36. Bim-
desparteitag der Vorsitzende nach
nmd elf Jahren aus denn Spitzenamt
abtraL
Auf der durchg än gig vom Willen
zur Harmonie geprägten Veranstal-
tung räumte Genscher in seiner ein-
stü nd ige n Abschiedsrede sogar Feh-
ler ein; „Ich weiß, daß ich es Thiu»p
nicht immer ldcbtgemacht habe.“
Und mehr noch; „Ich bitte diejenigen
um Nachsicht, denen gegenüber ich
ungerecht oder - was manchmal
schwerer wiegen lcann - gleichgültig
war.“ Allerdings fugte der gewiefte
Taktiker gleich hinzu, daß auch man ,
che Liberale es ihm „nicht immer
leichtgemacht“ hätten.
Die ohne Gegenkandidaten glatt
verlaufene Wahl des neuen Partei-
chefe Martin Bangemann (352 Ja von
394 Stimmen), des Generalsekretärs
Helmu t Haussmann (321 von 364
Stimmen) und des neuen stellvertre-
tenden Vorsitzenden Wolfgang Ger-
hardt (335 von 389 S timmen) gaben
die Grundlage für die freundliche
Stimmun g, in der der Ehrenvorsit-
zende Walter Scheel seinen langjähri-
gen Stellvertreter und Nachfolger
würdigte.
Scheel redete dabei nach eigenen
Angaben zum ersten Mal sät mehr als
.zehn Jahren wieder auf einem FDP-
Farteitag. Die Laudatio war nicht frei
von Spitzen. So sagte er beispielswei-
se: „Und das ist wahr, Hans-Dietrich
Genscher hat wenig Prophetisches,
Hammen sprüht er auch nicht.-Hedls-
verkündung ist nicht seine Sache,
und gegen ideologische Weltgebäude
hat er eine tiefe Abneigung. Denn er
ist ein Liberaler. - ■ -
. Als Dank überreichte unter minur
tenlangem Applaus der ehanalige
Bundespräsident dem ehemaligen
Parteivorsitzenden einen silbernen
Elefanten, weil diese Tiere „zahlrei-
che Charakteristika" hätten, die auch
Genscher nicht „wesensfremd“ seien.
Das sei«i „große Ohren, Schwerge-
wicht und eine fälschlicherweise
nachgesagte Dickfelligkeit, die euer
beider Femnervigkeit außer acht
läßt“.
Zwei Tage lang bemühten sich die
400 Delegierten um eine Standortbe-
stimmung ihrer Partei Sie grenzten
sich nicht nur gegen SPD und Grüne
scharf ab, sondern zogen auch deut-
lich die Grenzen gegenüber den Ko-
alitionspartnern CDU und CSU. Da-
bei wurde aller ding s klar, daß auch
FDP-Chef Martin Bqag e i qaw ; Bm mm Ara darUberatai wird •fngaJävfet
über die nächste . Bundestagswahl
1987 hinaus für die Freien Demokra-
ten ein neuer Bündniswechsel nicht
in Frage kommt
Das ohne ffe gtm grimmen verab-
schiedete 14sertige „liberale Mani-
fest“ soll den Bahnten für die anste-
hende politische Arbeit liefern. Seme
Autoren sind nicht mit dem An-
spruch angetreten, wnm shnHVhpp
geistigen Wurf wie die Freiburger
Thesen von 1971 vorzulegen, was zu
dem etwas bissigen Kommentar eines
Delegierten führte: „Ich habe den
Eindruck, daß die Verfasser zuerst
die Gliederung und dann die Stoff-
sammlung geinacht haben.“
Die Parteitagsstrategen hatten bei
der Planung des Ablaufs alles daran-
gesetzt, um eine Neuauflage des chao-
tischen Münsteraner Parteitages im
Juni 1984 zu ve rhinder n. Sb war be-
wußt die Beratung von Anträgen mit
möglichem politischen Zündstoff auf
den zweiten Kongreß tag angesetzt
worden. Aber auch dabei kam es zu
keinem Krach. Bei den Themen Ren-
tenreform, Außen- und Sicher-
heitspolitik, IghPSfhpidiingHfnl g».
recht und Opferschutz bei Straftaten
flackerten allpnfallB rhetorische
Scharmützel auf Otto Graf Lambs-
dorff sorgte dadurch, daß er den sei-
nen ursprünglichen Intentionen zu-
widerlaufenden mühsam errungenen
Rentenkompromiß selbst als Antrag
vor den Delegierten vortrug, für eine
Tflntscharfiing der Situation.
Wie eng der Schulterschluß der Li-
beralen in der Saar-Metropole war,
zeigte sich auch darin , Haß es am er-
sten Tag immerhin fünf Stunden dau-
erte, ehe erster echter Widerspruch
vom „Fußvolk“ kam. Walter Scheel,
der schon ZU swnw fi pnachpr . T amfa-
tio ans Mikrofon geg an g en war, muß-
te sich wieder setzen: Die Delegierten
wollten „nicht nur die Elefanten“ zu
Wort kommen lassen, sondern auch
selber Luft ablassen. Protestierte ei-
ner. „Ich habe 500 Mark gezahlt, um
von Pass&il hiWfagrimknmriwi- 'Die-
ses Abwürgen der Diskussion ist
doch keine Methode auf einem FDP-
Parteitag.“ So kam denn auch von
pmwn der Vergleich, die jetzige Ko-
alition ähnele einer Partnerschaft mit
einer „Gottesanbeterin, die ihren
Partner nach der Paarung verspeist“.
Aber auch Genscher hatte in. seiner
Abschiedsrede betont, daß für die
Partei auch in Zukunft die Verfol-
gung eigener Ziele an erster Stelle
stehe und nicht das Schielen auf Koa-
litionen. „Lassen wir uns nicht in
Scheinalternafiven drängen, Wirt-
schaftsliberale oder Rechtsliberale.
Eine FDP, die die Sicherung und den
Aufbau des liberalen Rechtsstaates
auf den zweiten Rang setzt, würde
verkümmern. Sie gäbe sich auf“ Den
Koalitionspartner mahnte er „Wir
•’* .U ■ ■ V • *
Hm» Partei nrit vMn Garidrtero; die Paiteitogtdelegierten Havssmaim,
Gamchar and Baun (von Hula). FOTOS: Sven stmon
sind aufeinander angewiesen, wir
wurden gewählt, damit wir miteinan-
der und nicht y g A neiniffldpr arbei-
ten. Hier ist auf beulen Seiten noch
Lernfähigkeit gefordert Wir, nicht
die CDU haben die Wende bewirkt“
Auch Bangemann hob in seiner
Schlußrede hervor, daß die Koalition
„um so erfolgreicher“ sein werde, je
„geschlossener“ sie auftrete. Aller-
dings würden die Liberalen „stand-
haft gegenüber allen Einflüsterun-
gen, auch des Koalitionspartners“
bleiben, „es hier und da mit der
Marktwirtschaft doch nicht so über-
trieben ernst zu nehmen“. Gerfaart
Rudolf Baum , der sich langaam um
seme .-Wiederwahl als stellvertreten-
der Parteivorsitzender 1986 k ümmern
muß, steckte seinen roten Pullover in
die Aktentasche »nd stimmte in dtm
Chor rin: „Es gibt keine Alternative
zur jetzigen Koalition.“
Der Harmonie nächster Akt' Hil-
degard Hamm-Brücher schlug selbst
„meinen Freund“ Geihart für das
durch den Verzicht von Jürgen Mor-
lok frei gewordene Amt des Parteivi-
ze vor, obwohl sie vor wenigen Tagen
noch selbst dafür antreten wollte.
Aber selbst der linksliberale Sylter
Kreis hatte sie zum Veracht ge-'
drängt Nach dem Voiliegen desi
Stimmergebnisses war sie Hann auch
die erste, die sich nach vom durch-:
drängelte, um Geihart zu gratulieren^
Bei aller kämpferischen Anlage
verströmte in - Saarbrücken -sogar
Lambsdorff Zufriedenheit Er ver-
sprach: „ich werde Bangemann nüt
fncinw ganzen Kraft unterstützen.
Darauf kann er sich verlassen. Und
ich versichere Dich, Hans-Dietrich,
meiner unverbrüchlichen ■- Freund-
schaft“ Dies allerding s einen
Delegierten nicht davon ab, ans Mi-
krofon zu gehen und dem ehemaligen
Bundeswirtschaftsminister den Rat
zu geben, Kritik am Nachfolger Ban-
gemann „ihm doch bitte persönlich“
zu sagen und nicht den Weg über die
Öffentlichkeit zu beschreiten.
Auf dem Parteiabend versuchten
Genscher und Bangemann zu demon-
strieren, wie sie es in Zukunft mitein-
ander halten wollen: Bangemann vor-
ne und Genscher hinten, radelten sie
auf einem dann versteigerten Tan-
dem pme Ehrenrunde. Allerdings
noch nicht sehr sicher, sondern eher
schwankend. Zwei Tage vorher hal-
ten sie beim Aschermittwoch in Bay-
ern noch in umgekehrter Formation
erste Radelversuche gemacht
Nur der Abgeordnete Tortora
muß nicht in den Käfig
Star der Show ist er noch
immer, doch die Szene hat sich
gewandelt. Er steht nicht mehr
izn Scbeinwerferlicht der
TV-Kameras, sondern als
Angeklagter im Mittelpunkt des
größten Camorra-Prozesses, den
Italien je erlebte; der
Europa- Abgeordnete Enzo
Tortora.
Von F. MEICHSNER
T raum und Realität, hinreißende
Schönheit und abgrundtiefe
Häßlichkeit, Wahrheit und Lü-
ge, kalte Rationalität und glühende
Leidenschaft - nirgendwo andersauf
der Welt erfaßt den Besucher so wie
in Neapel spontan das Gefühl, allem
und gleichzeitig dem Gegenteil von
allem zu begegnen. Dieser Bedingt-
heit aller Erkenntnis bewußt, betritt
man den „Gerichtsbunker“ im Hof
des Justizgefängnisses von Poggio-
reale. Hier wird der neapolitanischen
Camorra ihr bisher größter Prozeß
gemacht
Für den Hotelober, der gerade noch
beim Frühstück wort- und gesten-
reich die guillotinierten Häupter
selbst der kleins ten Camorra-Rausch-
giftschieber gefordert hatte, scheint
das rin klarer Fall von „Kopf abl“ zu
sein. Ob aber nicht auch er, so fragt
man sieh, auf diskrete Anforderun g
hin ein kleines Tütchen mit dem wei-
ßen Pulver gegen entsprechenden Li-
re- (oder besser noch; Dollar-) Betrag
abzugeben hätte? Was ist schon ge-
wiß in Neapel? Im Sekretariat der
3QQQ- Quadratmet er-Arena muß ein
Antrag auf Zulassung zum „Prozeß
gegen Acquavivaund 252 andere“ ge-
stellt werden. Man erhält sofort den
n »TU>hmig nn g<MfoTnp pl_ D ann öffnet
«A*h die Tür y»m Monstersaal, der in
seinpn AngmaBen den FSnrin ink Eines
Stadions erweckt, mit seinen Käfigen
an cfop Zoo-Halle oder an ein altrömi-
sches Amphietheater erinnert.
Durch die Nebentür wird gerade
ein»' der „252 anderen“ eingelassen.
Es ist der eine, auf den alle schon seit
Wochen warten: der des Rauschgift-
handels und der Camorra-Zugehö-
rigkeit angeklagte Europa-Parlamen-
tarier und ehemalige Star-Showma-
ster des Fernsehens Enzo Tortora. Mit
ausgesuchter Höflichkeit geleitet ihn
ein TTarahinipr i-f iffiripr 2U einem
Platz neben den Anwälten.
Die mifrmgpkiftgten 251 „anderen“
un d ihr alphabetischer Riegenführer
Acquaviva warm vorher in etwas an-
derer Weise auf etwas andere Platze
„gebeten“ iwoirien. Man hatte sie in
Handschellen aus ihren 20-Mann-Zel-
len herbeigebracht und auf die 20 an
der Rückwand des Gerichtssaales
eingebauten Käfige verteilt Jetzt ste-
hen sie an den Gitterstäben und ver-
folgen 200 Meter entfeint den Einzug
Tortoras. Die einen winken mit ihren
Taschentüchern, andere rufen zärt-
lich-ironisch „Gevatter Enzino, wie
geht es dir?“, wieder andere schleu-
dern dem Eintretenden und dem ihn
begleitenden Führer der „Radikalen
Partei“, Marco Panella, Schimpfwor-
te entgegen.
Einer hinter den Gitterstäben be-
gehrt von Panella zu wissen, wann er
denn nach dem „Drogenhändler“
Tortora und dem Linksterroristen To-
ni Negri auch Camorra-Boß Raftaele
Cutolo auf die liste der „Radikalen
Partei“ ins Parlament wählen lassen
und damit aus dem Gefängnis holen
wolle. Panella, der sonst nie um eine
Antwort verlegen ist, zieht es diesmal
vor, zu schweigen. Daß sich hinter
der Ironie unbändiger Zorn verbirgt,
ist nicht zu überhören. „Alle Bürger
sind vor dem Gesetz gleich“, be-
stimmt Artikel 3 der Verfassung. En-
zo Tortora ist als Angeklagter ohne
Frage „gleicher“ - seitdem er auf Be-
treiben PaneDas radikaler Abgeord-
neter des Europaparlaments wurde.
Vorher war auch er - wie die 252
„anderen“ - als Untersuchungshäft-
ling im Gefängnis, unschuldig viel-
leicht, aber unter so schwerer Ankla-
ge, daß er laut Gesetz inhaftiert blei-
ben mußte. Jetzt wohnt er im Hotel,
fährt im Taxi zur Verhandlung vor,
kann d? wap b in irgendeinem Luxus-
restaurant am Golf dinieren und gibt
Pressekonferenzen, wann immer er
will, während die weniger „gleichen“
in ihrem verriegelten Massenquartier
des Foggioreale-Gefängnisses zu 20
auf eine Toilette und ein Wasch-
bekeken angewiesen sind, ihr am
Ab ge klagtet mit Vorrechten: Enzo
Tortora foto: dpa
Mittag ausgeteiltes G effipgnisessen
nach Ende der täglichen Gerichtsver-
handlung nachmittags um 5 Uhr völ-
lig erkaltet in den Zellen vorfinden
und laut ausdrücklicher Anweisung
des Gerichtspräsidenten nicht einmal
mehr vor Beginn der Verhandlung im
Prozeßsaal mit den Journalisten sich
unterhalten dürfen. '
Gewiß, unter den 252 ^anderen“
befinden sich nicht wenige bereits
rechtskräftig v erurteilte Mörder, Ge-
wohnheitsverbrecher und Gang-Bos-
se. Aber es gibt unter ihnen auch
Leute wie Tortora, die sich für un-
schuldig erklärten und über die noch
keinerlei Urteil gefeilt wurde.
Daß sie sich „ungleicher“ behan-
delt fühlen, ist verständlich. Sie ha-
ben nicht vergessen, daß Panella, be-
vor er Tortora parlamentarisch immu-
nisierte, bereits Toni Negri mit der
gleichen Methode aus dem Gefängnis
herausholte - jenen Linksterroristen,
der dann nichts Eiligeres zu tun hatte,
als sich unter dem Schutz der parla-
mentarischen Immunität nach Paris
abzusetzen, wo er jetzt über den in-
zwischen ergange n en richterlichen
Schuldspruch nur lacht
Das Problem, das damit angespro-
chen wird, übersteigt selbst diesen
sogenannten Mega-Prozeß von Fog-
gioreale. Es betrifft sowohl die parla-
mentarischen Immunitätsregeln als
auch die gesamte italienische Justiz-
praxis mit ihren sich über Jahre hin-
ziehenden Ermittlungsverfehren und
Prozessen sowie ihren entsprechend
langen Untersuchungshaftzeiten.
Um das zu ändern, hat Panella den
Fall Tortora in provokativer Weise
aufgegriffen. Erreicht hat er vorläufig
nur noch ein Mehr an Ungerechtig-
keit
Noch etwas anderes läßt diesen
Prozeß gegen Raftaele Cutolos „Neue
Organisierte Camorra“ aus dem Rah-
men normaler Strafverfahren gegen
Süditaliens Verbrecherwelt feilen. Es
ist das Problem des „pentitismo“,
dem hier das vielleicht entscheidende
Gewicht zukommt Ein „pentito“ ist
j eman d, der seine Sünden bereut In
der italienischen Justizpraxis der
letzten Jahre wird mit diesem Wort
aber weniger ein reumütiger Sünder
als vielmehr ein dingfest gemachter
Verbrecher (Terrorist, Mafioso oder
Camorrista) bezeichnet der sich in
der Hoffnung auf eine mildere Strafe
im Gefängnis entschließt mit den Er-
znittlungsbehörden zusammenzuar-
beiten und seine Exkumpanen zu ver-
pfeifen.
Die Belohnung des „pentito“ durch
Strafnachlaß war vom Gesetzgeber
auf dem Höhepunkt der Terroris-
muskampagne sozusagen als ein Akt
staatlicher Notwehr beschlossen wor-
den. Sie hatte unzweifelhaft beachtli-
che Erfolge.
-Angaben einiger „pentiti“ setzten
Polizei und Justiz in die Lage, den
Roten Brigaden das Rückgrat zu bre-
chen. Ein „pentito“ der Mafia, der
„Pate“ Don Tommaso Buscetta, be-
lieferte die Karabinieri mit dem de-
taillierten Organisationsschema der
„ehrenwerten Gesellschaft“ und ei-
ner ganzen Liste von Mördern, akti-
ven Gang-Mitgliedern und bis dahin
unverdächtigen Hintermännern.
„Pentiti“ waren es auch, die vor
zwei Jahren die Ermittlungsorgane
auf Tortoras Fährte brachten. In die-
sem Fall allerdings scheint sich, wie
bisher noch nie in diesem Ausmaß,
das Problem der Glaubwürdigkeit
des „pentitismo“ zu stellen. Das mag
nicht zuletzt auch mit am neapolitani-
schen Ambiente mit seiner Ungewiß-
heit schaffenden Vielbödigkeit lie-
gen. Zwölf „pentiti“ behaupten, Tor-
tora sei der Drogenhändler der Ca-
morra für die Sterne und Sternchen
der Bühnenwelt gewesen, er sei von
Camorra-Boß Cutolo persönlich mit
allen Riten in die Camorra aufgenom-
men worden. Andere Indizien gegen
den Ex-Showmaster, der das alles
ganz entschieden bestreitet, hat die
Anklagebehörde bisher nicht vorge-
zeigt.
Vor diesem Hintergrund stellt sich
die grundsätzliche Frage, inwieweit
Anklageerhebung und vorsorgliche
Inhaftierung eines unbescholtenen
Bürgers allein aufgrund von Aussa-
gen notorischer Krimineller und Auf-
schneider noch europäischem
Rechtsempfinden entsprechen. Ein
„Thema ohne Ende“, wie Guido Pio-
vene einmal in einem Essay- ganz
Neapel charakterisierte?
Ein Ende wird dieser Prozeß von
Poggioreale mit Sicherheit haben.
Aber ob es hier in Neapel auch ein
Ende der Gewißheit sein wird und
sein kann?
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Sorgen und Hoffnungen der „Inländer
mit dem nichtdeutschen Paß"
Ökumenische Arbeitstagung / Kritik an Kann-Bestimmungen im Auslandergesetz
HENK OHNESORGE, München
„Die rechtliche Gleichstellung
ist . . . der entscheidende Maßstab, an
dem heute die Stellung der Auslän-
der in unserem Land zu überprüfen
ist An ihm gemessen müssen wir ei*
ne schuldhafte Ungerechtigkeit darin
sehen, daß wir in den letzten drei
Jahrzehnten die zu uns gekommenen
Ausländer nur oder vorwiegend als
Arbeitskräfte betrachtet haben.“
Dies ist das Fazit der Rede, mit
welcher Professor Wolfgang Huber,
Präsident des Deutschen Evangeli-
schen Kirchentags, die „Ökumeni-
sche Arbeitstagung Ausländer und
Deutsche“ in München beendete. Un-
ter dem Motto . Miteinan der leben -
heute und morgen“ batten der Deut-
sche Evangelische Kirchentag und
das Zentralkomitee d^r deutschen
Katholiken zusammen mit der Evan-
gelisch-Lutherischen Kirche in Bay-
ern und dem Erzbistum München
und Freising eingeladen.
„Ausländer sind keine vorüberge-
hende Erscheinung in unserem Land,
keine Tagesgäste, die nur einmal
schnell zu uns hereinschauen, um
bald wieder heimzufahren. Wer dies
je gemeint hat oder noch meint, der
irrt. Die Entwicklung ist nicht mehr
umkehrbar“, erklärte der bayerische
Kultusminister Professor Hans Maier
in seiner Eigenschaft als Präsident
des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken zur Eröffnung vor 800
Teilnehmern, davon fest die Hälfte
Ausländer. „Ich halte die Neigung
mancher Zeitgenossen für ubertrie-
FRITZ WIRTH, Washington
Das Angebot der Reagan-Admini-
stration, westeuropäische Staaten
und vor allem die Bundesrepublik
mit in das Forschungsprogramm für
die „Strategische Verteidigungsin-
itiative“ (SDI) mit einzubeziehen, ist
zur Stunde nur ein rein verbales Er-
eignis. Konkrete Vorstellungen dar- -,
über, in welchen Bereichen beispiels-
weise deutsche Finnen an der Tech-
nologie dieses Abwehrsystems im
Weltraum eingeschaltet werden kön-
nen, liegen noch nicht vor.
Diese Erkenntnis gewannen Wal-
ther Leisler-Kiep. der Präsident der
„Atlantik-Brücke“ und Schatzmei-
ster der CDU, und Willy Wimmer, de 1
Sprecher der CDU/CSU-Bundestags-
fraktion für Verteidigungspolitik auf
getrennten Amerikareisen, die am
Wochenende zu Ende gingen.
„Ich gehe davon aus, daß es die
Amerikaner mit diesem Angebot
ernst meinen“, sagte Leisler-Kiep,
„doch es bedarf noch sehr intensiver
Diskussionen, bis es zu realen Kon-
takten kommt“ Wimmer nahm die
Erkenntnis mit „Es sind zwar schon
wesentliche Fortschritte in einzelnen
Forschungsabschnitten erzielt wor-
den, große Linien aber noch nicht in
jedem Fall erkennbar, und deshalb
scheint die Zeit für konkrete Angebo-
te noch nicht gekommen. Wenn die-
ser Zeitpunkt aber kommen sollte,
scheinen sich die amerikanischen
Überlegungen auf eine Firmen-zu-
Firmen-Beteiligung zu erstrecken.“
Leisler-Kiep sagte seinen Ge-
sprächspartnern, zu denen Verteidi-
gungsminister Weinberger, Staatsse-
kretär Perle und General James Ab-
rahamson, der Leiter des SDI-For-
Bund esre p u blik gekommene Rechts-
wissenschaftler Professor Wolf gang
Seiffert hat Bedauern darüber geäu-
ßert daß die „verfassungtragenden
Bonner Parteien“ in der Deutsch-
landpolitik ohne Not in eine völlig
defensive und passive Rolle geraten
seien. Notwendig sei der Übergang zu
einer aktiven Deutschlandpolitik, die
das Ziel der Wiedervereinigung nicht
in eine ferne Zukunft projiziere, son-
dern die heute schon darum ringe, die
Bedingungen für eine Verwirkli-
chung der Wiedervereinigung zu ver-
bessern, sagte Seiffert am Wochen-
ende auf einer Tagung der Studien-
gruppe für Politik und Völkerrecht in
Bonn.
Zu einer solchen Aktivierung ge-
hört nach Auffassung des an der Kie-
ler Universität lehrenden Wissen-
schaftlers auch eine intensivere Auf-
klärung des Auslandes über die Mo-
tive deutscher Wiedervereini-
gungspolitik. „Zu negativen Aussa-
gen wie jener des italienischen Au-
ßenministers Andreotti wäre es nicht
gekommen, wenn es mehr Erklärun-
gen darüber gäbe, was wir mit der
deutschen Frage im Sinn haben.“
Kritik übte Seiffert daran, daß das
Selbstbestimmungsrecht auch in
Bonn oft falsch definiert werde. So
behaupte beispielsweise derFDP-Po-
litiker Ronneburger groteskerweise,
das Grundgesetz bejahe nur die Ein-
heit der Nation, aber nicht die Einheit
des deutschen Staates. Der frühere
ben, Auswüchse gegen Ausländer,
die leider nun einmal Vorkommen, zu
Symptomen genereller Ausländer-
feindlichkeit oder gar eines versteck-
ten Rassismus hochzustilisieren“,
sagte Maier weiter und verwies auf
eine gewisse Aversion gegenüber
dem unbekannten Fremden auch in
anderen Ländern.
Auf heftigen Protest der Ausländer
stieß in der anschließenden Plenums-
diskussion Maiers Feststellung, „daß
das Ausländeirecht der Bundesrepu-
blik Deuts chland im Vergleich zu Be-
stimmungen and erer Lander . . . von
einem freiheitlichen Akzent geprägt
ist“. Der Grund des Protests wurde
sowohl in Einzelbeiträgen, besonders
aber in den Beratungen der einzelnen
Arbeitsgruppen deutlich: Das fest
zwanzig Jahre alte Gesetz läßt zu vie-
le Ermessensmöglichkeiten, zu viele
Kann -Entscheidungen und damit
letztlich zu viel Willkür zu.
Einen Aspekt beleuchtete Profes-
sor Theodor Schober, der langjährige
Vorsitzende des Drakonischen Werks,
im Zusammenhang mit den bereits in
der Bundesrepublik geborenen Kin-
dern: „Politik und Gesellschaft ste-
hen damit einem Personenkreis ge-
genüber, der mit der rechtlichen Be-
zeichnung des Ausländers höchst un-
zulänglich umschrieben wird. Die
klassischen Ausländ erregelungen,
die von einem vorübergehenden Auf-
enthalt eines Nicht-Staatsbürgers
ausgehen, können daher kaum noch
ihrem ursprünglichen Sinn entspre-
chend angewendet werden.“
sind für dieses Forschungspro-
gramm, doch es wird für uns in dieser
Sache noch tausend Fragen geben.“
Kiep und Wimmer erhielten von maß-
geblicher Seite die Zusicherung eines
intensiven Informationsaustausches.
In mehreren Reden und Öffentli-
chen Diskussionen wies Leisler-Kiep
darauf hin, daß es bei den bevorste-
henden Abrüstungsverhandlungen
im Zusammenhang mit SDI Konstel-
lationen geben könnte, die die Bun-
desregierung innenpolitisch in eine
delikate Situation bringen.
Beispielsweise dann, wenn die So-
wjets eine Verringerung der Zahl ih-
rer SS-20-Raketen in. Europa als Ge-
genleistung für Zugeständnisse der
Amerikaner im SDI-Bereich Vor-
schlägen sollten, und die Amerikaner
darauf beharren, daß SDI kein
Tauschobjekt sei Die Friedensbewe-
gung in allen westeuropäischen Län-
dern könnte dies zum Anlaß neuer
antiamerikanischer Argumentatio-
nen nehmen. Er jedenfalls wäre nicht
überrascht, wenn die Sowjets in Genf
mit dieser Taktik operieren würden,
allein schon, um den Westen in die
Defensive zu drängen.
Vor dem „Wilson Center“ wies
Leisler-Kiep darauf hin, welche Wir-
kung ein erfolgreiches SDI-For-
schungsprogramm der Amerikaner
auf die künftige Großmachtrolle der
Sowjetunion hätte: Diese Groß-
machtrolle basiert ausschließlich auf
ihrer militärischen Macht Wenn die-
se Macht durch ein neues undurch-
dringliches Verteidigungssystem der
Amerikaner eingeschränkt wird, re-
duziere sich damit automatisch die
Statur der Sowjetunion.
Staatssekretär Bölling fordere, man
dürfe die Staatlichkeit der „DDR“
nicht in Frage stellen. „Tatsächlich
besteht das Sdbstbestimmungsrecht
in dem Willen eines Volkes, in einem
Staat zu leben und seine Form selbst
zu bestimmen. Das ist die Definition
des Selbstbestimmungsrechts und
seine friedenssti&nde und friedenser-
haltende Funktion“, betonte er.
„Wendet man das auf die Deut-
schen an, so ist unabweisbar, daß das
Selbstbestimmungsrecht der Deut-
schen darin besteht, einen Staat zu
bilden und seinen Inhalt zu bestim-
men", fuhr Seiffert fort. Er wandte
sich gegen die häufig zu hörende Al-
ternative „Freiheit oder Einheit“. Ge-
wiß sei es abstrakt richtig, daß Frei-
heit vor Einheit gehe, wenn es die
Wahl gäbe. Unter den konkreten Exi-
stenzbedingungen der deutschen
Spaltung aber sei eine derartige For-
mel wertlos. Denn selbst wenn es ge-
länge, die „DDR" zu weiteren hum-
anitären Konzessionen zu bewegen,
bleibe eine absolute Grenze, die das
„DDR“-Regime nicht überschreiten
könne.
„Ohne staatliche Wiedervereini-
gung können die Deutschen in der
DDR nie ihre Freiheit bekommen.
Freiheit und Einheit sind in der deut-
schen Wirklichkeit nur zwei Seiten
einer Medaille. Ohne Freiheit gibt es
keine Einheit und ohne Einheit keine
Freiheit Darum sollte man sich vor
falschen Alternativen hüten“, sagte
der Rechtswissenschaftler.
Seifert wandte sich ferner gegen
Schober trat erneut - und ent-
spricht damit Forderungen auch der
katholischen Kirche und der Gewerk-
schaften - für eine unbefristete Auf-
enthaltserlaubnis nach fünjährigem
Aufenthalt auch für Familienangehö-
rige ein. Diese unbefristete Aufent-
haltserlaubnis dürfe nicht aus Grün-
den der Arbeitslosigkeit und des
Empfangs von Sozialhilfe entzogen
werden. Straffälligkeit dürfe nur in
begründeten Ausnahmen zu Auswei-
sung führen. Nach achtjährigem
rechtmäßigen Aufenthalt sollten Aus-
länder das Recht auf Aufenthaltsbe-
rechtigung ohne weitere Bedingun-
gen bekommen.
An Schobers Satz: „Die Aufent-
haltsberechtigung sollte weiterent-
wickelt werden zu einem Niederlas-
sungsrecht Dieses schließt weitge-
hende politische Betätigung mit ein“
entzündete sich die Diskussion. So
lehnt beispielsweise die Berliner Aus-
länderbeauftragte Barbara John das
Kommunalwahlrecht für die „Inlän-
der mit nicht-d eutschem Paß “ ab und
plädierte für einen erleichterten Zu-
gang dieser Personengruppe zur
deutschen Staatsbürgerschaft Dem
aber steht die Forderung der teilweise
schon seit 15 Jahren in der Bundesre-
publik lebenden Fremden gegenüber,
die wenigstens in ihrem direkten Le-
bensbereich mitbes timme n wollen.
TWnpg hat der Münchner Kongreß,
der keine Lösungen bringen konnte,
deutlich gezeigt: Eine andere Gesetz-
gebung als die bisherige ist zwingend
notwendig.
In der gleichen Rede trat Leisler-
Kiep für die Fortsetzung einer, reali-
stischen Entspannun g spolitik ™
Sie sollte nicht nur auf den Bereich
der beiden Großmächte beschränkt
sein, sondern die Kontakte zu allen
osteuropäischen Ländern mit einbe-
riehen, selbst wenn die Fortschritte
dieser Politik sich nur im Schnecken-
tempo vollziehen. „Wir müssen in je-
dem Fäll dafür sorgen, daß diese
Entspaimungspolitik nicht in die
Hände linksgerichteter Utopisten
feilt“, erklärte Kiep.
Die mehrtägigen Gespräche Willy
W imm ers in Washington konzentrier-
ten sich auf die problemreiche trans-
atlantische ftiisüin gSTiiKamnipnar -
beit, die bevorstehenden Genfer Ab-
rOs taing sve rhandlun gen und die Fol-
gen des SDI-Programms für die euro-
päische Ver einig un g . W immer wies
vor allem auf das wachsende Un-
gleichgewicht beiderseitiger Käufe
von Rüstungsgütem hin. Während
dieses Verhältnis bis zum letzten Jahr
2:1 zugunsten der USA betrug, stieg
es nach dem Kauf von „Patriot“ auf
10:1 zugunsten der Amerikaner. Die-
ser Zustand sei auf die Dauer nicht zu
vertreten.
Wimmer beklagte die wachsende
Neigung der USA, modernste Tech-
nologie nicht mit der Bundesrepublik
auszutauschen. Im Zusammenhang
mit den bevorstehenden Genfer Ver-
handlungen erinnerte W imm er daran,
daß sich hier das deutsche und euro-
päische Interesse nicht nur auf strate-
gische Waffen, sondern auch die
KVAE und auf MBFR bezieht „Wir
haben darauf hingewiesen, daß wir in
einem System gleicher Sicherheit le-
ben wollen“, erklärte Wimmer.
die These, die deutsche Teilung sei
eine direkte Folge der Hitlerschen
Agressionspolitik. „Ebendies war sie
nicht Sie wurde erst Wirklichkeit als
sich und weil sich die vier Mächte
nach Kriegsende nicht einigen konn-
ten.“ Ursache der deutschen und der
europäischen Teilung sei ein Machl-
und System-Antagonismus. Die
Überwindung der deutschen Teilung
sei darum eine europäische Aufgabe
mit dem Ziel, konstante Labilität in
einen Zustand der Stabilität zu ver-
wandeln.
Für eine „Europäisierung“ der
deutschen Frage plädierte in seinem
Schlußwort auch Professor Dieter
Blumenwitz. Wurzburg. Mit Hilfe ei-
ner Offenhalte-Klausel ließen sich die
deutsche Wiedervereinigung und die
fortschreitende europäische Eini-
gung miteinander verbinden. Er be-
tonte, grundsätzlich sei die deutsche
Frage nicht bilateral, sondern nur im
Rahmen eines gobalen Akkords lös-
bar. Eine solche Neugruppierung set-
ze ein handlungsfähiges Westeuropa
voraus.
Allerdings müßten die Europäer
ein starkes Gefühl für die Freiheit
und die Menschenrechte besitzen. Ei-
ne auf diese Ziele ausgerichtete
Selbstbestimmungspolitik einer eu-
ropäischen Macht sä leichter durch-
setzbar als etwa eine Neutralitätspoli-
tik. Gleichzeitig könne die deutsche
Frage durch eine Europäisierung wie-
der auf ihre universalistischen Wur-
zeln zurückgeführt werden.
Vogel beurteilt
Grüne jetzt
pessimistischer
rtr.Bonn
Der SFD-Fraktionsvorsitzende im
Bu nde stag, Hans-Jochen Vogel, hat
gestern frühere Aussagen über eine
etwaige Zusammenarbeit Par-
tei mit den Grünen korrigiert Die
Zweifel an den Grünen seien stärker
geworden, sie hätten keine Fort-
schritte in Richtung Politik- und
mehr Kompromißfähigkeit gemacht
sagte Vogel In einem Interview des
Südwestftinks erklärte der SPD-Poli-
tiker fernen „Die für uns maßgeben-
den Punkte und Kriterien führen uns
an pinpm pessimistischeren TTi- tafi ^ l« ;
wir es zunächst gehabt haben.“ Ein
- Bündnis mit den Grünen auf Bundes-
ebene sei für Um kein Thema.
„Arbeitslosigkeit
sinkt nicht rasch“
rtr, Bonn
Der Präsident der Bundesanstalt
für Arbeit, Heinrich Franke, rechnet
nicht mit einem raschen Abbau der
hohen Arbeitslosigkeit in der Bun-
desrepublik. Im Deutschlandfiwk
sagte Franke gestern, die Probleme
auf dem Arbeitsinaxkt könnten mir
mit „langer Hilfe von uns allen“ be-
seitigt werden. Zugleich setzte er sich
dafür ein, die bei der Bundesanstalt
gebildeten Überschüsse zu „arbeits-
marktpolitischen Initiativen“ zu nut-
zen. Durch Arbeitsbeschaffung und
Fortbildung könnten mehr als 10 000
Menschen untergebracht werden.
Franke sagte, für ihn gebe es die
„eindeutige Priorität“, das Geld „für
produktive Tätigkeiten“ auszugeben,
um dann mit den anderen Trägern
der Sozialversicherung die Probleme
der Rentenversicherung zu lösen.
Franke bezog sich auf PÜne der Bun-
desregierung, zur Deckung des er-
warteten Müliaräen-Defizits in der
Rentenkasse die Beiträge zur Renten-
versicherung um 0,5 Prozentpunkte
auf 19,2 Prozent zu erhöhen.
•
Kritik an Urteil
gegen Bürgermeister
AP, Kassel
Mit dem Urteil des Ostberiiner
Stadtgerichts gegen den Bürgermei-
ster der Stadt Arolsen, Ernst-Hubert
von Michaelis, werden sich das Euro-
päische Parlament und der Bundes-
tag beschäftigen. Michaelis war am
vergangenen Mittwoch wegen angeb-
licher Fluchthüfe zu sechs Jahren
Haft verurteilt worden. Wie der
CDU-Europaparlamentarier Axel
Zargas aus Kassel am Wocheneide
bei einer 'RAwrkskP n fw»nz der nord-
hessischen CDU in Arolsen bekannt-
gab, wül die Fraktion der Europäi-
schen Volkspartei heute einen Dring-
lichkeitsantrag im Europaparlament
pinb ringen, in dem Maßnahm en ge-
gen die Inhaftierung Michaelis* ver-
langt weiden.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete
Wilfried Böhm aus Melsungen erklär-
te, seine Fraktion werde ebenfalls in
der kommenden Woche im Bundes-
tag pinp n offiziellen Protest der Bun-
desregierung bei der Regierung der
„DDR“ beantragen. Dabei soll Bonn
Michaelis’ sofortige Freilassung ver-
langen. In einer eins timmig ange-
nommenen Entschließung bezeich-
net« die Bezirkskonferenz die Inhaf-
tierung als unmenschlich In Anwe-
senheit der Ehefrau von Bürgermei-
ster Michaelis erkürte der Bezirksvor-
sitzende und frühere Bundestagsab-
geordnete Lothar Haase aus Kassel
Verhaftung und Verurteilung des
Bürgermeisters verstießen gegen die
Konvention der Vereinten Nationen
über die allgemeine Freizügigkeit
und zeigten das wahre politische Ge-
sicht der „DDR“.
Mertes dringt auf
EG-Erweiterung
ELN-Bomt
Aus Anlaß der europapolitischen
Beratungen, die in dieser Woche in
Bonn und Brüssel stattfinden, hat
sich der Staatsminister im Auswär-
tigen Amt, Alois Mertes, für einen
zeitgerechten Beitritt Spaniens und
Portugals zur Europäischen Gemein-
schaft eingesetzt Die Bundesregie-
rung dringe deshalb so nachdrück-
lich darauf -erklärte Mertes am Wo-
chenende, weil sie in diesem Beitritt
„eine politische Notwendigkeit er-
sten Ranges “ sehe.
Die beiden iberischen Völker hat-
ten aus eigener Kraft den Weg vom
autoritären Regierungssystem zur
rechtsstaatlichen Demokratie ge-
schafft verkörperten einen wesentli-
chen Teil der europäischen Kultur
und bildeten „einen tragfähigen euro-
päischen Pfeiler, wenn Europas Ge-
wicht in Fragen des Friedens, der Si-
cherheit und der Abrüstung inner-
halb des Westens zunehmen soll“.
Auch die wirtschaftliche und techno-
logische Zukunft Deutschlands wie
seiner EG-Partner mache diesen Bei-
tritt Spaniens und Portugals „auf
Dauer zu einer Überlebensfrage“.
DIE WELT tUSPS 605^90) 4 pubfelttd dal*
except sundaysand holidays.Thesubicripdon
pries for the USA b US-Dollar 565,00 per an-
wm. mwfputed by German Languaga Publl-
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at Englewood. HO 07631 and at additional mal-
Rng offlees. Ponmastor. send address chon-
ges ta: DIE WH.T, GERMAN LANGUAGE PUBU-
CATKDNS, INC, 560 Sylvan Avenue. EngJe-
wood CWf*. N3 07632.
SDI-Kooperation noch nicht konkret
Firrnen-zu-Firnien-Beteiligiuig wahrscheinlich / Leisler-Kiep and W imm er in den USA
schungsprogramms, gehörten: „Wir
„Selbstbestimmungsrecht wird auch
in Bonn oft falsch definiert“
Professor Seiffert zur Deutschlandpolitik: Ohne Not in die Defensive drängen lassen
BERNT CONRAD, Bonn
Der 1978 aus der „DDR“ in die
DIE WELT - Nr. 47 - Montag. 2& Eefrngg «ns
Kohl an die Saarländer: Wer Zeyer
die Stimme gibt, der hilft auch mir
Kanzler setzt auf ^uveriäsägkeit und Treoe^ / Der Name Lafontaine .fiel nicht
Von GÜNTHER BADING
uhiger als andernorts läßt die
CDU im Saarland ihren Wahl
'an gehen. Da wird weder
„geholzt“, noch versucht Spitzenkan-
didat Werner Zeyer die schrillen Welt-
untergangs- und Industriestürmer-
Parolen des SX^Landesvorshaa-
den Oskar Lafontaine durch Laut-
stärke zu übertönen. Solide, anstän-
dige Politik wolle er machen, dem.
Wohle seiner Heimat „mit ganzem
Herzen“ - so der Slogan der Saar-
CDU - dienen, Arbeiteidätze schaf-
fen, neue Industrien und mittelstän-
dische Unternehmen ansieddn, sagte
Zeyer in seinen 7ahllraa»n Wahlreden.
Trotz - oder wegen - seiner fast
bedächtigen Ansprache, seines Ver-
zichts auf jeden Anflug von Demago-
gie jubeln ihm die .Menschen in sei-
nen Vg rgflTnmln ngwi ZU, klatschen
auch viele von dpn»n BgifiiTi , deren
Familien aus Bergleute- oder Stahlar-
beiter-Tradition über Jahrzehnte bis-
her die SPD gewählt haben.
Dem Kanzler ist der bedächtige
Wahlkampf stil Zeyers recht Ja, Hel-
mut Kohl hebt dies noch besonders
hervor, nennt seine Wahlkamp freden
■ Saarländer selber nesr^ß das Beson-
dere der Lage als „Spä tanknmmlmge
beim Neuaufbau unseres Landes“,
nach dem Krieg vor Augen Zu führen
und ihnen doch das stetere Gefühl zu
vermitteln, sie «ch auf Hilfe zur
Selbsthilfe aus Bonn verlassen kön-
nen;
Natürlich sind die MflKonenza-
schfisse zur Bewältigung dar Struk-
turkrise der Montanregion nicht an
die Person des Ministerpräsidenten
Zeyer gebunden. Aber der Eindruck
■ entsteht durch die sorgsam dosierten
Hinweise Kohls auf die „persönliche
Fteundschaft", die ihn, den pfälzi-
schen Nachbarn, mit Zeyer seit Jahr-
zehnten verbinde. Ein im Wahlkampf
scher beabsichtigter Eindtuck.
Helmut Kohl häfr fcww Wahlrede
nn üblichen Sinne. & erinnert an die
Überwindung der früheren „Erb-
feindschaft“ mit Frankreich, stellt
das Bgjgpipl als ; Ziri airf wnpm langen
Weg der Aussöhnung mit Polen dar.
Der Kanzler spricht ausführlich über
die Jahre des Aufbaus nach dem
Krieg, spart nicht mit persönlichen
Erinnerungen, kommtauf die heutige
Jugend zu sprechen, auf das von den
Dennoch gerät Kohl hie und da im
Redefluß in spürbare Empörung- Na-
türlich „haben wir in Sachen Um-
weltschutz alle dazugelemr. Aber
dazu „brauche ich die Grünen noch
lange nicht,". Er findet diese Grünen
schlicht „heuchlerisch“. Schließlich
nutzten sie die moderne Technik so
wie alle anderen. „Sie fahren ja auch
nicht mit den Fahrrad zu ihren De-
monstrationen.“ Er sehe es als
Pflicht, als „konservative Pflicht“ an,
den nach uns Kommenden eine mög-
lichst intakte Umwelt zu hinter lassen.
Der Kanzler nennt W«nMrZ*yer stnon „pMvSnttdmn Fround“
FOTO: DPA
ein „ruhiges Gespräch, hier, heute
abend“, empfiehlt seinen Zuhörern,
nichts auf die smar te, rasche, glatt-
züngige, elegant formulierende Rede-
weise des Oskar Lafontaine zu geben.
Seine Freunde suche man schließlich
auch nicht nach der Eloquenz aus,
sondern „Zuverlässigkeit und
Tteue“.
Und so häft der CDU-Vorsitzende
in Merzig und in Püttlingen, nahe
dam Stahlstandort Völklingen, vor
Stahlkochem, Bergleuten, Facharbei-
tern, Hausfrauen, Rentnern und über-
raschend vielen jungen Leuten Re-
den ohne jede Polemik-
Sein ironischer Gruß „an die ver-
sprengten Reste der saarländischen
SPD“ als Antwort auf ein paar Zwi-
schenrufer feilt da schon fast aus dem
Rahmen. Bei der Landtagswahl gelte
es, „mit zu überdenken, was man aufe
Spiel setzt“, sagt der Bundeskanzler.
Und dann breitet er vor den jeweils
anderthalb Tausend in der Stadthalle
von Merzig und dem „Trimm Treff“,
der Sporthalle zu Püttlingen, in einer
umfassenden Tour d'horizon eine op-
timistische Bilanz seiner bisherigen
Amtszeit aus.
Predigern des Anspruchsdenkens ge-
genüber Staat und Gesellschaft her-
beigeredete Gefühl der Chancen- und
ZukuiLftslosigksit, das sich unter jun-
gen Leuten breitmache. „Die Enkel
der Generation, die unser nach
dem Krieg wie derauifegbairt: hat, müs-
sen sich doch selber die fkage stellen:
Sind wir eigentlich schwächer- wie
damals?" Helmut Kohl fragt „wie“
damals, nicht „als“. Die pfälzische
Nachbarschaft wird auch mit der Be-
tonung des Dialekts ins Bewußtsein
der Zuhörer gesenkt Und Kohl gibt
die Antwort auf seine Frage gleich
selber. .
Der Kanzler spricht von der Zu-
kunft, von der Notwendigkeit viel
Geld in die Forschung zu investieren,
„besser zu sein“ als andere Industrie-
länder, da nur so derExport gesichert
worden könne. Er redet der Förde-
rung von „Leistungseliten“ das Wort,
sagt ohne Scheu, daß der Risikoberei-
te, der Selbständige, der, der nicht
auf die 38,5- oder 35-Stunden-Woche
schiele, sondern mehr arbeite als an-
dere» für seine höhere Leistung auch
höheren Lohn empfangen müsse.
Er vertraue auf die junge Genera-
tion, sagte er unter Beifall. Nur die
Druckebeiger könne er nicht ab, ob
geheuchelte Kriegsdienstverweigerer
oder schwarzarbeitende Überstun-
denverweigerer- Er habe „nur Ver-
achtung für jene, die sich drücken.
Das Land hat keine Zukunft, wenn
jene, die dienen, als die Dummen gel-
ten und die, die sich drücken, als die
bewunderten Cleveren."
Der Bundeskanzler erinnert zum
Schluß an seine Mahnung, man müs-
se bei der Stimmabgabe überdenken,
worum es gehe. „Das alles, was ich
Ihnen gesagt habe, steht zur Wahl.“
Ein „guter Weg“ solle fortgesetzt wer-
den. Und: Wer Werner Zeyer wähle,
„der hilft auch mir“.
Nur den Bnichteil einer Sekunde
blickt Helmut Kohl unsicher ins Au-
ditorium. Kommt dieser nachdenkli-
che, ruhige Redestil an? Oder hat
man ihn mißverstanden? Dann kann
der Kanzler sein Kameralächeln auf-
setzen.
Meisterhaft versteht es der CDU-
Vorsitzende, hier, einige Autominu-
ten von der Grenze zu Frankreich,
den „Alldahiesigen" (wie sich die
Junge Selbständige, Menschen mit
Eigeninitiative brauche unser T-imd ,
sagt der Kanzler. Voraussetzung sei
aber, daß die Hetze gegen Unterneh-
mer aufhöre. Schluß müsse sein mit
der Verteufelung von Gewinnen.
Tobender Beifall bricht los, die
Leute stehen auf, applaudieren ste-
hend weiter, so lange, bis sich auch
Helmut Kohl erhebt und mit beiden
Armen den Zuhörem zu winkt ein-
mal, zweimal und noch ein drittes
Mal Wahlkampf kann anders sein, als
wir es von den Schlachten vergange-
ner Kampagnen gewöhnt sind.
Die Störer warfen bei Wörners viel
beklatschter Rede das Handtuch
F. DIED ERICHS, Bonn
Genau pinan Mnnat nanh ripm fu-
riosen Wahlkampf-Auftakt der Berli-
ner Union mit B u eskan Kohl in
der überfüllten Deutschlandhalle be-
wahrte sich erneut das Rezept der
Berliner CDU-Riege um Eberhard
Diepgen, mit Bonner Spitzenpoliti-
kern in Hem Kampf um Wählerstim-
men zu ziehen. Im Gegensatz zu oft
ernüchternden sozialdemokratischen
Veranstaltungen, wo hochrangige
Gäste aus dem Westen nicht selten
mit Verlegenheit gegen Desinteresse
und halbleere Säle ankämpfen müs-
w»n l mangelt es den Unionsrednem
weder an Zuspruch noch an Charis-
ma, die Zuhörerschaft in den Bann zu
ziehen.
Ein Musterbeispiel hierfür der Frei-
tagabend-Auftritt von Bundesvertei-
digungsminister Manfred Wömer,
dessen Gastspiel im alten Gemäuer
des Rathauses Berlin-Steglitz enorme
Resonanz zeigte und nur deshalb bei
zahlreichen B erliner n Frustration
hinterließ, weil die Plätze im Vor-
tragssaal schon eine Stunde vor Ein-
treffen des Ministers gefüllt und wei-
terer Zustrom zwischen Gardero-
benständer und auf zugige Treppen-
häuser kanalisiert werden mußte.
Auch Wömer begann seine Rede
mit der Warnung, die schon der Kanz-
ler an den Beginn seines Vortrags
gestellt hatte: „Berlin steht bei der
Wahl vor einer Entscheidung zwi-
schen zwei fundamental gegensätzli-
chen Lagern, Berlin bedarf aber kei-
ner Experimente.“ Daß sich am 10.
März eine „Schicksakentscheidung“
für die Stadt vollziehe, sah Wömer
nicht nur durch „die unverantwortli-
che Äußerung Hans Apels, der von
der nicht mehr offenen deutschen
Frage sprach“, begründet
Mit den Grün- Alternativen ist nach
Wörners Worten eine Partei aufge-
taucht, die „lebenswichtige Grund-
sätze des Rechtsstaats und der De-
mokratie ablehnt“. Die Gefahr, die
Deutschland und vor allem Berlin
durch den von den Alternativen
propagierten Ausstieg aus der NATO
drohe, wäre derzeit keine Gefahr,
„wenn es da die SPD nicht gäbe“.
Hessen sei für die stete Suche der
So z i al d e mokraten nach Mehrheiten
„nur der Mrxteiifnii , im Saarland »mH
in Niedersachsen ist ebenfalls ein
rot-grünes Bündnis angekündigt wor-
den“.
Dem Berliner S pitagnkanriiriatpn
Hans Apel sei es zwar ahfimehmen,
daß er nicht mit der AL koalieren
wolle. Mt stürmischem Beifall be-
dachte das Auditorium dann die Zu-
standsbeschreibung der Berliner
SPD durch den Ministen „Aber Apel
hat ja längst nicht mehr das Sagen in
Berlin, was Hans-Jochen Vogel bestä-
tigt hat“
Auch vereinzelte Störer, die offen-
bar gezielt den Redefluß des- Bonner
Gastes unterbrechen wollten, mußten
schließlich vor der argumentativen
Schlagkraft Wörners kapitulieren:
„Berlin wird nur solange in Frieden
leben, wie hier alliierte Truppen sta-
tioniert sind. Ohne die Atlantische Al-
lianz wird es kein freies Berlin mehr
geben.“ Wömer zweifelte die politir
sehe Tauglichkeit einer Kraft an, „die
bereit ist, Gewalt anzuweiden“. Wer
nicht imstande sei, den inneren Frie-
den zu wahren, könne auch nicht dein
- fr**
T" U lJ
Auch wem es die Kot-Grünen um
Lafontaine nicht wahrhaben wollten:
„Rote Zahlen in den Betriehsbü*n 2 £n
and ein Hinweis auf den Bankrott
und nicht auf progressive ^Gesin-
nung“, ruft Kohl anemer tfenvenigea
lauten Stälen seiner knapp ändert,
halbstündigen Rede aus.
Das und auch jener Satz aus zu.
rückliegenden Bundestagswahl-
kämpfen, daß „Sozialisten nur dem
Geld anderer Leute nicht umgeben
können“, ruft Beifallsstürme bevor.
Der Kanzler spricht über die drän-
genden, noch nicht bewältigten Pro-
Herne,, die Arbeitttosigkeit. die Hei.
ten. die Steuerreform. Er berichtet
von der Außenpolitik, erzählt vom
Treffen mit den Großen der Well von
Reagan über Mitterrand bis Deng,
gibt den einfachen Leuten das Ge-
fühl selber einmal ganz dicht dran zu
sein an der großen Politik. ~
Nur selten geht er überhaupt auf
den Gegner SPD. auf die Grünen, auf
den NATO-Feind Lafontaine ein.
Wem er dies tut, dann meist nur indi-
rekt „Stellen Sie die beiden Spitzen-
kandidaten“ - deir Namen Lafontaine
vermeidet er ebenso wie Weiner
Zeyer; es ist fast, als sei dies ein ob-
szönes Wort das auszusprechen in
der Öffentlichkeit man sich scheut -
„einmal nebeneinander“, rät Kohl
dem Wählervolk. So als gebe es dann
keinerlei Zweifel mehr, wem man
dann sann Stimmkretiz zu geben ha-
be.
. -f
* r. "CV ; H
Volk nach außen den Frieden si-
chern, sagte Wömer an die Adresse
der Alternativen gerichtet.
Wömer warnte davor, „dem großen
Ziel der sowjetischen Nachkriegspo-
litik in die Arme zu laufen“: der Ab-
koppelung der Deutschen vom west-
lichen Verteidigungsbündnis mit der
Folge der Neutralisierung. Insbeson-
dere eine einseitige Abrüstung würde
diesem sowjetischen Wunschdenken
entgegenlaufen, führte der CDU-Pob-
tiker an, der als erster Bonner Vertei-
digungsminister überhaupt auf einer
Berliner Wahlveranstaltung sprach.
Auf die besondere Situation der ge-
teilten Stadt eingehend, sagte Wör-
ner „Die Sowjets wissen, warum sie .
den Rechtsstatus dieser Stadt auszu-
höhlen versuchen.“ Berlin bleibe das
Symbol für die Hoffnung aller Deut-
schen, die Teilung auf Dauer mit
friedlichen Mitteln in einem verein-
ten Europa überwinden zu können.
Bei der anschließend«! Diskussion
dann die Kritik einiger weniger an
der Bundeswehr und den westlichen
Verbündeten: „Provozieren Waffen
nicht die Kriegsgefahr?“ lauteten die
Attacken, die Wömer zu der philoso- .
phierenden Darstellung veraräaßtei#
„Nicht Waffen und Soldaten sind die
eigentliche Ursache für eine Kriegs-
gefahr, sondern immer nur politische
Strömungen und Regime.“ Ohne die
Existenz der Bundeswehr, so der Mi-
nister, hätte es bis heute kem friedli-
ches Nachkriegs-Europa . gegeben.
»Die Sowjets wissen, daß sie von uns
keinen Angriffskrieg zu befürchten
haben. Sie wissen aber auch, daß wir
für eine Verteidigung Deutschlands i
bestens vorbereitet sind-, -
V
POLITIK
5
Montag. 25uFfebruarlfl85 - Nr. 47 - DIE WELT
Unter Kriegsrecht und ohne Parteien:
Die Pakistani wählen ein Parlament
Mehr als 1500 Oppositionelle festgenommen / Staatschef Zia treibt Islamisiening voran
Kyprianou widersetzt
sich Druck der Parteien
Rücktritt abgelehnt / Streit über Zypern-Plan der UNO
Thais beweisen
Giftgas-Einsatz
durch Hanoi
.CBiUSTELHLZ, Bangkok
■■ Zum erstöi Malhfiben die thaüan-
diyfen Strettfexäß» «inen eindeuti-
gen Bereis, daß rätaamesischß Sol-
cbeoräcte Kampfstoffe in
Kambodscha einsetzen. Angehörige
der Roten K3aner behaupten, Giftgas-
aüackengebees schon seit 1879.
Nach- Auskunft des Heeresspre-
chers Generalmajor Naruedol sind
vier mit Giftstoffen gefüllte Raketen
über einen Kilometer tief auf Thai-
land gefeiten, als vietnamesische
Truppen ein kambodschanisches
Flüchtlingslager gegenüber dem thai-
ländischen Grenzdistrikt Ta Phraya
attackierten. Zwölf Khmer, die offen-
bar an Giftstoffeymptomen leiden,
werden von Mitarbeitern des Interna-
tionalen Boten Kreuzes behandelt
Die vier Raketen, so der Sprecher,
seien nicht explodiert da sie auf wei-
chen Boden schlugen. Laboruntersu-
chungen der Streitkräfte - drei der
Raketen wurden zerlegt- identifizier-
ten deren Inhalt als eine Kombination
von Phosgen und Hydrogen-Cyanid-
Gas. Beide Giftstoffe tödlich.
Thailand hat den soeben beendeten
Besuch des stellvertretenden ameri-
kanischen Verteidigungsministers
Richard Arznitage dazu genutzt Wa-
shington aus erster Hand über den
Giftstoffeinsatz wie über die Lage an
der thai-kambodschanischen Grenze
zu informieren. Zudem hat Thailand
gegen den Einsatz chemischer
Kampfstoffe durch die Vietnamesen
bei den Vereinten Nationen prote-
stiert In einer Note vom 19. Februar
verurteilte die thailändische Regie-
rung die Vietnamesen eines „ab-
scheulichen Verbrechens“.
Hanoi hat die jüngsten Giftgasbe-
weise der Thais als „grundloses Ge-
rücht“ abgetan. Das von Hanoi kon-
trollierte Regime Heng Samrin in
Phnom Penh spricht von „alten
Tricks“, die die militärischen Erfolge
der vietnamesischen Truppen gegen
die Widerstandsbasen im thai-kam-
bodschanischen Grenzgebiet über-
decken sollen.
Die Thais sind der Ansicht, daß die
Kampfstoffe „aus dem Ausland“
stammen, da Vietnam nicht in der
Lage sei, diese Chemikalien selbst
herzu stellen. Bekannt ist jedoch, daß
Vietnam über eine aktive „chemische
Kampfeinheit“ verfügt, die bereits
1938 gegründet und 1982 mit „neuen
Geräten und Waffen“ ausgestattet
wurde.
MARTA WEEDENHILLER, Bonn
Immer wieder versprochen, immpr
wieder verschoben - doch beute sol-
len 33 Mill i o n e n wahlberechtigte Pa-
kistani wählen. 6000 TCanAiHa+Aw be-
werben sich um 237 Sitze im Bun-
despariament; davon sind 20 für
Frauen reserviert 483 Mandate sind
bei den Wahlen für die vier Pro-
vinzpariamente zu vergeben, die am
Donnerstag stattfinden.
Doch diesen Wahlen, den dritten
erst seit der Unabhängigkeit des Lan-
des vor 38 Jahren, haftet Makel an:
Parteien sind nicht zugelassen, nur
Einzelpersonen.
Ziaul Haq, Pakistans Staatschef,
Oberster Kriegsrechtsverwalter und
Chef des Generalstabs, hat nie einen
Hehl daraus gemacht, Haft er sein
Land für eine Demokratie nach west-
lichem Vorbild für nicht tan glieh
hält, daß Parteien in der Vergangen-
heit ihre Chance vertan Hä tten nnd
sie seine „neue Ordnung* ohnehin
störten. Islamisches System nennt er
diese Ordnung, ohne sie je präzise
definiert zu haben.
Bei seiner Islamisierungspolitik,
die er seit seinem Futsch vor acht
Jahren betreibt, zeigt er sich aller-
dings radikaler als der Radikale: So
hat das Zinsverbot bei Banken in Pa-
kistan, das demnächst auch ausländi-
sche Banken entschließen wird,
selbst Khomeini als nachteilig für die
Wirtschaft verworfen.
Partei«! in Pakistan haben es frei-
lich in der Vergangenheit nicht ge-
schafft, eine demokratische Tradition
aufeubauen. Auch wollten ihre füh-
renden Köpfe eine Niederlage - bei
Wahlen etwa - nicht als Teil des De-
mokratie-Verständnisses akzeptie-
ren.
Zia riskier te die Herausforderung
durch Parteien gar nicht erst 1979
verbot er sie kurzerhand. Treffen
wollte er damit aber vor «Tlpm die
Pakistanische Volkspartei (PPP), die
das politische Leben Pakistans von
1971-77 maßgeblich bestimmte und
deren Popularität ungebrochen ist
Bei freien, von Parteien getragenen
Wahlen könnte sie auf S teg setzen.
Noch immer zehrt die PPP vom sym-
boltrachtigen Namen Bhutto, dem
Gründer lind einstigen Pr emier , der
unter Zias Herrschaft gehenkt wurde.
Seine Witwe Nusrat und seine Toch-
ter Benazir versuchten, sein Erbe an-
zutreten. Beide sind heute im Aus-
land, krank die eine, mürbe von der
Unterdrückung die andere. Freilich
sah- auch Bhutto in der PPP ein In-
strument qpinnT Macht eher, als daß
er sie als Träger politischen Willens
akzeptierte.
Um dem Zia-Regime zu trotzen,
schlossen sich elf Parteien zur „Be-
wegung für die Wiederherstellung der
Demokratie" (MRD) zusammen. Aber
sie blieb, aus heterogenen Kräften ge-
bildet zu schwach, um wirklich her-
Zhtol Haq, Pakistans Staatsdwf,
Oberster Kriegsrochtsverwaltor
and Chef des Geneialstabs, kam
1977 durch einen Putsch an die
Macht. Er betreibt eine rigorose
Islanisieniegspolitfk
FOTO: CAMBtA PRESS
ausfbrdem zu können. Die Zeit aber
arbeitete für Zia. Das Verbot zehrte
die Parteien von innen aus, ließ ihre
Organisation zerteilen, nahm ihnen
die Öffentlichkeit und Häufig auch
die Führer. Hausarrest oder Gefäng-
nisstrafen kennen sie nur allau gut
Als die MRD jetzt zum Wahlboy-
kott anfripf, weil keine Parteien zu-
gelassen sind, weil das seit acht Jah-
ren gehende Kriegsrecht nicht aufge-
hoben wurde und die Verfassung sus-
pendiert bleibt, ließ die Reaktion
nicht auf sich warten: H ausa r rest für
die Parteichefs von zehn der elf Par-
teien. Mehr als 1500 Oppositionelle
sind nach pakistanischen Pressebe-
richten allein in der Provinz Sind,
Heimat Bhuttos und Hochburg der
PPP, festgenommen worden.
Die PPP ist streng auch nach in-
nen. Sie schloß Partehnitglieder aus,
die sich als Kandidaten aiifstoUgn lie -
ßen. Die Jamat-i-Islami, die Zia stützt
und als einzige Partei den Boykott
nicht mitmacht, ließ offen wissen:
Wir haben 60 Kandidaten auf gestellt
So befremdlich Zias Vorgehen ge-
genüber der Opposition bei den von
ihm als „frei, unparteilich und fair **
bezeichnten Wahlen anmutet, so bi-
zarr ist auch der „Wahlkampf*. Der
Kandidat darf nur in seinem Wahl-
kreis werben, nur in Meiner Runde
oder von Haus zu Haus. Mikrofone
sind verboten. „Heiße“ politische
Themen bleiben tabu; das Interesse
kreist um lokale Probleme. Anders
ausgedrückt Die Wahlen and entpo-
litisiert.
Zia weiß, daß seine Macht unan-
getastet bleibt, wie schon das Refe-
rendum zeigte, mit der er der Welt
eine Farce vorführte und sein Volk
politisch „verführte“.
Die Bevölkerung war im Dezember
aufgefordert, seiner islamisie-
rungspolitik zuzustinupen. Welcher
Pakistani würde dagegen stimmen,
lebt er doch in einem Staat, dessen
Raison cTfitre die Religion, der Islam,
ist? Obwohl Zias Name in der Frage
nicht auftauchte, wurde das Ja-Vo-
tum dahingehend interpretiert, daß
das Volk den Regierungsauftrag für
Zia für. fünf weitere Jahre gebilligt
habe.
Der nächste Schritt Zias zur Festi-
gung seiner Macht liegt schon fest Es
wird ein nationaler Sicherheitsrat ein-
geführt und verfassungsmäßig ver-
ankert werden. Dem Rat, der bri Be-
darf und „bei Fragen nationalen In-
teresses" einberufen wird, gehören
neben dem Präsidenten auch Militärs
an. Die Streitkräfte werden also -
Zias seit langem gehegter vordring-
lichster Wunsch -künftig ein gewk± T
tiges Wort mitreden.
Kritiker mutmaßen, daß der Rat
allen gewählten Gr emien, also äuc^
dem Parlament, übergeordnet sein
wird und sich so die autoritäre Herr-
schaft zia« hinter d emo kratischer
Fassade mühelos verankern läßt
Verletzung des
ABM-Vertrages
stört in Genf
C. GRAF BROCKDORFF, Brüssel
Die sowjetischen Verletzungen des
ABM-Vertrages von 1972 stellen ein
Hindernis bei den a m 12. Mäzz in
Genf beginnenden Abrüstungsver-
handlungen dm. Diese Ansicht wird
in Kreisen, die der amprikanigcHpn
Vei handlungsdelegation nahest ehen ,
vertreten.
Wie es hieß, müßten die sowjeti-
schen Vertreter in Genf erst eine be-
friedigende Erklärung über dre pha-
sengesteuerte Rundum -Radar bei
Krasnojarsk in Zentral-Sibirien abge-
ben, oHa man sich d** m eigentlichen
Verhandlugsgegenstand, den Welt
raum waffen, zuwenden kann.
Im ABM-Vertrag, der unbefristet
ist, aber von jeder der beiden Seiten
gekündigt werden kann, wurden die
Raketenabwehrsysteme beider Sei-
ten begrenzt Als praktisches Ergeb-
nis verrichteten die Vereinigten Staa-
ten auf die Unterhaltung eines derar-
tigen Systems, wahrend die Sowjet-
union rund » j im Moskau 100 Starter
für Weltraumwaffen aufeteüte. Das
Moskauer System wird zur Zeit mo-
dernisiert
Die Zahl der Radargeräte und
Startrampen wurde im ABM-Vertrag
begrenzt insbesondere auch Radar-
anlagen, die als Herzstück des Ab-
kommens angesehen wurden. Nicht
beschränkt wurde die Zahl der Ab-
wehrraketen.
Fragen zur Radaranlage
Die gignwtiqchA Radaranlage in
Krasnojarsk verstößt nach amerikani-
scher Ansicht schon deshalb gegen
den ABM-Vertrag, -weil sie nicht am
Sande der Sowjetunion liegt und
nicht nach außen gerichtet ist In Wa-
shington besteht der begründete Ein-
druck, daß die Anlage das Kernstück
eines künfti gen Gefechtsführungssy-
stems einer strategischen Verteidi-
gung sem konnte.
In den Kreisen wird betont daß es
sinnlos sei, über Abkommen zu ver-
handeln, wenn frühere Verträge nicht
ein gehalten würden. Auf der unsiche-
ren Grundlage sowjetischer Vertrags-
verletzungen habe kein Rüstungs-
kontrollabkommen mit Moskau die
Chance, vom Senat mit Zweidrittel-
mehrheit ratifiziert zu werden. Dies
ist jedoch amerikanische Vexfas-
sungsvorschrift seit 1787. Der Salt-II-
Vertrag war nicht ra tifizi ert worden,
weil der Senat ihn ablehnte. (SAD)
EL ANTONAROS. Nikosia
Kommunisten und Konservative
haben sich am Wochenende im Parla-
ment von Zypern verbündet um In-
selpräsident Spyros Kyprianou unter
Druck zu setzen und von ihm ultima-
tiv zu verlangen, daß er einen von
UN-Generalsekretär Pärez de Cu611ar
vorgelegten Vertragsentwurf als
Grundlage für eine Einigung mit den
Inselturken akzeptiert
In der vom Parlament verabschie-
deten Resolution wird Kyprianou
aufgefordert, als Staatschef abzutre-
ten, sollte er nicht bereit sein, die
Weisungen der Parlamentsmehrheit
zu befolgen. Der seit 1977 amtierende
Präsident: „Ich betrachte es als mei-
ne Pflicht im Amt zu bleiben“.
Tatsächlich ist Kyprianou, dessen
linksliberale Diko-Partei nur über
neun von 35 Parlamentssitzen ver-
fügt an die Weisungen des Parla-
ments verfassungsrechtlich nicht
gebunden. Der Präsident wird direkt
vom Volk gewählt und braucht daher
das Vertrauen der Kammer nicht
„Ich habe nicht die Absicht eine Ga-
lionsfigur in den Händen der Partei-
führer zu werden“, sagte Kyprianou,
der von ptnwn „parlamentarischen
Putsch* sprach.
Kyprianou war Ende Januar unter
Beschuß geraten, nachdem ein Ver-
mittlungsversuch von Pfirez geschei-
tert war. Zyperns Staatschef hatte
sich geweigert einen lückenhaften
Vertragsentwurf für die künftige
Staatsform der gespaltenen Insel-
republik zu unterzeichnen.
Während Türkenführer Denktasch
die sofortige Unterzeichnung forder-
te, erbat Kyprianou z usätzlic he Bera-
tungen zur Klarstellung einiger Ein-
zelheiten. Dazu zahlten der Abzug der
türkischen Besatzungstruppen sowie
die Ver ankerung der BewegungS-
»nri Niede rlassungsfreihei t
Nach dem Scheitern der Gesprä-
che in New York wurde Kyprianou
von den Kommunisten und den Kon-
servativen vorgehalten, er habe die
beste Chance zur Lösung des
Zypern-Konflikts absichtlich vertan.
Die Verstimmung hat jedoch ande-
re, tiefere Ursachen: Die Kommuni-
sten der Moskau-freundlichen Akel-
Partei sind böse auf den Staatschef;
weil er Ende Dezemer 1984 völlig un-
erwartet das Bündnis mit ihnen auf-
gekündigt und drei der Akel- Partei
nahestehende Minister aus dem Kabi-
nett entlassen hatte. Kyprianou hatte
1983 ein Minimum-Programm mit
den Kommunisten ausgearbeitet, um
mit ihren Stimmen seine Wiederwahl
sicherzustellen. Unmittelbar nach
dem Zerwürfnis mit den Kommuni-
sten hatte Kyprianou eine Zusam-
menarbeit mit der konservativen-
Disy-Partei unter Ex-Präsident Elen-
des angestrebt, die jedoch an den ho-
hen Forderungen der Rechtspartei
scheiterte. Kyprianou: „Seither ha-
Anzaige
natur im März
Ist der Kaffee
vergiftet?
Kaffee oder Tee? Nach der Tee-
Untersuchung hat das Bremer
Umweltinstitut im Auftrag von natur
30 Kaffeesorten analysiert.
Wie die Teesträucher werden
auch die Kaffeebäume reichlich mit
Agrargiften berieselt. Es war daher
zu klären, wieviel Gift-Rückstände
der Kaffee enthält Lesen Sie die
überraschenden Ergebnisse.
Exclusiv: Wie sauber sind unsere
Gewässer? Die ersten Karten aus
dem „Geochemischen Atlas" der
Bundesrepublik. Jeder kann gesün-
der wohnen. Eine neue Serie über
giftfreie Baustoffe für Haus und
Wohnung.
natur
Das Umweltmagazin.
Jetzt 8m Handel
beu sich die beiden Großparteien zu-
sammengetan, um meinen Sturz zu
betreiben.“
Die von den Konservativen einge-
brachte und mit 23 Stimmen verab-
schiedete Resolution beweist, daß
Kyprianous Behauptungen einen gro-
ßen Wahrheitsgehalt haben: Kypria-
nou wird nämlich aufgefordert, die
Entscheidungen einer Versammlung
aller Parteiführer als bindend zu ak-
zeptieren und danach zu handeln.
Sonst müßte er zurücktreten und eine
Präsidentenwahl, die erst 1988 fällig
wäre, vorzeitig abhalten. Nach An-
sicht von Verfassungsexperten steht
diese Forderung keineswegs in Ein-
klang mit der Verfassung. (SAD)
AUSTIN ROVER
Frage an Austin Rover:
Jch suche ein Auto für
meinen Mann. Ist das
ungewöhnlich? Ich habe
da so einen eigennützi-
gen Hintergedanken.
Mein Mann ist viel unter-
wegs, auf Autobahnen, in
Hotelzimmern, auf Kon-
ferenzen, Messen usw.
Auch die teuren Hotel-
zimmer sind oft nicht
gemütlich; die Konferen-
zen lang und anstren-
gend; die Messen zugig
und mit viel Laufen ver-
bunden. Und dann über
cfie Autobahn nach
Hause.
Er kommt aa ist gerä-
dert; mißmutig.
Der Job hat ihn geschafft
Was ist geworden aus
dem ehemals jungen,
dynamischea fröhlichen
Sunnyboy?
Ich möchte gern, daß er
etwas relaxter nach
Hause kommt Vielleicht
kann da ein besseres
Auto helfen.
Antwort von Austin Rover:
„Der Rover
Vanden Plast
Wir bauen schon seit län-
gerem Autos um das Pro-
blem herum, das Sie uns
beschrieben haben. Hier
in Kürze, was ein Austin
RoverHändler in Ihrer
Nähe Ihnen in aller Aus-
führlichkeit zeigen kann:
Sie öffnen die Fahrertür
des großen Rover, strei-
chen beim Einsteigen
über das Walnußholz in
der Tür und setzen sich
auf den sehr bequemen
Sitz hinter dem verstell-
baren Lederlenkrad
Sie drehen den Zünd-
schlüssel
Die acht Zylinder des V8-
LeichtmetaBmotors
(3,51 Hubraum)
beginnen zu surren.
157 Pferde laufen sich
warm.
Keine Angst Mit den von
innen belüfteten Schei-
benbremsen können Sie
sie sehr gut zügeln. Der
moderne Motor zügelt
auch ihren Durst: 73 1/
90 km/h; 10,1 1/120 km/h;
16,71/ Stadtverkehr (Ver-
brauch nach DEN 70030 in
1 Super). Wenn die Nieder'
querschnitt-Rerfen sich
zu drehen beginnen, den-
ken Sie an ihren Mann, wie
er entspannt in diesem
Auto von seiner Reise
wieder zu Ihnen nach
Hause kommt
Erzählen Sie ihm davon.
Der starke Bruder des
Rover Vanden Pias heißt
Rover Vitesse: 193 PS,
tiefliegendes Sportfahr
werk, Front- u. Heck-Spoi-
ler, Spezial- Sportsitza
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Briefe an DIE # WELT
DIE WELT, Godesberger Allee 99, Postfach 200 866, 5300 Bonn 2, Tel. 0228/30 41, Telex 8 85 714
Beförderungsstau
-Mit 4fi in Pension" ; WELT vom 18. Fe-
bruar
Sehr geehrte Herren,
Staatssekretär Rühl (BMVg) for-
dert zu Gegenvorschlägen zwecks
Lösung des Beförderungsstaus der
Bundeswehr auf. Nachstehend ein
fast kostenneutralen Aufhebung der
Erhöhung der besonderen Alters-
grenzen für Berufssoldaten um ein
Jahr.
Die sozial-liberale Bundesregie-
rung hat mit dem Haushaltsstruktur-
gesetz vom 18. 12. 75 (BGBl 75 S.
3091} das Soldatengesetz Paragraph
45 so abgeändert, daß alle Berufssol-
daten um ein Jahr länger dienen müs-
sen: bis zum Hauptmann 53 statt 52
Jahre, Majore 55/54, Oberstleutnante
57/56, Oberste 59/58 Jahre. Dadurch
verringerten sich die ausscheidenden
Offiziere und Berufsunteroffiziere auf
die Hälfte, von 1976 bis 1985 also zehn
Jahrgänge! Wäre dieser widersinnige
und bloß kostenträchtige Paragraph
gleich nach der „Wende 1 * aufgehoben
worden, hätte sich das Problem im
heutigen Maßstab gar nicht gestellt
Dies war jedoch nicht die einzige
Sünde der Linkskoalition: Die zweite
war die erstaunliche Aufblähung und
Inflationierung des Dienstgrades
Oberstleutnant Im Jahre 1965 war
trotz Aufbesserungen durch sog. Er-
mächtigungsstellen der Stellenkegel
noch ausgeglichen. Nachstehend eine
Gegenüberstellung der Stabsoffi-
ziersstellen 1965:1977:
Haushaltig.1965 : 1977
Generale 181 202 + 21
Obersten 734 1083 + 349
Oberstltn. 2493 6310 +3817!
Majore 5209 3821 -1388
Das Massenangebot an Oberstleut-
nantsstellen führte dazu, daß Beför-
derungen zu diesem Dienstgrad be-
reits Mitte der dreißiger Jahre und
auf Planstellen von Hauptleuten
durchgeführt wurden! Der Krebs-
schaden war aber, daß jeder zum
Oberstleutnant beförderte Major um
zwei, ab 1976 sogar drei Jahre länger
dienen mußte. Je jünger die Beförde-
rung erfolgte, desto länger blockierte
er für die Nachrücker die Stelle.
Die dritte Sünde war die zu frühe
Zulassung von jungen Hauptleuten
zur Stabsoffiziersausbildung (Fortbil-
dungsstufe C). Bisher waren Haupt-
leute zum Stabsoffizierslehrgang ge-
schickt worden, wenn sie die Voraus-
setzungen zur Beförderung altersmä-
ßig erfüllten. So schuf man vorzeitig
bloß Anspruchsdenken. Cum grano
«Hs kann man also sagen, daß Wel-
tökonom Schmidt in die deutsche Mi-
litärgeschichte nicht nur als „Erfin-
der des Haarnetzes für Soldaten",
sondern auch des „Beförderungs-
staus“ ping ehen wird . . .
Tüinp Stellungnahme zu, der völlig
abwegigen Idee einer Übernahme
ausscheidender Offiziere in die Bun-
deswehrverwaltung mit ihren kata-
strophalen Beförderungsverhaltms-
sen würde den Raum einer Leserzu-
schrift sprengen. Die Bundeswehr-
Verwaltung ergänzt sich seit jeher
weitgehend aus ausscheidenden Zeit-
soldaten. Zeitoffiziere haben kein In-
teresse daran, weil die Karriereaus-
sichten zu miserabel sind. Von 25 Be-
amten des gehobenen Dienstes kann
einer seine „Laufbahn durchlaufen“
(4 Prozent in A 13 nach Paragraph 26
Bundesbesoldungsgesetz).
Mit freundlichen Grüßen
G. Voss,
Regensburg
Die „Contra-Stellungnahme" des
bayerischen Staatsministers Schmid-
huber zur Frühpensionierung der Of-
fiziere ist im deutlichen Gegensatz
zur Jro-Stellungnahme u des Staats-
sekretärs Dr. Rühl, enttäuschend un-
schlüssig und in sich widersprüch-
lich. Zunächst wird die Bundesregie-
rung - ihr gehören auch fünf CSU-Mi-
nister an! - der Unehrlichkeit be-
schuldigt: Die Begründung der Ein-
satzbereitschaft werde angeführt, ob-
wohl es nur um die Verbesserung der
Beförderungsmöglichkeiten gehe.
Aber gleich im Anschluß wird festge-
stellt daß auch Bayern die Sorge um
den Erhalt der Einsatzbereitschaft
unserer Streitkräfte teile.
Bayern wehrt sich gegen die Mög-
lichkeit daß frühzeitig ausscheiden-
de Offiziere in Konkurrenz zu Ange-
stellten in der freien Wirtschaft treten
könnten. Gleichzeitig spricht es sich
jedoch dafür aus, daß Aufstiegsmög-
lichkeiten für Beamte und Angestell-
te im öffentlichen Dienst zwangswei-
se durch die Besetzung höherwerti-
ger Dienstposten durch Offiziere der
betroffenen Jahrgänge vermindert
werden. Am 15. 1. 1985 erschien eine
Mitteilung: „Die in der CSU organi-
sierte Christliche Arbeitnehmer-
schaft (CS A} Niederbayem will die
Pläne von Verteidigungsminister
Wömer . . . vom Bundesverfassungs-
gericht prüfen lassen und... Klage
erheben.“ Webt von daher der mei-
nungsbildende Wind in Bayerns
Staatskanzlei?
Die unpopuläre, sicherlich nicht
Wähterstimmen gewinnende Maß-
nahme unseres Verteidigungsmini-
sters, die «nssrhTipffllrii den optima-
len Einsatz unserer treuen und vom
Steuerzahler finanzier ten Waffensy -
steme und damit die Gewährleistung
unserer äußeren Sicherheit zum Ziel
hat, steht in keinem Vergleich zum
Ergebnis ehw einfachen mathemati-
schen Lösung Bayerns, die offen-
sichtlich nur den Gewinn von Wah-
lersthnmen anvisiert Und das bei ei-
nen Wählerstimmenpolster von
mehr als 60 Prozent!
K Lackschewitz,
St Augustin
Goldhelm
„Wer « nette den Haan mit dem Gold-
kflmr WEXT von 14. Februar
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Ihrem Artikel war zu lesen,
„... daß jetzt eine in der Militärtech-
nik erprobte Methode Klarheit über
die Herkunft des Goldhelm-Mannes
bringen soll".
Diese Darstellung ist falsch. Die
Methode der Neutronenaktivie-
rungs- Analyse, um die es hier geht,
spielt für die Militärtechnik über-
haupt freinp Rolle. Diese Methode, die
am Forschungsreaktor des Hahn-
Meitner-Institutes zur Untersuchung
von Rembrandt-Gemalden eingesetzt
wird, findet in unserem Hause außer-
dem noch Anwendung bei der Suche
nach Spurenelementen bei geologi-
schen und medizinischen Fragen
(zum Beispiel Spurenelementhaus-
halt von Dialysepatienten).
Uns liegt besonders daran, daß wir
tärtechnik gebrächt werden, weil es
dem Hahn-Meitner-Institut sowohl
durch w««p fiafcmng als auch durch
Wort des Tages
99 Man bleibt jung, so
lange man noch lernen,
neue Gewohnheiten an-
nehmen und Wider-
spruch ertragen kann. 95
Marie von Ebner-Escbenbach;
österr. Autorin (1830-1918)
den Berlin-Status untersagt ist, in die-
sem Bereich zu arbeiten.
Mt freundlichen Grüßen
Thomas Robertson,
rfafr nJMt>ih? 0 r .Tnstihit für Kernfor-
schung, Berlin
Vermummung
In den alten nordischen Rechten
bestand der Unterschied zwischen
Mord und Totschlag in felgendem:
Ließ derjenige, der wne n anderen
(beispielsweise wegen Blutrache) er-
schlagen batte, den Speer oder Dolch
im Körper des Erschlagenen, so war
er des Totschlages schuldig. Nahm ex
die Waffe mit, bekannte er sich also
nicht zur Tat, galt er als Mörder.
Mörderische Gesinnung ist, die
Menschen sich vei m u m me m läßt
Darüber hinwegzusehen hat keinen
Sinn. Der Gesetzgeber versagt, der
dies nicht zur Grundlage seiner Rege-
hingen macht
Christoph Halbe, Notar
Hamburg 70
Für Deutschland
JLeMCbrief: Oddntxhlud a ;WELTvom
16. Fbbrar
Die Frage, an die Schlesier gerich-
tet „Möchten Sie denn nach Schle-
sien zurück?“, ist falsch gestellt Es
geht doch nicht darum, wer und wie
viele Schlesier in ihre Heimat zu-
rückkehren möchten Vielmehr muß
uns alle der Tatbestand bewegen, daß
mit einem Verlust der deutschen Ost-
gebiete rund ein Viertel des Deut-
schen Reiches verlorengehen würde.
Somit geht die ostdeutsche Frage das
ganze deutsche Volk an Sie ist nicht
allein eine Angelegenheit der Vertrie-
benen
Die Rückkehr der Vertriebenen in
ihre Heimat ist also nicht die Kardi-
nalfrage. Entscheidend ist eine ausge-
wogene Ostpolitik, die sich am
Rechtsstandpunkt orientiert, cL h. je-
der verantwortliche Politiker hat da-
nach zu handpin, daß Ostdeu tschland
für Deutschland nicht verloren geht,
sondern allen Deutschen zugänglich
wird. Die Forderung nach einem Frie-
densvertrag muß vordringlich iirnnw
wieder angebracht werden.
Wenn Schlesien nur den Schlesiern
gehören würde, müßte spätestens mit
dem Aussterben der JUtschlesier“
diese Ostprovinz in den Besitz Polens
übergehen. Das wäre schließlich das
Schicksal ganz Ostdeutschlands. So
ist es also notwendig, daß Schlesien
wieder im Gespräch ist Es muß wei-
terhin auf der Tagesordnung bleiben.
K Bruns,
Krefeld
GEBURTSTAGE
Am Mittwoch feiert in Belgisch
Gladbach der Musikpädagoge Gott-
hard Speer seinen 70. Geburtstag.
Speer, geboren in Kühnem im schle-
sischen Kreis Neuznarkt, kommt aus
dem Volksschuldienst Nachdem er
die Pädagogische Akademie in Beu-
then in Oberschlesien bes u cht hatte
und nach Ablegung der Lehrerprü-
fungen war er bis zum Ausbruch des
Zweiten Weltkrieges Lehrer in Sei-
tendorf im Kreis Frankenstein.
Gleichzeitig unterzog er sich einer
Singschul-Lehrer-Ausbildurtg und
studierte an der Hochschule für Mu-
sikerziehung in Berlin-Cbariotten-
burg. Nach Kriegsdienst und Gefan-
genschaft begann er erneut eine Tä-
tigkeit als VolksschuIlehierimMun-
sterland. Dem Musikpädagogen er-
öffhete sich bald der Weg in eine
Dozentur an den Pädagogischen
Hochschulen in Fadsbom und
Köln und zehn Jahre rianarh , 1957,
in eine ordentliche Professur für
Musikerziehung an der Abteilung
Köln der Musikhochschule Rhein-
land. Hier widmete er sich beson-
ders der Jugendmusflspflege. Be-
sondere Verdienste erwarb er sich in
der Pflege der ostdeutschen, in Be-
sonderheit der schlesischen Musik-
überlieferungen, die ihm nunmehr
seit 30 Jahren zur Lebensaufgabe
wurden. Die Einrichtungen der
„Hheinisch-WestSllschen Musikta-
ge“ als Fortführung der einstigen
„Schlesischen Musiktage“ in Gör-
litz, die Gründung des „Instituts für
ostdeutsche Musik“, in die außer
dem Arbeitskreis auch die „Samm-
lung für ostdeutsche Musikpflege“
der Ostdeutschen Forschungsstelle
Nordrhein-WestfäJen eingegangen
ist, sind die markantesten Stationen
auf dem Lebensweg dieses Mu-
sikpädagogen und Musikwissen-
schaftlers.
*
Adam Vollhardt, ein Journalist
der alten Garde, begeht heute in
Hamburg seinen 75. Geburtstag. In
Neu-Isenburg bei Frankfurt am
Main geboren, wirkte er nach Aus-
bildung »nd Täti gkeiten in Frank-
furt und Königsberg lange Jahre im
Nahen und Fernen Osten als Aus-
ländskorrespondent, darunter in Je-
rusalem, Kairo und Tokio. Nach
dem Krieg aus Japan zuzückge-
kehrt, übernahm er zunächst in
Frankfurt, dem Sitz der damaligen
bizonalen Behörden, später dann in
Bonn die Redaktionsbüros des
Personalien
„Hamburger Abendblatts 11 sowie'
der „Westdeutschen Allgemeinen
Zeitung*. 1958 wechselte er nach
Hamburg, wo er dann 7phn Jahre
lang als Chefredakteur das Büro des
Verlegers Axel Springer leitete. Von
1968 bis zu seiner Pensmnwrmng
1975 war er darm mit Sonderairfga-
Adcun Vottbardt
FOTO: DIE WBI
ben für die Geschäftsführung be-
traut Darüber hinaus gehörte er von
1970 bis 1980 als Vertreter des Bun-
desverbandes Deutscher Zeitungs-
verkger (BDZV) dem Deutschen
Presserat an und war auch Mitglied
des Kuratoriums der Akademie für
Publizistik in Hamburg.
PRÄSIDIALAMT
Wenter Nachmann, Vorsitzender
des Direktoriums des Zentralrats
der Juden in Deutschland, und Ge-
neralsekretär Alexander Ginsburg
wurden von Bundespräsident Ri-
chard von Weizsäcker zu Gesprä-
chen in Vnia Hamm iwr srhmMt -m
Bonn empfangen. Der Präsident ori-
entierte rieh über die Lage der jüdi-
schen Gemeinden in der Bundesre-
publik D eutschland und diskutierte
mit beiden Besuchern die Ausge-
staltung des 8. Mai in Bonn.
Bundespräsident Richard von
Weizsäcker hat den langjährigen
T^itw Tnrwiprtilitilr im T hmHorcprägu
HliT»int | MlwirtMt»WiBplrtn r PUll
Döring, verabschiedet Der Stellver-
treter von Staatssekretär Klans
Blech scheidet nach 20jähriger Tä-
tigkeit im Präsidialamt au« dem ak-
tiven Staatsdienst aus. Bei «mm
Abschiedsempfang in der Villa
Hanwryffsc h mfaft itvBcnft
der Bundespiäriderä, derStarias».
kretärundPersonalialsvinshander
Herst Arnold die großen Verdienste
Dörings, der unter fünf Pläskfenfm
in Bonn „ab vorb2dbeher Beamter“
diesem Haus gedient hat Von Wett-
säcker schenkte Paul Döring sein
BOd mit Widmung. Der Präsident
sprach von dem „hohen Respekt
und der herzlichen Dankbarkeit für
eine beispielhafte und verantwor- :
tungsvoüe Amtsführung*. Paul Dö-
ring, Jahrgang 1928, hatte nach
Kriegsdienst und Kriegsgefangea-
schaff in Berlin Jura studiert Er war
anschließend beim Senator für Lute-
res in Berlin tätig, arbeitete dann
beim 1 Bandes vei walfamgsgcricfat,
gehörte von 1963 bis 1967 dem Bon-
1967 in das Präsidialamt .
AUSZEICHNUNGEN
Professor Dr. Hermann Haben
vom Institut für theoretische Physik
der Universität Stuttgart wurde von
der Europäischen Physikalischen
Gesellschaft mit dem European
Physical Society Travriling
L ectu re rah ip Award 1985 ausge-
zeichnet Die damit verbundenen
Vorlesungen dienen als rines der In-
strumente der Gesellschaft zur För-
derung der Physik in Europa.
Gleichzeitig ist der.hiennit vergebe-
ne Titel ritte Anerkennung für her-
vorragende wissenschaftliche Lei-
Im Mninaw- Rathaus wurde dem
stellvertretenden Prog ram mdirek-
tor des ZDF und Leiter der Zentral-
stelle für die Zusammenarbeit mit
Dritten, Mer Gerlach, vom Ober-
bürgermeister Jockel FÖchs die
Jupitersäule verliehen. Die Verlei-
hung, so Oberbürgermeister Fuchs
in Egingr T .anriaHn, ririiHtp tit»n H anlc
imrf die Anw+wiwing der Stadt
Mainz gegenüber der Arbeit eines
Mannes aus, der sieh mit großem
TZw gagwnOTii srit 15 Jahren um die
Stadt als medienpolitisches Zen-
trum verdient gema ch t habe. Er ha-
be vor allein durch seine Arbeit als
TTn fprhaTtiing*rfoof des ZDF in
Jahren von 1972 bis 1980 für die
Zuschauer neue Dimensionen «öff-
net Peter Geriach wird am 30. April
1985 aus den Dienste] des ZDF aus-
scheiden und sich als Film- und
Femsehproduzent in Berlin und
Munehen niederiassen.
WELT- Leser sind näher dran
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Sprachstörungen, sogar zu völliger Hilflosigkeit
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3W Hamberg 38. ffri at r Wt g wJei St r«.
DIE 9 WELT
7
Montag. S&frjtaruaf 1985 - Nr. 47
„Bremen ist nicht die , Titanic*“
DieLänderchefs
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Keanen wir unsere Landes-
väter? Sind sie Politiker
„zum Anfassen“ oder Pro-
dukt einer sorgfältigen öf-
fentlidikeitsarbeit? Horst
Stein kat diesen Männern
beim Regieren zugeschaut,
hat die Politiker befragt und
mit ihren Wählern gespro-
chen. Diese Folge seiner
WELT-Serie porträtiert
Hans Koschnick, bald 20
Jahre Bürgermeister der
Freien Hansestadt Bremen
und damit Regierungschef
des kleinsten Bundeslandes.
Zwei Jahrzehnte
Bürgermeister
Hans Koschnick, Jahrgang 29,
kommt aus Bremen, und er
kommt von ganz unten: Sein Va-
ter war Dreher und Gewerk-
schaftssekretär, und auch er ar-
beitete sich nach einer Verwal-
tungslehre Ober die Gewerk-
schaftsleiter nach oben. 19S5,
also mit 26, zog er zum ersten-
mal in die Bremer Bürgerschaft
ein, acht Jahre später war er
Innensenator, 1965 bereits
zweiter Bürgermeister und 1967,
nach dem Vertust der absoluten
Mehrheit für die SPD, Senats-
prösident und Bürgermeister
des Stadtstaates Freie Hanse-
stadt Bremen. Seit 1971 regiert
Koschnick allein mit der SPD.
Der Bürgermeister, der von 1975
bis 1979neben Herbert Wehner
stellvertretender Parteivorsit-
zender war, bis er sich auf das
SPD- Präsidium beschränkte, ist
seit 1983 Bundesbeauftragter
für die deutsch-französischen
Kulturbeziehungen. Hans
Koschnick, verheiratet, ein
Sohn, kämpft seit Jahren darum,
der mit Problembranchen
(Werften, Stahl, Fischerei) über-
setzten Hansestadt neue Zu-
kunftschancen zu eröffnen.
I m schwarzen Anzug mit Weste,
das Revers ordensfrei, wie es sich
für Hanseaten geziemt, sieht Hans
Koschnick womöglich noch straffer
gekämmt aus als sonst Aber .er
strahlt Richard von Weizsäcker, der
Bundespräsident, hat ihm soeben ei-
ne Reverenz erwiesen, die über proto-
kollarische Artigkeiten hinanqwphh
-Mein hoher Respekt gilt Th hat* nfrhf
nur" , sagte er an die Adresse des bre«
mischen Regierungschefs, „weil Sie
mir oft in Bi MlffnTihiiiiwm und 1 <m-
der immer am Schachbrett überlegen
sind, sondern weil Sie als. Dienstälte-
ster unserer MmisterpräsideDten und
Bürgermeister der Stadtstaaten einen
großen, bleibenden und sehr verant-
wortungsvollen Beitrag für das Wohl-
ergehen der Bundesrepublik
Deutschland im ganzen leisten.“
Das Publikum in der Oberen Halle
des uralten Bremer Rathauses, die
nirgendwo noch in der Bundesrepu-
blik Deutschland ihresgleichen hat,
klatscht Beifall Wer seit Jahren so-
viel gezaust wird wie dieser auch von
politischen Gegnern hochgeschätzte
Vor mann der Freien Hansestadt Bre-
men, SO mag manrhar dpnlrpn, der hat
aufmuntemde Komplimente nötig.
Denn wie mächtig auch die Zeugnis-
se einer gloriosen Vergangenheit von
diesen Wänden und Balkendecken
hemiederblicken, schwach und ge-
fährdet ist die Lage des Gemeinwe-
sens Bremen in der Gegenwart
Koschnick, der selber gern die Histo-
rie bemüht - Spezialgebiet: Evangeli-
sche Kirchengeschichte wQl denn
auch, wenn er die großen Zeiten be-
schwört, mehr den hanseatischen
Durchhaltewiflen und zähes Behar-
ren ermutigen als vaterstädtische
Hof fahrt kitzeln. Wenn einer weiß,
wie mühselig der Weg aus der Talsoh-
le sein wird, dann dieser Arbeiter im
Weinberg des Herrn.
Doch selbst an diesem Tag; andern
Koschnick, halb würdevoll, halb auf-
gekratzt, aber ganz Landesvater, den
Bundespräsidenten bei dessen An-
trittsbesuch durch Bremen geleitet,
erkennbar froh darüber, daß er einen
Mann vor ri eh hat, der die Stadtstaa-
tep-Problematik aus eigener Berliner
Erfahrung kennt, selbst an diesem
Tag zieht Koschnick es vor, seinen
Sätzen einen kleinen ironischen Drall
zu geben. Es macht die Lage erträgli-
chen „Die Bremer sind gewiß nicht
tüchtiger als andere. Aber sie müssen
sich wie alle Kleinen immer ein biß-
dien mehr anstrengen, immer versu-
chen, etwas fixer zu sein als die Kon-
kurrenz. Darin liegt unsere Chance.
Um es plastisch auszudrücken: Wir
Bremer müssen eine Stunde früher
aufstehen und eine Stunde später die
Arbeit niederiegen, um im Wettbe-
werb mit Erfolg bestehen zu kön-
nen.“ IG-MetaDer a ylwn bei
Wendungen zusammen. Was der Bür-
germeister da gebraucht, das ist fast
schon OrweHs „Neusprach“ oder der
Versuch, nach den Suggestionsme-
thoden Couäs zu h eilen: Geht es heu-
te nicht schon deutlich besser als ge-
stern? Natürlich würde Hans Kosch-
nick, dieser fast zwei Zentner schwe-
re Bmyiqiiwigmann, dieser Schoell-
sprecher »mH Marathonarbeiter, lie-
ber sagen: Kommt, Jungs, nun habt
ihr genu g über das Paradies auf Er-
den geredet und die Ernten der kom-
menden Jahre verteilt, nun nehmt
mal wieder einen Spaten in die Hand
und packt mit an. Denn das ist die
Situation der allanregierenden bre-
mischen SPD, in der reformwütige
Schwarmgeister immer wieder von
Planwirtschaft und von Umvertei-
lung träumen oder von Branchenrä-
ten. In der das törichte Gerede von
einem wünschenswerten Nullwachs-
tum so lange die Runde machte, bis
es quasi von selbst zu einer Tatsache
geworden war. Der Regierungschef
hat jetzt die Mnlpfiphp damit
Gelegentlich ein Schlag
auf das Donnerblech
Doch dreißig Jahre in der Politik,
davon zwanzig als Senatspräsident,
dag heißt in der Doppelrolle als Bür-
germeister da 1 Stadt und Miniaipr .
Präsident des H imdpalanda^ hahen
Hans Koschnick klug gemacht Er
weiß, wo die Mlnpn lip g pn, imd ver-
meidet sie, wenn ihn nicht gerade
eine verborgene List leitet oder -
auch schon mal - der Übermut plagt
Dann freilich sagt er Sätze wie: „Was
soll das Gefasel von der Ideologie.
Die nkimnmischen Fakten müssen
stimmen!“ Oder, auf die Frage nach
qpmpm immPn p Shrenden Kleinkri eg
mit dem wirtschaftsfeindhchen Flü-
gel der SPD: „Meine H eriphiingen rur
Handplsfarmmer sind, gottlob, besser
als die zur Partei.“ Und: „Es kommt
nicht darauf an, was geredet wird,
sondern darauf was wir im Senat
tun.“ Hammerschläge auf das Don-
neridech, die in der bremischen SPD
lange noch hallen
Da die Verfassung des Staates Bre-
men dem Bürgermeister nicht die
Rirhtlinipnko m pptpn? pmpg Regie-
rungschefs zugesteht, muß er freilich
als Primus inter pares bei allem, was
er tut im Senat und, nötigenfalls, bei
der i hn tragenden Fraktion und der
weithin fremd gewordenen ( Jchhab’
pinfach kpmp Zeit für so was!“) Part ei
um Mehrheiten werben. Selbst wenn
ihm dabei seine Autorität durch den
triumphalen Wahlsieg von 1983 ge-
stärkt seine Routine und seine un-
vergleichliche Sachkenntnis helfen -
Regieren bleibt in Bremen «llpmal ein
mühseliges Geschäft Und so zieht es
ppt»h Hang Koschnick häufig vor, Sich
die Plackerei ein wenig damit zu er-
leichtern, daR er
ein bißeben
lfnks “ redet um
ungestörter •
„rechts“, will sa-
gen: pragmatisch,
handeln zu kön-
nen. Im Mai 1980
etwa, als es im Zu-
sammenhang mit
pinpr öffentlichen
Gelöbnisfeier der
Bundeswehr in
Bremen zu hefti-
gen Ausschreitun-
gen gekommen
war, sprach der
- Bürgermeister
vom überflüssigen
Brimborium ei-
nes vordemokra ti-
schen Rituals “.
Das Wort, das
rasch die Runde
machte, wn klassi-
sches Beispiel für
Koschnickg Bfi-
herrschung des se-
mantischen
Rauchvorhanges,
bezog sich aller-
dings nur auf dpn bei dieser Veran-
staltung gespielten Großen Zapfen-
streich. Die Gelöbnisfeier selbst wur-
de von Kocchnick nachdrücklich ver-
teidigt - so wie er seinen Sohn Peter
selbstverständlich „zum Bund“ ge-
hen ließ, um der Wehrpflicht zu genü-
gen. Der Referendar macht mittler-
weile ciup Wehrübung, die ihn zum
Oberleutnant befördern solL
Koschnick beugte sich auch den '
Forderungen aus der Partei, die Ge- j
werbesteuerhebesätze in Bremen zu '
erhöhen, dami t die soziale Symmetrie j
gewahrt bleibe, aber er achtet zu - I
glei ch damuf, daß die Margen der. 1
Nachbarländer nicht überschritten
und ansiedlungswillige Unterneh-
men nicht abgeschreckt werden. Seit
Jahren nimmt der Regier ungschef
ferner diskret, aber wirkungsvoll und
m i t dem harmlosesten Gesicht dpi-
Welt Einfluß auf die Planungen der
1970 gegründeten Bremer Refözzn-
universität Sein Ziel ist es, die als
„rote Kaderschmiede“ verschriene
Hochschule durch den Ausbau natur-
wissenschaftlicher Disziplinen wie
Informatik, Geowissenschaft oder
Produktionstechnik für die indu-
strielle Zukunft der Hansestadt nutz-
bar zu machen.
„Natürlich“, ge-
steht Koschnick,
„ist die Uni mit ei-
nem 100-MiUio-
nen-Etat für Bre-
men viel zu groß,
aber für die Infra-
struktur der Re-
gion brauchen wir
sie einfach.“ Der
Bürgermeister
glaubt daran, daR
rieh zu Fertigun-
gen wie dem Wett-
raumlabor für das
„Space Shuttle“
und der Ariane-
Rakete oder den
Daimler-Wagen ei-
nes nicht zu fernen
Tages auch andere
Weißkittel-Pro-
duktionen gesel-
len werden.
Er weiß, daß
Bundesländer, et-
wa Bayern und
Baden-Württem-
berg, sehr früh
ZUCHNUN& klaus bOhle schon bestrebt wa-
ren, Wissenschaft-
ler und Forschungsinstitute ins Land
zu lokeken, daß aber die Bremer wie
die Saarbrücker oder die Manager aus
Dortmund und Esse" „in der Manier
von Bergassessoren oder Stahlasses-
soren gedacht hahpn L riag gehe immPT
so w gft g r mit ihrer Montanindustrie
und ihren Werften“. So kam denn die
Volkswirtschaft des kleinsten Bun-
deslandes - eben 685 000 Einwohner
auf 404 Q uadratkilo metern - zum
hö chsten Anteil an Problembran-
chen: fast 40 Prozent, und nur die
Krise der Fischerei Wirtschaft kam
unerwartet, dem die geht auf die Li-
mitierung der Fangquoten zurück.
Noch heute spricht Hans Koschnick
mit Betroffenheit davon, wie ihn „die
eigenen Leute“, die Werftarbeiter der
Wes» AG aus seinem Heimatstadtteil
Gröpelingen, im vorvergangenen
Sommer „Verräter und „Werftenlril-
ler“ schimpften, als er ihnen mitteilen
mußte, daß das Unternehmen nicht
zu retten sei.
Seitdem, seit die Ausleger stillge-
legter Kräne wie die Schlafträume
des Pleitegeiers über Bremens Dä-
cher ragen, ist der rastlose Mann noch
rastloser geworden, pflügt rieh 16
Stunden am Tag durch Aktenberge,
den Schädel fast wie Zeus wolkenver-
hüllt - von der ewigen Zigarre, inspi-
riert Betriebe, rattert, Jackett gegen
Strickjacke getauscht, im Dienstwa-
gen nach Bonn oder jettet als Akqui-
siteur für die bremische Wirtschaft
hinter Aufträgen her. „Wir haben kei-
nen besseren Fürsprecher“, sagen die
Bremer.
Verfolgungsjagd von
Zinsen und Krediten
Es ist, als memoriere der Bürger-
meister jeden Morgen das Motto, das
über der Uhr vor seinem Amtszim-
mer steht- Die Zeit ist heilig! Ein Satz,
der die Lebenserfahrung von Kauf-
fahrem und Fischern ausdrückt daß
man bereit muß , zu ha ndeln und
rasch das Nötige zu tun, wenn die
Winde ums pringen und die Tide
wechselt
Koschnick, so scheint es, macht
rieh insgeheim ein Gewissen daraus,
nicht rechtzeitig erkannt zu haben,
daß cir»b Ha in Rrpnnpn, gpmpm Bre-
men, eine D pfiri t -Mpchänik entwic-
kelt, die niemand raphr in dpn
Griff bekommen kann, eine nicht
mehr aufhaltbare „Verfolgungsjagd
der Zinsen auf die Kredite“, wie je-
mand formulierte. Das fing schon da-
mit an, daß jene Bürger, die ins nahe
Niedersachsen übersiedelten, aber ih-
ren Arbeitsplatz in der Hansestadt be-
hielten, seit der Finanzrefbrm des
Jahres 1969 dort ihre Steuern bezah-
len - ein ständiger Aderlaß von 100
Millionen Mar k jährlich. Und es setz-
te sich damit fort, daß der Stadtstaat,
ehedem eine der reichsten Regionen
Europas, unbekümmert um Kon-
junkturen und Krisen und die Zäsu-
ren der beiden Ölschocks, zu einer
Genossen-Republik entwickelt wur-
de, in der, wie Kritiker formulierten.
„das soziale Gewissen zunehmend
über Soll und Haben triumphierte“.
Die bewährte Koalition zwischen den
Arbeitern und der Kaufmannschaft,
von Koschnicks Vorgänger Wilhelm
Kaisen sorgsam g ezimm ert, hiel t dem
nicht stand. Seit 1971 regiert die SPD
allein, zum Leidwesen Koschnicks,
wie man vermuten darf, der seither
keinen Knüppel mehr hat, die eige-
nen Maximalisten zu züchtigen.
Arbeitslosenquote, Pro-Kopf-Ver-
schuldung, Abwanderung von Unter-
nehmen - was auch immer Ohne den
herkulischen Einsatz dieses Hans
Koschnick wäre alles noch viel
schlimmer gekommen, darin stim-
men viele Beobachter überein. CDU-
Ministerpräsidenten wie Wirtschafts-
manager halten große Stücke von der
Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit des
Bremers. Ihm selbst macht es noch in
der Rückerinnerung erkennbar Freu-
de, wenn er vom guten Gang der Air-
bus-Gespräche mit Franz Josef
Strauß oder von den Verhandlungen
mit Daimler-Bossen über die Errich-
tung des Bremer Zweigwerkes er-
zählt: „Wenn ich sage, ich mache eure
Baupläne beschwerdefrei, dann muß
ich das gründlich geprüft haben, und
dann muß das stimmen.“ Wenn er
sich erst ei nmal einges timm t hat, er-
zählt er gern und gut, im Gespräch
rasch, beweglich, lachlustig und herz-
lich und vom eigenen Elefantenge-
dächtnis imm er wieder stolz über-
rascht
Am stärksten beeindruckt indes
der Optimismus Hans Kos chnicks,
der nach all dem, was er in Bremen
und mit Bremen erlebt hat, eigentlich
unglaublich ist „Ach Quatsch“, sagt
er auf die Frage, ob ihn denn die
Hansestadt die einstmals stolzen
Schiffen den Namen gab, nicht zu-
weilen, in Momenten der Resigna-
tion, an die „Titanic“ erinnert habe,
den Luxusliner, der so jäh unterging.
„Bremen ist nicht die .Titanic*!“
brummt er unwirsch, und daran hat
er weder jetzt noch offensichtlich je-
mals den leisesten Zweifel gehabt
„Wir Bremer jammern nicht“, sagt
Koschnick bei seinen unzähligen
Auftritten draußen wie drinnen, „wir
packen an!“ Und es klingt wie ein
Tagesbefehl
Einem Gemälde aus dem Jahr 1946
nur ist die Jeremiade erlaubt Es
heiß t „Bremens Klage“ und zeigt ein
trauerndes Frauenantlitz über bren-
nenden Ruinen - Erinnerung an die
Terrorangriffe des Zweiten Weltkrie-
ges, denen die halbe Stadt zum Opfer
fiel.
So rückt man Proportionen zu-
recht
Ohne ABS blockieren Sie sich
viele wirtschaftliche Vorteile.
Mit ABS dagegen wächst die Sicher-
heit. Weil bei einer Vollbremsung oder
überraschenden Ausweichmanövern
die Räder nicht blockieren und das
Fahrzeug voll lenkfahig bleibt Und
darüber hinaus können Sie mit fol-
genden wirtschaftlichen Vorteilen kal-
kulieren: Versicherungsunternehmen
ohne daß Ihre Ertragsrecnnung ins
Schleudern kommt
In Betreuung so gut wie in Technik
Das heißt für Mercedes-Benz auch
1. Hohe Servicequalität durch spezia
lisierte Teams. 2. Originalersatzteile-
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dienstnetz-. mindestens alle 25 km.
geben 10% Rabatt auf Vollkasko-ver-
sicherte Fahrzeuge, die mit ABS ausge-
stattet sind. Der Restwert eines solchen
Fahrzeugs erhöht sich. Die Reifenko-
sten reduzieren sich bis zu 28% . Bei
der Abschreibung sparen Sie auch
noch Steuern. Mit ABS können Sie also
getrost eine Vollbremsung machen.
In Betreuung so gut wie in Technik. Mercedes-Benz.
Ihr guter Stern auf allen Straßen.
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„Nationale
Interessen
beachten“
M Fortsetzung voa Seite 1
ihm nicht hineingeredet, weil sie be-
wußt davon ausgegangen ist, daß ein
deutscher Sportfunktionär die natio-
nale Identität nicht verletzt. Wenn
dies aber passiert, dann muß sich
auch ein so verdienter Sportfunktio-
när wie Neuberger der Kritik stellen.
Bisher klangen seine Erklärungen
nicht plausibel 14 , betonte WaigeL
*
Der DFB will rieh dem öffentlichen
Druck nicht beugen. Die Europamei-
sterschaft 1988 werde auch dann in
der Bundesrepublik Deutschland
stattfinden, wenn es nicht gelingen
sollte, Berlin noch nachträglich zu ei-
nem Spielort zu machen, sagte Präsi-
dent Hermann Neuberger in Lissa-
bon. Er reagierte damit auf die so-
wohl von Bundeskanzler Helm ut
Kohl als auch von Bmdesprasident
Richard von Weizsäcker geäußerte
Erwartung auf Verzicht auf die
Europameisterschaft, wenn Berlin
ausgeschlossen bleiben sollte. In di-
rekter Erwiderung auf den Bundes-
kanzler erklärte Neuberger, ein sol-
cher Wunsch „ist schnell daherge-
sagt“. Bundespräsident von Weiz-
säkeker, Kanzler Kohl und der für
Sport zuständige Bundesinnenmini-
ster Friedrich Zimmennann wollen,
wie die „Weh am Sonntag“ berichte-
te, der Eröffn ungszeremonie der EM
demonstrativ fembleiben, sollte die
EM ohne Berlin stattfinden.
Der Bundespräsident hatte in einer
Fernsehsendung gesagt: „Das letzte
Wort ist noch nicht gesprochen. Der
DFB ist auf öffentliches Verständnis
angewiesen, und er wird im eigenen
Interesse das Mögliche tun, um die
bisherige Entscheidung zu korrigie-
ren.“ Eine solche Korrektur forderte
mit großer Mehrheit auch der Bun-
desparteitag der FDP.
Der sportpolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion Peter
Büchner forderte Neuberger auf, im
Sportausschuß des Bundestags Aus-
kunft über die Bewerbung für die
Europameisterschaft 1988 zu geben.
Berlins Regierender Bürgermeister
Eberhard Diepgen erneuerte seine
Kritik am DFB mit der Aussage, er
fühle sich „ausgetrickst“. Trotz der
Versicherungen der DFB-Verant-
wortlichen habe er keineswegs den
Eindruck gewinnen können, daß der
Verband die Interessen Berlins bei
der Bewerbung mit dem notwendi-
gen Nachdruck vertreten habe.
Mit blockierten Schienen
im Wendland protestiert
1000 Kernkraftgegner kamen za den „Aktionstagen“
DETLEV AHLERS, Dannenberg
Mit zum Teü militanten Aktionen
haben etwa 1000 Atomkraftgegner am
Wochenende im niedersächsischen
Lüchow-Dannenberg gegen Atom-
mülltransporte protestiert Zu den „Ak-
tionstagen im Wendland M gegen das
Atommülllager in Gorleben, die von
der Bezi rksregierung verboten wor-
den waren, hatten Kernkraftgegner
und verschiedene Bürgerinitiativen
aufgerufen.
Die Eisenbahnstrecke zwischen
Uelzen und Dannenberg wurde nach
Angaben der Polizei mehrfach mit
Holzstammen versperrt, etwa 130
Gleismuttem gelockert und die
Schienen an einer Stelle mit Schnell-
bindebeton blockiert Die Straße von
Dannenberg nach Gorleben wurde
mit etwa 80 Fahrzeugen und Holzhau-
fen gesperrt Die Polizei, die starke
Aufgebote zusammengezogen hatte,
nahm 105 Personen vorübergehend
fest
Gestern vormittag gingen die De-
monstranten dann auf eine „Bus-
rundfahrt“, die unter anderem an den
Privathäusern von Politikern vorbei
führte, die das Atommüllager befür-
worten. Ihre Sprache war zum Teil
haßerfüllt Die Demonstration sollte
am Nachmittag mit einer Kundge-
bung in Dannenberg zu Ende gehen.
Veranstalter der .Aktionstage im
Wendland“ war die Bürger-Initiative
Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
(BD, das als militant eingeschätzte
„Göttinger Aktionskomitee gegen
Atomkraft“, sowie Gruppen aus Han-
nover, Bremen und Hamburg. Der
Landesverband der Grünen Nieder-
sachsen und deren Landtagsfraktion
nannt en das all g em eine Kundge-
bungsverbot einen Teü der „men-
schenfeindlichen Atompolitik* 4 .
Keine der Demonstrationen war
angemeldet; die Veranstalter traten
nur all gemein als „Freie Republik
Wendland“ auf, also unter dem Na-
men eines Holzhüttenlagers, das mo-
natelang am Bohrloch 1004 in Gorle-
ben stand und 1980 abgerissen wurde.
Hans K empm ann, Sprecher der BL
sagte der WELT, es sei Sinn der Ak-
tionstage, „den politischen Preis“ für
das T j ger ins „Unkalkulierbare“
hochzutreiben. Es gebe Gruppen mit
unterschiedlichen „Widerstandsme-
thoden“, doch man lasse sich „nicht
spalten durch ai™» Kriminalisie-
rungswelle“. Dieselbe Ansicht vertrat
der Beisitzer im Grünen Landesvor-
stand, Tjdkap .
In Gruppen von fünf bis 25 Leuten
hatten rieh die Demonstranten am
Samstag auf einen sogenannten
„Bahnspaziergang“ begeben. Auf der
Strecke Uelzen-Dannenberg, die seit
mehreren Monaten schon Ziel von
Störaktionen ist, soll in den nächsten
Wochen der erste Transport von abge-
brannten Brennelementen des Kraft-
werkes Stade bis zum Bahnhof Dan-
nenberg-Ost rollen, und von dort aus
schließlich mit Lastwagen ins Lager
Gorleben gebracht werden.
Wahrend des „Gleisspaziergangs“
setzte die Polizei in dem für Fahrzeu-
ge unzugängli chen Gebiet Mann.
schaftstransport-Hubschrauber ein.
Gruppen von Demonstranten, die ge-
rade beim Hindernisbau waren, wur-
den auseinandergetriebea Einzelne
waren maskiert und erinnerten in
Kleidung , Gehabe und Wortwahl an
die militanten Demonstrationen bei
der Startbahn West, den „Hauser-
kampf“ in Berlin und die Schläge-
reien um Brokdorf Viele der „Spa-
ziergänger“, unter ihnen Famüien mit
Säuglingen im Hängetuch und Kin-
dern an der Hand, waren aber fried-
lich eingestellt: Sie sangen Lieder.
Logistisches Zentrum der Demon-
stranten waren die „Bauernstuben“
in Trebel und deren FestsaaL Den
Angereisten wurden hier Schlafplät-
ze bei Bauern im Umkreis vermittelt
Der Saal selbst, wo es am Samstaga-
bend ein alternatives Fest mit Musik
gab, glich in der Nacht einem Feldla-
ger. Im Garten der Gastwirtschaft
wurde von der BI ein Stein enthüllt
auf dem die Namen von politischen
Gegnern eingraviert sind.
Hier wurde auch zur Blockade der
Straße für d»n Samstagnachmittag
aufgerufen. Die Aktion bei dem mitt-
lerweile einsetzenden Schneefell
wurde von der Polizei nach etwa ei-
ner Stunde aufgelöst Zu Schläge-
reien oder Ausschreitungen kam es
dabei nicht i
In der Nacht zum Sonntag aber
fand die Polizei bei einer Razzia in
einem T-n feai , das als Versammlungs-
ort der Kernkraftgegner bekannt ist
knapp 100 Flugblätter mit den Adres-
sen von Po lizis ten und den Worten:
„Ihr habt die Möglichkeit, die
Schweine direkt zu kriegen“. Gegen
den Wirt wurde ein Ermittlungsver-
fahren eingeleitet
Shamin Vereinbarung Jordaniens
mit Arafat dient nicht dem Frieden
Gespräche mit PLO, internationale Nahost-Konferenz nnd Palästinenserstaat abgelehnt
rtr/dpa, Tel Aviv/Amman
Israels Auß enminis ter Yitzhak
Shamir Mt die in Amman getroffene
palästinensisch-jordanische Verein-
barung in den Kernpunkten abge-
lehnt und als nicht dem Frieden dien-
lich bezeichnet Vor dem Abflug zu
einem Europabesuch sagte
gestern, die Vereinbarung zwischen
dem PLO-Chef Yassir Arafat und
dem jordanischen König Hussein ent-
halte drei für Israel nicht akzeptable
Bestandteile. Israel lehne Gespräche
mit der PLO ab, halte eine internatio-
nale Nahost-Konferenz nicht für sinn-
voll und sei gegen die Errichtung ei-
nes Palästinenserstaates. Shamir be-
kräftigte seine Auffassung, daß dieser
Vorstoß nur dazu dienen solle, die
USA zur Änderung ihrer Haifa mg ge-
genüber der PLO zu bewegen. Es ge-
be keinen Mangel an EYiedensplänen,
sondern einen Mangel an Friedensbe-
reitschaft der arabischen Staaten,
fugte Shamir hinzu.
Shamir sagte, bei seinen Gesprä-
chen in Bonn werde er erneut die
ablehnende Haltung Israels zu mögli-
chen Waffenverkäufen an arabische
Staaten zur Sprache bringen, in Pa-
ris, Bonn und Den Haag will S hamir
außerdem erreichen, daß Israel seine
Agrarexporte in die EG-Länder auch
bei der Erweiterung der Gemein-
schaft im bisherigen Umfang auf-
rechterhalten kann
Die jordanisch-palästinensische
Vereinbarung ist am Wochenende in
der jordanischen Hauptstadt veröf-
fentlicht worden. Diese gemeinsame
Initiative zielt auf eine Verwirkli-
chung einer „friedlichen und gerech-
ten Lösung des Nabost-Konflikts und
die Beendigung der tgraglrechgn Be-
setzung der arabischen Gebiete ein-
schließlich Jerusalems“ auf der Baris
folgender fünf Punkte:
• Vollständiger Abzug der Israelis
aus den 1967 besetzten arabischen
Gebieten gemäß dem in den Resolu-
tionen der Vereinten Nationen und
des Wdtricherheitsrates festgelegten
Prinzip „Land gegen Frieden“.
• Recht des palästinensischen Vol-
kes auf Selbstbestimmung: Die Palä-
stinenser werden ihr unveräußerli-
ches Recht auf Selbstbestimmung
ausüben, wenn Jordanier und Palä-
stinenser dazu in der Lage sind, dies
im Rahm en der Bildung einer vorge-
schlagepen yonfrvterarinn arabis cher
Staaten zwischen Jordanien und Pa-
lästina zu fain • •
• Losung des Problems der palästi-
nensischen Flüchtlinge in Überein-
stimmung mit den Resolutionen der
Vereinten Nationen.
• Lösung der Palästinenserfrage in
allen ihren Aspekten.
• Auf dieser Basis werden Friedens-
verhandlungen unter der Obhut einer
internationalen Konferenz stattfin-
den, an der die fünf ständigen Mit-
gliedsstaaten des Wdtricherheitsra-
tes und alle betroffenen Parteien des
Konfliktes teabiehmtm, «ngnhlipffliph
der Palästinensischen Befreiungsor-
ganisation (PLO) als der einzig legiti-
men Vertretung des palästinensi-
schen Volkes in einer gemeinsamen
(jordanisch-palästinensischen) Dde-
Jordaniens Informationsminister
Taher Hikmat, der den Wortlaut der
Vereinbarung bekanntgab, verwies
darauf, daß die Resolution 242 des
Weltsicherheitsrates zu den UNO-
Entschließungen gehöre, auf die sich
die Hussein-Arafet-Initiative gründe.
Seite 2: Schritt für Schritt
Neuer Protest gegen
Polens Preispolitik
DW. Warschau
In ungewöhnlich scharfer Form ha-
ben die offiziellen pnlrrica-hmn Ge-
werkschaften gegen dm Plan der Re-
gierung in Warschau protestiert, der
den Abbau der Preissubventionen für
Leb ensmi ttel, die Verteuerung von
Kohle, Strom und Gas und die Ein-
schränkung der Rationierung von
Getreide, Fetten und Schokolade vor-
sieht Der stellvertretende Vorsitzen-
de des Koordinationsausschiisses der
regimetreuen Gewerkschaften, Ro-
muald Sosnowski, erklärte, die Auf-
hebung der Rationierung würde auch
bei Zahlung des geplanten Lohnaus-
gleichs „zu einer Senkung des Le-
bensstandards der arbeitenden Men-
schenführen“.
Ein prominenter Berater der „Soli-
darität“ interpretierte den Protest der
parteitreuen Gewerkschaften als In-
diz dafür, daß der Staat die Preiserhö-
hungen angesichts des für den 28.
Februar geplanten Proteststreiks zu-
rückstellen werde
Kompromiß für
abgasarme Pkw?
AFP, Amsterdam
Die Niederlande wollen der EG-
U mweltko nferenz am 7. März als
Kompromißlösung im Streit um die
Einführung ah ga <amw>r Automobile
eine bis 1995 gestreckte Lösung in
drei Etappen Vorschlägen. Dies kün-
digte am Wochenende ein holländi-
scher Regierungssprecher an. Der
Vorschlag sehe vor, daß ab 1987 zu-
nächst alle Personenkraftwagen mit
mehr als zwei Liter Hubraum mit
Vorrichtungen zur Reduzierung der
Schadstoffe in den Abgasen versehen
sein müssen.
Ein Jahr später soll dies für die
Pkw mittlerer Motorenstärke (LI bis
zwei Liter Hubraum) gelten. Für
Kleinwagen (weniger als 1,1 Liter
Hubraum) würden die Vorschriften
zwischen 1992 und 1995 eingeführt.
Der niederländische Umweltminister
Pieter Winsemius hoffe, die Regie-
rungen Frankreichs und Großbritan-
niens für seinen Kompromißvor-
schlag gewinnen zu können.
Äthiopien will
Falaschen zurück
AP, Addis Abeba
Äthiopien hat am Wochenende Is-
rael beschuldigt, Tausende äthiopi-
scher Juden gewaltsam aus ihrer an-
gestammten Heimat verschleppt zu
haben, und hat die Rückkehr dieser
auch „Flaschen“ oder „schwarze Ju-
den“ genannten Menschen verlangt
Nach Angaben der Londoner „Ti-
mes“ wurden zwischen November
1984 und dem 5. Januar 1985 genau
7354 äthiopische Juden mit einer ge-
heimen Luftbrücke Über RnAm nwri
westeuropäische Länder nach Israel
gebracht Die meisten von ihnen wa-
ren dem Verhungern nabe.
Die Aktion wurde abgebrochen,
nachdem sie an die Öffentlichkeit ge-
langt war. In Äthiopien und in suda-
nesischen Flüchtlingslagern blieben
7000 bis 12 000 äthiopische Juden zu-
rück. Von der Düne- und Hungerka-
tastrophe in Äthiopien sind acht Mil-
lionen der 41 Millionen Einwohner
des Landes betro ff en.
Bangemann:
„Nur noch wenige
Quertreiber“
•fa üatoi Bflwilaikl
wir werden keine Lösungen akzepti*
ran können, die Gnrodsätzeder FDP
gefährden. Es gibt fr dieser Koalition
auch einige Dinge, die wie nicht ge.
mginsam machen, weil äe nicht auf
einen gemeinsamen Nenner kommen
werden. Man sagt dann schlicht und
ergreifend: Da sind wir zu weit aus-
dnander.
WELT: Sie haben in Saarbrücken
sehr viel Wert auf die Unterschei-
dung der FDP zu den Volkspartei,
engelegt. '
Bangemann: Die Übenden müssen
sich stärker als eine Volkspartei an
Grundsätzen orientieren, die zum
Teü Wertcharakter haben wie Indivi-
dualität, Freiheit des einzelnen.
WELT: Gibt es unterschiedliche
Werte für Wirtschafts- und Rechts-
staHiEb cn Jc ?
Bancraiann: Es gibt keine Unter-
schiede zwistdien Wirtschaftslibera-
len und Rechtsliberalen, weil sie die-
selben Oidnungsprinzipien haben. So
güt in da 1 Wirtschaftspolitik das Ein-
treten für möglichst viel Freiheit und
für möglichst wenig staatliche Inter-
vention. Genauso wie im Rechts-
staatsbereich. .
WELT: Wenn es keine Weitunter-
schiede gibt, haben Sie dann mit
Graf Lambsdorff aktuelle Schwie-
rigkesten? •
Bangemann: Ich habe den Renten-
kompromiß, den wir mit der Union
gefunden haben, in der Sache für
richtig gehalten Dieser Meinung ist
Lambsdorff nicht Aber deswegen
bricht die Welt nicht zusammen,
schon gar röcht gibt es einen persönli-
chen Gegensatz zwischen ihm und
mir.
I iv
Albrecht warnt
vor Resignation
DW.BadPjrnnont
Vor Resignation bei der Bewälti-
gung zukünftiger Aufgaben hat Nie-
dersachsens mnni^ tpTp rö<ndpnt Ernst
Albrecht auf dem Niedersachsentag
der Jungen Union in Bad Pyrmont
gewarnt Vor den Delegierten des
Niedersachsentages, der unter dem
Motto „Für eine menschenwürdige
Zukunft im 21. Jahrhundert“ stand,
meinte der Regierungschef: „Die
wirtschaftstechnologische Entwick-
lung ist das Thema, das uns in den
nächsten zehn Jahren bedrückt“
Diese Formel
macht aus großen
Augenblicken
kleine Ewigkeiten
E s ist die Formel für
Magnetit, ein magne-
tisches Mineral mit dem
höchsten Eisengehalt aller
Erze (72,4 Wo). Pulverisiert
und auf Kunststoffbändern
bewahrt es die guten wie die
schlechten Töne der Mensch-
heit, hält es die flüchtigen
Bilder eines Augenblicks
magnetisch für alle Zeiten
fest.
M agnetbänder, Magnet-
platten und Mikro-
prozessoren steuern Welt-
raumfähren und Satelliten,
Montagestraßen und
Roboter, Forschungsabläufe
und Heilprozesse, Groß-
rechner und Heimcomputer.
Sie werden das Gesicht der
Welt verändern.
S iege haben auch in der
Forschung viele Väter.
Die Liste wissenschaftlicher
Erfolge, die mit dem
Namen von Bürgern für
immer verbunden sind, weil
sie als Stifter ihr Vermögen
zum Wohle aller eingesetzt
haben, ist lang.
A uch heute stiften viele
k Mitbürger große und
kleine Vermögen, um mit
einer Stiftung die Wissen-
schaft zu fördern. Nicht
immer sind es allein die
Naturwissenschaften, die sie
fördern wollen. Oft setzen
sie mit einer Stiftung ein
Lebenswerk fort, oder ihr
persönliches Interesse für
ein Wissenschaftsgebiet wird
zum Anlaß, eine Stiftung zu
errichten. Nicht selten ist es
auch nur der Wunsch, Sinn-
volles zum Wohle aller zu
tun.
D er Stifterverband für die
Deutsche Wissenschaft
verwaltet zur Zeit 90 gemein-
nützige, private Stiftungen.
Fragen Sie uns, wenn Sie
über die Errichtung einer
Stiftung nachdenk en.
Schreiben Sie, rufen Sie
uns einfach an oder lassen
Sie sich mit dem Coupon
zunächst einmal mehr Infor-
mationen schicken.
S ie werden sehen: als
Stifter müssen Sie kein
Millionär sein. Auch mit
relativ kleinen Stiftungs-
beträgen können Sie Großes
bewegen. In Ihrem Namen
oder im Namen eines gelieb-
ten Menschen. Für unser
Land.
E in Industrieland wie
unseres, in dem fast
jeder dritte Arbeitsplatz
vom Weltmarkt abhängt,
muß in Wissenschaft und
Technik vom bleiben.
Stifterverband für die
Deutsche Wissenschaft e.V.
Brücker Holt 56 - 60 • Postfach 2303 60 * 4300 Essen 1
Telefon 0201/711051 — Stiftungszentrum —
r
“ Bitte an kreuzen.
□
Ich interessiere mich für gemeinnützige Stiftungen
und Wege zu ihrer Errichtung. Bitte schicken
Sie mir unverbindlich ln formal io nsmaierial.
□
n
Ich möchte mehr wissen Ober die Arbat des
Siifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft.
L
An den
Stifterverband für die
Deutsche Wissenschaft e.V.
— Stiftungszentrum —
Brücker Holt 56 — 60
4300 Essen 1
Name
Straße
PLZ, Ort
_!
der Ran
Andt
Bei der Reinigung von Öltanks gelangt immer noch tonnenweise Altöl In die Nordsee.
..Solange Geldbußen billiger sind als die Entsorgung im Hafen
sterben jährlich Tausende von Seevögeln den Öltod "
Heinz Sielmann.
Filmautor und Mitglied des WWF.
W ußten Sie. daß Jahr für Jahr
über 100 000 SchilTe die Nord-
see kreuzen? Und wußten Sic,
daß trotz Strafandrohung noch im-
mer viele dieser Schiffe illegal auf
hoher See ihre Öltanks reinigen und
Treibstoffreste ins Meer pumpen?
Wimm? Ganz einfach: Weil die ftei-
nigungskosten in den Häfen erheb-
lich höher sind als die Geldbußen.
Falls jemand überiühn wird.
Diese „Sparmaßnahmen“ kosten
unzähligen Vögeln das Leben. Schat-
zungen belaufen sich aur 400 000
tote Seevögel. Jährlich.
Doch Öl ist nicht die einzige
Gefahr, die dem Wattenmeer droht.
Und die Vögel sind nicht die einzi-
gen, die davon betroffen sind. Die
Nordsee weitet sich immer mehr zur
„größten Müllkippe“ des Kontinents
aus: Flüsse und Kanäle spülen jedes
Jahr Tausende Tonnen Sdiwenneulle
wie Blei, Quecksilber und andere
Giftstoffe ins Meer. Speziaischiffe
veridappen über 50 Millionen Ton-
nen größtenteils vergifteter Klär-
schlamme und Indtttrieabfiilk in
der Nordsee. Chemielanker lassen
bei der Reinigung ihrer Tanks Tau-
sende Tonnen Gifte ins Wasser ab.
Dazu kommen noch riesige Mengen
Müll, die einfach über Bord gewor-
fen werden. Insgesamt schätzt man
alle AWSUe auf weit über 100 Millio-
nen Tonnen.
Das stellt eine Belastung dar.
mir der die Natur einfach nicht mehr
fettig wird. Die FOIge; Die gesamte
Tier- und Pflanzenwelt der Nordsee
- und damit des Wattenmeers - ist
in tödlicher Gefahr. Nicht nur See-
vögel sterben zu Hundertlausen den,
auch Millionen Fische kommen um
oder werden krank und damit lur un-
sere Ernährung unbrauchbar. Auch
des Menschen liebstes Tier im Wat-
tenmeer. der Seehund, bleibt nicht
verschont.
Hier hilft nur eins • sofortiges
Handeln. Helfen Sie mit. diese ein-
malige Laadschaft vor dem VferiWen
zu bewahren. Uniemiilacn Sie den
WWF bei seiner Arbeit. Ich versi-
chere Ihnen, daß der WWF jede
Spende ausschließlich und vollstän-
dig für konkrete Narurschuizarbeji
einsetzt, Helfen Sie jetzt
... "^^“5
U «ueft ich isöcfalc hellen. d» Wkuemiwer «K Lcbcnvum m Crtubco Bille »hrn Wnm
birormMMMB. wie kJi den WWF rf.br, unnmui/en k*aa “
I
[
IhwdyftnitWWF-OntHklad
Sephfensmie 44, «0M fttnklnrt 90
lad« 669 / 77067 ?
Sa ewlfwlmme «OH
WWF
--
MontaftÜ. Febroar 1985
V-„ >44l % Nr. 47 ; * ■
■ _ t* _
WELT DER ® WIRTSCHAFT
< i
■ >*»■
tdh. - Rund nm den Dollar kiei.
sen hy»"^ wieder die Gespräche
der Ausstefler und Ei nkäufer auf
da: . RaijkfarterFriihjah^^
arn fnfa*tHgtir tlta T <ir Markt konzen-
triert -auf dm voll ausgebuchten
Mfots egeSnde. Daß die Wertungen
dabe unterschiedlich sind, liegt auf
, des: Ke 14 US-amerikani-
yhwi Rachenhersteller, die erst-
mals das' Angebot um Kiir>y» und
Hausrat vervollständigen, sehen die
Folgen des hoben Dollarkurses
zwangsläufig anders als der Kunst
Handwerker, der den amerikani-
schen Geschmack exakt traf und
fest seine ganze Jahresproduktion
auf einen Schlag nach USA ver-
kauft. Unbestritten ist jedoch, daß
sch die hohe Kaufkraft des Dollars
für viele deutsche Anbieter auf der
Konsumgüterindustrie als wichtige
Basis für ihr Geschäft gezeigt hat
und wohl vorläufig auch noch zei-
gen wird. Manchen ist dabei nicht
ganz WOhL D enn eine Ver änderung
der Wechselkursparitäten könnte
den flotten Geschäftsgang rasch
ZUm Erliegen kommen lassen.
Deshalb werden Hoffnung en vor
allem auf das Geschäft in Deutsch-
land gesetzt Nachdem , sich die
Bundesbürger im vergangenen
Jahr mit den Ausgaben für die
„Schönen Dinge des Lebens“ sehr
zurückgehalten hahem t hoffen die
Anbieter bei sich festigendem Auf-
schwung auf mehr Mut der Bürger,
auch dafür wieder Geld auszuge-
ben. Daß dies nicht quer über „die“
Branche geht, wissen alle. Deshalb
ist die Suche nach Nischen, in de-
nen man „Markt machen" bmp, in
vo llem Gange. Ob von einzelnen
Finnen Treffer gelandet wurden,
wird sich erst am EnA* der Messe
sagen lassen. Bisher ist eine neue
Welle nicht in Sicht
KONJUNKTUR / Ausländische Kundschaft zeigt Einkaufelust - Handel vorsichtig I US- AKTIENMÄRKTE
Tief im Schlamassel
Von JOACHIM GEHLHOFF
M anchmal ist es nü tzlich, als rei-
nen Herzens Gutgläubiger zu
argumentieren. Der Abstand zwi-
schen maßlos ins Kraut geschossener
Unvernunft und ach so einleuchtend
scheinender Vernunft des politischen
TTandph« wird dann aufrüttelnd
deutlich. Der Bundesverband Deut-
scher S tahlhan del nahm (nicht frei
von Hmtersinn) diese Position des
Arglosen ein, als er dieser Tage die ab
Marz beginnende Einbindung auch
der kleinsten Stahlhändler in die
EG-PfÜcht der Preislistenfuhrung
und des Diskriminierungs verbots als
Genesungsbestrag für die Stahl Wirt-
schaft begrüßte:
Knapp ein Jahr hah» man nun oh-
nehin nur noch Zeit Ab 1986 werde
der Dirigismus-Rattenschwanz
von . Subventionsgenehmigungen
(mit StiflegungsAuflagen), von Pro-
duktionsquoten und Mindestpreisen,
von Warenbegleitpapieren für den
„kanalisierten“ Stehlaustausch inner-
halb des gemeinsamen Europamark-
tes und von Preislisten veröffentli-
chungsp flicht .als stützende Hilfen
der Vergangenheit angehören“.
Eine für tüchtige Produzenten und
Händler wie für die Kundschaft glei-
chermaßen herrliche Vision der
Rückkehr zur Mar ktwirts c ha ft bei
diesem unverändert wichtigen Werk-
stoff aller Industrieproduktion wird
da beschworen.
Und nicht nur eine Vision. Sondern
auch die notwendige Erinnerung dar-
an, daß im nun elften Jahr der euro-
päischen Stahlkrise die seit einem
halben Jahrzehnt wiederholten
Schwüre der Regier ungen aller zehn
EG-MftgüedMänder Wirklichkeit
werden sollten, ab 1986 mit der
Stahl-Zwangswirtschaft . endlich
Schluß machen.
I n Wahrbeit (und das weiß natürlich
auch der StaMhändlerverband)
steckt die EG-PpBtik, gerade noch
zehn Monate vom so oft verkündeten
Ende des SaU-Dirigismus entfernt,
derzeit tief im Schlamassel Sie wird
und imrdji&cht mit dem Problem fer-
tig, daß natio nale Subventionen für
die Sicherung nationaler Stahl- Ar-
beitspjiizeäufTeuftl komm raus und
mit dem teuflischen Ziel fließen, den
für alle alten Stahleraeugu ngs l än der
umnn r richHcben Abbau von Kapa-
GKAfcfTHAFIUNG
Id der ..Rangfolge hat es
iilie Änderungen gegeben
T£||pL: HEINZ HECK, Bonn
” der Bundesregierung ge-
gt ro fer:dtem Ausland in Deckung ge-
asp&ÄnB Obligo („Gesamtbaftun-
Söde 1984 mit 170,9 Milliar-
d^park^fiagfügig niedriger als
198S aHt lTU8 Milliar den. Rechnet
naht allerdings die Zinsbeträge mit
3lS{29Al|iBtaräen hinzu - sie wer-
den seä Oktober 1976 nicht mehr auf
du E n nä c htig u nggrahmen ange-
schrieben-, uegibtsich eine Steige-
rung von rund einer Milliarde Mark.
Zu den Gesamthaftungen gehören
im änzänenräeCm Deckung genom-
menen) Ausfuhrgeschäfte, Kapitelhil-
fekredite, Finanzkredite, Kapitalanla-
gen und UmstiteildungezL Letztere
spielen vom Aufkommen her prak-
tisch hur bei Polen mit 2,8 (3,0) Milli-
arden Mark eine Rotte.
In der Rangfolge der acht Spitzen-
reiter ist 1984 keine Platzverschie-
Vnir>g eing etreten: Saudi-Arabien 19,3
(Ende 1983: 20 JS) Milliarden, Sowjet-
union 17,9 (17^1 Libyen 11,2 (12^1
Brasilien 10,9 (10,7), Irak 9,0 (10,3),
Nigeria 7,9 (7,7), Algerien 6£ (7,3),
Südafrika 6,0 (6,5). Auf diese Länder
pn Halit über die Hälfte (51,8 Prozent)
des Gesamtobligos ohne Zinsen.
Dahinter rangieren Polen mit 5,3
(5,5), Iran (5,7), Indonesien 4^ (4,9),
China 3,6 (3,4), Argentinien 3,5 (3^),
Ägypten 3^ (3,1), Türkei 3,3 M, Ju-
goslawien 2,4 (2,3) und Indien mit 2^3
(1,9) Milliarden. Auffallend ist die
Verringerung des Obligos vor allem
bei den Erdöüändem Libyen, Irak,
Algerien, Iran und Indonesien.
Re? jpht man die Zinsen mit ins Ge-
samtobligo, so rangiert die Sowjet-
union mit 21,6 (2L3) Milliarden deut-
lich an der Spitze, und B rasili e n mit
19,3 (173) Milliarden hält noch Platz
zwei vor Saudi-Arabien.
Frankfurter Frühjahrsmesse mit
mehr Schwung gestartet als 1984
INGE ADHAM, Frankftirt
Es geht weiter aufwärts, wenn auch nicht mit einem Ruck- so lautet der
Tenor nach den ersten beiden Tagen der Internationalen Frankfurter
Frühjahrsmesse: Die größte Konsumgüterschau der Welt ist nach Ansicht
der Beteiligten eindeutig mit mehr Schwung gestartet als im Vorjahr.
Nicht ganz so positiv ist das Echo von der parallel in Offenbach laufenden
Interaatkmalen Lederwareninesse, wo 465 Aussteller aus 20 Ländern ihre
Kollektionen zeigen. Sie sprechen von einem „ruhigen" Beginn.
Zitaten und Arbeitsplätzen tunlichst
mehr beim Nachbarn als im pi gp^pn
Land geschehen zu lassen.
Schon dreimal hat der EG-Mini-
sterrat seit letztemNovember vergeb-
lich versucht, diese Subventionslawi-
ne mit dem Jahresende 1985 endgül-
tig zu stoppen. Auch seine nächste
Sitzung am 5. März steht da unter
keinem guten Stern.
Manche Auguren meinen, der für
Ende Marz anberaumte EG-Gipfä
der Staats- und Regierungschefs wer-
de denn wohl doch eidlich den not-
wendigen Kompromiß zwischen
tiwipti Subven tipngplfinen formal in
Frankreich und Baben) und Subven-
tionsüberdruß (zumal in der Bundes-
republik, Großbritannien und Hol-
land) brin gen und die Vision vom
freien Stahlmarkt nicht in aschgraue
Zukunft verbannen.
D er Realist muß zweifeln, ob die-
se - Befreiungsschlag tatsächlich
gelingt. Zu groß für den Markt sind
immer noch vielerorts in Europa die
Stahlkapazitäten. Und zu gewaltig ist
die Summe von 32 Milliarden DM
Subventionen, die allein in diesem
Jahr noch in die EG-StahÖndustrien
(davon nur 1,1 Milliarden in die deut-
schen Werke) fließen sollen und die
den Berg der seit 1975 aufeetürmten
EG-Stahlsubventionen auf mehr als
100 Milliar den DM bringen.
Also wird man sich wohl auf weite-
re zwei bis drei „Übergangqahre“ der
Stahl-Zwangswirtschaft einrichten
müssen. Bringen die dann wirklich
den Übergang in die Freiheit, so wür-
den gewiß auch die deutsche Stahlin-
dustrie und die Bundesregierung die-
se neue Kröte noch einmal schlucken.
Dies freilich mit dem Vorbehalt,
daß die auch beim Kapazitätsabbau
wieder mal tüchtigsten und bei den
Subventionen bescheidensten Deut-
schen mit zusätzlichen Produktions-
rechten wenigstens Teil-Kompensa-
tion ihres bislang überdurchschnittli-
chen Beitrags zur Sfruktuihereini-
gung erhalten.
Was dazu mm an zähem Verhand-
hings-Pokerspiel in der Europapoli-
tik beginnt, darf das Endziel der Frei-
heit nicht aus dem Auge verlieren. Es
ist keinen Täg zu früh, wenn auch der
deutsche Stahlhändlerverband jetzt
wieder an dieses unverzic h tbare Ziel
erinnert
Gerhard Stoltenberg in seiner Eröff-
nungsrede in F rankfu rt den von vie-
len der mitfelgtandisrlwi Aussteller
erhofften Hinweis auf w»» Senkung
der ertrag s»»nahhängig pn Untemeh-
menssteuem sphnMig , aber der guten
Stimmung zu Messebegmn tat dies
kpirwi Abbr uch Denn offensichtlich
wurden an «fen Ständen der insge-
samt 4400 Ausstellern aus 56 Ländern
schon in den ersten beiden Messeta-
gen Aufträge geschrieben.
Tfaffir snrg tyn wtr afem Hip ansISn -
dischen Fachbesucher. Besonders
von den Einkäufern aus den Dollar-
Ländern wurde „Einkaufelust“ regi-
striert Sie sind, wie die Messegesell-
schaft betont, diesmal in deutlich
stärkerer Zahl nach Frankfurt gereist
als in den Vorjahren, offenbar soll
gezielt der Wahrungsvorteil genutzt
werden. Auch wieder aufgetaucht
sind bereits am ersten Messetag Ein-
käufer aus Saudi-Arabien, die rieh in
foiripn zu rückliegenden Jahren
dwi tifeh zm flckgehalten hatten.
Im vergangenen Jahr waren insge-
samt 20 Prozent der rund 100 000
Einkäufer aus dem Ausland gekom-
men. Bei insgesamt steigenden Besu-
AUF EIN WORT
99 Die Auseinanderset-
zungen um die wichti-
gen Zukunftsfragen des
Umweltschutzes, den
vernünftigen Um g a ng
mit Energie und Roh-
stoffen haben viele
Denkansätze zu Tage
gefordert, die wir nicht
einfach zu den Akten le-
gen dürfen. Es gilt, den
richtigen Konsens zu
finden zwischen Illu-
sion und Realität Wir
im Handel haben die
Aufgabe, die Innovatio-
nen aufzunehmen und
sie schnell an den Ver-
braucher weiterzuge-
ben. W
Dedi, Varstandsvorsflzenderder
Gustav und Grete ScMckedanz Hol-
ding KG, Fürth FOTO: DIE WELT
cherzahlen rechnet die Messegesell-
schaft in diesem Jahr auch mit einem
höheren Ausländeranteil- Weniger
le bhaft gmg es nach Bekunden der
Aussteller, die ihr Angebot in acht
^Fachmessen“ gebündelt anbieten,
beim Geschäft mit den Kunden aus
dem inländischen Handel zu. „Der
Händel wägt sein vorsichtig, teilwei-
se sogar mit der Apothekerwaage", ist
za hören.
Dahinter steckt die Sorge des Han-
dels, der im vergangenen Jahr über-
wiegend real mit Minusraten abge-
schlossen hat (der gesamte Einzel-
handel steigerte seinen Umsatz real
lediglich um ein halbes Prozent auf
rund 470 Milliarden Mark), durch zu
große Lagerhaltung Kapital zu bin-
den. An der Tendenz, durch Nachbe-
stellungen (felis das Geschäft doch
besser läuft als' erwartet) mit kürze-
sten Lieferfristen einen Teil des Lar
gerririkos an die Hersteller abzuwäl-
zen, wird sich also vorast nichts än-
dern. Deutlich spürbar ist nach Anga-
bel zahlracher Aussteller bei den
deutschen Einkäufern auch ein Wi-
derstand gegen Preiserhöhungen.
Vor diesem Hintergrund bleibt frag-
lich, ob die in Teilbereichen genann-
VORRUHESTAND
Schon mehr als
200 Tarifverträge
HEINZ HECK, Bonn
Das am 1. Mai 1984 in Kraft getrete-
ne Vomihestandsgesetz hat bei den
Tarifpartnem großen Zuspruch ge-
funden: Bis Ende 1984 wurden mehr
als 200 Vorruhestandstar if verträge,
vor allem aus den Wirtschaftszweigen
Nahrungs- und Genußmittel* Textil :
und Bekleidung, Baugewerbe, Ban- ,
Icen und Versicherungen, Metall und !
Papiererzeugung, registriert. Das er- 1
klärte Staatssekretär Wolf&ang Vogt
vom Arbeitsministerium jetzt in
Bonn. Die Verträge gelten für Tarif-
bereiche mft mehr als sechs Millionen
Arbeitnehmern (also rund ein Drittel
alter von Tarifverträgen erfaßten).
Die meisten Tarifeerträge setzen
für die Inanspruchnahme der Lei-
stungen die Vollendung des 58. Le-
bensjahres sowie eine Betriebszuge-
hörigkeit unterschiedlicher Dauer
voraus. „Überforderungsklauseln"
regeln die Möglichkeiten der Inan-
spruchnahme durch den Arbeitneh-
mer und die Ablehnung durch den
Arbeitgeber. So kann beispielsweise
nach den Tarifeerträgen in der Nah-
rungs- und Genußmittelindustrie die
Aufhe bung des Arbeitsverhäl tn iss e s
zeitli c h ausgesetzt oder aus betriebli-
chen Gründen abgelehnt werden.
Die Höhe des Vorruhestandsgeldes
beträgt nach den meisten Tarifverträ-
gen 75 Prozent des Bruttoarbeitsent-
gelts, wobei unterschiedli c h geregelt
ist, ob Sondenahlimgen in die Be-
rechnung einbezogen weiden oder
nicht
TANKSTELLEN / Verbot von Einweg- Verpackungen für Motoröl gefordert
Texaco nun auf dem zweiten Rang
HANS BAUMANN. Essen
Mit dem radikalen Abbau des
ThnksteUennetoes von über 46 000 im
Bundesgebiet und in West-Berlin im
Jahre 1970 auf zur Zeit noch knapp
über 19 000 hat sich auch die Struktur
dieses Servicemarktes erheblich ver-
schoben. Wie der Bundesverband des
Deutschen Tanks tellen - und Gara-
gengewerbes für seine Bundestagung
am 19. März in Siegen ermittelt bat,
entspricht Hag Tankstellennetz von
heute dem Tankstellenbestand von
1953, mit dem Unterschied, daß heute
die gleiche ftahl von Tankstellen er-
heblich über 25 Millionen Personen-
kraftwagen betreut, während es 1953
gerade vier Millionen Pkw waren.
Allem im letzten Jahr sind 1757
Tanks tellen geschlossen worden.
Maßgeblich an d tes «* Ausdünnung
haben die fünf größten deutschen Mir
neralölgesellschaften mit 9,7 Prozent
teflgenoznmen. In der Rangfolge der
größten Netzbetreiber bat sich dabei
Texaco 1984 von Rang vier auf Rang
zwei hinter Aral vorgeschoben. Das
drükeke rieh auch in den Marktantei-
len aus, sagt der Verband. Während
Aral, Esso, BP und Shell „deutliche“
Verluste hätten hinnehmen müssen,
habe Texaco seinen Marktanteil in
den letzten Jahren kräftig ausgebaut
Zugelegt hätten auch Jet und UK
Wesselfeg.
Aral führt weiter mit 3941 Tankstel-
len (97 Prozent Selbstbedienung), vor
Texaco mit 2367 (90), Esso mit 2287
(90), Shell mit 2162 (95), BP mit 1340
(99) und Avia mit 1168 (88). Die Freien
betreiben noch 1180 Tankstellen, 48
Prozent davon Selbstbedienung. Den
größten Anteil der blafreien Säulen
hat Texaco mit 141 vor Aral mit 82
und den übrigen großen zwischen 40
bis 60. Zu 100 Prozen t Selbstbedie-
nung bieten Jet, HWB/Alpha und El-
ler-Montan an.
Der Verband fordert von der Poli-
tik, Einweg-Verpackungen für Moto-
renöl zu verbieten. Wer dem Autofah-
rer zumirte, bis zu 2000 Mark für einen
Katalysator auszugeben, der müsse
auch bereit sein, Ölwechsel nur noch
dort zuzulassen, wo Altöl umwelt-
freundlich beseitigt werden könne.
Von über 76 000 Tonnen Selbstwech-
selöl im letzten Jahr seien lediglich
rund 16 000 Tonnen dort gekauft wor-
den, WO auch SammristpTlen fiir AHfil
vorhanden sind. Der Rest sei im
Groß- und Einzelhandel gekauft wor-
den.
Knapp 70 Prozent dar Autofahrer
erledigten ihren Ölwechsel zu Hause.
Die meisten der Selbstwechsler
brächten zwar das Altöl zur Sammel-
stelle. Der Verbleib von fest 7000 Ton-
nen Altöl aber sei unbekannt, das ent-
spreche gegenüber 1977 eino- Erhö-
hung um über 70 Prozent. Ökologi-
sche und wirtschaftliche Überlegun-
gen sprachen daher für ein Verbot
des Verkaufe von Einweg-MotoröL
Der Höhenflug des Dollar
löste wieder Zinsängste aus
ten Preisaufschläge von bis zu
Prozent (die mft Rohstof feerteuerung
begründet werden) zu erzielen sind.
Vom werteren Verlauf der Früh-
jahrsmesse versprechen sich alle Be-
teiligten und die Koryunkturauguren
«Hnpn Hinweis der gi nng üter-
Konjunktur. Den dafür wesentlichen
privaten Verbrauch sieht das Ifo-In-
stitut, München, für dieses Jahr mit
real 1,5 Prozent steigen. Dabei wird
weiterhin ein Anstieg der Verbrau-
cherpreise von „wenig mehr als zwei
Prozent“ unterstellt Im vergangenen
Jahr hatte der private Verbrauch, der
immerhin gut die Hüfte zum Brutto-
sozialprodukt beiträgt kaum zum
Wirtschaftswachstum beigetragen.
Der derzeitige Kbqjunkturauf-
schwung braucht die Stützung durch
die Konsumgüterindusbrie, meinte
der Wir t««h9flsw>inidyf
rich Steger (SPD) in seinem Beitrag
zur Mpfflcp uHr fiffnting , der die im
Schatten des hohen Dollarkurses
möglichen hohen Exporte nicht als
aiiCTriphffnH solide Gr undlag e für ei-
nen dauerhaften Konjunkturauf-
schwung rieht. Dem dürften jedoch
jene deutsche Unternehmen aus der
Konsumgüterindustrie widerspre-
chen, H arren pttip immAr nnoh $toi gpn.
de Exportquote, die in einigen Fällen
den für die Branche ungewöhnlich
hohen Anteil von 50 Prozent der Um-
sätze erreicht, eine blendende Fir-
mpnlrnnp mlrti ) r beschert. Bis Mltt-
woch erwarten die Aussteller Einkäu-
fer aus über 90 Ländern.
ARBEITSMARKT
Ifo: Hoffnung auf
Dienstleistungen
AP, München
Die Arbeitemarktlage in Europa
droht richtrote konjunktureller Ertu>
hmg nicht grundlegend zu bessern.
Ende 1984 waren mehr als elf Prozent
der Erwerbspersonen in Europa ohne
Arbeit, und da - Trend zur Freisetzung
von Beschäftigten in der Landwirt-
schaft und noch stärker in der Indu-
strie Hält an. Aus enem am Sonntag
veröffentlichten Bericht des Bö-Insti-
tuts für Wirtschaftsforschung in Mün-
chen geht weiter hervor, daß neue
Arbeitsplätze per saldo nur noch im
Dienstleistungsbereich geschaffen
werden.
Der Weg in die Dienstleistungsge-
sellschaft werde oft als eine der gro-
ßen Hoffnungen angesehen. Solche
Halbungen, so hieß es in dem Be-
richt, seien vor allem durch das „Be-
schäftigungswunder“ in den USA ge-
weckt worden, wo zwischen 1973 bis
1983 über 15 Millionen neue Arbeits-
plätze fest ausschließlich im Dienst-
leistungsbereich geschaffen worden
seien.
In den europäischen Industrielän-
dern stagnierte die Gesamtbeschäfti-
gung dagegen in diesem Zeitraum.
Nach dem Ifö-Bericht gingen in der
Bundesrepublik in den letzten zehn
Jahren bei einem Gesamtabbau um
1,7 Mntfonen allem im warenprodu-
zierenden Gewerbe Z2 Millionen Ar-
beitsplätze verloren. Im Dienstlei-
stungsbereich entstand gleichzeitig
e ine Million neuer Arbeitsplätze.
H.-A. SEEBERT, Washington
Auch nach der zweiten Woche, in
der Amerikas Aktienmärkte Boden
verloren, glaubt die Wall Street fest
an eine Fortsetzung der Hanao» Da-
mit die Stimmung nicht umschlägt ,
ist schnell eine neue Studie vorgelegt
worden. Danach sind die Kurse seit
der Gründung der New York Stock
Exchange 1792 in jedem Jahr nach
einer Präsiden tsebaftswahl, das mit
(«mg „5“ endete, in die Höhe geschos-
sen. Legt man die bisherigen Erfah-
rungen zugrunde, müßte der populä-
re Dow-J ones-lhdustrie-Index in die-
sem Jahr 26 Prozent zulegen. Prompt
vorausgesagt wird ein Durchstoßen
da 1 1500-Maike etwa im Herbst
Ernsthaftere Analysen zeigen, daß
sich die Börse in einer ganz normalen
KonsoMiemngsphase befindet,
T«x»hripm am 29. Januar mit 1292,62
Punkten ein neues Hoch erreicht
worden war. Eine Hausse ohne Unter-
brechungen, die vor allem durch Ge-
winnmitnahmen ausgelöst werden,
hat es noch nicht gegeben; die jetzi-
gen, insgesamt bescheidenen Korrek-
turen sind zudem sehr selektiv. Da
viele Amerikaner bis zum Steuerter-
min am 15. April abzugsfähige Geld-
anlagen für die Altersversorgung vor-
nehmen, ist schon bald mit einem
erneuten Anziehen der Kurse zu rech-
nen, da ein großer Teü der Liquidität
in Aktien investiert wird.
Die Aussonderung konzentrierte
rieh diesmal stärker auf Standard-
werte. So rutschte der breite Nyse-In-
dex im Wochenveriauf um L26 (Frei-
tag: minus 0,50) auf 104,01, der „Dow“
nur um 6,18 (3,20) auf 1275,84 Punkte.
Unruhe stifteten Mobil und General
Motors. Der große Ölkonzem hat
Goldman, Sachs & Co. mit der Neu-
bewertung der Aktiva beauftragt.
Man vermutet, daß einige Firmenteile
veräußert werden sollen. Ins Gerede
kam „GM“, weil „Business Week“
meldete, der Autogigant werde viel-
leicht in drei unabhängige Gesell-
schaften zerschlagen. Ein Sprecher
dementiert die Story gegenüber der
WELT.
Was die Wall Street dennoch beun-
ruhigt, sind die anziehenden Zinsen.
Neue 30jährige Treasury Bonds
brachten Freitag eine Rendite von
11,70 (Vorwoche: 11,21) Prozent Seit
der Auktion am Dienstag verteuerten
sich dreimonatige Treasury Bills von
8,15 auf 8J8 Prozent Broker streiten
sich darüber, wer diesen neuen
Schub ausgelöst hat Die einen schie-
ben n Fed u -Chef Volcker die Schuld
zu, weil er sich letzte Woche gegen
eine Verknappung, jedoch für eine
vorsichtige Geldpolitik äussprach.
Andere meinen, daß Präsident
Reagan den Teufel aus der Flasche
ließ, als er Donnerstag eine Wende
vollzog und höhere Steuerlasten für
Unternehmen ankündigte. Die ei-
gentliche Ursache ist aber bei der
Treasury zu suchen, die in diesem
Quartal zur Defizitfinanzierung 44,2
Mrd. Dollar auftdnun L Der Dollar-
Höhenflug produziert zusätzliche
Zinsängste
WIRTSCHAFTS $ JOURNAL
Kernenergieantefl
in der EG steigt
Bonn (TTH) - Die Stromerzeugung
aus Kernenergie stieg 1984 in der Eu-
ropäischen Gemeinschaft naeh Anga-
ben da- Vereinigung Deutscher Elek-
trizitätswerke (TOEW) um 28 Prozent
von 2 75 auf 351 Mrd. Kilowattstunden
(KWh). Damit stellen Kernkraftwerke
rund 27 (23) Prozent der EG- Netto -
stromerzeugung von 1 290 Mrd. KWh.
Mit einem Kernenergieanteil von 59
(48) Prozent an der Stromerzeugung
ist Frankreich Spitzenreiter, gefolgt
von Belgien mit 51 (46) Prozent Auch
in der Bundesrepublik (Plate drei) ist
eine deutliche Zunahme von 18 auf 23
Prozent zu verzeichnen. Schlußlicht
Italien registriert eine Zunahme von
drei auf vier Prozent
Arbed hofft auf Plus
Völklingen (Wb.) - Die Arbed Saar-
stahl GmbH, Völklingen, erwartet für
1986 ein .ausgeglichenes bilanzielles
Ergebnis“. Risiken dafür lägen aller-
dings in den Absatz- und Beschaf-
fungsmärkten, so eine Mitteilung des
Unternehmens. Eine Studie des Bera-
tungsuntemehmens McKinsey habe
ergeben, daß mit der Restrukturie-
rung seft 1978 der richtige Weg efege-
schlagen sei. Unerläßlich sei es aber,
aisätaliche Maßnahmen intern wie
auch durch Kooperationen mit ande-
ren Unternehmen einzuleiten.
Londoner Kassapreise
22ÜÜ lÜX
KupferfM) 1268,5 1278,5
Blei<£/t) 336 335.5
ZinkO/t) 827,5 780.5
Zinn(£/t) 10067,5 10015
GoW(SAJnze) 289 304.25
Sflbertp/Unze) 557.10 573
Kakao“(£/t) 2178,5 2134,5
KaffeeHfrt) 2417 2368,5
Zuckert £/t) 112,5 107,5
Kautschuk(p/kg) 67 65
WoIle{p/k£) 506 526
Baumwolfe^cts/Ib) 68,05 68.85
0 Abladung Mal
*)A- Index-Preis Liverpool
Für Entbürokratisierung
Bonn (HH) - Mt der Entbürokrati-
sierung im Wohnungsrecht soll jetzt
ernst gemacht werden. Minister
Schneider (CSU) hat den Regierungs-
entwurf eines Wohnungsrechtsver-
einfachungsgesetees mit der Stel-
lungnahme des Bundesrates dem
Bundestag zugeleitet Schwerpunkte
sind unter anderem, detaillierte Stan-
dardregelungen im W ohnungs bauför-
derungsrecht feilen zu lassen und den
Nachweis der Ei genleis t ung en des
Bauherren zu vereinfachen.
„1985 Rekorddefizit“
Frankfurt (dpa/VWD) - Bei der
Verschlechterung der US-Leistungs-
bilanz ist nach Einschätzung der
:.ja
Die Werbung floriert. 1984 stiegen
die Werbeausgaben in der Bun-
desrepublik Deutschland um sechs
Prozent auf insgesamt 10,2 Mrd.
DM (ohne Direktwerbung). Fast die
Hfilfte der Werbemilliarden wurde
von nur vier Branchen ausgege-
ben, an der Spitze der Handel mit
1,364 Mrd. DM. queu£ : globus
Commerzbank AG noch kein Ende in
Sicht Das 1984 entstandene Defizit
das mit gut 100 Mrd. Dollar veran-
schlagt werde, sei in der Wirtschafts-
geschichte ohne Beispiel Unter An-
nahme einer allmählich en Normali-
sierung von Dollarkurs und Handels-
bilanz hält es die Bank für wahr-
scheinlich, daß der Fehlbetrag der
US-Lei5tungsbilanz 1985 mit etwa 130
Mrd. Dollar den Höhepunkt erreicht
und danach nicht weiter steigt
Abkommen verlängern
Bonn (HH) - Das bis Ende Juli 1986
geltende Welttextilabkommen fWTA)
hat dazu beigetragen, der deutschen
Textil- und Bekleidungsindustrie den
Strukturanpassungsprozeß an die
Weltmarkt bedingungen .im wesentli-
chen erfolgreich zu ermöglichen", er-
klärte Wirtschafts-Staatssekretär
Sprung (CDU) auf eine Anfrage des
Bundestagsabgeordneten Dorflinger
(CDU). Gleichwohl wäre es „voreilig
und unrealistisch, das WTA 1986 er-
satzlos auslaufen zu lassen". Sprung
plädierte für ein weniger restriktives
Ubergangssystem, „das zu den allge-
meinen Gatt-Regeln zurückfuhrt".
Weg der Kurse
22.2-
15.2.
Boeing
Chrysler
Cltlcorp
Coca-Cola
63,625
32,50
42
62,125
65,125
32,50
44.625
61.625
Exxon
46,375
67,375
Ford Motors
44,125
45,625
IBM
132,875
131,625
PanAm
4,625
4,50
US Steel
27,625
28,125
Woolworth
41,375
40.375
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WELT DER $ WIRTSCHAFT
DEE WELT - Nr. 47 - Montag,
EG- AGRARPREISE I AGRARPOLITIK / Neues Gesetz soll die 52 Jahre alte Subventionspraxis beenden - Streit mit der EG zeichnet sich ab
Minister versuchen
wieder Eini gun g
dpa, Brüssel
US-Farmer sollen ihr Geld auf den Märkten verdienen
GROSSBRITANNIEN / Mehr Rechte für BäSkfecaden
Hilfe vom Vertrauensmann
Die Landwirtsehafteminister der
Europäischen Gemeinschaft (EG) be-
ginnen heute in Brüssel die voraus-
sichtlich schwierige Verhandlungs-
runde zur Festsetzung der Agrarprei-
se 1985/86. Entscheidungen werden
jedoch erst bei den Marathon-Sitzun-
gen der Minister Ende Marz erwartet
Bei dem Ratstreffen heute und mor-
gen dürften die Landwirtschaftsmini-
ster ihre grundsätzliche Kritik an den
Preisvorschlägen der EG-Kommis-
sion erläutern, die in zahlreichen
LpeiitsoieI
\ MARK /
I J Such SU Sie
Fodte tmd f g huuyjfc r nf l r bps
Handel, Barikoa und Versidwrnageii?
In der WELT erscheinen am
1 6. März
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Anzeigenschluß ist am
13. Mäiz »85.
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siert? Wir informieren Sie gern.
DIE WELT, Anzeigenabteilung,
Kaiser-Wilhelm-Str. I, °
2000 Hamburg 36, T
Ttl. (040)3474391/4318. S
H.-A. SEEBERT, Washington
Auf dem Papier ist der Versuch der
Reagan-Administration, die US-
Landwirtschaft auf Marktkurs zu
bringen, gelungen. Der Agricultural
Adjustment Act of 1985, der nach mo-
natelangem Gerangel dem Kongreß
zugeleitet wurde, gibt den Farmern
fünf Jahre Zeit, sich dem Gesetz von
Angebot und Nachfrage anzupassen.
Danach müssen sie, wie der amerika-
nische Agranninister John Block er-
klärte, „ihr Geld dort verdienen, wo
der scharfe Wettbewerbswind weht“.
Der Gesetzentwurf macht Schluß
mit der 52 Jahre alten Praxis staatli-
cher Eingriffe ymd Einkommenssi-
cherung Sie hat sich als unwirt-
schaftlich und zu kostspielig erwie-
sen. Ohne Kreditprogramme hat die
Far mhilf e in den USA von 1974 bis
1978 rund 12,7 Mrd. Dollar verschlun-
gen. Von 1978 bis 1982 waren es be-
reits 27,7, und von 1982 bis 1986 wer-
den es 63,3 Mrd. Dollar sein. Block:
^Die Subventionen müssen weg; die
Öffentlichkeit akzeptiert solch eine
Verschwendung nicht mehr.**
Das landwirtschaftliche Anpas-
sungsgesetz schafft ein politisches
Umfeld, in dem Amerikas Bauern,
wie es im Text heißt, „langfristig rea-
listische Investitions- und Produk-
tionsentscheidungen treffen kön-
nen“. Die Preis- und Einkommensun-
terstützung wird nicht mehr an die
fixe Parität, sondern an den bewegli-
chen Durchschnitt vergangener
Marktpreise gekoppelt Der Farmer
kann also auf Mariäsignale reagieren.
Dadurch wird seine internationale
Wettbewerbsfähigkeit verbessert
Die Erzeuger von Weizen, Putterge-
treide, Baumwolle und Reis erhalten
weiterhin billige Kredite und Ein-
kpmmenshflfep, wenn der Abgabe-
preis unter dem Richtpreis liegt Al-
lerdings werden Kreditumfang und
Richtpreise jährlich festgesetzt und
stufenweise von 100 auf 75 Prozent
der Berechnungsbads gesenkt Die
Anspruchsberechtigung hang t von
der Teilnahme an Brachland-Pro-
grammen ab. Sojabohnen-Anbauem
stehen nur Darlehen zu; im Finanz-
jahr 1988 wird der staatliche Ankauf
von Molkereiprodukten durch direk-
te, aber gekürzte Ausgleichszahlun-
gen abgelöst
Nach dem Gesetz werden Darlehen
an mittlere imd kleine Betriebe verge-
ben und auf 200 000 Dollar je Emte-
jahr begrenzt Es beschränkt die di-
rekten Ausgleichszahlungen 1986 auf
20 000, 1987 auf 15 000 und 1988 und
danach auf 10 000 Dollar je Person.
Laut Block erhalten zwei Drittel der
amwilran iscfaen Bauern lfoinw'Uai Un-
terstützung. Gefördert würde die Ko-
stenkontrolle; für die Farmer bedeu-
teten niedrigere Stuckkosten höhere
Einkommen. Im Kongreß werden die
Chancen des Entwürfe in dies» Le-
gislaturperiode aber schon wegen des
Farmsterbens gering eingeschätzL
Mit der EG zeichnet sich ein ver-
schärfter Schlagabtausch über Aus-
fuhrsubventionen ab. Nachdrücklich
wird im Gesetz zur Förderung des
Agrarexports eine Öffnung ausländi-
scher Märkte gefordert; Washington
will „Verzerrungen“ am Weltmarkt
nicht länger tolerieren.
EDELSTEINHANDEL / Hongkong ist weltweit einer der bedeutendsten Umschiagplätze
Erste Diamantenbörse im asiatischen Raum
Überschuß-Bereichen die Erzeuger-
preise senken oder zumindest einfrie-
ren wüL Bundesland wirtschaftsmini-
ster T gna7. KWHIp wird dem Verneh-
men nach vor allem den Vorschlag
der Kommission, den Getreide-Richt-
preis um 3,6 Prozent zu senken und
den Müchpreis um nur 1,5 Prozent zu
erhöhen, als unannehmbar ablehnen.
dpa, Hongkong
Die erste Diamanten-Börse des
asiatischen Raumes soll im März in
Hongkong eröffnet werden. Die Mil-
lionenstadt schließt sich Vorbildern
wie New York, Tel Aviv oder Ant-
werpen an. Auch Singapur und Bom-
bay planen eine Diamantenbörse.
Nach Antwerpen und New York gilt
Hongkong als einer der bedeutend-
sten Umschlagplätze für die wertvol-
len Steine. Allein in den ersten zehn
Monaten des Jahres 1984 wurden dort
für 400 MÜL Dollar Diamanten impor-
tiert und zu Schmuck verarbeitet;
mehr als die Hälfte davon wurde wie-
der exportiert
Eine Börse für Hongkong ist schon
seit 1979 im Gespräch, aber wegen
der weltweit schlechten Marktlage
wurde der Plan zunächst auf Eis ge-
legt Erst im vergangenen Jahr zeich-
neten sich wieder bessere Zeiten für
den Edelsteinhandel ab. Die lang ge-
hegte Idee wurde wieder aufgegriffen
- in der Hoffnung auf mehr interna-
tionales Geschäft
Die Asiaten haben bisher diese
Form des Handels abgelehnt Sie
wollten sich nicht gern in die Karten
sehen lassen. Das Organisationskomi-
tee für die Diamantenbörse in Hong-
kong ist dennoch optimistisch. JUCehr
als hundert Aufcahmeaniräge liegen
uns schon vor“, sagt ein Mitglied.
„Bund fünfhundert Händler waren
als Mitglieder qualifiziert“
Ein Anwärter sollte einen guten
Ruf haben und mindestens drei Jahre
in diesem Geschäft tätig sein. Er muß
für 3 800 Dollar eine Börsen-Obliga-
tion erwerben und außer der Aufnah-
megebühr von 385 Dollar einen jährli-
chen Beitrag von 230 Dollar bezahlen.
Ausländer können an der Börse nur
Harm Geschäfte maphon , wenn sie
von prnpm eingetragenen Mitglied
eingeführt werden.
Aber nicht alle chinesischen Händ-
ler sind von der Idee begeistert „Bis-
her wurden weder Regeln noch Statu-
ten veröffentlicht“, sagt ein Ge-
schäftsmann. Nach seiner Ansicht
sollten strengere a» faahmph p din-
gungen festgesetzt werden. Nach
1979 sei die Zahl der Diamantenhand-
ler in Hongkong gewaltig gewachsen,
viele darunter seien unerfahren. Er
schlägt vor, daß eine sechs- bis sie-
benjährige einschlägige Tätigkeit
und ein Kapitalnachweis von umge-
rechnet 800 000 Mark Voraussetzung
für die Mitgliedschaft sein sollten.
”Das mittlere ist schneller in Japan
als das rechte. Aber dafür ist es auch
preiswerter als das linke, hat der
Kundenberater der Post gesagt” sagte
der Versand zum Export.
Ilr )
p m
Luftpostpaket, 10 kg:
Laufzeit*’: ca. 2 Tage
Gebühren: DM144,70
SAL-Paket,10kg:
Laufzeit^: ca. 6Tage
Gebühren: DM 83,70
y
Seewegpaket, 10 kg:
Laufzeit* 5 : ca. 40 Tage
Gebühren: DM 33,-
Das SAL-Paket nach Übersee ist
das Postpaket mit den kombinierten
Vorteilen: Preiswerter als das Luft-
postpaket und schneller als das See-
wegpaket.ZwischendenKontinenten
wird es mit dem Flugzeug befördert,
hierbei unsund in Übersee auf Straße
und/oder Schiene. Per SALdo ist es
der geldrichtige Mittelweg in 17 Län-
der: Argentinien, Australien, Brasilien, Kundenberater, den Sie im Telefon-
Chile, Hongkong, Indien, Indonesien, buch unter
Japan, Kanada, Kenia, Namibia, Post finden.
Philippinen, Singapur, Südafrika,
Tansania, Venezuela, USA. Weitere
Länder folgen. /ppsi
Nur wer die Wöge und vielfältigen 1 Schi
AngebotederPostkennt,kannsieop-
timal nutzen. Mehr sagt Ihnen unser
SS Post
Schnell undJ
K sicher
Wie aus den Eriäuterungen zum in-
ternationalen Teil der Refonnvoriage
hervorgeht rechnet Washington da-
mit daß die EG ihre kostspieligen
Subventionen und TCinlwwmnpngga-
rantfen nicht dUT Cfahaiten kann, TOffin
die USA mit ihrer neuen Agrarpolitik
die erhoffte Senkung der Weltmarkt-
preise erreichen. Der dann entstehen-
de Druck auf die Brüssels* Kasse,
schreibt die US-Regieiung, „wird
wahrscheinlich eine größere Über-
prüfung der EG-Politik bringen”. Die
EG stehe wegen der wachsenden Ko-
sten ihrer Agrarpolitik ohnehin be-
reits „unter großem Druck”.
WILHELM FURLER, London
Britische Bankkunden werden
künftig ihre Beschwerden bei einem
unabh än g i g en Vertrauensmann vor-
tragen können, der je nach Lage des
Falles R /harienMrerirahiifflg gn ei-
ner Bank an ihren Kunden in Höhe
von bis zu 50 000 Pfund (180 000 DM)
verbindlich anordnen kann.
Mit der Einführung dieses Ban*
kszhOmbudstnazmes sollen die Rech-
te der BanMnTnrien gegenüber den
Kredi tinstituten wahrgenommen
wpr ripn Bislang faüeh Amen kerne an-
dere Wahl, als den langwierigen und
mühsamen Rechtsweg einzuschla-
gen. Dies hat bei vielen Bankkunden
zu eine 1 tiefen Abneigung gegen das
Bankensystem geführt
Bereits 1983 hatte der Nationale
Verbraucherrat in einem Report über
das Kundenbankwesen _ gefordert,
rfaR zur Wahrung der Verbraucher-
a fn Bankett - Ombudsmann eia -
geführt und „mit echten Zähnen aus-
gestaltet* werden müsse. Der Ver-
braucherrat hatte damals herausge-
funden, daß rund fünf Prozent der
privaten Bankkunden in Groffiritan-
nien Gründe skt Beschwerde über
ihre Bank hatten. .
Bestellt wird der Ombudsmans
von einem Beirat, der sich aus Paso*
nen des öffentlichen Lebens vor-
wAhTntirii außerhalb des BankSPktnrs
Tu sp m fltfmqptrt- Er selbst wird eine
unabhängige Person und dabei mög-
lichst Anwalt oder Richter sein. Die
Rantam tragen die gesa mt e n Kostm.
Untersuchen wird der Vertrauens-
mann Beschwerden aus allen Berei-
chen des täglichen Bankwesens, mit
Ausnahme der wirtschaftlichen
Gründe hinter der Entscheidung für
oder gegen die Vergabe eines Kredi-
tes. Akzeptiert ein sich beschweren-
der Kuwte da Entscheidimg desto
budsmannes, gibt er damit alle Rech-
te für eine weitere gerichtliche Verfol.
guug der Bank äu£
Erfolgreich auf
der freizeitwelle
BÜCHER DER WIRTSCHAFT
dpa/VWD, München
Der größte Sportartikelhersteller
der Welt schwimmt auf der Freizeit-
welle der Konkurrenz davon. Horst
Dassler, Vorstandsvorsiteender der
Adidas-S portschuhfabriken Adi
Dassler-Stiftung & Co -KG, Herzogen-
aurach, bezifferte in München für
1984 den weltweiten Konzemumsatz
auf 3,9 Mrd. DM. Darin enthalten sind
die Umsätze aller ausländischen Li-
zenznehmer. Der Umsatz in der Bun-
desrepublik alleine betrug eine Mrd.
DM
Gü nther Gerhardt: Das Krisenma-
nagement der Vereinigten Staaten
während der Berliner Blockade
(1948/49), Duncfcer & Hnmblot, 1984,
366 128 Mark.
Laut Dassler wird die Adidas-
Gruppe über die Sardan Holding AG,
Luzern (Schweiz), demnächst die
Mehrheit bei der Pony-Gruppe in
New Jersey (USA) übern ehmen. Die
Pony-Gruppe, die 1984 einen Umsatz
von 115 Mül- Dollar vorwiegend in
den USA erziehe, wird eigenständig
fortgeführt Dassler verdeutlichte den
KnnfentsehhiR damit, daß auf dem
wachsenden Freizeitmarkt die erfor-
derliche Bandbreite nicht mehr mit
einer Ein-Marken-Politik abgedeckt
werden könne.
Für 1984 stellte Dassler zufrieden
fest, daß „trotz der angespannten Si-
tuation in der Sportartikelbranche
Adidas seine ausgezeichnete Ertrags-
lage behaupten konnte“, auch wenn
1 keine zweistelligen Zuwachsraten er-
reicht wurden. 1985 weide „eines der
besten Jahre in der Geschichte von
Adidas“ mit Wachstumsraten von
fünf bis zehn Prozent Derzeit werden
10 600 Mitarbeiter beschäftigt
Diese Arbeit untersucht die Intentio-
nal, Strategien und Wirkungen, kurz,
die Rolle der Vereinigten Staaten
während der Berliner Blockade. Das
Neue der Untersochung liegt in der
Verla gerung des Blickwinkels. Wäh-
rend die meisten Studien den Haupt-
akzent auf der deutschen Seite hat-
ten, fehlte bisher eine umfassende
Analyse des politischen und militar i,
sehen En g a gements derHauptverant-
wortlichen auf westlicher Seite. Über
die zfflt flpyhtphtiiehe Ereignisbe-
trachtung hinaus zeigt die Arbeit die
Hmtergründe und Kräfte au£ die den
ersten Höhepunkt des kalten Krieges
begreifbarer machen.
ne wesentliche Neugestaltung. Die
Darstellung wurde differenziert, das
Fanmaterial aktualisiert. Verständ-
lichkeit und Übersichtlichkeit der
Kommentierung wurden weiter aus-
gebaut Bereicherung und Delikt
wurden völlig überarbeitet Audi im
Sachenrecht Familienrecht und den
Nebengesetzen wurde die Aktualitä t,
Übersichtlichkeit und. Zuverlässig-
keit noch weiter verbessert Damit
behauptet der Palandt mehr denn je
seinen Platz als „das“ Handbuch des
wirtschaftlichen und juristischen
Praktikers.
Homakcs/Binc Die Gmbw & Co,
Gtt Beck Verlag, 1984, (LaL 501
98 Mark.
Palandt Bürgerliches Gesetz-
buch, Beck’sche Kura-Kommentare
Band 7, 44. Anflage, Vertag Beck
Mönchen 1985, 2251 Setten, 168
Mark.
Soeben ist.die 44. Auflage des Palandt
erschienen. Bei einem jährlich er-
scheinenden Werk ist Aktualität das
wesentliche Kriterium. Die neue Auf-
lage hat den Stand der Gesetzgebung
vom 31. Dezember 1984. Literatur
und Rechtsprechung sind im Allge-
meinen Teü und Schuldrecht bis Sep-
tember 1984, in den übrigen Texten
bis Oktober 1984 emgearbeitet Zu-
gleich erfuhr die Kommentierung ei-
Das jetzt in siebenter Auflage vorlie-
gende Handbuch enthalt eine Ge-
samtdarstellung aller handelsrechtli-
chen und steuerrechtlichen Probleme
der GmbH &. Co., wobei auch auf
arbeite- und mitbestimmongsrechtli-
che Besonderheiten eingegangen
wird. Auch wem sich die steueriiehe
Bedeutung der GmbH & Co. nach der
Körperschaftssteuerreform 1977 ge-
ändert hat, so bleibt sie doch aus an-
deren Gründen eine nach wie vor
weit verbreitete Gesellschaftsform.
Die GmbH & Ca ist wesentlich bes-
ser gegen die wirtschaftlichen Gefah-
ren der Mitbestimmung gefeit und
verspricht nun auch erhebliche publi-
zttätsrechtliche Vorteile, weil sie vom
Bilanzrichtliniengesetz nicht betrof-
fen ist
NAMEN
Otto Graf Lambsdorff Bundes-
wirtschaftsministera. ist zum Bei-
ratsvorsitzenden der Joost & Preuss
GmbH & Co. Assekuianzowkler,
Hamburg, berufen worden.
Axel Gropp (47) und Dr. Hans Ge-
org Wendlandt (59) wurden in den
Vorstand der PAG Presswerk AG, Es-
sen, berufen.
Ernst Landsberg, Geschäftsbe-
reichsleiter der Total Walther Feuer-
schutz GmbH, Kali], ist zum Vorsit-
zenden des Bundesverband Feuer-
löschgeräte und -anlagen e.V.
(BVFA), gewählt worden. Er ist Nach-
folger von Helmut Loos.
Max Nießner, Bezirksdirektor der
Barmenia Versicherungen in Ham-
burg, wurde am 24. Februar 60 Jahre.
Wolfeang Schmitz (36), langjährig
.in der Untemehmensberattmg von
Arthur Andersen & Co tätig, hat am 1.
Januar 1985 die Geschäftsführung
der Alos GmbH, Köln, übernommen,
nachdem am 31. Dezember 1984 der
geschäftsführender Gesellschafter
Hans-Wolfgang Woeste im Alter von
62 Jahren gestorben ist
RENTENMARKT / Starker Kursrückgang
Keine Zinswende in Sicht
Über die gesamte Börsenwoche ha-
ben die Kurse der Rentenwerte sicht-
bar nachgegeben. Grund dafür waren
Äußerungen von US-Prasident Ro-
nald Reagan, sich nicht gegen den
Hnhp rtfteg des Dollars stemmen zu
wollen,, die Doflarkurs-Entwicklung
selbst und die laue Kritik von Fede-
ral-Reserve-Board-Chef Paul Volcker
an der US-Wirtschaftspolitik.
Schließlich hat sich der kräftige An-
stieg der Kapitalmarktzinsen auf die
Konditionen der neuen Bundesarilei-
he (10 Jahre, Zinssatz 7,625 Prozent,
Ausgabekurs 99,50 Prozent, Rendite
7,7 Prozent) ausgewirkt Hoffnungen
auf eine Senkung des Zinsniveaus
■ sind jedenfalls erst einmal dahin. Ex-
trem ruhig war das Geschäft in Euro-
Dollarbond, deren enormes Volumen
noch nicht plazierter Neuemissionen
den Markt belastet (PyJ
Emissionen
Anlei he n von Bund, Bahn und Post
Anleihen der Städte, Länder und
Knmmiiwah ipr häTirip
Schuldverschreibungen von
Sonderinstituten
Schuldvezschreibungen der Industrie
Schuldverschreibungen öfftl-rechtl
Kreditanstalten u. Körperschaften
Titel bis 4 Jahre rechnerische
bzw. Bestlaufzeit
Titel über 4 Jahre rechnerische
bzw. Biestlaufzeit
Inländische Emittenten insgesamt
DM-Auslandsanleihen
2S.3
85
15.2.
85
28.12.
84
30.12.
83
30.12.
82
7.26
7.11
6^8
7.88
7*45
7.35
7,26
6,72
7,72
7,04
7.24
7.18
7.21
7.11
6,56
6JK
00-}
hs
7,61
8,24
7,35
7,32
6,65
7.90
7,65
7,11
7,07
634
7.64
7,43
7,71
7,33
7,66
7,29
7,14
6,64
8,30
7.89
7,94
7,63
7,69
7,80
7,20
8,08
8,45
RHEINISCHE BRAUNKOHLENWERKE / Mit kräftigem Strombein in die Zukunft
Wettbewerbsfähig durch Veredlung
HANS BAUMANN, Köln
Bei weitem nicht so pessimistisch
wie die Vorstände der Muttergesell-
schaft RWE auf deren Jahrespresse-
konferenz im Januar in Essen gab
sich HänsJoachim Leuschner, Vor-
standsmitglied der Rheinische
Braunkohlenwerke AG, Köln, vor
Journalisten. Während man in Essen
noch die Kosten für die Stromerzeu-
gung aus Braunkohle enteilen sah,
zeichnete Leuschner ein geradezu op-
timistisches Bild.
„Die Voraussetzungen für den wei-
teren Einsatz der Braunkohle in den
Kraftwerken sind besser als es zuwei-
len in der Öffentlichkeit erscheinen
mag“, sagte Leuschner. Denn trotz
der hohen Zuwachskosten für Ent-
schwefelung und Entstickung der
Rauchgase und der auch in den Tage-
bauen steigenden Ausgaben für den
Umweltschutz sei Braunkohlenstrom
weiterhin konkurrenzfähig. „Er kann
sich im Wettbewerb mit anderen
Energieträgern, auch mit der Kern-
energie, behaupten“, sagte der Shein-
braun-Chet An dieser Relation werde
sich trotz der ungünstiger werdenden
Verhältnisse in den Lagerstätten der
Braunkohle nichts ändern.
rheinische Braunkohle 20 bis 30 Jah-
re gebraucht habe, um vom Brikett
wegzukommen und in die Verstro-
mung einzutreten. Jetzt müsse man
sich erneut auf.20 bis 30 Jahre einstel-
len, um das Zeitalter der Braunkohle-
veredlung zu erreichen, die Verga-
sung und später vielleicht auch die
Verflüssigung. Um diesen Weg hinter
sich zu bringen, benötige die rheini-
sche Braunkohle ein kräftiges
„Strembein“.
1 Laulmi «in dtulufcM zum lapsmsWi Auswedtsluugsami.
Leuschner erinnerte daran, daß die
Wie kräftig dieses „Bein“ ist, hat
das Geschäftsjahr 1984 gezeigt, des-
sen Abschluß zwar noch nicht vor-
liegt, aus dem Leuschner aber schon
einige Zahlen zitierte. Mit 120,4 Mül.
Tonnen hat Rheinbraun 2,7 Prozent
mehr gefordert als 1983. Zum ersten-
mal in der Geschichte des Hauses
stieg die Förderung auf über 120 Mül.
Tonnen, eine Größenordnung, die
auch in den ko mmen den Jahren ein-
gehalten werden soD. Im Januar 1985
lag die Rohkohlenforderung um elf
Prozent und in den letzen Wochen
sogar um 20 Prozent über Plan. Die
Auslastung der gesamten Braunkob-
lenkraftwerkskapaatät, die vom
RWE betrieben wird, lag narb Leu-
schner an einzelnen Tagen bei über 93
Prozent
Rheinbraun bat 1984 rund 900
(1300) MüIL DM investiert bei einem
Umsatz von 3,3 (34) Mrd. DM Auch
1985 sollen wieder rund 900 MOL DM
investiert werden, etwa die Hälfte da-
von für den Tagebau und die andere
für Braunkohlenveredlung. Die För-
derung in 1985 schätzt die VerwaT s
tung auf 116,5 Mm. Tonnen. Zum ms-;
nen würden wahrscheinlich die '
RWE-Braunkohlerikraftwerke im
neuen Jahr nicht so stark ausgelastet
werden wie im Berichtsjahr, zum an*
deren komme neue Kernkraftkapazi-
tät hinzu und mit der Steinkohlehe- <
stünden die Abnahmeverpflichtun-
gen aus dem Jahriumdertvertiag. i
;hie
Zur Rheinbraun-Tochter UK Wes-
seling sagte Leuschner, daß das Un-
Mitarbeiter werde dort
von jetzt 2600 auf rund 2000 abgebaut
werden. UK Wesseling sei ein sehr
guter Standort für die Veredlung von
Braunkohle. EmeDemonstiationsan-
lage für 325 MUL DM für die Erzeu-
gung von Synthesegas aus Braunkoh-
le, die noch in diesem Jahr in Betrieb
gehe, sei mit Wesseling über eine
Pipeline verbunden. -r
WELT DER m WIRTSCHAFT
11
-Mofltefl.25- flefamar 1985 - Nr, 47 - DIE WELT
\ ?U !
! I M N iS
DANZAS / Transportzentrum wird ausgebaut
Deutliche Gewinnsteigerung
J>. F. HERTEL, Hamburg
WMF / Trotz Streiks blieb das Umsatzminus klein - Erfreuliches Plus im Export
großen Anstrengungen
.. pie Hanns GmbH, Köln, hundert-
prozentige Tochter der schweizeri-
schen Danzas AG, hat 1984 einen Ge-
winn narb Steuern von knapp 2,7
MIH.DM erwirtschaftet a983: l,8MilL
DM). Das teilte J^nanzdirektor Dieter
Habennann in Hänibuzg bei der Ein-
weihung der neoien Danaas-Spedi-
tionsanlage im Gewerbegebiet Bill-
broek mit Nach seinen Angaben hat
das Unternehmen mit 1630 Mitarbei-
tern einen -Bruttoumsatz von 1,67
(nach 1,55) Mrd. DM erwirtschaftet
Darin waren allerdings 640 Mi TI qm
als lediglich durchlaufende Einfuhr-
umsatzsteuem und Zolle enthalten.
Der Rohertrag lag bei 141 (nach 131)
MULDE!
Die Danzas GmbH hat im Schnitt
der vergangenen, fünf Jahre alljähr-
lich etwa 18 MOL DM investiert Das
nächste große Bauvorhaben ist der
Ausbau des Transportzentrums in
Frankfurt, wo sich auch der Sitz der
Geschäftsleitung befindet
Danzas-Geschäftsfuhrer Lothar M.
Shell setzt für sein Unternehmen kei-
ne großen Erwartungen in die bevor-
stehende Süd-Erweiterung der EG.
Zwar werde der Handel mit Portugal
und Spanien sicher wachsen, doch
werde er zugleich vereinfacht Die
Dienste hochspezialisierter Firm en
würden dann nicht benötigt Eine
ä hn liche Erfahrung habe m g n n ach
der Aufnahme von Griechenland in
die EG machen müssen.
Zu der von sowjetischer Seite ge-
wünschten Eigpnhahwghr TOrfyjj-
dung Klaipeda (Mensel) - Schleswig-
Holstein meinte Knolk „Wir verfol-
gen diese Bestrebungen interessiert,
ungläubig, amüsiert Ich glaube
nicht, daß darin eme Zukunft steckt
Im Femost-Containerverkehr über
die Transsibirische Eisenbahn teilt
sich Da n zas mit Jeuro nach pigwiAn
. Angaben die Marktführerscbaft. Zah-
len nannte Knoü dag» jedoch nicht
• • Dei Weltumsatz 1984 der Mutterge-
seDschaft Danzas AG bezifferte deren
Verwaltungsratsvorsitzender Dr.
Lmdner bei der gleich en Gelegenheit
mit etwa 5,7 Mrd. DM. Das entspreche
einem Zuwachs von knapp zehn Pro-
zent gegenüber 1983. Über die Ge-
winnsituation können nach seinen
Worten noch' kgin^ verläßlichen An-
gaben gemacht werden.
Erfolg nach
INGEADHAM, Frankfurt
„ Ein Jahr, in dem wir »ns sehr
anstrengen mußten, um gnmindwd' an
den Umsatz des Vorjahres heranza-
kommen“, kennzeichnet Wilfried P.
Bro mm, Vorstandsvorsitzender der
Württembergischen Metallwarenfa-
brik AG (WMF), in einem ersten
Rückblick die ( Vspb5ft«ynt x mp1ch mg
im vergangenen Jahr. Ursache dafür
war nicht nur der Streik - von dem
WMF voll betroffen war -, sondern
auch Verschiebungen im Konsumen-
tenverhalten.
Ganz so schlimm wie befürchtet -
unmittelbar wanh dop n Streik veran-
schlagte der WMF-Vorstand die Aus-
fälle auf 30 Mi TT. DM beim Umsatz
und 10 MUL DM beim Gewinn - ist
das Jahr dann doch nicht zu Ende
gegangen. Mit 562,7 MÜL DM unter-
schritt der Jahresumsatz der AG den
Voijahreswert um 0,3 Prozent; in der
Gruppe wurden 635,2 (638^) Min. DM
erreicht Auf eine Gewinn- und Divi-
dendenaussage mochte ach der Vor-
stand anläßlich seines Pressege-
sprächs auf der Frankfurter Früh-
jahrsmesse noch niphf- pfnlasgpn Für
1983. waren an die Aktionäre aus dem
kräftig auf knapp 9 MflL DM gestiege-
nen Jahresüberschuß 6 DM Dividen-
de je S tamm , und Vorzugsaktie aus-
geschüttet worden, nachdem im Jahr
zuvor nur die Vorzugsaktionäre mit 3
DM bedacht wurden.
Erfreut zeigte sich Bromm von der
Entwicklung im Export, der um
knapp 12 Prozent auf gut 58 MUL DM
expandierte; in der Gruppe macht der
Auslandsantefl jetzt 20,6 (19,8) Pro-
zent aus. Der traditionell niedrige
Exportanteü bei WMF wird vor allem
mit den unterschiedlichem nationalen
„Geschmäckern" hinsi chtlich Be-
stecken und Kochgeschirren begrün-
det. Einen Schritt „deutich nach
vom", so Bm mm, habe man im ver-
gangenen Jahr in der kleinsten Spar-
te bei Kochgeschirren und Haushalts-
waren gemacht: Der Inlandsumsatz
stieg um 8 Prozent, das Auslandsge-
schäft hat sich nahezu verdoppelt
Ursache ist der Erfolg einer neuen
SchneDko chto pfcerie.
Dagegen lag die Sparte Bestecke/-
Geschenke/Glas deutlich schlechter
als im „ausgesprochen guten Be-
steckjahr 1983“. Es sei aber gelungen,
die Marktposition bei Bestecken
noch auszubauen. Zufrieden ist WMF
mit dem Objektgeschaft, das zwei-
stellig wuchs, wenn man die inzwi-
schen aufgegebenen Bereiche Leiter-
platten und Verkaufsautomaten aus-
klammert Nichts verdeutlicht nach
Ansicht von Bromm besser die Kauf-
zurückhaltung der Konsumenten als
der Rückgang des Umsatzes um 5
Prozent in den 91 WMF-Füialen: In
ihnen waren higher re gelmäßig Zu-
wachse erzielt worden. „An den für
uns relevanten Konsumbranchen ist
der Aufschwung bisher vorüberge-
gangen,“ konstatiert Bromm.
Mit Investitionen von 28 (23) MÜL
DM bei wiederleicht steigender Mit-
arbeiterzahl- bis zum Jahresende sol-
len es 4708 werden - in diesem Jahr
(Jahresende 1984: 4634 nach 4843 in
der AG) halte man jedoch an den
langfristigen ZirfsA teiingAn zur nach-
haltigen 7 nlniTift5gi>hwnTifr fegt. Mi t
neuen Ideen, wie Besteck im Stil der
Postmoderne, sollen zusätzliche Käu-
ferschichten erschlossen und wieder
Umsatzzuwächse erzielt werden. Die
Reise wurden Anfang Februar um
durchschnittlich 5 Prozent angeho-
ben.
.> WESTFÄLISCHE VOLKSBANKEN /Zufrieden
Kreditgeschäft zog leicht an
HARALD POSNY, Münster
Die 291 westfälischen Volksban-
ken, Spar- und Darlehenskassen sind
mit der Geschäftsentwicklung des
Jahres 1984 den wirtschaftlichen Um-
ständen entsprechend zufrieden. Der
Verbandsdirektor des Westfälischen
Genossenschaftsverbandes, Uwe
Schmidt-Tychsen, hob unter ande-
rem das leicht angezogene Kreditge-
schäft hervor, während die Einlagen
nur geringfügig gestiegen sind. Bei
einer um 5,3 (7,3) Prozent auf 45,4
Mrd DM gewachsenen addierten Bi-
lanzsumme erreichten die Ausleihun-
gen knapp 30,4 Mrd DM, was einem
Plus von 5,1 (8) Prozent entsprach.
Während die Kundenforderungen
mit Laufreiten bis zu 4 Jahren von
11,6 auf 12,2 Mid. DM kletterten,
wuchsen die langfristigen Forderun-
gen mit 6,8 (10,7) Prozent auf über 17
Mrd DM noch deutlicher. Maßgeb-
lich dafür waren Umschuldungen zu
günstigeren Konditionen, aber auch
Wohnungsbaukredite. Für Schmidt-
Tychsen steht fest daß dies als Zei-
chen dafür angesehen werden kann,
daß sowohl Unternehmer als auch die
Privatpersonen ihre Zukunftserwar-
tungen günstiger wna«hat7Pn nie
noch vor einem Jahr.
Die Gesamteinkgen der westfali-
schen Genossenschaftsbanken er-
höhten sich 1984 nur noch um 2^5 (6)
Prozent auf 353 Mrd DM. Dieses
Plus ist auf die um 3 Prozent auf 18,0
Mrd DM gewachsenen Spareinlagen
und den sehr guten Absatz an (ver-
bandseigenen) Sparbriefen (plus 38
Prozent auf 3,5 Mrd DM) zurückzu-
fuhren. Eine besondere Rolle haben
jedoch auch die Zinsgutschriftöl ge-
spielt die von 707 auf 717 Mül DM
stiegen. Stark geschrumpft and dage-
gen die Termineinlagen, die Sichtein-
lagen stagnierten. Her hat sich zwei-
felsfrei die Zinssenkung ausgewirkt
Dabei wird, so Schmidt-Tychsen,
auch deutlich, wie notwendig die
Konsolidierung und Verbesserung
der Bilanzstruktur bei einigen westfä-
lische n Ins tituten ist die 1984 überre-
gionale ‘Engagements zurückgeführt
und sich über den Genossenschafts-
verbund reibungslos finanziert habe.
UNTERNEHMEN UND BRANCHEN
Ciba-Geigy: Hoher Gewinn
Basel (dpa/VWD) - Der Schweizer
PTwmieifnngpm Ciba-Geigy hat im
vergan genen Jahr einen Milliarden-
gewinn erwirtschaftet Der Konzem-
gewinri (nach Steuern) ist auf 1,187
Mrd Schweizer Franken (1,44 Mrd
DM) nach 776 Min. Franken ein Jahr
zuvor gestiegen. Nach Konzemanga-
ben ergab sich diese Gewinnzunahme
nach Verrechnung der 1984 entstan-
denen außerordentlichen Aufwen-
dungen für die gpmpmsam mit Bayer
betriebene Schelde Chemie. Das be-
reits Ende Januar veröffentlichte
Umsatzergebnis bleibt unverändert
bei 17,474 Mrd Schweizer Franken
(2,11 Mrd DM). Das waren 19 Prozent
mehr als 1983. Das Unternehmen
plant aufgrund der verbesserten Er-
tragslage für 1984 eine von 31 auf 35
Schweizer Franken erhöhte Dividen-
de je Aktie und Partizipationsschexn
auszuschütten.
Mehr „Anhänge-Fflialen**
Frankfurt (adh.) - Hertie will nach
den positiven Erfahrungen mit bisher
26 im „Anhänge-System“ betriebe-
nen Warenhausfilialen in diesem Jahr
weitere sieben Filialen an größere
Häuser waren wirtschaftlich und per-
sonell „anhangen“. Dies stärke die
Wi rtspha ft.li ch keif der Häuser imd si-
chere langfristig Arbeitsplätze. Den
insgesamt rund 200 betroffenen Mit-
arbeitern werden teilweise Arbeits-
plätze in anderen Filialen angeboten;
Gespräche mit dem Betriebsrat sol-
len in Kürze aufgenommen werden.
VDN ohne Dividende
Düsseldorf (Py.) - Der zur Jahres-
mitte 1984 geäußerte Optimismus hat
sich bestätigt Die Vereinigte Deut-
sche Nickel-Werke AG (VDN),
Schwerte, hat im Geschäftsjahr
1984/85 (30. 9.) einen Betrieb sgewrnn
erwirtschaftet, der trotz erheblicher
Steuerbelastung ausreichte, um den
aus dem Vorfahr übernommenen
Verlustvortrag von 1,4 (Gruppe: 3,8)
Min . DM zu tfi g an und erstmals nach
Jahren wieder einen kleinen Bilanz-
gewinn auszu weisen. Wie einem Ak-
tionärsbrief der überwiegend in Fa-
milienbesitz befindlichen Gruppe zu I
entnehmen ist, haben auch die'
Gruppenunternehmen gegenüber
dem Vorfahr mit verbesserten, durch-
weg positiven Betriebsergebnissen
und höheren Umsätzen abgeschlos-
sen. Die VDN steigerte ihre Umsätze
um 6 Prozent auf 175 MUL DM, die
Gruppe um 10 Prozent auf 246 MTQ.
DM. Der Exportanteü der AG liegt
weiter bei 55 Prozent Die Belegschaft
der Gruppe blieb mit 1172 Mitarbei-
tern konstant
Flat Kredit wächst weiter
Düsseldorf (Py.) - Die Fiat Kredit
Bank GmbH, Heilbroim, die das Fi-
nanzierungsgeschäft mit den Ver-
tragshändlem des Unternehmens
und deren Kunden betreibt, hat 1984
das Geschäftsvolumen um 24 Prozent
auf 2,4 Mrd. DM gesteigert Gegen-
über dem Vorfahr erhöhten sich die
Kiinrienfinanzfer ungen um 83, die
HanHlerfinanzi pmn g gn um 19 und
die Leasinggeschäfte um 41 Prozent
Auch die Ertragslage wurde durch
das Wachstum positiv beeinflußt
heißt es. Dem Wachstum wurde das
G esell srha ftskapital durch Erhöhung
um 4 auf 27 Mül. DM angepaßt
TABAK-GROSSHANPHL/ Mittelständler formieren sich
Strategien zum Überleben
HARALD POSNY, Düsseldorf
Der ganz überwiegend mittelstän-
disch strukturierte Tabakwaren-
G roßhandel in der Bundesrepublik
■will mit der neugegründeten DTV Ta-
bakwaren Vertriebsgesellschaft mbH
& Co. KG-Marketingkooperation,
Frechen bei Köln, eine Gegenstrate-
gie gegen den zunehmend heftiger
werdenden Konzentrationsprozeß in
der Branche und zur dauerhaften Si-
cherung der leistungsfähigen Betrie-
be betreiben. Wie der Geschäftsfüh-
rer der DTV-Zentrale Fritz Kirschke
erläuterte, hat sich der Lebensmittel-
handel in der jüngsten Vergangenheit
einen wachsenden Anteil am Ge-
schäft (etwa ein Drittel) des 22-Mrd.-
DM-Marktvolumens gewonnen.
Daneben wachse außer der Kon-
zentration im Lebensmittel- und Ta-
bak w a ren r Emzelhandel die bundes-
weite Abdeckung der Abnehmerorga-
nisationen, durch die der Tabakwa-
ren-Großbandel Absatz verloren ha-
be. Dagegen benötige eine zuneh-
mend heterogene, breite Schicht von
Abnehmern wie Tankstellen, Kioske,
Gastronomiebetriebe eine qualifizier-
te Warenverteilung.
Die zunächst 22 Tmtfelstanriischen ,
gleichwohl führenden Tabakwaren-
Großhandelsuntemehmen der Bun-
desrepublik mit zusammen 1,65 Mrd.
DM Umsatz (1,5 Mrd. DM Zigaretten)
und einem Marktanteil von etwa 7
Prozent und BO 000 Zigaretten- Auto-
maten, erarbeiten füreinander Orga-
nisations-, EDV-, Marktbearbeitungs-
und Logistik-Lösungen und koordi-
nieren Vertriebsaufgaben.
Durch die zunächst rein organisa-
torische Zusammenarbeit und den
Sitz bei der Bundeszentrale des Süß-
waren- und Spirituosenverbunds
Lekkerland ergeben sich, so Kirsch-
ke, für beide Gruppen erhebliche Ko-
stenvorteile. Auch streben sie im je-
weiligen Spezialsortiment „mittelfri-
stig eine weitergehende Koordination
der Marktbearbeitung“ an.
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* '
DekaDespa-lnfo Nr. 7
SparkassenFonds”:
Mehr Substanz durch
Wiederanlage der
Erträge. Jahr für Jahr!
Rabatt begünstigt bis zum
19. April 1985.
Fra g en Sie den Geldberater
bei der Sparkasse. Nach den
Vorteilen der Wiederanla ge.
Und den Chancen für Neuan-
laa en in in- und ausländischen
Renten sowie Aktien.
Deka 8 * J
KONKURSE
Konkurs eröffnet: Asehaffenburg:
Amandus Seyfried KG, Kleiderfabrik,
Orlenbach a. 31; Bad Berleburg: Gün-
ter Heinrich, wnnfruntm BgQ Laafr-
phe-Feudingen; August Heinrich
Stuck- u. Fliesengeschäft KG, Bad
T jaq>lw^ T? WiiWfidWi- R ifmw „GOUT-
met“ Farcs-Gaststätte GmbH: Calw:
Kurt Helber GmbH, Haiterbach; Det-
mold: Depotezra Debonie- u. Sandeni-
benges. mbH & Ca KG, Bad Salzuflen;
Düsseldorf: Nach! d. Hans Walter Pot,
niederländischer Staatsangehöriger;
Hans-Peter Adriaens,
Helnsberg-Obezbruch; Gütersloh:
Concord Vertriebs- u. Vermittlungs-
ges. mbH; HiMewhelm: heizungs-ener-
glespar-solarenergie-TECHNIK
GmbH, Sarstedt; Leverkusen: KG
J. W. Hader, Burscheidt; Lübeck:
NacbL d. Siegfried Johannes Scheel,
Stockelsdorf; Münster: Friedrich
Rebmann, Kwifmimn- Neunkirchen:
Martin Hn ffmann GmbH, Kunststeine
u. Terrazzo; Neuwied: Peter Siegel,
Waldbreitbach; Northeim: Hungerland
+ Partner GmbH, Katlenburg- Lindau
3; Nürnberg: REHA - GmbH Import-
u. Export ges. L Industrie- u. Konsum-
güter; Stuttgart: Helmut Khirapp.
Pflaster- u. Straßenbau; RUKO-Bau-
tenschutzges. mbH, Rudersberg: Wirt-
lich: NachL d. Heinrich Schümann,
Bernkastel-Kues.
Anschluß-Konkurs eröffnet: Augs-
bnrg: Anton Schmieder GmbH.
Konkurs beantragt: Siegen: Johan-
nes Mankel GmbH & Co. KG; Mankel
Beteiligungs- u. Verwaltungsges.
mbH.
Vergleich eröffnet: Düsseldorf:
H + S Heizungs- Systemvertriebsges.
mbH; Göttingen: Getreide-Handels-
ges. mbH Göttingen- RosdorL
Vergleich beantragt: Bielefeld: 1.
Eckernkamp GmbH & Co. 2. Eckern-
kamp & Co. Verwaltungs-GmbH; Lü-
beck: TCM Tourismus Consulting u.
Management Objekt-Betreuungsges.
mbH u. Co. KG; Objekt-Betreuungs-
ges. mbH; Projekta Vermietungs- u.
Verwaltungs-GmbH u. Co. Baubetreu-
ungs-KG; Rinteln: Poppensieker Bau-
ges. rab.H.; Verden: Anton Höing
Kraftfuttexwerke Niedersachsen
GmbH & Co. KG.
Die Steinkohle zum Thema „Stromversorgung“ ; - -
Kohle per Draht.
k m Mi"
Die Steinkohle sichert ein
Drittel unserer gesamten Strom-
versorgung. Auch die E-Loks
der Bundesbahn beziehen einen
guten Teil ihrer Kraft aus der
Steinkohle: eine gewaltige
Strommenge jährlich - genug,
um einen Intercity 3.000rnal
um die Erde zu schicken
E i n Beispiel für die Unent-
behrlichkeit von Strom aus
Steinkohle. Eines von vielen:
Steinkohle ist die wesentliche
Antriebsenergie unserer Wirt-
schaft, von Flensburg bis
Garmisch-Partenkirchen Stein-
kohle wird zwar nicht überall
gefördert. Aber überall wird
Strom aus Steinkohle benötigt.
Steinkohle ist und bleibt die
große Energie, über die wir
selbst verfugen - und langfristig
dazu: Wenn wir in dem Umfang
wie bisher Steinkohle fördern,
haben wir Vorräte für gut
300 Jahre.
Wir allein - und nicht andere
Länder - bestimmen den Preis
der Steinkohle-Energie. Und
schließlich: Die Energie im
eigenen Land spart Devisen,
entlastet unsere Zahlungsbilanz
um Milliardenbeträge.
Wir sollten daran denken, wenn
wir unsere Energieversorgung
planen
Wollen Sie mehr wissen,
schreiben Sie bitte an:
„Die Steinkohle“,
Glückauf-Haus, 4300 Essen 1
Steinkohle.
Ein Vorbild
an Energie.
WELT DES m SPORTS
DIB WELT - Nr. 47 - Montag, 25. ffeiiryär 2^85 ;
»amen
In Deutschland wurde er verspottet. Er galt als das Musterbei*
•ilol Ci rflk^lLMrrti^nnlmnnnerhnft 1 Won von
w li i l^CUiauilUilU WUIUC Ol u yvn wio mv^iviw
spiel der Wandlung in der Fußball-Nationalmannschaft: Weg von
technischer Brillanz, hin zum puren Kraftfußball. Hans-Peter Brie-
gel war der Kraftbolzen schlechthin. Jetzt wird er in Italien
umjubelt. Er selbst aber veränderte sich nicht. Er blieb bei allen
Lobeshymnen der bescheidene, redliche und realistische Bau-
ernsohn aus der Pfalz. Mit den großen Stars in Italien will ersieh
nicht auf eine Stufe stellen.
• Real Madrid, der königliche spanische Klub, macht eine der
schlimmsten Krisen seiner Geschichte durch. Schulden plagen
Ihn, der Präsident wird zurücktreten, ein neuer ist noen nicht
gefunden. Das hat auch Auswirkungen für Uli Stlelike, der seit
1977 in Madrid Stammspieler ist. Er überlegt, in die Bundesliga
zurückzukehren. Sein Wunschverein ist Walanof Mannheim (er ist
in Ketsch geboren), weil er eine junge Elf besitzt, die vielleicht
einen Routinier gebrauchen kann.
• „Ein nichtsnutziger Deutscher", hat Ali Uras, der.Präsident von
GalatasaToy Istanbul, seinen deutschen Trainer genannt. Das
war für den ehemaligen Bundestrainer Jupp Derwail die heftigs-
te Beleidigung. Derwail: „Wenn Ich solche Beleidigungen gegen
einen Türken ausgesprochen hätte, wäre ich des Landes verwie-
einen Türken ausgesprochen hätte, wäre ich des Landes verwie-
sen worden." Jetzt will er klagen - gegen den Präsidenten. Doch
der fordert Derwail auf, ihm und dem Vorstand des Klubs erst
einmal Rechenschaft abzulegen.
Eia Zweikampf zwischen Rummenigge und Brie
ausschawt, als kämpfe Briegei mH unsauberen M
beim letzten Zusammentreffen zwischen Inter MaÜand und Verona (1:1). Auch wem es hier so
n-er hat Rummenigge in der Popularität bei den italienischen Fans schon weit überholt.
FOTO: BAADER
Stielike: Schluß in Madrid,
Mannheim als Wunschklub
Berti Vogts: „Auch schlechte
Spiele sind unbezahlbar“
sid, Madrid
Die Nationalmannschaft kämpfte
in Lissabon um die WM-Teilnahme,
einige hundert Kilometer entfernt
grübelt Uli Stielike über seine Zu-
kunft nach. Nach der schweren Krise
seines Klubs Real Madrid und der
Ungewißheit, ob der sechsmalige Eu-
ropapokalsieger seinen Vertrag über-
haupt verlängert, haben bei dem 30
Jahre alten Libero ernsthafte Überle-
gungen an eine Rückkehr in die Fuß-
ball-Bundesliga eingesetzt.
Grund der Unsicherheit: Der spani-
sche Rekordmeister wählt am 36. Mai
vorzeitig eine neue Führungsspitze,
nachdem Präsident Luis de Carlos als
Konsequenz aus der verkorksten Sai-
son und internen Querelen sein Amt
zur Verfügung gestellt hatte. „Sämtli-
che Vertragsverlängerungen wurden
deshalb vertagt Ich hänge in der
Luft Wer weiß, ob ich in den Planun-
gen des neuen Vorstandes eine Rolle
spiele“, sagte Uli Stielike. der 1977 für
eine Ablöse von 1,6 Millionen Mark
von Mönchengladbach zum Tradi-
tionsklub Real Madrid wechselte und
dort seitdem Stammspieler ist Auf
jeden Fall würde er seine Zelte in
Spanien abbrechen, weü es, so Stieli-
ke, ..keine Steigerung zu Real gibt“.
Was die Bundesliga betrifft, skiz-
ziert der ehemalige Gladbacher seine
Vorstellungen: „Ein Wechsel zu ei-
nem Klub mit Titelambitionen, wie
dem HSV oder Bayern München, kä-
me nicht in Frage. Ich stelle mir vor,
in einer jungen, entwicklungsfähigen
Mannschaft zu spielen, die vielleicht
noch einen Routinier benötigt.“ Eine
Heimkehr an den Gladbacher Bökel-
berg oder in die Nähe seiner Heimat
Ketsch, beispielsweise zum SV WaJd-
hof Mannheim, käme seinen Ideal-
vorstellungen schon nahe.
Eine Verpflichtung des 42maligen
Nationalspielers wäre mit keinen fi-
nanziellen Fußangeln verbunden.
Denn Stielike wird Madrid höchst-
wahrscheinlich ablösefrei verlassen
können. „Ich rechne nach der langen
erfolgreichen Zeit in Madrid fest mit
einem Entgegenkommen des Klubs.“
ln der Bundesliga oder, wenn alle
Stricke reißen, auch in der Schweiz
möchte er dann noch drei Jahre spie-
len, um anschließend seine Karriere
zu beenden.
Daß eine mögliche Rückkehr ins
Rampenlicht der deutschen Fußball-
Bühne auch ein Comeback in der Na-
tionalmannschaft nach sich ziehen
könnte, daran verschwendet Stielike
keinen Gedanken. Im vergangenen
September beim Beckenbauer-Debüt
als Teamchef gegen Argentinien be-
stritt er sein letztes Länderspiel. „Der
Zug ist für mich wohl abgefahren.
Außerdem scheinen Beobachtungs-
reisen nach Italien preiswerter zu
sein“, sagt er in Richtung Becken-
bauer.
Mt Real, das in der Meisterschaft
mit 13 Punkten Rückstand auf den
führenden Schuster-Klub FC Barce-
lona Platz fünf belegt hat sich auch
Stielike aus den Schlagzeilen ge-
spielt In den letzten neun Spielen
bUeb Madrid ohne Sieg. Im März in
den Viertelfinal-Begegnungen des
UEFA-Cups gegen Tottenham Hot
spurs und im spanischen Pokal gegen
Atletico Bilbao wird sich zumindest
die sportliche und finanzielle Zu-
kunft von Real entscheiden, die von
Stielike allerdings erst Ende Mal
DW. Lissabon
Sein Job ist es, die Profis der zwei-
ten Garnitur den Duft der großen wei-
ten Welt schnuppem zu lassen. Da ist
Sinn und Zweck auch noch nach Nie-
derlagen erfüllt „An das Drum und
Dran internationaler Spiele müssen
sich unsere Jungs erst noch gewöh-
nen. Deshalb sind auch schlechte
Spiele unbezahlbar“, sagte Trainer
Berti Vogts nach dem 1:2 (0:1) der
deutschen „Unter 21"-Auswahl in
Lissabon gegen Portugal.
Sein Job ist es aber auch, mit seiner
Mannschaft die EM-Qualifikation zu
schaffen. Eine Woche lang trainierte
die Mannschaft in Portugal, nach der
Niederlage fiel sie in der Gruppe zwei
auf den letzten Platz zurück. „Einige
Spieler haben leider den positiven
Eindruck nicht bestätigen können,
den ich im Training von Urnen gewon-
nen hatte“, war Vogts enttäuscht
Sein Job ist es auch, für die A-Na-
tionalelf neue Kandidaten zu finden.
„Thomas von Heesen kann der näch-
ste aus unseren Reihen sein“, hatte
Vogts vor dem Spiel vorhergesagt
Über von Heesens Vorstellung in Lis-
sabon urteilte HSV-Manager Günter
Netzer anschließend kurz und knapp:
„Das war nichts, bei uns im Verein
spielt er viel besser.“ Gegen Portugal
hatte sich von Heesen weit zurückge-
zogen, fehlte im Angriff als Partner
des guten Herbert Waas (Leverku-
sen), konnte aber dem Mittelfeld auch
keine neuen Impulse geben.
Der Top-Mann im Team versagte,
da kamen auch die anderen nicht ins
Spiel Mit ein Grund war sicher die
Tatsache, daß Vogts nach dem 1:0
gegen Schweden vor vier Monaten
auf gleich sechs Positionen ändern
mußte. Mit Franco Foda (Bielefeld),
Jürgen Köhler (Mannheim) und An-
dreas Gleichen (Köln) gaben gleich
drei Neulinge ihr Debüt „Da lief
nicht besonders viel zusammen“, ur-
teilte Kölns Trainer Hannes Lohr,
und DFB-Präsident Hermann Neu-
berger befand: „Unsere Mannschaft
spielte zu hektisch."
Die Portugiesen hatten durch Jor-
ge-Süva in der 17. Minute das 1:0 er-
zielt, Foda verwandelte in der 77. Mi-
nute einen Foulelfrneter zum Aus-
gleich, ehe wieder Jorge-Silva in der
80. Minute erfolgreich war. Trotz der
.Niederlage war der Münchner Rai-
mond Aumann im Tor noch bester
deutscher Spieler, parierte in der 44.
Minute sogar einen Handelfmeter von
Ribeiro.
Vogts machte die mangelnde inter-
nationale Erfahrung („Schließlich
spielten bei uns drei Achtzehnjähri-
ge“) seiner Profis verantwortlich: „In
der Bundesliga werden sie von den
Routiniers geführt, hier müssen sie
sich alleine zurechtfinden.“
Günter Netzer nannte noch einen
anderen Grund: „Der Kraftfußball
wurde übertrieben.“ Das Spiel mach-
te deutlich, daß Vogts ohne die zur
A-Elf aufgerückten Thon, Berthold
und Kroth nicht mehr die freie Aus-
wahl an guten Fußballern hat Wobei
Netzer ausschließt, daß dies eine Fra-
ge des Trainers sei: „Es ist ja nicht so,
daß der Ball Typen sucht, die dem
Gegner auf die Knochen gehen, wie
er selbst früher. Er hat sich da total
geändert, seit Jahren erstklassige Ar-
beit geleistet und ein gesundes
Gespür für die richtigen Leute bewie-
ULRICH DOST, Lissabon
Wie muß sich einer fühlen, über
dessen Art, Fußball zu spielen, sich
bislang die Kritiker nur die Mäuler
zerrissen, der aber plötzlich im
Rampenlicht ganz vome steht und Im
lieilgtpn Glanz erstrahlt? „Also“, sagt
Hans-Peter Briegei, „ein neuer Super-
star bin ich trotz der vielen Schlagzei-
len nicht geworden.“ Einer, nach dem
sich Müva verzückt umdreht, wird er
wohl nie werden. Bei Karl-Heinz
Rummenigge soll das der Fall sein.
Hans-Peter Briegei beherrscht derzeit
in Italien die Schlagzeilen, weü er für
Hellas Verona seine Arbeit in einem
Stil vollbringt, die ihm, dem Natur-
burschen aus der Pfalz, so recht nie-
mand zugetraut hat
Neun Jahre lang hat er für den
Fußball und direkt am Ball für den 1.
FC Kaiserslautern im wahrsten Sinne
des Wortes gearbeitet So greifbar na-
he, daß die Zuschauer auf dem Bet-
zenberg seine Schweißtropfen zählen
konnten. Es brach kein Sturm der
Entrüstung aus, als dieser Briegei, ein
Bauernsohn aus der Pfalz, plötzlich
aus den eingefahrenen Bahnen aus-
brach. Niemand hat versucht, ihn zu
halten. Der Klub hat sich nur über die
2,1 Millionen Ablöse gefreut Das
machte Briegei zwar stutzig, aber
nicht wutend.
Sein Abschied aus der National-
mannschaft verlief fast ebenso. In der
Mannschaft und überall im Tand«»
hörte er förmlich ein Aufatmen. End-
lich sei er weg; der verbrauchte Brie-
gei, der bei der verkorksten Europa-
meisterschaft in Frankreich zu den
größten Versagern zählte. Heute sagt
en „Ich fand gar nicht daß ich so
schlimm war, die gann» Mannschaft
spielte schlimm. Mit meiner Tastung
war ich zufrieden.“
Ob er das wirklich so glaubt wie er
das sagt? Oder ist es nur ein weiteres
Mißverständnis zwischen Briegei
und semem Publikum? Jahrelang
stand er im Kreuzfeuer der Kritik,
weil er so gut wie nie den Beweis
antreten konnte, daß er neben Mus-
kelkraft auch Ballgefühl besitzt Der
Ball so argwöhnten Kritiker, sei sein
natürlicher Feind.
Hans-Peter Briegei der seine Her-
kunft nie verleugnen kann, der sich
nicht auf weltmännisch trimmen
läßt ist vor diesem Ruf geflohen. Er
war es sich selbst schuldig, aber in
bescheidener Art „Solche Sprüche,
wie sie Hansi Müller oder Karl-Heinz
Rummenigge tun“, sagt Hans-Peter
Briegei ..daß sie sich durchaus vor-
stellen könnten, auch spater einmal
in Italien zu leben, weil ihnen hier die
Mentalität so gut gefällt nein, solche
Sprüche mache ich nicht"
Briegei braucht keine Millionenvil-
la, brau<fat keinen neuen Haarachn^ .
ist nicht auf der Suche nach irgend-
welchen speziellen Verhaltenswei-
sen, die er übernehmen muß, um zu
sich selbst zu finden. So etwas erzählt
Rummenigge in Interviews. Briegei
bleibt auch in Verona er selbst Er
sagt: „Ich wohne mit meiner Freun-
din Ingrid am Gardasee nur in einem
kleinen Haus, na ja, Bungalow kann
man auch dazu sagen.“
Er gibt sich auch gar keine beson-
dere Mühe, die italienische Sprache
zu erlenen. „Wozu denn?“ fragt er.
„Das lerne ich im Training und im
täglichen Umgang mit den Menschen
von ganz alleine. Da brauche ich kei-
ne Lehrer.“ Erst am letzten Sonntag,
so sagt er stolz, sei es ihm gelungen,
im italienischen Fernsehen ein Inter-
view in italienischer Sprache zu ge-
ben.
Doch das alles zählt für Briegei
nicht, für ihn ist nur wichtig, was auf
dem Spielfeld passiert Ein Pfälzer
Bauernsohn, der läßt sich von seiner
inneren Einstellung her nicht ver-
pflanzen. Weder in die Provinz nach
Verona noch in eine Großstadt nach
Mailand oder Turin. Er sagt „Das
schöne Wetter hier oder die wunder-
schöne Umgebung, das alles ist nicht
das wichtigste für mich. Du mußt nur
gut spielen, dann kannst du überall
gut leben.“
Es seinen Kritikern zu zeigen und
sich selbst m beweisen, was noch in
ihm steckt deswegen ist er ins Aus-
land gegangen. Verona, die Provinz,
kam ihm gerade gelegen. Inter Mai-
land oder Juventus Turin, die hätten
das deutsche Kraftpaket bestimmt
nicht genommen. Auch wenn sie steh
heute nach ihm die Finger lecken
würden. Nicht der berühmte Rum-
menigge, schon gar nicht Diego Mara-
dona, der teuerste Fußballspieler der
Welt, auch nicht der brasilianische
Star Zico oder der Europameister-
schafts-König Michel Platini beherr-
schen die Schlagzeiten in Italien -
nein, es ist Hans-Peter Briegei
Das müßte ihm doch runtergehen
wie süßer Honig. Doch er sagt: „Ich
bin kein Star, sondern der, der ich
immer war.“ Er nennt sich nicht mit
den Großen des italienischen Fuß-
balls, den vielgepriesenen Superstars,
in einem Atemzug, weil er weiß, daß
er mit ihnen letztlich doch nicht auf
einer Stufe steht Weil er weiß, daß er
mit seinen 29 Jahren nicht plötzlich
«im Supertechniker geworden ist
Eher schmunzelnd nimmt er es hin,
der Vielbeschohene, daß er sie plötz-
lich alle in die Ecke gestellt hat Er
braucht nicht mit Rummenigge, Zico,
Maradona oder Platini aufzurechnen,
nein, er muß mit seinen Kritikern ab-
rechnen. Deshalb sagt er auch: „Vor
drei Jahren haben Journalisten ge-
schrieben, daß ich am besten einen j
Invaliditätsantrag stellen soll Mit mir ;
sei es ohnehin vorbei ich sei ver- ;
braucht, wegen meiner Verletzungen
und meines kräftezehrenden Spiels.
Ist doch toll für einen wie mich, daß
ich immer noch spiele und plötzlich
so viel Anerkennung finde.“
Hand aufa Heiz, wer hat in
Deutschland nicht so ähnlich ge-
dacht Gönnt dem altgedienten. Brie-
gei doch seine Ruhe. Dieses Abge-
schriebensein aber, die Tatsache, daß
die Leute ihn nicht mehr sehen woll-
ten, das hat ihn am meisten gewurmt
Er sagt „Ich war doch alle vier Wo-
chen krank. Einer wie ich braucht die
Kraft, um sich nicht zu blamieren.“
Heute halten seine Sehnen und Mus-
keln wieder, heute kann er wieder j
schmerzfrei spielen. Mehr noch, heu-
te hat er endlich die Freiheiten, die er
schon immer gesucht hat die ihm
aber niemand zugetraut hat Sein
neuer Trainer Osvsddo Bagno U über-
raschte Briegei gleich zu Saison be-
ginn: „Du spielst den freien Mann im
Mittelfeld. Du kannst machen, was du
willst“ Briegei staunte: „Das war ei-
ne große Anerkennung für mich.“ Zu-
vor in Kaiserslautern hatte er immer
nur dies gehört „Du verfolgst deinen
Gegenspieler auf Schritt und Tritt
schaltest ihn aus, nur wenn keine Ge-
fahr besteht darfst du stürmen.“
Waren die spielerischen Talente
des Hans-Peter Briegei neun Jahre
lang in der Bundesliga und dann auch
in der Nationalmannschaft tatsäch-
lich verschüttet? Er glaubt es nicht
Doch er hat festgestellt' „Ich spiele in
einer guten Mannschaft Wenn es ein-
mal läuft, läuft es auch bei jedem
einzelnen Spieler.“
Vielleicht spielt Hans-Peter Briegei
zur Zeit in Italien über seinen Mög-
lichkeiten. Wahrscheinlich werden
auch ihm die Flügel gestutzt wenn es
einmal Niederlagen gibt Briegei
kennt solche Täler nur allzu gut Des-
halb hebt er nicht ab, stellt sich erst
gar nicht auf eine Stufe mit Rumme-
nigge, Maradona, Zico oder Platini
Er bleibt der, der er immer war - er
arbeitet jetzt nur für Verona. Aller-
dings mit größerem Erfolg als in
Deutschland. _ .
Klub der Freunde der Nationalmannschaft plant Kündigung der Freundschaft
A ls Pal Cseraai (52) noch Trainer
beim FC Bayern München war.
hat er gerne über die Krise im deut-
schen Fußball referiert - bis man ihn
im Mai 1983 bei den Bayern nicht
mehr haben wollte. Csemai arbeitete
ein Jahr bei PAOK Saloniki jetzt bei
Benfica Lissabon. Vor dem EM-Qua-
lifikationsspiel in Lissabon war Cser-
nal der damals deutsche Journali-
sten nie sonderlich mochte, ein ge-
fragter Mann. Und er antwortete so-
gar mit Lobeshymnen: „Die Deut-
schen haben im Vergleich immer
noch die besseren Spieler. Schuma-
cher, Rummenigge und Förster sind
Weltklasse, Völler ein Top-Mann.
Briegei auch. Und einen so giftigen
Kerl wie den Matthäus findet man so
schnell nicht wieder. Glaubt mir, ihr
Deutschen: So schlimm, wie ihr im-
mer tut ist es mit eurer Krise gar
nicht“
Der Csemai will doch nicht etwa in
die Bundesliga zurück?
*
Wenn einer oben an gekommen ist,
denkt er gelassener über Fehler der
Vergangenheit Als Erklärung dafür,
daß es bei Mathias Herget (29), dem
Libero von Bayer Uerdingen, so lan-
ge dauerte, ehe seine internationale
Karriere begann, hat Bochums Ex-
Trainer Heinz Höher (46) einmal dies
gesagt: „Wenn ich ihm gesagt habe,
lauf 100 Meter, ist er nur 90 Meter
gelaufen. Sollte er 20 Kniebeugen
machen, hat er nur 19 gemacht" Hö-
her schickte den damals 22 Jahre al-
ten Herget dann in die zweite Liga.
Mit 28 wurde Hezget dann National-
spieler und sagt heute: „Ich bin mit
Heim Höher nie besonders gut aus-
gekommen. Aber heute muß ich ihm
teilweise recht geben, ich war phleg-
matisch, mußte immer wieder ange-
. trieben werden.“ Es ist eben im Fuß-
ten fast wie im richtigen Leben: Es
ist nie zu spät
Der Schalker Olaf Thon (18) ist auf
dem Platz als ein pfiffiges Kerlchen
bekannt die Abwehrspieler der Bun-
desliga furchten seine Tricks. Angst
hatte Thon eine Zeitlang nur vor In-
terviews („Gott sei Dank hat mir
beim ersten Fernsehinterview der
Herr Huberty sehr geholfen“). Die
Zeit der feuchten Hände ist offenbar
vorbei Jetzt fragte ihn ein Journalist:
„Auf welcher Position hat eigentlich
Ihr Vater gespielt? War er nicht Mit-
telstürmer?“ Der Schalker antworte-
te zunächst „Nein, genau das Gegen-
teil im defensiven Mittelfeld.“ Als er
dann feststellt, daß der Journalist die
50 längst überschritten hat fügt er
noch an: „Aber vielleicht haben Sie
meinen Vater noch als Jugendlichen
spielen sehen, da war er allerdings
Mittelstürmer." Vater Günther Thon
(43) wurde mit dem STV Horst Ein-
scher 1967 deutscher Araateunnei-
ster, der Sohn trägt bereits jetzt das
Prädikat „Deutschlands größtes Ta-
lent nach Franz Beckenbauer“
(HSV-Manager Günter Netzer) zu
sein.
Die „Freunde der Nationalmann-
schaft" (FdN) wollen bald die
Freundschaft kündigen. Auf Raten
sozusagen haben sie es bereits getan.
Die etwa 200 FdN-Mitglieder haben
sich mit jährlich 1700 Mark Spenden
für die Sepp-Herberger-Stiftung bis-
her das Recht erkaufen können, stets
in der Nähe der Nationalspieler sein
zu dürfen. Nachdem das Spiel in Mal-
ta von rund 50 FdN-Fäns als eine Art
„Betriebsausflug“ oder „Hochzeit^
reise“ (Beckenbauer) verstanden
worden war, hatte Franz Beeken-
baner (38) die Fans für die Zukunft
aus den Mannschaftshotel verbannt
„Ich will keinen Rummel die Spieler
sollen ihre Ruhe haben.“ In Portugal
sind nur noch sechs FdN-MitgUeder
dabei, viele andere schrieben Protest-
briefe. Mit einem Tenor, den der Au-
tohändler Werner Gromnuch (60} aus
Frankfurt so beschreibt „Ich trete
aus, wenn wir nicht mehr bä der
Nationalelf wohnen dürfen.“ Und die
Freunde haben auch schon ausge-
rechnet, was das den DFB kosten
würde: Sie hätten sät 1978 immerhin
rund 1,8 Millionen Mark von der Stif-
tung kassiert
Wahre Freunde erkennt man eben
in der Not
*
Auch die Zahl der mitreisenden
ehrenamtlichen Funktionäre wurde
von sechs auf vier gekürzt an Mann-
sc hafts Sitzungen teflriehmen und im
Mannschaftsbus mitfahren darf nur
noch einer, nämlich DFB-Präsident
Hermann Neoberger (65). „Offiziell
gab es dagegen keine Widerspruche“,
erklärte Pressesprecher Rainer Holz-
schnh (40). Die Spieler . vermissen
auch niemanden: „Wir können viel
konzentrierter arbeiten“, sagte Karl-
Heinz Rummenigge (30), und Kart-
Heinz Förster (26) stellte fest „Die
Leute, die uns sonst jeden Tag ein
paarmal auf die Schulter klopfen,
sind nicht mehr da.“ Und Franz Bek-
kenbauer antwortete auf die Frage,
ob denn jetzt die vier Funktionäre
das Pensum der sechs schaffen könn-
ten, mit einer Gegenfrage: „Was,
schaffen tun die auch was?“
vor Gericht
Hans-Peter Briegei macht Schlagzeilen, aber er sagt:
„Ich bin doch kein Star, sondern der, der ich immer war“
MARKUS BERG
1:2-Niederlage
der Junioren in
der Statistik
Portagal: Sergio - Marias, Samuel
Morato, R. Countinho - Edmundo,
Jaime, Semedo (ab 60. Jorge Plazido),
Ribeiro - Jorge Silva, Jorge. -
Deutschland: Aumann (München) -
Schröder (Hamburg), Köhler (Mann-
heim), Kraaz (Frankfurt), Roth (Kails-
ruhe) - Gleichen (Köln), Foda (Biele-
feld), Pomp (Leverkusen), ab 46. Kögl
(München), Hochstätter (Gladbach),
ab 70. Wegmann (Dortmund) - von
Heesen (Hamburg), Waas (Leverku-
sen).
Schiedsrichter: Martinez (Spa-
nien). - Zuschauer: 8000. - Tore: Id)
Jorge Silva (17.), 2:1 Foda (78,/Fbul
Elfmeter), 2:1 Joige Silva (80.). -CW*
be Karten: Ribeiro, Jorge Plazido /
von Heesen, Foda.
DDE TABELLE
LScfaweden 3 1X1 2:2 3:3
ÄJPortogal 4 1 1 2 3:4 3:5
3.CSSR 110 0 1:0 2:0
^Deutschland 2 10 1 2:2 2:2
Die nächsten Spiele: Schweden -
CSSR (4. Juni), Schweden - Deutsch-
land, CSSR - Portugal (24. Septem-
ber), Deutschland - Portugal (15. Ok-
tober), Deutschland - CSSR (16. No-
vember).
Dienstag, 29JW Uhr
München - Uerdingen . (3:1)
Mittwoch, 20.00 Uhr
Köln -Werder Bremen (2ri)
Stuttgart- Bielefeld (7:2)
Düsseldorf - Kaiserslautem (1:3)
Schalke -Leveikusen (2:2)
Gladbach -Dortmund (3:21
Hamburg- Bochum ( 0 : 0 )
Samstag, 153 Uhr
Leverkusen - Hamburg (1:11
Kaiserslautern -Frankfurt ( 1 : 1 )
Braunschweig -Düsseldorf (1:4)
Bielefeld -Mannheim (0:0)
Bremen -Stuttgart (3:1)
Uerdipgen -Köln (5:1)
Dortmund -München ((Ul
Karlsruhe -Schalke ( 1 #
Bochum -Gladbach am 5 . Mär?
In Klammem die Ergebnisse de
Hmrunde.
dpa, Istanbul
Die Auseinandersetzungen zwi-
schen Jupp Derwail und dem Präsi-
denten des türirischen Vereahs Gala-
tasaray Istanbul» Ali Uras, haben am
Wochenende an Heftigkeit zugenom-
men. Der ehemalige Bundestrainer
und jetzige Coach von Galatasaray
wtQ den eigenen Vereinspräsidentei
wegen Verleumdung auf 500900
Marie Schadenersatz verklagen. So-
bald er einen geeigneten Anwalt ge*
fanden habe, werde er gegen Uras
gerichtlich vorgehen. Der Funktionär
hatte Derwail in einem Interview mit
dem Massenblatt „Hürriyet“ als
u iahm, unfähig und apathisch" hinge*
stellt
Etwas Ähnliches sei ihr» noch nie
ins Gesicht gesagt worden, äußerte
sich Da wall gegenüber türkischen
Zeitungen. Diese Beschuldigungen
bedrohten seinen guten Ruf sowohl
in der Türkei als auch in der Bundes-
republik Deutschland, wo er, nach
Worten, „ein bekannter und
gern gesehener Mann ist“. Die türki-
sche Presse wertete den angestrebten
Prozeß eher als einen Versuch Der-
walls, den eigenen Worten wieder
mehr Gewicht und Glaubwürdigkeit
zu verleihen.
Seinen Zweijahresvertrag mit dem
türkischen Erstliga-Verem Galatasa-
ray will Derwail auf jeden Fäll erfül-
len. Das sei er den Freunden und
Anhäng ern des Vereins, zu denen er
bereits ein verwandtschaftliches Ver-
hältnis habe, schuldig. Die Streitig-
keiten s eien eine private Angelegen-
heit zwischen ihm und dem Präsiden-
ten.
Den Grund für die unbefriedigende
sportliche Situation des Vereins sieht
Derwail -in dem Verkauf von sieben
Spielern zu Saisonbeginn, für den er
nicht verantwortlich sei „Wenn
Schwierigkeiten auftreten, gibt ein
Deutscher nicht auf, bevor diese
schließlich gelöst sind“, wird Derwail
in der türkischen Presse zitiert In der
nächsten Saison, wenn er selbst neue
Spieler aussuchen könne, bekäme die
Mannschaft ein völlig neues Gesicht
Ob es jedoch überhaupt so weit
kommen wird, ist fraglich. Mit großer
Spannung wird mrnin der türkischen
Sportöffentlichkeit dem entscheiden-
de Pokalduell am Donnerstag zwi-
schen Galatasaray und dem Erzriva-
len Fenerbahce entgegengesehen.
Sollte Derwalls Team, das das Hin-
spiel mit 2:1 gewonnen hatte, aus dem
Cup ausscheiden, wird allgemein mit
Derwalls Entlassung gerechnet.
Uras, von dem es hieß, er werde
sein Amt zur Verfügung stellen, sagte
jedenfalls: „Nicht ich werde Derwail
Rechenschaft ablegen, sondern Der-
wall muß dies gegenüber dem ge-
samten Vorstand tun. Der Vorstand
tagt zwei Tage vor dem wichtigen
Pokalspiel und Uras erklärt: „Die
dunklen Wolken über unserem im
ganzen Land geliebten Verein wer-
den bald vertrieben.“
M
Bundesliga: Nächste Spiele '
°oonv
s f‘!|y
Kroh..
a «cli.
2. Li«a
Kassel zum
ersten Mal an
der Spitze
Duisburg- Nürnberg
Burstadl -Aachen
Obertassen - Wattenscheid
Kasse! - Saarbrücken
Hannover- Köhl
Dannstadt- Offenbach
Snüng BP - St Pauli
Hertha BSC -Freiburg
Homburg- BW Berlin
DIE TABELLE
3:0 (2:0)
3:2 (2:1)
' l.Kassel
Zjtachen
3.N*ümberg
4 .Hannover
äJäaarbrüdren
(LWattenscheid
7. Hertha BSC
8. Solingen
9.0ffenbach
10. BWBerim
11. Freiburg
HOberhausen
13. Burstadt
14. Duisburg
15. Darmstadt
16. Homburg
17.SLuUgart
i&Kötn
19-Ubn
2Ü.SL Pauli
21 12 5 4
21 ZZ ff 4
22 12 3 7
22 10 7 5
28 11 4 5
21 11 3 7
um
20 10 3 7
n 8 5 8
21 6 7 B
22 G 7 9
22 0 7 9
31 8 2 11
21 6 6 9
21 8 0 9
20 7 3 10
21 8 4.11
21 8 4 11
22 5 Bll
ZI 5 5 11
45:29 29:13
38:23 28:14
38:31 27:17
40:34 27:17
44:25 28:M
38:33 25:17
32:27 23:15
37:33 33:17
27:30 21:21
38:37 19:23
25:28 19:25
33:41 19:25
33:35 18:24
33:38 18:24
28:33 18:2t
30:31 17:23
28:31 18:26
30:42 18:28
31:44 16:28
29:41 15:27
DIE VORSCHAU
Dienstag, 26. Februar, 29.M Ukr Köln - Her-
tha BSC, Saarbrücken - DannstadL - BW
Berlin - Sohngen verlegt auf den 8. April -
Freitag. L JUn. 2M9 Uhr: Oflenbach- Kas-
sel - Samstag, Z H&rx, 15JS9 Uhr: Freiburg -
Duisburg, BW Botin - Dannstadt Aachen -
Ulm, Oberhausen -Solingen, Bürstadt -Wat-
tenscheid, St Pauli - Homburg. - Sonntag, 3.
Mir*, I5J0 Uhn Saarbrücken - Hertha BSC,
Stuttgart - Hannover, Köln - Nürnberg.
LEICHTATHLETIK / Der Schwede Patrick Sjöberg sprang in geliehenen Schuhen über 2,38 Meter
„In neue Dimensionen“ - mit viel Musik
dpa, Hannover
Purzelbäume nach zu langer Pau-
se: Der erste fast komplette Rückrun-
d e pspieftag der zweiten Fußball-Liga
brachte am Samstag bei neun Mei-
steischaftatreffen kräftige Überra-
schungen. Auf schneeglattem Boden
rutschte Spitzenreiter Alemannia Aa-
chen beim sensationellen 0:2 in Bür-
stadt genauso ans wie der im Pokal so
erfolgreiche 1. FC Saarbrücken, der
das Spitzenspiel vor 15 000 Zuschau-
ern gegen Hessen Kassel 0:3 verlor.
Hessen Kassel (29:13 Punkte) ist
n ac h Hannover 96, Union Solingen
und Aiprnannia Aachen erst der vierte
Spitzenreiter in dieser Saison. Das 3.-0
war die Krönung einer R-srie von 11:1
Punkten. Trainer Jörg Berger (40)
warnte angesichts der euphorischen
Stimmung: „Es ist noch ein langer
Weg bis zum Masterschaftsende.**
Kassel hatte in den letzten zwei Jah-
ren jeweils die Qualifikationsspiele
zur Bundesliga als Vierter sehr knapp
verpaßt In dieser Saison profitiert
das stark verjüngte Team ohne Stars
von seiner Heimstarke (21:1 Punkte).
Nach den Kasseler Treffern durch
Heinz Traser (1L), Cestonaro (23.) und
Munn (83.) stellte Saarbrückens ehr-
geiziger Trainer Uwe Klimaschefski
fest »An den Feiern nach unserem
Pokal-l:0 gegen Hannover 96 lag es
nicht 11
Ton Freiburgs Trainer Anton Ru-
dinsky war nach dem 0:0 in Berlin zu
hören: «Hertha BSC bleibt mein Fa-
vorit für den Aufstieg.“ Insider sind
anderer Ansicht Denn Hertha BSC
hat - wieder einmal - kein Geld: Seit
Dezember werden die Gehälter von
Privatleuten vorgestreckt Die Ge-
samtsumme von bisher 450 000 Mark
muß natürlic h zurück gezahlt werden.
DIE ERGEBNISSE
Patrick Sjöberg beim JubaUpniBg.
FOTO: DPA
DW. Berlin
Auf den ersten Blick schien es
wie eine Wiederholung. Die Äu-
ßerlichkeiten erinnerten an das
letzte Jahr Berlin, eine ausver-
kaufte Halle, viel' Miisik, ginA
Hochsp run ganlage , ein whiakid.
ger Jüngling, blond, talentiert,
selbstbewußt So war Carlo
Thränhardt vor zwölf Monaten
2£7 m hoch gesprungen - Hal-
lenweltbestleistung.
Jetzt erlebte das Spektakel
sAino Neuauflage. Beim Hoch-
sprung-Meeting in Berlin, einer
von dem Kölner Carlo Thrän-
hardt inszenierten Leistungs-
show mit Musik. Star des
Abends war erneut ein schlaksi-
ger Jüngling, blond, talentiert
und selbstbewußt Vor allem
selbstbewußt „Ich traue mir bis
zu 2,45 m alles zu“, tönte der
Schwede Patrick Sjöberg nach
seinem Rekordsprung.
Wer sein Selbstbewußtsein in
Hohen messen will, muß die
Latte jetzt auf 2^8 m legen. Mit
dieser Leistung entriß der 20
Jahre alte Schwede dem Kölner
Thränhardt die Hahenweltbest-
lws tnn g . Nur der Chinese Zhu
Jianhua war bei seinem Frei-
luft-Weltrekord von 2^9 m noch
höher gesprungen.
„Wir gehen jetzt in andere Di-
mensionen. Die 2,40 m sind
sturmreif*, erklärte danach
Olympiasieger Dietmar Mögen-
burg, der mit 2,36 m Zweiter
wurde. Bereits in Berlin ver-
suchte sich der neue Rekord-
mann Sjöberg an der als Schall-
mauer bezeichneten Höhe von
2,40 hl Doch seine drei Versu-
che miRlanggn. JDÜ Luft war
raus. Vielleicht wäre das anders
gewesen, wenn ich auch bei die-
ser Höhe noch Konkurrenz ge-
habt hätte“, bedauerte der Sfl-
bennedaillengewinner von Los
Angeles, der schon als Zehnjäh-
riger 1,35 m übersprang - zwan-
zig Zentimeter mehr als seine
Hamfliiggn Klassenkameraden.
Seitdem vollzog sich ein ra-
santer Aufstieg. Trainiert von
seinem finnischen Stiefvater,
steigerte er sich in den letzten
vier Jahren tun 30 Zentimeter.
Der Sprung in die Weltelite
glückte Anfang Juli 1983 in Os-
lo, wo er bei einem Wettkampf
seine Bestleistung von 2JJ8 m
auf 2^3 m schraubte. Ein un-
mißverständlicher Beweis für
sein Ausnahmetalent, von dem
er selbst bereits als Sechzehn-
jähriger so überzeugt war, daß
er die Schule verließ, um sich
ganz dem Hochsprung zu wid-
men.
Inzwischen nennt er sich
JProfessionel l> _und hat die Ziele
von damals längst übersprun-
gen. Irgendwann hatte er sich
vorgenommen, einmal höher zu
springen als der ehemalige
Olympiasieger Dwight Stones
und so berühmt zu werden wie
seine schwedischen Landsleute
Björn Borg, Ingemar Stenmark
und Mats Wilander.
Es ist ihm gelungen. Heute
reist Patrick Sjöberg zumeist
mit wnt»m eigens auf ihn kon-
zentrierten Kamerateam um die
Weh, trainiert im Winter in der
Sonne, in Griechenland, Spa-
nien und Italien. Ein Welten-
bummler in Sachen' Hoch-
sprung, der mit leichtem
Gepäck reist, in dem oft nicht
einmal Platz für Hochsprung-
schuhe ist Auch in Berlin, wo er
erst am Dienstag nach einem
30-Tage-Trip durch Nordameri-
ka eintraf, trat er zu seinem Re-
kordsprung wieder mit geliehe-
nen Schuhen an . . .
sid/dpa, New York
Ein furioses Finale ihrer sechs Wo-
chen langen Hallen-Saison boten die
Leichtathleten der USA bei den offe-
nen Meisterschaften im New Yorker
Madison Square Garden. In Abwe-
senheit der beiden Olympiasieger
Carl Lewis und Evelyn Ashford, aber
mit Beteiligung mehrerer europäi-
scher Athleten, darunter zahlreiche
Spitzenleute aus der UdSSR, waren
15 000 Zuschaer von drei Hallen-Welt-
bestleistungen begeistert
So lief die dreimalige Olympiasie-
gern! Valerie Brisco-Hooks eine neue
Weltbestzeit über 220 Yards in 22,95
Sekunden, und Diane Dhron sprinte-
te die 400 Yards in 52£0 Sekunden.
Außerdem bewältigte Jim Hiring das
Meüen-Gehen in 12:07,56 Minuten.
Wegen der weltweit säten ausgetra-
genen Wettbewerbe über Yards-Di-
stanzen müssen die Ergebnisse relati-
viert werden.
Weh-Niveau besaßen aber auf je-
den Fall die Leistungen von Mike
Conley und Jim Howard. Mike Con-
ley gewann zunächst den Dreisprung
mit 17,40 m, wobei er die Bestmarke
von Wülie Banks (USA) nur um einen
Zentimeter verfehlte, und gewann an-
schließend auch den Weitsprung mit
8,22 m. Jim Howard erzielte im Hoch-
sprung 2,34 m und verpaßte damit
seine vor einer Woche erzielte persön-
liche Bestleistung ebenfalls nur um
einen Zentimeter. Er hat sich damit
endgültig in der Weltspitze etabliert
und gilt neben Valerie Brisco-Hooks
als Großverdiener der Grand-Prix-Se-
rie, die 15 Ve ranstaltungen umfaRtA
Während Valerie Brisco-Hooks rund
50 000 Mark in den vergangenen
«pchs Wochen verdiente, wurde Jim
Howard, der sich für die Olympi-
schen Spiele nicht qualifiziert hatte,
mit rund 44 000 Mark entlohnt Er ist
vollberuflich als Ingenieur in Hou-
ston tätig und hatte für die Hallen-
Saison Urlaub nehmen müssen.
Die herausragenden Leistungen
der deutschen Leichtathleten wurden
am Wochenende in Rhede und Stutt-
gart erzielt In Rhede wurde überra-
schend die Göttin gerin Christiane
finke auf der Mittelstrecke deutsche
Crosslauf-Meisterm vor der hoch fa-
vorisierten Kölnerin Brigitte Kraus.
Christoph Kerle (Waldkraiburg) ge-
wann eine Woche nach seiner Halten-
SKI ALPIN / Keine Chance für den Nachwuchs bei den deutschen Meisterschaften in Garmisch
Wasmaier setzte sich unter Druck - und stürzte
dpa, Gartnisch
Außenseiter hatten bei den deut-
schen alpinen Skimeisterschaften
keine Chance. Bei den Titelkämpfen
von Freitag bis Sonntag aufKreuzeck
und Wank in Garmikh-Partenkir-
chen blieben alle Meisterkronen in
den Händen der „Etablierten*?, den
Mitgliedern, der Nationalmannschaft-
Nur zwei Überraschungen verzeich-
nete Alpin-Sportwart Kuno Mess-
mann: Riesenslalom-Weltmeister
Markus Wasmeier aus Schliersee
blieb ohne Titelgewinn, und in der
Damen- Ab fahrt kostete die Schwaiz-
wälderin Heidi Wiesler (Staufen), die
nur um einen Weltcup-Rang die WM
nach Bormio verpaßt hatte, ihren Tri-
umph über die übermächtige bayeri-
sche Konkurrenz aus.
Mit Sepp WUdgruber (Oberaudorf)
in der Abfahrt, Hans Stuffer (Samer-
berg) im Riesenslalom und Frank
Wöradl (Sonthofen) im Slalom setz-
ten sich bei den Herren ebenso Athle-
ten aus dem Favoritenkreis durch,
wie beiden Damen neben Heidi Wies-
ler in der Abfahrt Maria Epple-Beck
(Seeg) im Slalom und die Münchnerin
Marina Kiehl im Riesenslalom.
Das WM-Gold des 21jährigen Rie-
senslalom-Weltmeisters Markus Was-
meier verbreitete seinen Glanz auch
auf die deutschen Me i stersc h aften
Über 3 000 Zuschauer wollten den
blonden Schlierseer siegen sehen -
doch er ging in allen drei Disziplinen
leer aus. „Ich muß zeigen, daß mein
WM-Titel kein Zufall war“, hatte sich
Wasmeier selbst unter Erfolgsdruck
gesetzt Inder Abfahrt verpaßte er die
Meisterkrone um 3/100, im Riesensla-
lom brachte er sich durch zu großes
Risiko um die Siegeschance. „Für
mich ging es hier darum, zu gewin-
nen, nicht um einen guten Platz“, be-
gründete Wasmeier seine riskante
Fahrweise, die ihn im zweiten Durch-
gang des Riesenslaloms aus dem Ren-
nen wart Damit war der Weg frei fin-
den langen Hans Stuffer aus Samer-
berg, der schon 1983 den Titel errun-
gen hatte. Im Slalom erhöhte Frank
Wömdl seine T Hdsammlu ng auf die
fünfte Meisterkrona
Wie bei den Herren so gaben auch
bei den Damen die Nationalmann-
schaftsmitglieder den Ton an, die fast
ohne Ausnahme in atiAn Disziplinen
die ersten zehn Plätze belegten. „Der
Trainingsvorsprung und die größere
Wettkampferfahrung aus vielen inter-
nationalen Rennen zahlen sich hier
halt aus“, sagte Damen-Trainer Willi
Lesch. Heuen-Trainer Klaus Mayr
meinte: „Für den Nachwuchs ist es
aus diesem Grund sehr, sehr schwer,
den Sprung in den Nationalkader zu
schaffen. Aber das ist in anderen
Sportarten ähnlich.“ Dazu kam, daß
bei den deutschen Meisterschaften
unter schwierigen Schnee- und Wet-
terbedingungen die Läufer mit hohen
Startnummern durch ungünstige Pi-
stenverhältnisse so benachteiligt
wurden, daß sie von Haus aus keine
Chance hpV> pn „Wir mfifiggn uns mit
der Talentsuche künftig noch einiges
einfallen lassen“, sagte Alpin-S port-
wart Kuno Messmann.
HANDBALL / Eine Großmacht wird kleinlaut
Großwallstadts Ziel ist
nur noch Platz fünf
sid/dpa, Düsseldorf
Eine Großmacht wird bescheiden.
Nach elf Titeln in sieben Jahren hat
der TV Großwallstadt schon nach der
Hälfte der HandbaU-Bundesliga-Sai-
son die Meisterschaft zu den Akten
gelegt „Platz fünf 1 lautet die neue,
fest kleinlaute Parole des weitweit
bekannten Provinz-Klubs nach dem
13:13 gegen Aufsteiger Tum Düssel-
dorf
„Die Titelverteidigung ist
utopisch“, sagte Großwallstadts
Coach Karl-Heinz Bergsträsser, im
Vorjahr „ Bundesliga-Trainer des Jah-
res“. Sn Grund für die frühzeitige
Resignation ist die akute Personal-
not
Nationalspieler Michael Paul kann
in dieser Saison wegen einer in der
nächsten Woche anstehenden Schul-
ter-Operation nicht mehr auf Tore-
jagd gefien. Kapitän Uh Gnau muß
wegen einer ' Meniskus-Operation
ebenfalls noch einige Wochen zu-
schauen. Der ehemalige Nationalspie-
ler Peter Meisinger, im Juni 1984 zu-
rückgetreten und wegen Verletzungs-
sorgen in der Mannschaft zu einem
Vier-W ochen-Comeback überredet
hat endgültig seinen Rückzug ange-
treten. In plagen chronische Hüftbe-
schwerden.
Allerdings muß sich der Verein
auch den Vorwurf gefallen lassen, ei-
ne verfehlte Personal-Politik betrie-
ben zu haben. Nach den Rücktritten
der Klühspies, Meisinger, Fischer
und Lang ist die Spielerdecke mit nur
sechs bundesligatauglichen Spielern
zum Saisonende zu dünn. Fünf Punk-
te trennen den Klub schon von der
Tabellenspitze.
Großwallstadts souveräne Position
der Saison 1983/84 hat mittlerweile
der THW Kiel eingenommen. Das
Team feierte als Tabellenführer am
15. Spieltag der Meisterschaftsrunde
seinen siebten Sieg in Folge. Gegen
Grün-Weiß Dankersen gelang ein
20:13-Erfolg, wobei Kiel zur Halbzeit
bereits mit 10:1 geführt hatte.
Drei Punkte zurück kamen zwei
weitere Meisterschafts-Favoriten zu
Siegen gegen zwei Abstiegskandida-
ten. Der VfL Gummersbach hielt den
Aufsteiger SG Weiche-Handewitt mit
26:18 in Schach, Vizemeister Tusem
Essen siegte mit 20:15 gegen den Ta-
bellen-V or letzten TuRa Bergkamen.
SPORT-NACHRICHTEN
Valerie Brisco-Hooks ist die Großverdienerm in der Halle
Weltbestleistung über 3000 m auch
den Cross-Titel übr 9950 m mit mehr
als einer halben Minute Vorsprung
auf den Sindelfinger Alfred ScheytL
Beim internationalen Hallen-Sport-
fest in Stuttgart steigerte sich Kugel-
stoß-Olympiasiegerin Claudia Losch
(Fürth) noch längerer Verletzungs-
pause auf die persönliche Bestlei-
stung von 20,46 m, doch fehlen ihr
zum acht Jahre alten deutschen Re-
kord von Eva Würns immer noch 60
Zentimeter. Pech hatte der Dreisprin-
ger Ralf Jaros (Düsseldorf), der in der
Schleyer-Halle eine Knöchelverlet-
zung am linken Fuß erlitt und um
eine Teilnahme an der Hallen-Eu-
ropameisterschaft am nächsten Wo-
chenende in Athen bangen muß.
Roedgers Sperre reduziert
Ratingen (sid) - Die Sperre des
Mannheimer Eishockey-Spiele rs Roy
Roedger ist auf einer Spielgerichts-
Sitzung des Deutschen Eishockey-
Bundes in Ratingen geringfügig redu-
ziert worden. Roedger, der dem Köl-
ner Steve McNeü im Dezember letz-
ten Jahres beim Spiel in Mannheim
mit einem Stockschlag eine schwere
Augenverletzung zugefügt hatte,
bleibt für acht Spiele gesperrt, aller-
dings werden zwei Spide zur Bewah-
rung bis znm Jahresende ausgesetzt.
Doppelsieg für Angerer
Zwiesel (dpa) - Olympiasieger Pe-
ter Angerer aus Hammer gewann bei
den internationalen deutschen Bi-
athlon-Meisterschaften in Zwiesel
den 10-Küometer-Wett bewerb, nach-
dem er am Freitag bereits Meister
über 20 Kilometer geworden war.
Fritz Fischer aus Euhpolding belegte
jeweils Rang zwei.
Kohde aasgeschieden
Oakland (dpa) - Die Saarbrückerin
Claudia Kohde. ist im Viertelfinale
des 150 OOO-DoIlar-Tennis-Tuniiers in
Oakland / Kalifo rnien gescheitert Die
Ranglisten-Erste des Deutschen Ten-
nis-Bundes unterlag der Amerikane-
rin Chris Lloyd-Even mit 3:6, 2:6.
Hockey-Kantersieg
Karlsruhe (dpa) - Die Herren-Aus-
wahl des Deutschen Hockey-Bundes
besiegte in einem Hallen-Lander-
kampf die Mannschaft Italiens mit
29:5. Erfolgreichste Torschützen wa-
ren der Kölner Fried und der Gladba-
cher Hilgers mit je sechs Treffern.
Billard: Zenkner verlor
Erkelenz (dpaj - Der Münchner
Wolgang Zenkner ist im Halbfinale
der. Billard-Europameisterschaften
im Cadre 71/2 in Erkelenz ausgeschie-
den. Der Deutsche Meister unterlag
dem Österreicher Franz Stenzei mit
173:250 in acht Aufnahmen. •
Reit-Sieg für Rüping
Hertogenbosch (dpa) - Der Ham-
burger Michael Rüping gewann beim
internationalen Reit- und Springtur-
nier von ’s-Hertogenbosch ein A-
Sp ringen auf Caletto.
K.-o.-Sieg für Spinks
Atlantic City (sid) - Der amerikani-
sche Box-Profi Michael Spinks ver-
teidigte in Atlantic City seinen Titel
im Leichtschwer-Gewicht (Version
WBA und WBC) gegen seinen Lands-
mann David Sears erfolgreich durch
K.o. in der dritten Runde.
Belgrad im Finale
Wien (sid) - Radnicki Belgrad hat
durch ein 21:21 im Halbfinal-Rück-
spiel bei Südstadt Wien das Endspiel
im Handball-Europapokal der Lan-
desmeister bei den Frauen erreicht
Der Cup-Verteidiger hatte das erste
Spiel mit 19:16 gewonnen.
Köln gegen Frankfurt
Worms (sid) - Blau-Weiß Köln und
Eintracht Frankfurt bestreiten das Fi-
nale um die 24. Deutsche Hallenhok-
key-Meisterschaft der Damen. Im
Halbfinale der Endrunde in Worms-
Hochheim gewannen die Kö lnerin-
nen mit 10:4 gegen Eintracht Braun-
schweig. Frankfurt schlug den zwei-
maligen Meister SC Brandenburg
Berlin mit 6:5.
Baltes: 5000-m-Rekord
Inzell (dpa) - Der Münchner Hans-
Jörg Baltes stellte am ersten Tag der
Eisschnellauf-Wettbewerbe um die
„Goldenen Schlittschuhe“ in Inzell
einen deutschen Rekord über 5000
Meter auf. Der Deutsche Vierkampf-
Meister benötigte 7:10,36 Minuten.
In dieser Woche:
■ Wenn der Dollar kippt: Ende des deutschen Export-
Booms ■ Spitzensteuersatz nur noch 50 Prozent?
SPIEGEL-Gespräch mit Finanzminister Stoltenberg ■
Krebsnest Berlin: Deutschlands Smog-Hauptstadt ■
7,immpirmarins Katalysator-Fiasko: Europa zwingt Bonn
/ um Nachgeben ■ Das deutsche Waffengeschäft mit den
Saudis droht zu scheitern.
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WELT DES 9 SPORTS
DIE WELT - Nr. 47 - Montag, 25. Februar 1$8$
BOB / Die deutsche Misere geht weiter
Colani, Kloschfisseln
und tiefe Verwirrung
DW/dpa/sid, St Moritz/Mainz
Es fügte sich alles so nahtlos zu-
sammen im „Aktuellen Sportstudio",
wie nur selten. Erst gab es die Lotto-
zahlen. Dann die Ergebnisse der Vie-
rerbob-Europameisterschaften mit
den Plätzen 14, 15 und 17 (Originalton
ZDF: „Die lesen sich wie die Lotto*
zahlen“) für die drei deutschen Pilo-
ten. Und dann kam der große Auftritt
des Luigi Colani
Der schnauzbärtige Designer, der
mitunter PR-trächtig sein Arbeitsfeld
zwischen neuer Badezimmer-Kera-
mik und extravaganten Wohnzim-
mer-Sesseln verläßt und sich sport-
lich betätigt - präsentierte einen
neuen Bob, mit dem die Talfahrt der
Deutschen gestoppt werden könne.
Sein Bob, so Colani habe im Windka-
nal bei Tests bis zu 45 Ivozent bessere
Werte erhalten als die alten Schlitten.
Der Designer erreicht das, indem er
der Besatzung statt der bisher auf-
rechten Sitzposition praktisch Liege-
plätze zuweist Der Bob ist so extrem
flach gestylt daß der Pilot unter dem
Überrollbügel hindurch auf die Bahn
schaut
Allerdings: Vor Jahren gab es
schon einmal einen Colani-Bob -
doch der erwies sich nach ersten
Tests als unfahrbar, verschwand
schon bald wieder in einer Abstell-
kammer.
ln den Erfharungen mit Colani ist
denn auch das Zitat begründet mit
dem Bobverbands-Präsident Klaus
Kotter das von einer Brauerei und
einer Glasfabrik gesponserte Unter-
nehmen bedachte: „Ich setze mich
sehr wohl auf Colanis Kloschüsseln -
aber nie in seinen Bob."
Das besorgt für Colani („Wenn ich
den Kotter erwische, schicke ich ihn
in meiner Kloschüssel die Rinne run-
ter"} der ehemalige deutsche Meister
Alois Schnorbus. Schnorbus nach
den ersten Tests: „Dieser Schlitten ist
zu fahren." Und Colani selbst versi-
cherte, die Neuentwicklung stimme
mit den neuen Vorschriften für den
künftigen Einheitsbob überein - die
flTipwting s noch gar nicht endgültig
feststehen.
Selbst wenn jetzt dem deutschen
Bobsport trotz aller Konfusion ein
neuer, schneller Schlitten ins Haus
stünde - wer soll ihn denn auch
schnell fahren, ln St Moritz waren
die drei deutschen Piloten Toni Fi-
scher (14.), Lothar Schebitz (15.) und
Franz Locher (17.) runde sechs Se-
kunden langsamer als der erfolgrei-
che Titelverteidiger SOvin Giobellina
aus der Schweiz. Bundestrainer Ste-
fan Gais reiten „Das ist eine einzige
Enttäuschung. Unsere Piloten sind
an einem Punkt angelangt, an dem sie
nicht mehr wissen, wie es weitergeht.
Die Aktiven sind zu wenig selbstkri-
tisch, sie arbeiten zu wenig an sich
und sind offensichtlich mit ihren Ge-
danken nicht voll bei der Sache.“ Ein
Jahr vor der Weltmeisterschaft im ei-
genen Land ist die Lage trostloser
denn je.
Und die Ausrede mit dem überle-
genen Material der anderen stimmt
auch nicht mehr gang Der Schweizer
Europameister fuhr mit einem her-
kömmlichen Bob, und sogar die Ita-
liener spielen inzwischen eine weit-
aus bessere Rolle als die einstige
Bob-Nation Nummer eins: der Südti-
roler Alex Wolf wurde Vierter.
Die Sonderbriefmarken „Für den Sport ’85“ wurden in Bonn vorgestellt
Zuschlag zugunsten der Sporthilfe
1984 waren es neun Millionen Mark
JÖRG STRATMANN, Bonn
Ulrike Deppe und ihr Bruder
Berod verloren keine Zeit Unmit-
telbar nach der Übergabe der Erst
drucke der Sonderbriefmarken
„Für den Sport TJ5“ durch Bun-
despostminister Christian
Schwarz-Schilling in Bonn ver-
kauften die beiden Kanusportler
schon die ersten Marken auf Erst-
tags-Briefen und selbstentworfe-
nen Karten. Ein Beispiel dafür, was
Aktivensprecher Michael Becke-
reit „den Dank der Sportler" ge-
nannt hatte. Der Selbstverkauf der
Marken dokumentiere, so Becke-
reit, daß sich der Leistungssportler
bewußt sei, was diese Aktion für
ihn bedeute.
Die Zuschläge der Sportmarken
sind ein wesentlicher Beitrag im
Rahmen der Gesamt-Finanzierung
der Stiftung Deutsche Sporthilfe.
Im Olympia-Jahr 1984 ergaben sie
mit über neun Millionen Mark den
höchsten Ertrag seit der Olympia-
Ausgabe 1972.
In diesem Jahr weisen die Mar-
ken mit „graphischer Vereinfa-
chung und intensiver Farblich-
keit" (Minister Schwarz-Schüling)
auf aktuelle sportliche Ereignisse
und Jubiläen hin. Zwei Ausgaben
„Deutsche Bundespost“ sind dem
100jährigen Bestehen des Deut-
schen Keglerbundes und der dies-
jährigen Kanu-Weltmeisterschaft
gewidmet Die Berliner Ausgaben
zeigen die Motive Tischtennis und
Basketball (siehe nebenstehende
Abbildungen).
Auch Josef Neckermann, der
Vorsitzende der Stiftung Deutsche
Sporthilfe, bezeichnet den Erlös
aus den Zuschlägen als eine der
wichtigsten Einnahmequellen der
Sporthilfe - der Anteil betrage 40
Prozent
Und die Nachwuchs-Förderung
. liegt dem engagierten Sporthüfe-
Chef besonders am Herzen, Der
Anteil der geförderten Nach-
wuchs-Athleten betrage bereits
zwei Drittel der insgesamt 2731 un-
terstützten Sportler, er werde sich
noch erhöhen. Neckermann: „Oh-
ne frühzeitige Förderung und be-
hutsame Begleitung ist Erfolg
nicht möglich.“ Beispiele belegen
dies: Die in jüngster Zeit in den
Blickpunkt gerückten Hermann
Weinbuch, Hubert Schwarz, Tho-
mas Müller sowie Peter Angerer
hatten in den Jahren 1979 bis 1981
jeweils bei der Wahl der Junioren-
Sportler des Jahres vordere Plät-
zen belegt - die damit verbunde-
nen Stipendien hätten sich, so
Neckermann, „als Erfolg manife-
stiert“.
Zum Verkaufserfolg der Sport-
marfrpn trugen in ripn letzten Jah-
ren auch geförderte Sportler bei
Dem Sieger im letztjährigen Sport-
ler-V erkaufe- Wettbewerb, dem
Fechter Mathias Behr, ist aller-
dings ernsthafte Konkurrenz er-
wachsen: Ulrike und Berod Deppe
haben an den ersten beiden Tagen
schon für 3000 Mark Sportmarken
umgesetzt.
Sport in Zahlen . . , Sport in Zahlen
FUSSBAU
Erste englische Dfrirfon, 27. Spiel-
tag; Arsenal — Manchester United 0:1,
Coventry. - -Chelsea 1:0. Ltfcester -
Evertoä Liverpool - Stoke SfcO,
Newcastle - Luton 1:0, Nottingham -
Southampton 20, Queens Park - Sun-
derland 1:0. Bromwich - Tottenham-
teX, West Butt - Aston 1 il - Tabel-
lenspitze: 1. Everton 59:30 Tore/55
Punkte, 2. Tottenham 52:27/51, 3. Man-
chester United 5031/48. 4. Liverpool
3923/45. - „DDE" -Oberäga: Lokomo-
tive Leipzig - Magdeburg 2:1, Bran-
denburg-Erfurt KZ, Kari-Marx-Stadt
- Riesa 2:0, Suhl - Jena 2:2. Dynamo
Berlin - Chemie Leipzig 5:1, Dresden -
Aue 3:1, Rostock - Frankfurt 1:3. - Ta-
bellenspitze: l Dynamo Berlin 28:4, 2.
Dresden 23:7, 3. Lok Leipzig 22:8, 4.
Magdeburg 18:12. '
HOCKEY
23. Deutsche HaDemnelstencfcaften
der Damen. L Halbfinale: Branden-
burg-- Frankfurt 5.-8. Bundesliga, Her-
ren, Aufstiegsspiele, Grame- Nord:
Braunschweig - THC Hamburg 5:8.
Steglitz - CrefeJd 8:8, Crefeld - THC
Hamburg 13.il, Braunschweig - Steg-
litz 5:10. - Gruppe Süd: Hanau - Düs-
seldorf 9:9, Ruaselsheim — Mannheim
10:9, Düsseldorf - Mannheim 7:14. Rüs-
selsheim - Hanau lOrlL
EISHOCKEY
EV Landshut
ohne Trainer
dpa, Landstadt
Der Eishockey-Bundesliga-Klub
EV Landshut hat gestern seinen
tschechosluwakischen Trainer Jaros-
lav Pitner beurlaubt. Die Vereinsfüh-
rung zog damit schnelle Konsequen-
zen aus de 5:8-Heimniederlage gegen
den DSV Kaufbeuren im Viertelfinale
der Meist« .vhaft, rut der die Mann-
schaft in der auf maximal fünf Spiele
angesetzten Play-cIf-Runde mit 1:2
Siegen in Rückstand geriet Im vor-
entscheidenden Spiel in Kaufbeuren
wurde das Team um Erich Kühn-
hackl gestern abend bereits von Toni
Steiger betreut, einem Studienrat aus
Landshut
Wie ein Vorstands-Mitglied sagte,
hätten das Verhältnis zur Mannschaft
und die Schwierigkeit Pitners, seine
Ideen umzusetzen, zum Bruch ge-
führt Pitner, der von 1966 bis 1973 die
CSSRrNationalmannschaft trainierte
und mit ihr 1972 die Weltmeister-
schaft gewann, war seit 1983 in
Landshut tätig. Pitner führte den EV
Landshut in der letzten Saison in das
Finale um die deutsche Meister-
schaft Gegen den Kölner EC unterlag
Landshut erst im fünften Spiet Den
Nachfolger kennt die Mannschaft be-
reits. Steiger war Assistent von Pit-
ners Vorgänger Karel Gut
TRIATHLON / Deutscher Verband gegründet
Immer noch auf der Suche
nach einem klaren Profil
ULLA HOLTBOFF, Worms
„Unsere Hauptaufgabe wird sein,
das Ironman-lmage des Triathlon ab-
zubauen und ihn breitensportlich
und in der Jugendarbeit werterzuent-
wickeln." Der Zahnarzt Joachim Fi-
scher wies am Samstag den Zu-
kunftsweg der künftig einzigen Dach-
organisation der deutschen Tri-
athlon-Bewegung, der Deutschen Tri-
athlon-Union (DTU).
Nach fast einjähriger Vorbereitung
entstand die DTU am Samstag aus
der Fusion der beiden ehemaligen Ri-
valen DTV (Deutscher Triathlon-Ver-
band) und DTrB (Deutscher Tri-
athlon-Bund). Zwei Jahre lang hatten
die Verbände konkurriert und dabei
„der Entwicklung des Triathlon-
Sports in Deutschland mehr gescha-
det als genutzt“, erklärte der ehemali-
ge DTV-Prasident Fischer, der bei
der Gründungsversammlung in
Worms von etwa 80 anwesenden Mit-
gliedern der beiden früheren Verbän-
de zum ersten Präsidenten der DTU
gewählt wurde. Neben der Entwick-
lung des Triathlons zum Volkssport
ist das Hauptziel der DTU die Auf-
nahme in den Deutschen Sportbund.
Daneben wird durch die Gründung
des neuen Verbandes, in dem neun
Landesverbände und zahlreiche Ein-
zelnütglieder organisiert sind, die Ori-
entierung in der bislang eher unüber-
sichtlichen Triathlon-Bewegung er-
leichtert In einer detaillierten Sport-
ordnung wird außerdem der Ausdau-
ersport Triathlon genau definiert
Veranstaltungskriterien, Streckenre-
lationen und -längen sowie Qualifika-
tionskriterien für Meisterschaften
sind darin festgelegt
„Es ist einfach unmöglich, wenn
einige Leute bei einer deutschen Mei-
sterschaft ihren ersten Triathlon
überhaupt bestreiten, wie das noch
im vergangenen Jahr der Fall war",
fürchtet der für die Sportordnung
verantwortliche Gemot Braun um
das Ansehen „seines“ Sports, der im-
mer noch auf der Suche nach einem
klaren Profil ist In jedem Fall aber
zeichnet er sich durch Vielseitigkeit
aus, wie die sportliche Vergangenheit
der Präsidiumsmitglieder beweist
Präsident Fischer (44) ist begeisterter
Marathon- und Skilangläufer, Vize-
präsident Günther Kissler (48) war
schön Präsident der deutschen Be-
rufsradfahrer und Veranstalter von
Boxkämpfen, Vizepräsident German
Altenried (47) war Handballspieler
und Mittpls tn pkpkpnlä ufer und Gene-
ralsekretär Detlef Kühnei (40) fuhr
zuletzt die Rallye Paris-Dakar.
GEWICHTHEBEN
Gold nicht
in Gefahr
DW. Langen
„Wie bei Edwin Moses wird auch
bei Olympiasieger Kari-Heinz Rad-
schinsky etwas hängenbleiben“, sag-
te Hessens Gewichtheber-Vorsitzen-
der Otto Schumann aus Erzhausen,
Sprecher beim Bundesliga-Spitzen-
kampf KSV Langen gegen AC Heros
Berlin, den Langen mit 865,1:707,2 für
sich entschied.
Karl-Heinz Radschinsky, für Lan-
gen am Start, mochte sich selbst zu
den Vorwürfen nicht äußern, er habe
mit der Aufbewahrung verbotener
Anabolika gegen das Arzneimittel-
Gesetz verstoßen.
F.in Sn nderknmmand n der Krimi-
nalpolizei Nürnberg hatte am Ascher-
mittwoch in Radschinskys Haus und
Bodybuilding-Studio Kraftpiüen,
Ampullen mit Anabolika sowie Sprit-
zen gefunden.
Walther Troger, Generalsekretär
des Nationalen Olympischen Komi-
tees, dementierte mittlerweile, daß
Radschinskys Goldmedaille von Los
Angeles damit in Gefahr sei Rad-
schinsky habe nach seinem Olympia-
sieg einen Doping-Test machen müs-
sen, der negativ verlaufen sei Das
Internationale Olympische Komitee
könne Radschinsky die Medaille also
auch nicht wegnehmen, sagte Troger.
MOTORSPORT
Peugeot
wieder vorne
sid/dpa, Bad Harzburg
Nach zwei deutlichen Siegen in der
Rallye-Weltmeisterschaft ist Peugeot
auch in Deutschland nicht zu schla-
gen. Mit dem 360 PS starken 205 Tur-
bo gewannen der Schwede Kalle
Grundel und sein Solinger Beifahrer
Peter Diekmann die Winter-Rallye
der Deutschen Meisterschaft mit
Start und Ziel In Bad Harzburg.
Der Vizemeister von 1983 hatte
nach 25 Sonderprüfungen und 920 Ki-
lometern fast 15 Minuten Vorsprung
auf die Zweitplazierten, den Österrei-
cher Sepp Haider und seinen Beifah-
rer Klaus Hesse aus Kitzingen auf
einem Citroen Visa.
Jim Anfang ließ ich es noch lang-
sam angehen, um mich an den stärke-
ren Wagen zu gewöhnen“, sagte der
36 Jahre alte Grundel nach seinem
ersten Einsatz für Peugeot Bereits in
der dritten Sonderprüfung hatte er
jedoch die Spitze übernommen und
sie bis ins Ziel nicht mehr abgegeben.
Der anfangs führende Belgier Marc
Duez schied mit dem Audi Quattro
von Titelverteidiger Harald Demuth
wegen eines Turbolader-Schadens
aus.
Platz drei belegten der Kieler Rolf
Petersen und Andre Bockeimann aus
Hamburg mit ihrem Opel Manta
LEICHTATHLETIK
Hocksprung-Meeting, Herren in
Berlin: L Sjöberg (Schweden) 2,38 m
(Hallen-W eltbesUeMung), 2. MÖgen-
burg 2^2, 3. Thränhardt (beide
Deutschland) 2^30, 4. Annys (Belgien)
2,27, 5. Nagel (Deutschland) 2^7, 6. EH-
czysko (Polen) 2,27. - Deutsche Croas-
Meisteiscfaaften ln Rhede. Männer.
Langstrecke (9950 zn): L Kerle (Waki-
kraiburg) 29/27,4 Mül, 2. Scheytt (Sin-
dafflng cn) 30:04,2, 3. Salzmann (Frank-, .
fort) 30:07,0, 4. Stephan (Koblenz)
MUHLS, 5. Spöttel (Verden) 30:09,7. -
Mannschaft: 1. Waidkralburg 18 Punk-
te, 2. Frankfurt 37. - Mittelstrecke
(2800 m): L Becker (Wolfsburg) 7:38.7,
2. Welzel (Menden) 7:39,4, 3. Schreiber
(Wolfsburg) 7:40,0, 4. Seck (Gelnhau-
sen) 7:43,5, 5. Nothacker (Calw) 7:44,2. -
Mannschaft: L Wolfsburg 10, 2. Mün-
ster 6L - FTmuen: Langstrecke (7550
m): 1. Teske (Dannstadt) 25:26,2, 2.
Schmidt (Aschaffenburg) 28:13,1, 3.
Riermeier (Waldkraiburg) 28:20,1, 4.
Jamrozy (Eutin) 26:21,1, 5. Mai (Dort-
mund) 26:28^. - Mannschaft: L Dort-
mund 37, 2. Berlin 72. - Mittelstrecke
(2800 m): t Finke (Göttingen) 8:46.3, 2.
Kraus (Köln) 8:51, L 3. Franzis (Sons-
beck) 8:59.9, 4. Beck (Konstanz) 9:04^,
5. Deselaers (Leverkusen) 907,6. -
Mannschaft: L Leverkusen 28, 2. Köln
29. -Junioren, Langstrecke (7550 m): 1.
Schwarz (Leverkusen) 23:19,3, Mül, 2.
Verdick (Hamburg) 23:21,4, 3. Hardy
(Koblenz) 23:21 fi. - Mittelstrecke (2800
m): I. von Rntninhneh (Kornwestheün)
7-J0.L2. Klein (Zweibrücken) 7:52A 3-
Brand (Wattenscheid) 7:55,2. - Mann-
schaft: L Stuttgart 49. 2. Dannstadt Sa.
-Juniorinnen (2880 m): L Kunkel (Wol-
fenbüttel) 8:49,3, 2. Borgschulte (Er-
kenschwick) *£55,5, 3. Sander (Düs-
seldorf) 8:59,3. - Mannschaft: L. Hanau
21, 2. Ockenhausen 35.
HANDBALL
Bundesliga, Männer, 15. Spieltag:
Lemgo - Reinickendorf 21:19, GroB-
wallstadt - Düsseldorf 13:13. Gum-
mersbach - Weiche -Hand e witt 26:18,
Kiel - Dankersen 20:13. Essen - Berg-
kamen 20:15. - Frauen, Gruppe Nora,
15: Spieltag: Eübeck - Hannover 22:19,
Uerdingen - Herzhorn 18:16, Olden-
burg - Leverkusen 17:17, Engelskir-
chen - Jarplund-Weding 21:22. -
Gruppe Süd, 14. Spieltag: Würzburg -
Gießen 20:20. Malsch- Frankfurt 13:19.
Auerbach - Sindelfingen 13:12, Guts
Muths Berlin - Humboldt Berlin 14:15.
TISCHTENNIS
BoudeaRga, Damen, 13.
Spieltag:
Donauwörth - Kaiserberg 9:1, Kleve -
Saarbrücken 4:9, Kiel - Ahlem 9:6.
BIATHLON
Deutsche Meisterschaften in Zwie-
sel, 10 km Emzehwettbewerb: L Ange-
rer (Hammer) 29:04,1 Mln_/1 Handicap-
runde, 2. Fischer (Ruh polding)
29:32^/1, 3. Schüller (Österreich)
3030,0/1, 4. Fischer (Ruhpoldlng)
30:31.1/1. 5. Hüttner (Bad Tölz)
30:35,4/0. 6. Hörl (Österreich) 30:43^/1.
SKI ALPIN
Deutsche Meisterschaften in Gar-
misch-Partenkirchen, Herren, Riesen-
slalom: L Stuffer (Samerberg) 2:16,57
Min., 2. Namberger (Ruhpoldlng)
2:17,09, 3. Schick (Berchtesgaden)
2:18,77, 4. EQrt (Neustadt) 2:19,56, 6. F.
Beck (Gunzesried) 2:20,72, 7. Burger
(Rettenbez-g) 2L2L50, 8. Pistor (Weißen-
brunn) 2:21,73, 9. Marxer (Liechten-
stein) 2^1,81, KLM. Beck (Gunzesried)
2:22,79. - Damen, Slalom: L Epple-
Beck (Seeg) 87,69, 2. Ha eher (Schle-
ching) 884*), 3. Lazak (Eschenlohe)
89,04, 4. Ge r sch (Sonthofen) 89,80,
Hoffmann (Heufekl) 89,80, 6. Haltmayr
(Bolst erlang) 90,43, 7. Möse nte chne r
(Inzell) 90,71, 8. Drexl (Bayrischzell)
91.42.
SKI NORDISCH
Skifliegen in Harracfaov. 1. Fidje-
stoel (Norwegen) 368£, 2. Tepes (Jugo-
slawien) 362,0, 3. Parma (CSSR) 345,0,
Pedersen (Norwegen) 345,0. Fijas (Po-
len) 345,0, & Pustka (CSSR) 344A 7.
VOLLEYBALL
DW-Fokal, Herren. 1: Hauptrunde:
Leverkusen - München 3:1, Paderborn
- Berlin 3:0. - Bundesliga, Damen:
Münster - Augsburg 2:3, Rüsselsheim -
Langenhorn 3:2, Stuttgart - Oythe 2:3,
Vilsbiburg - Feuerbach 1:3, Schwerte -
Lohhof 03.
RAUTE
Winter-Rallye mit Start und Ziel in
Bad Harzburg, erster von zehn Laufen
zur deutschen Meisterschaft, 920 km.
25 Sonderprüfungen, inoffizieller End-
stand: 1. Grundel/ Diekmann (Schwe-
den/Deutschland) Peugeot 205 Turbo
2:47:19 Std., 2. Haider/Hesse (Oster-
reich/Deutschland) Citroen Visa Milles
Pistes 3:02:08 Std., 3. Peterson/-
Bo ckelmann (Deutschland) Opel Man-
ta 400 3:04,37, 4. Nies/Siems (Deutsch-
land) Audi Quattro 3:05:32. 5.
Brauer/Haase (Deutschland) VW Golf
GTT 3:07:05, 6. ' Brusch/Schaüer
(Deutschland) Ford Sierra XR4L -
DH-Stand nach dem ersten Laut L
Grundel 30 Punkte, 2. Haider 28. 3.
Petersen. Brauer je 24, 5. Brusch 23.
REITEN
Interatfonales Ballen-Turnier in
sTOertogenbosch/HoIla nd , S-Springen:
1. Rüping (Deutschland) auf Caletto 0
Fehler/24,82 Sek., 2. Cuyer (Frank-
reich) Farceur du Clos 0/26,58, 3. Whit-
aker (England) Blue Moon 0/28,71. 4.
McVean (Australien) Hello le Val
0/27,14, 5. Pyiah (England) Diamond
Seeker 0/37.84, 6. Ligges auf Ramses
0/29,45, . . j). Koof (beide Deutschland)
Wallenstein 8/27,18. - Ausscheidungs-
Springen: L Melliger (Schweiz) The
Crack, 2. Pyrah airf Byron, 3. van der
Vleuten (Holland) Expo Holland.
GEWICHTHEBEN
BandesUga. vierter Wettkampftag.
Gruppe Nord: 1. Langen - Beruh
885,1:707,2, Duisburg - Dortmund
664,(k572i0, Wuppertal - Soest
774,0:772. L - Tabellenspitze: 1. Langen
8d)/2434,6, 2. Wolfsburg 6.-O/2283.0. 3.
Wuppertal 4:2/2102^3. 4. Berlin
4:4/2859.4. - Gruppe Süd: Roding- Do-
naueschingen 670.3:657,5. Tabel-
lenspitze: L Mutterstadt 6:0/2447,2. 2.
Kindsbach 4^/1379,7, 3. Ehrang
2:2/1242.2. 4. Altrip 2:4/1972.0.
GEWINNZAHLEN
Lotto: 5, 14, 23, 29. 32. 33. Zusatzzahl:
3L- Spiel 77:8 089 019. (Ohne Ge-
währ). .
Saab-Fahrer gehören zu den anspruchsvollsten Autofahrern,
die es gibt. Nicht zuletzt deshalb haben sie sich für ein Fahr-
zeug entschieden, bei dem auch unkonventionelle technische Konzepte konsequent ver-
wirklicht wurden. Jetzt erwarten Sie von Saab zu Recht, daß auch bei der Reduzierung der
Schadstoffemissionen in den Autoabgasen der technisch bestmögliche Weg verfolgt wird.
Ohne jeden Kompromiß. Alle von uns in Deutschland angebotenen Katalysator-Modelle
werden deshalb mit Drei weg-Katalysator und Lambda-Sonde ausgerüstet.
Ein technisch hochentwickeltes System, das von Saab für deutsche Verkehrs-
verhältnisse hochgeschwindigkeitsjest wciterentivickelt umrde. Hochge-
schwindigkeitstests auf der süditalienischen Prüf-
strecke von Nardo wurden erfolg-
reich abgeschlossen. Das System
Was der Saab-Fahrer jetzt
erwartet, ist alles andere als ein
fauler Kompromiß.
aus Dreiweg-Katalysator in
Verbindung mit der Lambda-
Sonde hat sich bereits seit
über einem Jahrzehnt in den
' USA in der Praxis bewährt. Es bietet
die heute größtmögliche Reduzierung der Abgasschadstoffe
und wird damit den äußerst strengen US-Grenzwerten gerecht
Und damit auch den hier geltenden gesetzlichen Vorschriften genügen. Mit einem Saab
werden Sie also nicht nur den Problemen der Umweltbelastung voll gerecht, sondern Sie
können auch das erwarten, was Sie schon immer von Saab erwartet haben: ein zukunftssiche-
res Automobil mit einer ausgereiften Technik. Der Saab 900 turbo 16 mit Katalysator ist das
erste Katalysator-Fahrzeug mit einem 16-Ventil-Turbomotor. Das
von Saab entwickelte APC-System erlaubt dem Motor,
mit Kraftstoffen unterschiedlicher Oktan-
werte (91 bis 98 ROZ) zu arbeiten. Das
heißt, das Fahrzeug kann sowohl
mit unverbleitem Normal- als
auch mit unverbleitem Super-
benzin betrieben werden.
Außerdem wird durch das
APC-System die im Kraftstoff enthaltene
Energie stets optimal ausgeschöpft:.
Wiegele (Österreich) 331,5, 8. Decker
(.DDR“) 329,0, Brauten (Norwegen)
328,6, . 10. Zager (Jugoslawien) 328,9,
...13. Wegscheider (Deutschland)
31*5.
BOB
Viererbob- EM in St. Moritz. End-
stand nach, vier Läufen: _L Schweiz I
(Giobe&na, Stettier, Salzmann. Frei-
em) uth) 4:23.13 Min, 2.. DDR* 1 4:23.78.
a Schweiz H 4Ü4JH. 4. Italien 1 4:2437,
&■ Österreich l 4:24.54. 6.. „DDR“ U
4:24,89, ...14: Deutschland Z (Fischer.
Wei U, Nießner, Leibig) 4:29,02, 15.
Deutschland n 4:29.22, ... 17. Deutsch-
land ttt 4:29,46:
BASKETBALL ■
Hristenctafannde, Damen. 5.
Spieltag: Köln - Düsseldorf 52.*93.
Otterfeld - Manchen- 73: 60. - Abstieg -
runde: Frankfurt - Porz/ Hennef 7£fll.
-Herren, Zwischenrunde, 6. Spieltag,
Gruppe A: Hagen - Osnabrück 60^4.
Leverkusen - Köln 77:63. - Gruppe B:
Charlottenburg - Bamberg 90:73, Gie-
ßen - Göttmgen- 74:87.
-EISHOCKEY
■ Flay-aff-Bnade, Viertelfinale: Ro-
senbeixn - Iserlohn 10:5, Köln - Düssel-
dorf 5:4 nach Verlängerung, Mannheim
- Schwenningen 3:2, Landshut - Kauf-
beuren 5Ä
t i L
n
WIR VERMITTELN IHNEN GERN EINE PROBEFAHRT BEI EINEM SAAB-HÄNDLER IN IHRER NÄHE. SAAB DEUTSCHLAND GMBH. BERNER STRASSE 89. 6000 FRANKFURT/M. 56, TEL.: (069) 5006-1.
Kraft und Verstand.
Montag, 25. Februar 1985 - Nr. 47 - DIE WELT
WELT® REPORT
15
Factoring
Anerkannter
Factor
KHS. - Jahrelang galt das Facto-
ring hierzulande als kaum annä-
hernd so hoffähig wie Leasing. Erst
später, trugen hohe FÜnneninsol-
venzquoten sowie eine nachlassen-
de Zahlungsmoral zur Belebung der
Nachfrage am deutschen Factoring-
markt bei Heute werden die Dien-
ste diese: Spezialinstitute vom Kre-
ditgeweihe als sinnvolle Ergänzung
der eigenen traditionellen Ange-
botspalette akzeptiert Sogar in eher
konservativ orientierten Kreditin-
stituten zeigt man sich mittlerweile
geneigt, das Factoringgeschäft als
eine grundsolide Form der Kredit-
mittelfinanzierung, die vor aWem
der mittelstandfschen Wirtschaft
zugute kommt, zu charakterisieren.
Überdies sind immer mehr Großbe-
triebe dabei, sich für diese besonde-
re Form der Absicherung bestimm-
ter finanzieller Risiken zu interes-
sieren.
-In den letzten Jahren konnten
deutsche Factoringinstitute zwei-
stellige Zuwachsraten ihres Um-
satzvolumens erreichen. Und der
Blick über die Grenzen der Bundes-
republik Deutschland hinaus zeigt,
daß die Nachfrage nicht nur auf den
Markten der f ührend en europäi-
schen und überseeischen Industrie-
staaten steigt Vormals weniger ent-
wickelte Schwellenländer wie Süd-
korea oder Taiwan greifen verstärkt
in den Welthandel ein, wobei ihnpn
die Vorteile des arbeitsteiligen Zu-
sammenwirkens der auf ständige
Verbesserung lind Erweiterung ih-
rer Angebotspalette bedachten Kre-
ditinstitute zugute frommen So er-
klärt sich der seit Jahren beobach-
tete Aufwärtstrend am Weltfacto-
ringmaikt Bald haben die weltweit
operierenden 250 Factoringinstitute
ein Uznsatzvolumen von 200 Milliar-
den Mark erreicht
Bis dahin kommen die Factoring-
institute, unbeschadet aller domen-
reichen Umwege, die auch hierzu.
lande in Kauf genommen werden
mußten, auch auf dem deutschen
Markt voran. Unwissenheit, Vorur-
teile, elitärer Dünkel und provin-
zielle Enge waren insbesondere in
den ersten Pionieijahren ungebete-
ne Begleiter. Auch der Gesetzgeber
darf sich von der Verpflichtung,
Lernprozesse durchzumachen im
Blick auf eine sich rasch verändern-
de wirtschaftliche Wirklichkeit die
sich im praktischen Factoringge-
schäft widerspiegelt nicht befreien.
Das längst überholte Abtretungs-
verbot des BGB, das die weitere
Ausbreitung des Factoringge-
schäfts in der Bundesrepublik
Deutschland verhindert ist mittler-
weile 85 Jahre alt
DIENSTLEISTUNGS- ANGEBOT
Eine Alternative zur
klassischen Geldbeschaffung
gp des A bnehmer s; sie werden an den
Kunden in voller Höhe ausgekehrt
sobald die Forderung vom Abnehmer
ungekürzt reguliert worden ist
Tm Gegenatz zum Bankkredit der
immer, nur im Rahmen einer verein-
barten Linie in Anspruch genommen
werden frann, kennt Factoring keine
starren Grenzen. Steigt der Umsatz
und damit das Forderungsaufkom-
men, wächst die Liquiditätsversor-
gung im entsprechenden Umfang
mit Frra» Begrenzung des Liquidi-
tätsflusses ist lediglich dadurch gege-
ben, daß sich die Bonität der Abneh-
mer natürlich irgendwo erschöpft
und der Factor keine unbegrenzten
Debitorenrisiken eingeben kann.
Während Kreditverträge mit Ban-
ken üblicherweise zunächst auf sechs
bis zwölf Monate abgeschlossen wer-
den, enthalten Fadoring-Verträge in
der Regel eine Grundlaufreit von
zwei bis drei Jahren, die sich dann
automatisch verlängert wenn keiner
der Vertragspartner eine Beendigung
der Zusammenarbeit begehrt Der
Grund für die längere Laufzeit der
Factoring-Verträge liegt in den hohen
Anlaufkosten, die sich erst während
einer größeren Zeitspanne amortisie-
ren. Außerdem gibt sie dem Kunden
größere Sicherheit
Vom Zeitpunkt des Ankaufs bis
zur Bez a hl un g durch den Debitor
zahlt der Kunde an den Factor einen
Diskont in Höhe banküblicher Zin-
sen, der mo n atlich nachträglich bela-
stet wird. Daneben berechnet der
einzuordnen. Im Gegen-
satz zum Bankkredit entsteht also
zwischen dem Kunden und dem Fac-
tor kein Kreditverhältnis. Vielmehr
vollzieht sich ein Gläubigerwechsel,
mit der Folge, daß die Forderungen
aus dem Vermögen des Factoring-
Kunden ausseheiden. Gleichzeitig ge-
hen die Ansprüche der V orlieferanten
aus verlängertem Eigentumsvorbe-
hah unter. Hierin liegt ein gravieren-
der Unterschied zum Zessionskredit
der im Gegensatz dazu mit dem er-
heblichen Risiko des verlängerten Ei-
gentumsvorbehalts behaftet ist Der
Factoring-Kunde haftet dem Factor
lediglich für den Bestand der Forde-
rungen; in seiner Verantwortung blei-
ben somit Reklamationen, Retouren
sowie Forderungsabzüge des Abneh-
mers.
Mit dem Ankauf der Forderungen
übernimmt der Factor im Rahmen
der vorher festgelegten Debitorenli-
mits zugleich in voller Höhe das Del-
kredererisiko. 120 Tage nach Fällig-
keit einer notleidenden Forderung
geht dann automatisch auch das Zins-
risiko auf den Factor üben Die Forde-
rung verursacht dem Factoring-Kun-
den keinerlei Aufwand mehr. Der
Factoring-Kunde braucht die Zah-
lungsunfähigkeit seines Abnehmers
zudem nicht nachzuweisen. Den Ge-
genwert für die Forderung hat er be-
reits mit Ankauf durch den Factor
erhalten, so daß es allein Sache des
Factors ist, wie er zu seinem Geld
Manhattan-SOd - was hier geschieht« wirkt sich auf Europas Geschäfte aus foto ferdi hartung
ABTRETUNGSVERBOT / Ein alter Paragraph stellt die Factoring-Branche vor Probleme
Kritik an der gängigen Rechtsprechung
kommt.
Der Factor überwacht ferner den
Zahlungseingang, mahnt und be-
treibt den zwangsweisen Einzug not-
leidender Forderungen, auch hin-
sichtlich jener Forderungen, die er
nur zum Inkasso hereingenommen
hat Der Kunde erhält vom Factor
soviel Infonnationsmaterial, daß er
auf eine eigene Debitorenbuchhal-
tung verzichten kann.
Da der Factor die Forderungen von
seinem Kunden frei von etwaigen An-
sprüchen der Vorlieferanten aus ver-
längertem Eigentumsvorbehalt er-
wirbt, kann er innerhalb des vorher
eingeräumten Debitorenlimits gegen
Vortage einer Rechriungskopie sofort
80 bis 90 Prozent des Forderungsbe-
trages an seinen Kunden auszahlen.
Die restlichen zehn bis 20 Prozent
werden zunächst einem Sperrkonto
gutgeschrieben und dienen in erster
Linie -als Sicherheit für etwaige Abzü-
Factor eine Gebühr, die für die Debi-
torenverwaltung inklusive Inkasso
und Rechtsverfolgung sowie für die
Übernahme des Delkredererisikos er-
hoben wird. Diese Gebühr »rechnet
sich zum einen im wesenltichen aus
Stückkosten, insbesondere für die zu
bearbeitenden Rechnungen, und zum
anderen aus der Risikoprämie für die
Ausfallbaftung, die die Bonität der
Abnehmer und der Branche berück-
sichtigt Außerdem werden für die
Debitorenüberwachung Gebühren
unterschiedlicher Höhe berechnet .
Den Kosten sind die Vorteile, die
mit dem Factoring verbunden sind,
gegenüberzustellen. Erst dieser Ver-
gleich zeigt ob Factoring einen zu-
sätzlichen Aufwand erzeugt, der dann
als Preis für die hinzugewonnene Li-
quidität zu werten wäre, oder ob
nicht sogar ein Rentabilitätszuwachs
erreicht wird, was häufig der Fa ll ist
FRIEDRICH W. HOCHE
D ie raschere Ausbreitung des Fac-
toring-Geschäfts wird immer
noch gehindert durch eine Bestim-
mung des Bürgerlichen Gesetzbu-
ches (Paragraph 399), deren Auswir-
kungen von den Vätern des BGB si-
cher nicht so gesehen worden sind,
wie sie sich heute zeigen. Nach dieser
Bestimmung kann die Abtretung von
Forderungen durch Vertrag zwischen
Gläubiger und Schuldner ausge-
schlossen weiden. Dieser Vertrag
kommt heute bei möglichst weitge-
hend . standardisierten Verträgen
durch die Zugrundelegung allgemei-
ner Geschäftsbedingungen als Inhalt
von Lieferverträgen zustande. In der
Praxis setzt der Käufer - also der
Schuldner eines Zahlungsanspruches
- durch, daß für den Liefervertrag nur
seine Allgemeinen Einkaufsbedin-
gungen gelten. In diesen ist bei mehr
als 2000 großen Firmen eine Bedin-
gung enthalten, die etwa lautet Ge-
gen uns gerichtete Forderungen kön-
nen nicht abgetreten werden.
Diese Klausel wird durch die Zu-
grundelegung der Eiiüraufsbedingun-
gen Inhalt des Liefervertrages, be-
wirkt, daß es dem Gläubiger des Zah-
lungsanspruches verboten ist, diesen
abzutreten. Betätigt sich dieser Gläu-
biger als Lieferant in einer Branche,
in der sich derartige Einkaufsbedin-
gungen durchgesetzt haben - wie
zum Beispiel in der Automobilbran-
che, der chemischen Industrie, der
Mineralölindustrie oder den Kauf-
bausketten so unterliegen seine ge-
samten Außenstände diesem Abtre-
tungsverbot Die Folge ist, daß dieses
Unternehmen einen wichtigen Teü
seines Vermögens zur Besicherung
einer Fremdfinanzierung nicht heran-
ziehen kann.
Die rechtliche Folge dieses Abtre-
tungsverbots ist es nämlich, daß eine
entgegen dem Verbot vorgenommene
Abtretung absolut unwirksam ist, das
heißt daß diese Forderung trotz Ab-
tretung nicht aus dem Vermögen des
Lieferanten ausscheidet also dort
von Gläubigem gepfändet werden
kann oder im Falle des Konkurses zur
Konkursmasse gehört Solche Forde-
rungen eignen sich deshalb nicht als
Ftnanzierungsinstrument und schei-
den als Möglichkeit zur Besicherung
von Bankkrediten, Lieferantenkredi-
ten, aber auch für die Finanzierung
durch Factoring aus.
An diese Problematik hat der Ge-
setzgeber im Jahre 1900 nicht ge-
dacht Damals galt es ja schon als
nicht ganz fein, Grundstücke zu Fi-
nanzierungszwecken zu belasten.
Viele Jahre hat es dann gedauert bis
sich die Rechtsprechung dazu durch-
rang, die Sicherungsübereignung von
Waren als wirtschaftlich sinnvoll und
notwendig anzuerkennen und damit
einer Institution ihren Segen zu ge-
ben, die im Bürgerlichen Gesetzbuch
nicht vorgesehen war. Auch hier ent-
sprang der innere Widerstand gegen
die Anerkennung der Sicherungs-
übereignung der Meinung, daß auch
dieses Instrument der Fremdfinanzie-
rung eine unfeine Art der Geldbe-
schaffung sei
Die Wirtschaft hat sich langst über
diese Bedenken hinweggesetzt Die
Sicherungsübereignung ist ein in der
Praxis bewährtes, alltägliches
Flmdfinanzierungsinstrument ge-
worden. Die Notwendigkeit immer
weitere Aktivposten der Bilanz zu
Fremdfinanzierungszwecken heran-
zuziehen, ergibt sich aus den ständig
sinkenden Eigenkapitalquoten. Be-
sonders das letzte Jahrzehnt hat er-
neut ein weiteres Absinken der Ei-
genkapitalquote auf unter 20 Prozent
im Durchschnitt gebracht
Die notwendige Folge ist daß seit
vielen Jahren zunehmend auch die
Forderungen zu Fremdfinanzierungs-
zwecken herangezogen werden müs-
sen. Diese Zwangsläufigkeit auf der
einen Seite überschneidet sich mit
der Zweckmäßigkeit einer Facto-
ring-Finanzierung auf der anderen
Seite, die neben der Finanzierung
auch den Schutz vor Forderungsaus-
fällen sicherstellt und zudem eine
Entlastung in der Buchhaltung des
Factoring-Kunden mit sich bringt
Relative Unwirksamkeit
Trotzdem stößt auch das Factoring
auf das Abtretungsverbot als ein un-
überwindlich erscheinendes Hinder-
nis. Der Factor kauft die Forderun-
gen, zur Erfüllung des Kaufvertrages
tritt der Lieferant seine Forderungen
aus Warenlieferungen an den Factor
ab. Verstößt diese Abtretung aber ge-
gen ein vom Schuldner durchgesetz-
tes Abtretungsverbot, kann auch der
Factor die Forderung nicht wirksam
erwerben, obwohl er den vollen Ge-
genwert an den Lieferanten bereits
gezahlt hat Er wird nicht Inhaber der
Forderung, sie kann bei seinem Kun-
den gepfändet werden, fällt, wenn
dieser in Konkurs gerät in dessen
Konkursmasse und kann schließlich
vom Konkursverwalter eingezogen
werden, obwohl der den vom Factor
gezahlten Betrag in der Blasse gerade
noch vorfindet
So jede nfalls die bisherige Recht-
sprechung. Zunehmend wird jedoch
Kritik laut an dieser Rechtsprechung,
die zu dieser wirtschaftlich nicht
sachgerechten Lösung führt Einer
sachgerechten Lösung steht vor al-
lem die Rechtsprechung des Bundes-
gerichtshofs entgegen, die Anfan g
der 60er Jahre entschieden hat Eine
Abtretung, die gegen ein Abtretungs-
verbot verstößt, ist absolut unwirk-
sam. Das Reichsgericht hatte sich
nicht so deutlich ausgesprochen und
eine Möglichkeit oftengelassen, die
zunehmend auch wieder in der neue-
ren Literatur vertreten wird: Eine Ab-
tretung, die sich über ein Abtretungs-
verbot hinwegsetzt, ist nur relativ un-
wirksam.
Diese relative Unwirksamkeit des
Abtretungsverbots läuft darauf hin-
aus, daß eine Abtretung trotz Abtre-
tungsverbots nur dem Schuldner, der
dieses Abtretungsverbot ausgespro-
chen hat, gegenüber unwirksam ist
Dritten gegenüber aber nicht Die
Folge wäre, daß das Interesse des Ab-
nehmers, es nur mit dem Lieferanten
zu tun zu haben, gewahrt ist Gerade
das will er mit dem Abtretungsverbot
erreichen. Er will sich bezüglich der
Forderung nicht mit anderen Gläubi-
gern auseinandersetzen müssen, er
will an den Lieferanten zahlen, auf-
rechnen und mit diesem auch die
Mängel rii g yn a u «han deln ' können.
Gleichzeitig ist mit dieser Relativität
des Abtretungsverbots aber auch das
Interesse der finanzierenden Gläubi-
ger gewahrt
Allen Dritten gegenüber ist die Ab-
tretung nämlich wirksam. Deshalb
kann ein Gläubiger diese Forderung
nicht beim Lieferanten pfänden, sie
fällt auch nicht in die Konkursmasse,
wenn der Lieferant in Konkurs gerät
Es bleibt deshalb zu hoffen, daß die
Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs angesichts einer immer mehr
steigenden Notwendigkeit der Heran-
ziehung von Forderungen zur Fremd-
Bilanzi erung einerseits und der über
alle Erwartungen zunehmenden Aus-
wirkungen des Abtretungsverbots
andererseits sich dem Wandel, der in
den letzten 20 Jahren in der Wirt-
schaft stattgefunden hat, nicht ver-
schließt
Es werden auch Stimmen laut die
viel weiter gehen, als das Abtretungs-
verbot nur als relativ unwirksam zu
bezeichnen. Sie meinen, das Abtre-
tungsverbot sei absolut unwirksam.
Diese Meinung wird vor allem auf das
erst nach den Urteilen des BGH zum
Abtretungsverbot in Kraft getretenen
Gesetz über die allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen gestützt
Das AGB-Gesetz schreibt in Para-
graph 9 nämlich vor, daß ein Verwen-
der von allgemeinen Geschäftsbedin-
gungen bei der Abfassung von allge-
meinen Geschäftsbedingungen, also
auch nur den Einkaufsbedingungen,
nicht nur sein eigenes Interesse, son-
dern auch das Interesse seines Ge-
schäftspartners ausgewogen zu be-
rücksichtigen hat Das Interesse des
Verwenders von Einkaufsbedingun-
gen, der ein Abtretungsverbot statu-
iert, liegt darin, stets nur mit seinem
Lieferanten verhandeln zu müssen
und außerdem sich nicht der Gefahr
einer Doppelzahlung aussetzen zu
müssen, wenn er eine ihm angezeigte
Abtretung übersehen sollte.
Gefahren aufgezeigt
Dieses letztere Argument ist jedoch
lediglich ein Bequemlichkeitsargu-
ment Es wird ja wohl großen Finnen
möglich sein, auch eine schon ange-
wiesene Zahlung zu stoppen, wenn
ein anderer als der bisherige Gläubi-
ger Zahlung für sich verfangt Diesem
Interesse des Abnehmers ist das In-
teresse des Lieferanten gegenüberzu-
stellen, das er daran hat seine Forde-
rungen zu Fremdfinanzierungszwek-
ken heranziehen zu können. Dieses
Interesse dürfte oft von lebenswichti-
ger Bedeutung sein. Es ist also gut
möglich, daß künftig die Rechtspre-
chung die Abtretungsverbotsklausel
in allgemeinen Geschäftsbedingun-
gen gemäß Paragraph 9 AGB-Gesetz
für unwirksam erklärt
Andere meinen sogar, das Abtre-
tungsverbot sei angesichts der ge-
schilderten Interessenlage überhaupt
sittenwidrig und damit gemäß Para-
graph 139 BGB unwirksam. Die nega-
tive Meinung in der Literatur zu den
Folgen eines Abtretungsverbots ist
nicht spurlos an der Rechtsprechung
des BGH vorbeigegangen. Eine
BGH-Entscheidung vom 18. Juni
1980 (Aktenzeichen VHI ZR 119/79)
hat gezeigt welche Gefahren die Ver-
wendung eines Abtretungsverbots
bei bestimmter Fallkonstellation für
den Verwender haben kann.
KLAUS BETTE
Weltweit arbeiten
250 Institute
KHS. Amsterdam
Weltweit operieren heute etwa 250
Factormginstitute. Dies ergibt sich
aus den jährlich erfolgenden Erhe-
bungen der Factors Cham Internatio-
nal (FCI), der führenden internationa-
len Vereinigung von Factoringinstitu-
ten, in Amsterdam.
Ein Nullwachstum bescheinigen
die FCI-Statistiker den insgesamt 41
in den Staaten Nord- und Südameri-
kas beheimateten Instituten. Dage-
gen haben die derzeit 137 Westeuro-
päer im Berichtszeitraum um 90 Pro-
zent zugenommen- Einen ausgespro-
chenen Boom verzeichnet die FCI-
Zentrale für Südafrika und Asien (64
Institute); dort gibt es heute dreimal
so viel Facto ringgesells c haften wie
vor fünf Jahren.
FCI-Tagung
in München
WR. München
Die Factors Chain International
(FCI) wird vom 5- bis zum II. Juni
1985 in München ihre diesjährige Mit-
gliederversammlung veranstalten.
Besonderer Anlaß für das diesjährige
Annual Meeting sind Besorgnisse
hinsichtlich der Behinderungen, die
einer weiteren Ausweitung der
Exportfactoringgeschäfls im Wege
stehen.
Diskutiert weiden darüber hinaus
folgende Themenkreise:
- Entwicklung einer Basisstrategie
für die nächsten Jahre sowie
- Einführung eines sogenannten in-
telligenten elektronischen Kommu-
nikationssystems, das bereits seit An-
fang dieses Jahres erprobt wird.
Bei den FCI-Mitgliedem handelt es
sich nahezu ausnahmslos um die
Tochtergesellschaften namhafter
Banken; in der Bundesrepublik
Deutschland sind dies die Deutsche
Factoring Bank in Bremen, die Dis-
kont und Kredit AG in Düsseldorf
sowie die Gefa in Wuppertal.
Clark finanziert
Mittelstand
WR. Mülheim/Ruhr
Die aus der früheren Clark Credit
Service GmbH hervorgegangene
Clark Credit Bank in Mülheim/Ruhr
gehört nach den Worten von Ge-
schäftsführer Günter Uredat - neben
ihrer Leasing-Tochter gleichen Na-
mens - zur weltweit operierenden
Clark Credit Gruppe, deren Mutterge-
sellschaft, die Clark Equipment
Company, im US-amerikanischen
Buchanan in Staat Michigan zu Hau-
se ist
In den vergangenen zwei Jahren
spezialisierte sich die Bank auf das
klassische mittel- und. langfristige Fi-
nanzierungsgeschäft Überdies pflegt
sie seitdem das Factoringgeschäft
Gleichzeit wird über die mit einem
Organschaftsvertrag verbundene und
in Person) union betriebene Clark
Leasing GmbH die gesamte Palette
des Leasinggeschäfts bis hin zum pri-
vaten Autoleasing angeboten. Damit
ergibt sich die in der Bundesrepublik
Deutschland einmalige Situation, daß
jeder der 50 Mitarbeiter dieses Insti-
tuts dem interessierten Kunden ein
komplettes, auf dessen persönlichen
Bedarf zugeschnittenes kurz-, mittel-
oder langfristiges Finanzierungsange-
bot aus einer Hand unterbreiten
kann. „Damit bieten wir 1 so Uredat,
„eine interessante Alternative zur
deutschen Bankenlandschaft; unsere
Spezialität; Finanzierungen für den
gewerblichen Mittelstand.“
Die Bilanzsumme wuchs seit der
Firmengründung Anfang Juni 1983
bis Ende 1984 um etwa 26 Prozent auf
rd. 87 Millionen Mark, für 1985 hofft
man in Mülheim, die 100-MilIionen-
Mark-Grenze zu überschreiten. Seit
einigen Monaten betreibt die Bank
auch außerhalb des Clark-Konzerns
die Investitionsgüterfinanzierung.
Zielgruppe sind vor allem mittelstän-
dische Unternehmen der Investi-
tionsgüterindustrie sowie Transport-
und Dienstleistungsunternehmen.
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DIE WELT - Nr. 47 - Montag, 25. Ftebruar 2985
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EXPO RTFACTQ RING / Optimistische Aspekte
Die Branche rechnet mit
20 Prozent Zuwachs
E s vergeht kaum ein Tag, an dem
nicht irgendeine Institution mit
Konjunkturprognosen an die Öffent-
lichkeit tritt Allerdings muß der auf-
merksame Leser die unerfreuliche
Feststellung treffen, daß solche Pro-
gnosen auseinanderdriften. Der Wert
solcher Prognosen soll nicht in Zwei-
fel gestellt werden, jedoch stellt sich
dem zur Planung aufgerufenen Un-
ternehmer die Frage nach verläßli-
chen Indices, wenn er sein Budget
erstellen muß.
Bedeutsame Faktoren zur Beurtei-
lung der wirtschaftlichen Entwick-
lung sind insbesondere Zinsen und
Währungskurse. War man noch zur
Jahreswende von einem bevorstehen-
den Zinsrückgang im kurzfristigen
Bereich überzeugt so scheint es nur
wenige Wochen später vermessen,
diese Erwartung in einem Budget zu
berücksichtigen.
Gar unmöglich erscheint eine Vor-
aussage hinsichtlich der weiteren
Entwicklung des Dollarkurses. Mit
volkswirtschaftlichen Aspekten ist
der Kurs nicht zu erklären. Nicht die
Daten einer Volkswirtschaft, sondern
die weltpolitischen Gegebenheiten
steuern diesen Kurs.
In einer Zeit solcher Ungewißhei-
ten, nach einem Rekordjahr der Insol-
venzen sowie in einer Periode neuen
industriellen Aufbruchs sieht sich der
Unternehmer ständig wachsenden
Risiken ausgesetzt Wenn man dies
auf dem Hintergrund der unbestrit-
ten zu niedrigen Eigenkapitalausstat-
tung der deutschen Unternehmen
sieht so versteht man das zunehmen-
de Bemühen von Politik und Wirt-
schaft, die beängstigenden Eigen-
kapitalsorgen der insbesondere mit-
telständischen Unternehmen zumin-
dest zu lindem.
Neue Programme
So entwickelt man ständig neue
Investitionshilfeprogramme für das
mittelständische Unternehmen. Der
Eigenkapitalmangel bleibt davon un-
berührt die Anfälligkeit deutscher
Unternehmen wird dadurch aller-
dings nicht beseitigt
Erweiterungsinvestitionen sind
kaum möglich. Es fehlen die Mittel
für erforderliche Innovationen. Das
wünschenswerte Wachstum ist nicht
finanworhar Umsatzkongruente Kre-
dite sind wegen mangelnder Sicher-
heiten nicht erhältlich. Der Zugang
zum Kapitalmarkt bleibt nur wenigen
Vorbehalten,
Die einerseits zunehmenden Risi-
ken und die andererseits Triangels
ausreichender Eigenmittel der Fir-
men nur bescheidene Möglichkeit zu
weiterer unternehmerischer Initiative
sind die auslösenden Faktoren zu ver-
mehrter Nachfrage nach Factoring.
Mit dem Verkauf der Außenstände an
ein Factoring-Institut und dem damit
verlagerten Risiko sowie der umsatz-
kongruenten Finanzierung sind die
Hauptprobleme des mittelständi-
schen Unternehmens somit gelöst
Wandelnde Märkte
Ein weiteres Element der sich bele-
benden Nachfrage nach Factoring
dürfte die Steigerung der Wettbe-
werbsfähigkeit sein. Mit Factoring
wird das Unternehmen in die Lage
versetzt die dann vorhandene Liqui-
dität gewinnbringend im Einkauf ein-
zusetzen und im Verkauf Zahlungs-
modalitäten nnH Tahliinffsgjplp groß-
zügig zu gestalten.
Hier güt es für das Factoring-Un-
ternehmen, den sich aus der steigen-
den Nachfrage ergebenden Erfoider-
nissen gewachsen zu sein. Neben den
organisatorischen Voraussetzungen
muß vor allem der zusätzliche Refi-
nanzierungsbedarf gedeckt sein.
Gefragt ist vor allem im Exportfac-
toring Flexibilität in der Abwicklung.
Außerdem muß die Bereitschaft vor-
liegen, sich den stets wandelnden Ge-
gebenheiten im internationalen Ge-
schäft anzupassen.
Die aufjgezeigten Fakten deuten auf
einen überproportional wachsenden
Markt für Exportfactoring, zumal der
Anteil des im Exportfactoring abge-
wickelten Umsatzes am Gesamt-
export verschwindend gering ist Ei-
ne Wachstumsrate von mindestens 20
Prozent dürfte sicher sein. Die folgen-
den Jahre werden eher höhere Zu-
wächse bescheren.
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DIE BRA NCHE / Das Factoring-Geschäft hat an B e deutung gewonnen
Erfolge im In- und Ausland
Fven Veröffentlichungen des Deut-
JL/ sehen Factoring-Verbandes zu-
folge belief sich das Factoring-Volu-
men in de - Bundesrepublik Deutsch-
land im Jahr 1983 auf rund acht (im
Vorjahr 7,34) Milliarden Mark. Für
1984 liegen noch keine Angaben vor;
nach b isher bekanntgewordenen In-
formationen ist wieder mit einem Zu-
wachs zu rechnen.
Sucht man nach den Gründen für
die Ausweitung des Factoring-Ge-
schäftes, so haben die nachlassende
Zahlungsmoral sowie zahlreiche Fir-
meninsolvenzen im In- und Ausland
zur Belebung beigetragen.
So stand die Delkredere-Funktion
des Factoring (Absicherung des Kre-
ditrisikos zu 100 Prozent) nicht selten
im Vordergrund des Interesses. Hin-
zu kam, daß als Folge längerer Fbrde-
rungslaufzeiten beachtliche Mittel in
den Außenständen gebunden waren.
Für zahlreiche Finnen ein weiterer
Anlaß, sich der Factoring-Finanzie-
rung zu bedienen.
In Deutschland sind etwa 15 Facto-
ring-Institute aktiv. Die größten ha-
ben führende Kreditinstitute als Ge-
sellschafter. Zehn Institute sind im
Deutschen Factoring-Verband
(Mainz) zusammengeschlossen.
Weltweit haben die etwa 250 Facto-
ring-Institute 1983 einen Umsatz in
Höhe von rund 183 .Milliarden Mark
erzielt Davon entfallen auf die mehr
als 50 Mitglieder der Factors Chain
International (Fd; weltweit führende
Vereinigung von Factoring-Gesell-
schaften) allein rund 60 Milliarden
Mark. Was die Entwicklung in 1984
an geht, kann mit , ziemlicher Sicher-
heit erneut von ansprechenden Zu-
wachsraten ausgegangen werden.
Am Markt etabliert
Zu den großen internationalen Fac-
toring-Verbänden gehören neben der
FCI noch die Internationale Factors-
Gruppe sowie die Heller-Gruppe. In
der Ebctors Chain International sind
die Deutsche Factoring Bank (Bre-
men), die Diskont- und Kredit AG
(Düsseldorf) sowie die Gefe Gesell-
schaft für Ahaa tTfinangip nin g mbH
(Wuppertal) von deutscher Seite Mit-
glieder. International Factors hat in
der Bundesrepublik die DG Diskont-
bank (Mainz) und die Heller-Gruppe
die Heller-Factoring (Main») als Mit-
glieder.
Selbst große Firmen beschäftigen
sich inzwischen mit dem Thema Fac-
toring. Dies zeigt, daß sich dieses In-
strument zunehmender Anerken-
nung als solide Form der Betriebsmit-
telfinanzierung sowfe der Risikoab^
cherung erfreut und immw weniger
mit dem offenen Zessionskredit ver-
wechselt wird, der ja in der Regel mit
akuten Zahlpngj^hTO fep' gkwfpp des
betreffenden Unternehmens verbun-
den ist
Im Dienstleistungsangebot der
Kreditinstitute hat Factoring mittler-
weile einen festen Platz eingenom-
men. Es wird von Banken und Spar-
kassen nicht mehr als Konkurrenz,
sondern als sinnvolle Ergänzung der
eigenen Angebotspalette gesehen.
Ein Inrii» hierfür dürfte <ynn,
daß Factoring inzwischen regelmäßig
in die Werbeaussagen der Kreditwirt-
schaft einbezogen wird und beispiels-
weise die Deutsche Factoring Bank
sowie die DG Diskontbank nicht un-
erhebliche Teile ihres Neugeschäftes
aus dem Gesellschafterkreis (Spar-
kassenorganisation, VoBcsbankenbe-
reich) angedient bekommen.
Die deutschen Factoring-Gesell-
schaften haben gute flhanrpn | ihren
Platz unter dan fiihrenrifrn Tng ti tn+Pn
auch in Zukunft zu behaupten, vor
allem rm grenzüberschreitenden Ge-
schäft Obwohl der richtige Schwung
im Welthandel nach wie vor fehlt, be-
steht gerade für deutsche Exporteure
— unabhängig von den erneut beacht-
lichen Erfolgen 1984 - keine Veran-
lassung, die künftigen Absatzchan-
cen allzu pessimistisch zu beurteilen:
Qualität, pünktliche Lieferung sowie
der „after sales Service“ besitzen nach
wie vor einen hohen Stellenwert
Von den niedrigen Inflationsraten
sowie der Dollar-Stärke dürften zu-
sätzliche belebende Impulse ausge-
hen. Fest steht daß einige Schwellen-
länder in Zukunft in immer stärke-
rem Maße in den Wel thandel eingrei-
fen und Regionen wie Südostasien
immer mehr an Bedeutung gewinnen
werden. Selbst Länder wie Japan,
Hongkong, Südkorea und Taiwan,
um nur einige zu nennen, haban er-
kennen müssen, daß die Weltmärkte
immer mehr zu Käufermärkten wer-
den. In Japan wurde das Inlands-Fac-
toring erst vor wenigen Jahren einge-
fuhrt; es hat sich bis heute ausgespro-
chen gut entwickelt Auch aus Süd-
korea, Thailand , Malaysia imd den
Philippinen werden Factoring-Akti-
vitäten gemeldet während Hong-
kong und Singapur- von der Dauer
der Geschäftstätigkeit her gesehen -
Scbo n den pfahlWton T ündom gpu
hören. In Italien sowie in den skandi-
navischen Ländern hat sich das Fac-
toring tnnwhflih Europas bisher am
stärksten durchgesetzt. Fairerweise
muß jedoch angefugt werden, daß die
Erfolge zum Teil auf Kreditrestriktio-
nen im Bankenbereich zurückzufüh-
ren sind
HQfe für den Mittelstand
Die mittelständische Wirtschaft,
die sich in erster Linie des Factoring
bedient bat es unter den gegebenen
Umstanden schwer, sich zu behaup-
ten. Die Umweltbedingungen der Un-
ternehmen sind zunehmend komple-
xer geworden; an ihre Dienstlei-
st i ^ngsfibigfepit und Flexibilität wer-
den erhöhte Anforderungen gestellt
Im Exportgeschäft reicht es schon
seit geraumer Zeit nicht mehr aus,
das Angebot nur in bezug auf die
technische Entwicklung, Qualität
und Preis auf die Ansprüche des Ab-
nehmers auszurichten. Dieser erwar-
tet ein ausgewogenes Paket eine ech-
te Problemlösung. Hierzu gehört
zweifellos auch, daß man in der Lage
ist Finfln»tprung salt prnativ pn anzu-
bieten. Zudem zeichnet sich im Welt-
handel — was die Zahli mg sh pd ing un-
gen angeht - in weiten Bereichen ein
Trend zum offenen Zahlungsziel ab,
der zu Lasten des Akkreditivs geht
Für viele Unternehmen bedeutet
auch heute noch die Landesgrenze
eine nicht zu unterschätzende Hürde,
obwohl einige handrispnlitigrin»
TTpmmmsgA ab ge baut wurden, pin<»
Wirts chaft sp olitische Angfeiphnng in.
Deshalb der Wirtschaftsblöcke statt-
gunden hat Fremde Rechtsauffas-
sungen »mri Handelsgewohnheiten,
Währungsprobleme, langwieriger
Geldtransfer, fehlende Sprachkennt-
niggp, längere 7-ahliiTigsäiplA sind -
um nur girap» zu tipnnpn — Gründe,
die zu Skepsis und Verunsicherung
kleinerer und mittlerer Unternehmen
geführt haben.
Vor diesem Hintergrund wird der
mittelständische Unternehmer gut
daran tun, sich mit dem Factoring als
einem System zur risikolosen Ab-
wicklung von Inlands- und Exportge-
schäften sowie ein» QueUe zur Liqui-
ditätsschöpfung zu befassen.
Hhik MANN KHKKN H iCH ffl«t
T nnerfaalb des breiten Kredit- und
AFnxanzienmgsangebots der Deut-
schen Bank ist Cfefe-ftctoring mit
seinen verschiedenen Formen des
Forderungskaufs eine relativ junge
F rgänTiing dprh pIranntpn t finänrift .
rungsnstrumente für Unterneh-
men. Die Berikrksichtiguiig des
ForderungsveriEaufe in der flnanz-
planung setzt grundsätzliche, auch
strategische Überlegungen voraus.
Als Anhaltspunkte zur Anwen-
dung dieses r inanztero ngsinstni-
ments erweisen sich im wesentli-
chen folgende Prämissen:
• Der Fordenmgsverkäufer sollte
mindestens einen Jahresumsatz
von fünf Millionen Mark «reichen;
• ein Zahlungsziel von raaTimal 90
Tagen erleichtert die Technik der
Bonitätsbeurtellrmg der Abneh-
mer,
• ständige Lieferungen an diesel-
ben Abnehmer halten die Kosten
niedrig;
• die Forderungen müssen in ihrer
Hohe und zu dem Zeitpunkt des
Verkaufe einwandfrei feststehen.
Sie dürfen keinen besonderen Ga-
rantiebedingungen unterliegen, sie
müssen frei sein von Rechten Drit-
ter, und es dürfen keine Abtre-
tungsverbote seitens der Abnehmer
bestehen.
Der Forderungskauf kann mit
spezifischen Vorteilen auf warten:
• umsatzkongruente Finanzierung,
• Schutz vor Forderungsausfällen,
• Ver kürzung der durchschnittli-
chen Laufzeit von Forderungen,
• Verbesserung von Büanzrelatio-
nen,
• die dem Vertragspartner aus ei-
nem echten Factoring-Verfahren
über einen längeren Zeitraum zu-
fließenden Mittel stellen keinen län-
gerfristigen Kredit mit seinen Dau-
erschuldfragen dar,
• durch ein eingeräumtes Rück-
kaufsrecht werden die DisposL
tionsmöglichkeiten erweitert
- Die Factoring-Gebühr errechnet
drli im trnn wntinnpflpn Ver fahren
aus den Debitoienrisiken, dem Zah-
lungsziel, dem Umsatzvolumen und
der riiir rhsrimitfliriien Reehnnng s-
größe. Sie kann zwischen 0,8 bis
zwei Prozent liegen. Beim Forde- .
nmgsverkauf im Verfehlen
liegen die Kosten niedriger. Der
Zinssatz für die Finanzierung lehnt
sich weitgehend an die bankübli-
chen Konditionen für Barkredite
an.
.Die Grundüberiegungen zur
Wahl des Factorings in stiller Form,
bei dm der Verkauf und die Abtre-
tung der Forderung dm Kunden .
des Verkäufers, normalerweise
nicht angezeigt werden (Offenle-
gungspflicht nach Vereinbarung),
sind mit denen des konventionellen
Factoring weitgehend identisch.
Bei dm Verfahren entfellen je-
doch die Übernahme von Buchhal-
tung und Inkasso dusch die Facto-
ring-Bank. Beide Bereiche werden
vom Fordenmgsverkäufer treuhän-
derisch für den Käufer weiterge-
führt Diese Besonderheiten gren-
zen aber auch die Anwendung die-
ser Fordeningskaufevariante ein.
Zunehmende Bedeutung ge-
winnt das Export-Factoring. Diese
Form des Factoring, die beispiels-
weise über die Factors Chain Inter-
national (FCI) von zur Zeit 60 Mit-
gliedern in 26 Ländern angeboten
wird und in der die Gefe. in zuneh-
mendem Maße auch mit den Aus-
landsfilialen der Deutschen Bank
kooperiert, gestattet es, exportori-
entierten Unternehmen ein einheit-
liches Verfahren anzubieten, das
mit einer limitierten Deckungszusa-
ge das beim Abnehmer bestehende
Bonitätsrisiko absichert, eine Be-
schleunigung des Zahlungsein-
gangs bewirkt sowie eine Finanzie-
rung in der Landeswährung des
Exporteurs problemlos macht
Die volle Deckung des wirt-
schaftlichen Risikos erleichtert die
Erschließung neuer Märkte und die
Vergrößerung der Marktchance.
Die Liquiditätsstärkung durch so-
fortige Auszahlung des Export-In-
kasso- Erlöses von 80 bis 90 Prozent
ermöglicht wie im Inlandsgeschäft
Skontoausnutzung und eine größe-
re Beweglichkeit in dem vorhande-
nen Kreditrahmen.
RICHARD BERNHARDT
Die Mainzer zeigen Flagge im europaweiten Geschäft
D ie Heller-Gruppe, die mit der
Gründung der Heller Factoring
Bank AG, Mainz, 1964 in Europa be-
gann, unterscheidet sich wesentlich
von den beiden anderen großen Fac-
toring-Netzen. Während Heller im-
mer darauf bedacht war, namhafte
Kapitalbeteiligungen an den Mit-
gliedsunternehmen zu unterhalten,
um damit die Zusammengehörigkeit
zu fördern, setzen sich die anderen
Netze zum überwiegenden Teil aus
unabhängigen Korrespondenten zu-
sammen.
Der Vorteil der Konzeption von
Heller lag darin, daß nicht nur Kapi-
tal sondern in hohem Maße tätiges
Know-how eingebracht wurde. Zu-
sammen mit den in den meisten Län-
dere an den Factoring-Gesellschaften
beteiligten Banken waren damit die
Voraussetzungen für eine erfolgrei-
che Geschäfteentwicklung geschaf-
fen.
Wahrend in den Jahren nach der
Gründung der Tochtergesellschaften
nur das Export- und Importgeschäft
unter Einschaltung des Netzes im
Old-Line-Factoring praktiziert wur-
de, haben sich in der Zwischenzeit,
wie im Inlandsgeschäft der einzelnen
Gesellschaften, auch andere Factor-
ing-Formen etabliert. Diese neuen
Formen der Factoring-Zusammenar-
beit sind aus der Erfahrung der letz-
ten zwanzig Jahre entstanden und be-
rücksichtigen die geographischen so-
wie die sprachlichen Gegebenheiten,
aber auch die juristisch vergleichba-
ren Verhältnisse einiger Regionen.
Die am häufigsten angewandte
neue Form des E^port-Factorin g ist
das Direkt-Factoring in einige Län-
der. Aus der Sicht der Bundesrepu-
blik Deutschland sind dies die Expor-
te nach Österreich, in die Schweiz,
nach Belgien und den Niederlanden.
Sowohl von der räumlichen Nähe als
auch von der Sprache her bilden die-
se Lander eine gewisse Einheit Le-
diglich im juristischen Bereich und in
der Geltendmachung überfälliger
Forderungen ergeben sich Besonder-
heiten, auf die man sich aber als Fac-
tor einstellen kann.
Weil das Direktgeschäft innerhalb
solcher Marktzonen von jeder Heller-
Gesellschaft praktiziert werden kann,
ist es sinnvoll, sich gegenseitig Rat zu
geben und Hilfe zu leisten. Diese Rat-
schlage erstrecken sich einmal auf
die spezifischen Eigenheiten man-
cher Branchen, die Limitfestsetzung
für die Abnehmer des Kunden, den
juristischen Bereich sowie die Einhal-
tung von Einfuhr- und Transferbe-
stimmungen.
Tätige Hilfe wird im Bereich des
Einzugs überfälli g er Forderungen,
der Gettendmachung von Eigentums-
Vorbehalten und beim Geldtransfer
geleistet
Als weitere Marktzonen für das Di-
rektgeschäft kommen Norwegen,
Schweden, Dänemark, Finnland, Bel-
gien, Frankreich sowie Spanien und
Portugal in Frage.
Diese Auflockerung des einstmals
sehr starren Systems hat zu erhebli-
chen Zuwächsen im internationalen
Factoring geführt Die im Ausland ge-
zeigten Steigerungsraten übertreffen
bei weitem die immerhin beachtli-
chen Zuwachsraten des Inlandsge-
Schaftes.
Nach den am Anfang vorhandenen
etwas gemischten Gefühlen, mit de-
nen die Factoring-Gesellschaften sich
dem Direktexport zuwandten, kann
heute, nach Jahren der Erprobung,
die volle Funktionsfähigkeit präsen-
tiert werden.
Die Vorteile für die Exporteure lie-
gen in der größeren Flexibilität mit
der die Geschäfte abgewickelt wer-
den. Differenzen zwischen dem Kun-
den und dem Abnehmer können Viel
schneller bereinigt werden, seitdem
■der ausländische Factor nicht mehr
in das Tagesgeschäft miteingebun-
den ist Die für einige Lander notwen-
dige Fremdsprachenkapazität sollte
beim Factor allerdings vorhanden
sein. • SIEGFRIED OLBORT
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Montag. 25. Fetet»ri985 - Nr. 47 - DIE WELT .
WELT $ REPORT
17
FACTORING IM GENOSSENSCHAFTLICHEN VERBUND
Kurze Wege zum Kunden
D ie Volksbanken und Raiffeisen-
banken haben 1983 ihren Markt-
noch eimal um 0,4 Punkte auf
23 Prozent erhöhen können. Sie ste-
hen unverändert in steigendem Wett-
bewerb mit den Sparkassen und pri-
vaten Banken
Da Erfolg der Volksbanken und
Wird all gpmoin zu.
rückgeführt auf und
gntsdKidungsbereiischaft Immer-
hin sind per Jahresende 3761 Kredit-
genossenschaften in der Bundesrepu-
blik Deutschland aktiv, die damit -
gemessen an der Zahl der Bankstel-
len -das größte Netz vorweisen
ln Prognosen über absehbare Ent-
wicklungen des Bankgeschäfts in der
Bundesrepublik Deutschland scha-
len sich übereinstimmend Aspekte
heraus, die sich mit Sicherheit auf das
Geschäft der Volks- und Raiffeisen-
banken auswirken werden:
• Die Kreditinstitute stehen einem
Wandel bankgeschaftlicher Tätigkei-
ten gegenüber;
• die allgemeine technologische Ent-
wicklung wird sich auch im Banken-
bereich nachhaltig auswirken;
• das bisher all gemein übliche
Wachstum des Bankgeschäfte läuft
aus. Das einzelne Institut wird nur zu
Tjcten der Konkur renz expandieren
können;
• dai Aktivitäten von Nicht-Banken
auf traditionellen Bankmarkten
kommt steigende Bedeutung zu.
Diese Entwicklung wird sich in
den kommenden Jahren sicherlich
narhbaltig auf das traditionelle Bank-
geschäft in der Bundesrepublik
Deutschland auswirken. Den Berich-
ten über die Situation in den USA ist
der Trend deutlich zu entnehmen.
Man geht allgemein davon aus, daß
die besonders ertragreichen Jahre bei
den genossenschaftlichen Banken
langsam zu Ende gehen.
Kompletter Service
Unter diesen Umständen über-
rascht es nicht, daß sich die Vorstän-
de der Volks- und Raiffeisenbanken
verstärkt Gedanken um die Ausrich-
tung ihrer Institute auf die Markter-
fordernisse machen. Praktisch drückt
sich das in vermehrten Akquisitions-
bemühungen und Bestrebungen aus,
den mittelständischen Kunden einen
kompletten Service zu offerieren. Mit
Sicherheit wird es in Zukunft nicht
ausreichen, die traditioneHeii Bank-
dienstleistungen „besser verpackt 11
anzubieten. Vielmehr komm t es dar-
auf an, die sich wandelnden Bedürf-
nisse der Kunden rechtzeitig auf-
zuspüren und neue, Hie g^n Bedarf
deckende Produkte anz» bieten.
Zu diesen Produkten zählt ein jun-
ges Fmanäeruogsinstmment, das
Factoring. Zwar ist es seit mehr als 20
Jahren in der Bundesrepublik
Deutschland bekannt, aber erst seit
neuem nimm t die Nachfrage stärker
zu. 1981 ergab eine Umfrage bei 500
Genossenschaftsbanken, daß das
Factoring als Mittel der Akquisition
an Bedeutung gewinnt Andererseits
ergab sich, daß nur jede fünfte der an
der Befragung beteiligten Ranken
das Factoring in ihrem Kundenkreis
als FinanTipmpgsing t mmpTit bereits
einma l einge s e tzt hat Ferner war zu
hören, daß nur neun Prozent der be-
fragten Banken über fündierte Facto-
ringkenntmsse nach eigener Ein-
schätzung verfügen. Dagegen äußer-
ten 75 Prozent der Volks- und Raiffei-
senbanken die A uffass ung, da£ Fac-
toring in der Zukunft für Finnenkun-
denberatung als EintmrieninffBaltAr -
native unbedingt in das Angebot ein-
zubeziehen sei.
Damit wurde seinerzeit deutlich,
daß Factoring bei den Volks- und
Raiffeisenbanken zwar auf besonde-
res Interesse stößt, das Verfahren an
sich aber zu wenig bekannt war. Die
DG Bank in Frankfurt zum Beispiel
verfügt seit Jahren mit der DG Dis-
kontbank AG in Mainz über ein Spe-
zialinstitut das eine Reihe spezieller
Dienstleistungen anbietet die das
Angebot der Volks- und Raiffeisen-
banken ergänzen. Unter anderem
sind dies Factoring und einige daraus
abgeleitete Geschäftssparten.
Mit der Einführung der seit 1981
vierteljährlich an alle genossenschaft-
lichen Kreditinstitute zur Verteilung
gelangenden „Factoring Facts" ist es
der DG Diskontbank inzwischen ge-
lungen, die Kenntnisse über das Fac-
toring der Volks- und Raiffeisenban-
ken nachhaltig zu vertiefen.
Bereits 1983 kamen mehr als die
Hälfte der neuen Factoring-Kunden
da DG Diskontbank auf Empfehlung
der örtlichen Volkshanken und Raiff-
eisenbanken; auch 1984 war das so.
Dabei ist interessant, daß sich unver-
ändert ein Schwergewicht der An-
bahnung in den Postleitgebieten 4 bis
8 ergibt Dagegen ist die Anzahl der
Anfragen aus dem norddeutschen
Raum und Berlin traditionell erheb-
lich geringer.
Die Erfahrungen bei den Volks-
und Rn i ffoi gpn htm mit der Ver-
wertung dinglicher Sicherheiten ha-
ben in den letzten Jahren gelegent-
lich veranschaulicht, wie schwer es
werden kann, dadurch früher ge-
währte Kredite wieder hereinzuho-
len. Die Neigung, sich wieder mit
Zessionskrediten zu befassen, nimmt
riahw ^T)gpmpm tu, auch des-
halb sicherlich richtig und notwen-
dig, weil einerseits die Position „For-
derungen“ in den Bilanzen der mittel-
ständischen Kundschaft ständig zu-
nimmt nnH zwingend wirb Finanzie-
rung verlangt, weil andererseits die
TH genlcapitalansst a thiTig der Firmen
stetig zurückgeht
Harter Wettbewerb
Zwei Stichworte weisen aber auf
die Gefahren von Forderungsfinan-
zierungen beispielhaft hin, nämlich 1.
verlängerter Eigentumsvorbehalt
und 2. Delkredereverluste.
Es steht außer Frage, daß Factoring
in Hi»w>m 7. 1 iqammpn hang eine be-
deutende Rolle in der Zukunft spie-
len wird, bietet sich doch hier ein
Instrument, das die Kreditbeschaf-
fungsmöglichkeiten der Volks- und
Raiffeisenbanken nennenswert aus-
weitet und zudem dazu beiträgt, vor
Wettbewerb anderer Kreditinstituts-
gruppen zu schützen. Es darf nämlich
nicht übersehen werden, daß sich
auch diese seit Jahren mit entspre-
chenden Spezialinstituten um den
Markt bemühen und sicherlich anch
bestrebt sein werden, den Wettbe-
werb aus dem genossenschaftlichen
Verbund zurüdoudrängen.
Die KWG-Novellierung (Reduzie-
rung des Höchstkredits, Reduzierung
über Hinaus in Ham atnan oder ande-
ren Fall den Einsatz des Factoring bei
dem einen oder anderen Bankkunden
nahelegen, wie dies auch im Zusam-
menhang mit den verschärften Spiel-
regeln bezüglich der Sicherungsein-
richtungen der genossenschaftlichen
Kreditinstitute denkbar ist
GEORG SCHEPERS
Auch am Bankschalter
ist Factoring hoffähig
B ereits seit 1968 betreibt die Süd-
Factoring GmbH (Stuttgart) das
Factoring-Geschäft als Verbundge-
sellschaft innerhalb der Sparkassen-
organisation. Alleingesellschafterin
ist die Landesbank in Stuttgart, das
Zentralinstitut der Württembergi-
schen Sparkassen. Welche Erfahrun-
gen wurden im Laufe der 16 Jahre
mit Sparkassen und Banken ge-
macht? Das Unternehmen berichtet:
Mindestens bis Mitte der 70er Jah-
re verhielt man sich gegenüber der
Süd-Factoring äußerst reserviert
und abwartend. Häufig hörte man
damals die faionha Behauptun g, mit
Factoring würde man Kunden und
Umsätze verlieren. Unter diesen
Umständen frnwntp man Spar-
kassen- und Bankkunden Factoring
doch wirklich nicht empfehlen. Und
daran hielt man sich zunächst konse-
quent im Sparkassen- und Bankbe-
reich. Empfehlungen kamen ™mw
nur dann, wenn es galt, bonitatsmä-
ßig äußerst schwache Firmen über
Wasser zu halten, um vielleicht gera-
de noch einmal die Insolvenz zu ver-
meiden. Da sich diese Falle aber ge-
rade nicht für Factoring ei g nen,
mußten damals fas t sTIp Rmpfahlim.
gen aus dem Sparkassen- und Ban-
kenbereich ab gelehnt werden, was
natürlich nicht gerade geeignet war,
die künftige Zusammenarbeit zu
verbessern. So taten wir uns sehr
schwer, das sinnvolle Finanzierungs-
und Dienstleistungsinstruraent Fac-
toring am Markt zu verkaufen, weü
wir nicht nur falsch von den Spar-
kassen und Banken, sondern auch
von den Wirtschaftsprüfern und
Steuerberatern, Untemehmensbera-
tera und anderen interpretiert wur-
den.
Erst mit den BGH-UrteQen. aus
den Jahren 1977 und 1978 gelang
Factoring, und damit auch uns, der
endgültige Durchbruch, da erst mit
diesen Urteilen für unser Geschäft
eine einwandfreie Rechtsgrundlage
geschaffen war. Damit konnten wir
uns nicht nur wirtschaftlich, son-
dern auch rechtlich klar und eindeu-
tig vom Zessionskredit der Sparkas-
sen und Banken unterscheiden.
Durch die höchstrichterliche Recht-
sprechung wurde nämlich der bishe-
rigen Auffassung der in Deutschland
tätigen Factoring-Gesellschaften
recht gegeben, wonach echtes Facto-
ring - also mit Übernahme des
lOOprozentigen Ausfallrisikos - ei-
nen Forderungskauf darstellt, der
mit einem Kaufvertrag geregelt wird
und zu dessen Erfüllung die Forde-
rungen abzutreten sind. Im Unter-
schied hierzu ist der Zessionskredit
nach wie vor ein Kreditgeschäft im
Rahmen von Beleihungsrichtlmien,
bei dem die Forderungen zur Siche-
rung abgetreten werden. Der bedeu-
tende rechtliche Unterschied liegt
darin, daß die Factoring-Institute
seit dieser Zeit keine Ansprüche von
Warenlieferanten aus verlängertem
Eigentumsvorbehalt mehr zu be-
rücksichtigen haben, während dies
beim Zessionskredit der Sparkassen
und Banken nach wie vor der Fall
ist Mit dieser Entscheidung wollte
der BGH jedoch keinesfalls die Wa-
renlieferanten benachteiligen. Viel-
mehr wurde dem wirtschaftlichen
Unterschied mit der wesentlich hö-
heren Beleihung durch die Facto-
ring-Institute gegenüber dem Zes-
sionskredit Rechnung getragen.
Durch die 90prozentige Bevorschus-
sung der Forderungen wird nämlich
die Anschlußfirma des Factors so ge-
stellt, als habe sie praktisch nur Bar-
zahler, so daß sie mit dem sofortigen
Erlös hieraus ihre Warenlieferanten
pünktlich befriedigen kann.
Positive Haltung
Diese Grundsatzurteile gaben den
Sparkassen und Banken Anlaß, sich
erneut mit ihrer Einstellung zu Fac-
toring zu beschäftigen, jetzt aber mit
mehr Sachverstand und auch mit in-
zwischen gemachten Erfahrungen
mit Factoring. Seit dieser Zeit hat
sich zunehmend eine positive Hal-
tung der Sparkassen und Banken zu
Factoring eingestellt Insbesondere
die Spaikassenorganisation, die
über zwei organisationseigene Fac-
toring-Gesellschaften verfügt hat
frühzeitig e rkannt , daß Factoring für
die mittelständische Wirtschaft ein
sinnvolles Finanzierung»- und
Dienstleistungsinstrument darstellt
welches sich hervorragend für
expansive, mit schmaler Eigenkapi-
taldecke ausgestattete, ertragsstar-
ke, aber in ihrer Gesamtstruktur ge-
sunde Unternehmen eignet Facto-
ring ist daher heute als wesentlicher
Bestandteil in die Angebotspalette
der Sparkassen und Banken inte-
griert In zunehmendem Maße er-
kennen auch die Sparkassen und
Banken, daß Factoring nicht in Kon-
kurrenz zum Kreditgeschäft steht
sondern eine Ergänzung des Bank-
kredites darstellt Eine Beschleuni-
gung dieses Umdenkungsprozesses,
der noch längst nicht bei allen Ban-
kern statt gefunden hat wäre im In-
teresse der mittelständi sehen Wirt-
schaft wünschenswert dürfte aber
nur schwer erreicht werden.
Andererseits kann man immer
wieder beobachten, daß sich späte-
stens Hann die Einstellung einer
Sparkasse oder einer Bank gegen-
über Factoring positiv ändert wenn
sich einer ihrer Kunden des Facto-
ring bedient In diesen Fällen sieht
der Banker nämlich rasch, daß Fac-
toring mit dem Zessionskredit nicht
zu vergleichen ist Factoring ist da-
mit keine Finanzierungsaltemative.
sondern eine Ergänzung der breitge-
facherten Angebotspalette der
Sparkassen und Banken. Factoring
als Ergänzung des Bankkredites be-
inhaltet ein umfangreiches Finanzie-
rung»- und Dienstleistungsangebot
das am besten mit den drei Haupt-
funktionen: Finanzierung, Delkrede-
re und Forderunsverwaltung Umris-
sen wird.
Der Zessionskredit ist nicht um-
satzkongruent, so daß Erhöhungen
der jeweiligen Genehmigung bedür-
fen, was sich bei stark expandieren-
den Unternehmen erschwerend aus-
wirken kann. Die Forderungsbelei-
hung liegt großzügig bemessen bei
etwa 40 bis 50, häufig aber nur bei 20
bis 30 Prozent Im Gegensatz hierzu
kaufen die Factoring-Institute sämt-
liche nicht dubiosen Forderungen
im Rahmen eingeräumter Warenkre-
ditlimite an, so daß sich der Fluß der
Finanzferungsmittel ausschließlich
nach der Umsatzentwicklung rich-
tet Dabei bevorschussen die Institu-
te die Forderungen zu 90 Prozent
auch Auslandsforderungen. Die we-
sentlich höhere Beleihungsquote ge-
genüber dem Zessionskredit ist hier-
bei vor allem deshalb möglich, weil
wir beispielsweise bei der Süd-Fac-
toring selbst die Debitorenbuchhal-
tung führen und dadurch ganz genau
informiert sind, wie jeder einzelne
Abnehmer beauskunftet wird und
wie dessen Zahlweise aussieht
Erst in jüngster Zeit konnten wir
in zwei Fällen erleben, was es bedeu-
tet wenn bei expansiven, solventen
Unternehmen nicht rechtzeitig Fac-
toring eingesetzt wird. Nachdem die-
sen Unternehmen ausreichende Si-
cherheiten nicht zur Verfügung stan-
den, lehnten die damaligen Haus-
banken eine erforderlich gewesene
Erhöhung des Zessionskredites ab
und rieten den Unternehmen, zu-
nächst einmal zu konsolidieren. Die-
ses sahen die Unternehmen auf-
grund der ständig steigenden Auf-
träge nicht ein und bedienten sich
deshalb ab diesem Zeitpunkt bei uns
der Factoring-Finanzierung.
Weniger Risiken
Gleichzeitig wechselten sie zu ei-
ner anderen Hausbank über, von der
sie großzügigere Kreditlinien einge-
räumt erhielten. Damit können wir
den Beweis antreten, daß Factoring
nicht einmal dann eine Konkurrenz
zum Zessionskredit darstellt, wenn
dieser bei einem stark expandieren-
den Unternehmen wegen Eins atz
der Factoring-Finanzierung abgelöst
wird. Durch die überdurchschnitt-
lich rasche Geschäftsausweitung be-
nötigt die Anschlußfirma nämlich
von ihrer Bank über die Factoring-
Finanzierung hinausgehende zusätz-
liche Kreditmittel, zum Beispiel we-
gen höheren Wareneinkaufs und hö-
herer Vorratshaltung, die dann den
Abgang des Zessionskredites über-
kompensieren.
Die Übernahme des lOOprozenti-
gen Ausfallrisikos sowie die Füh-
rung der Debitorenbuchhaltung ein-
schließlich Mahnwesen und Inkasso
sind zusätzliche Bausteine im Facto-
ring, die beim Zessionskredit weder
abgedeckt werden können noch sol-
len. Hinzu kommtnoch, daß mit Fac-
toring das sonstige Kredit-Engage-
ment der Hausbauk bei ihrem Kun-
den wesentlich risikoloser wird, da
wir nun qualifiziert die Forderungen
verwalten, um mit der ständigen Bo-
nitätsüberwachug der Debitoren
den gemeinsamen Kunden vor For-
derungsausfällen zu schützen.
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AUS ALLER # WELT
DIE WELT - Nr. 47 - Montag, 25. Ftebnai I98S
Verleihung der Goldenen Kamera“ - Mehr als ein Hauch von Hollywood
„Berlin zeigt wieder Glanz“
DIETER DOSE, Berlin
So viele Stars und soviel Promi-
nenz auf einen Schlag - das hat Ber-
lins Internationales Congress Cen-
truin (ICC) noch nicht erlebt. JHör-
zu“, Europas größte Femsehzeit-
schrift, machte es möglich. Zum 20.
Male wurde die „Goldene Kamera“
verliehen. Miliinnpn erlebten die gro-
ße Starparade live am Bildschirm.
Glanzvoll der Rahmen, festlich die
eleganten Roben der Damen. Stark
vertreten die politische Prominenz,
an der Spitze Bundespräsident Ri-
chard von Weizsäcker, die Minister
Schwäre-Schilling, Stoltenberg, Wor-
ner, Oppositionschef VogeL
Verleger Axel Springer konnte we-
gen einer Grippe nicht teilnehmen.
Seine Rede verlas sein Generalbevoll-
mächtigter Dr. Bernhard Servatius:
„Berlin zeigt wieder Glanz - dieser
Abend beweist es“, be.onte Springer.
„Es sind in dieser Stadt wieder so
viele positive Kräfte geweckt worden,
wie man dies kaum für möglich ge-
halten hätte.“ Springers Ausführun-
gen schlossen mit dem Dichterwort
von Emst Moritz Arndt, das gestern
wie heute Bestand hat: „Als Deutsch-
land durch seine Zwietracht nichts
mehr war, umfaßte mein Herz seine
Einh eit und Einigkeit“
„Für uns Berliner ist diese alljährli-
che Verleihung der ^erseh-Oscars* zu
einer besonders schönen Tradition
geworden, eine quicklebendige Tra-
dition, die auf Stärke und Leistungs-
fähigkeit der Medien-Stadt Berlin
zwischen Produktion und Publikum,
Kabel und Kino hinweist“, sagte der
Regierende Bürgermeister Eberhard
Diepgen. Es sei in hohem Maße Axel
Springer zu verdanken, daß Berlin in
den vergangenen Jahren seine Posi-
tion als Medienstadt behaupten konn-
te.
Waren die Namen der diesjährigen
Preisträger auch vorher bekannt -
Joachim Fuchsberger („Berlin muß
sein Licht nicht unter den Holly-
wood-Scheffel stellen“) schüttelte
noch so manche Überraschung aus
dem Ärmel So staunte Peter von
Zahn, als ihm der amerikanische
Astronaut Charles Duke die Aus-
zeichnung überreichte. Hans Rosen-
thal („Daüi-Dalli“) bekam die begehr-
te Trophäe aus den Händen von Peter
Alexander, dem einzigen, der die
„Goldene Kamera“ schon dreimal er-
hielt
Am weitesten angereist von den
Preisträgern war Barbara Bel Geddes
- die „Miss EUie“ aus der „Dallas “-Se-
rie. „Inge Meysel von Amerika“ nann-
te sie ZDF-Sprecher Gerhard Klamer
in der Laudatio. Ihr überreichte Maria
Schell die Auszeichnung. „Miss Eilig “
war ebenso tief gerührt wie Aqja Kru-
se („Die schöne Wilhelmine“). Die Le-
ser der „Hörzu“ haben sie zum beste
weiblichen Nachwuchsstar des Fern
sehens gewählt
Viel Beifall auch für die anderer
Preisträger. Heidi Kabel Peter Weck
JHeimat“ -Regisseur Edgar Reitz
Ephraim Kishon und schließlich ab
größte Überraschung Max Schme
ling. Begründet damit daß der ehe-
malige Boxweltmeister auch Jahr-
zehnte i wh seinen Triumphen irr
Ring noch ein Idol und Vorbild ist
Goldene Ehrenkameras gab es füi
deutsche Goldgewinner bei der
Olympischen Spielen in Los Angeles,
überreicht durch frühere Stars und
Preisträger wie die einstige „schwar-
ze Gazelle“ Wilma Rudolph und Ball-
künstler Pete.
Auch die Besucher eines Kara-
jan-Konzerts in der Berliner Philhar-
monie nahmen kurz Anteil an der
Verleihungszeremonie. Zn einer Pau-
se übergab ^örzu “-Chefredakteur
Peter Bacher dem Maestro die „Gol-
dene Kamera“. Wegen des Konzerts
konnte Herbert von Karajan nicht di-
rekt riahgrspin. Das weltberühmte
deutsche Duo „Siegfried und Roy“
hatte die Auszeichnung schon vor ei-
nigen Tagen in Las Vegas erhalten.
1 Höhepunkt und Abschluß des Ga-
laabends: Rund 200 Preisträger, die
neuen und die früheren, versammel-
ten sich auf der Bühne zum Finale.
Übenchwenglteftw Freude über die «Goldene Kamera” bei Barbara Bel Geddes; auch Max SchmeBsa
(recht») erhielt den begehrten Preis; Boy Gobeit (Mitte) ge h B i t e zu den Gdsten foto: klar/dpa
Aufstand der Fußgänger
Interessenverein gegründet / Auch Radfahrer im Visier
leute heute Der Mann als zweite Wahl der Natur
F. D LED ERICHS, Berlin
Die Forderungen sind bekannt
Nur ihre Durchsetzung wollen die In-
itiatoren des ersten bundesweiten
Fußgängerschutzvereins „Fuß e.V.“
mit Sitz in Berlin radikaler als je zu-
vor betreiben. Notfalls sogar mit einer
Klage vor dem Bundesverfassungsge-
richt will der Verein, der sich als „An-
lauf- und Koordinationsstelle für 1400
Bürgerinitiativen aus dem Verkehrs-
bereich“ versteht den „an die Wand
gedrückten Fußgängern“ zu mehr
Recht verhelfen.
Die Mitglieder der Initiative sehen
sich stellvertretend für die Mehrheit
der Deutschen „der Minderheit der
Autofahrer“ hilflos aus geliefert.
Hauptvorwurf an die Politiker Die
Zahl der getöteten und verletzten
Fußgänger sei von der bisherigen
Verkehrspolitik nicht reduziert wor-
den. „Eine sichere Existenz von Fuß-
gängern in Städten wird durch die
zulässige Höchstgeschwindigkeit von
50 km/h und die geduldete Geschwin-
digkeit von über 70 km/h unmögüch
gemacht", formulierte am Wochen-
ende auf der Gründungsversamm-
lung Professor Rainer Meyfahrt von
der Gesamthochschule Kassel das
Kernproblem.
Als einziges und „sehr einfaches“
Heilmittel sehen die Passantenschüt-
zer deshalb Tempo 30 auf allen Stadt-
straßen an. Zweitrangige Forderun-
gen sind längere Ampelphasen für
Fußgänger und der Ausbau des öf-
fentlichen Nahverkehrs. Eher zahm
kling t der Appell an die Polizei, das
Parken auf Bürgersteigen und Geh-
wegen mit spürbaren Geldstrafen von
100 Mark je Autorad zu ahnden.
Als Musterbeispiel für die nach An-
sicht der Initiative beklagenswerte
Aggressi o nsverteilung im Straßen-
verkehr zu Lasten der Fußgänger
sieht Professor Meyfahrt die Fußgän-
gerzonen an. Der Autoverkehr habe
in zahlreichen Städten dafür gesorgt,
daß Radwege, Bus- oder Straßen-
bahnspuren in Fußgängerzonen ver-
legt worden seien. „Dort ist der Rad-
fahrer als eigentlicher Feind der Fuß-
gänger entdeckt worden“, kritisierte
Meyfahrt in seinem Vortrag.
Der Verein stützt sich auf Zahlen
aus dem Bundesverkehrsministeri-
um. 60 bis 70 Prozent aller Wege wür-
den beute noch per pedes zurückge-
legt, am meisten gehen Kinder, Rent-
ner und Frauen zu Fuß. Am gehfaul-
sten hingegen seien Männer im Alter
zwischen 25 und 60 Jahren mit Ab-
itur, Hochschulabschluß und höhe-
rem Einkommen - just jene, die „für
die Verkehrsplanung verantwortlich
sind“.
Alkohol am Steuer
Es ist ja nicht gerade eine Selten-
heit, daß jemand, der zu tief ins Glas
geschaut hat, bei der Heimfahrt in
eine Verkehrskontrolle gerät Ein un-
gewöhnliches Ereignis ist es aber,
wenn der Ertappte John Roach heißt
und Erzbischof ist Für den 63jäh-
rigen ame rikanis chen Kirchenfürsten
endete am Donnerstag eine Autofahrt
in der Ausnüchterungszelle. „Ich ha-
be unklug gehandelt und habe mir
eine sehr schwerwiegende Fehlein-
schätzung zuschulden kommen las-
sen“, gestand der Erzbischof vor ei-
ner Versammlung katholischer
Taten, Ihm droht nun eine Strafe von
bis zu 90 Tagen Haft und 700 Dollar
Geldbuße.
Alte Liebe
Alte Liebe rostet nie. Das scheint
Hollywood-Star Warren Beatty (47)
zu beweisen. Sieben Jahre hatte er
ein Verhältnis mit der englischen
Schauspielerin Julie Christi« (44).
Nachdem ihm Diane Keaton vor kur-
zem den Laufbaß gegeben hat macht
er wieder Julie Christie den Hot Jetzt
hat er einen Makler beauftragt ihm in
den Bergen von Wales ein Haus zu
beschaffen. Einzige Bedingung: Es
muß in der Nähe von Julies Bauem-
hofliegen.
Psycbotherapie-Seminar über Identität and Identitätskrisen der modernen Frau
INGRID ZAHN, Aachen
Noch Thomas Mann genierte sich
nicht die Geburt eines weiblichen
Nachkommen als etwas „Unemsthaf-
tes“ zu bezeichnen. Die Frau von heu-
te wird emstgenommen. Drei „Zau-
bermittel" haben sie in die Mündig-
keit entlassen: die Pille, die Hosen-
mode und der Umgang mit der Tech-
nik.
Die Düsseldorfer Analytikerin Pro-
fessor Melitta Mitscherlich versuchte
anläßlich der gestern zu Ende gegan-
genen Aachener Psychotherapietage
diesen Wandel deutlich zu machen.
Gerade angesichts der Krisen in der
modernen Welt muß nach ihrer An-
sicht der Einfluß der an Menschen,
Natur und „Ganzheit“ interessierten
Frauen gegenüber den technisch-ana-
lytisch geprägten Männern wachsen.
Die Frau, die sich den leidigen
Freud 'sehen Penisneid endlich vom
Halse schaffen will, könne heute froh-
locken. Am Anfang, sagte Frau Mit-
scherlich, stehe nicht der männlich«*
nicht der zweigeschlechtliche, son-
dern der weibliche Embryo. Erst im
Laufe der Schwangerschaft entschei-
de sich die Natur für den Verbleib der
weiblichen oder die Abwandlung in
die männliche Ausprägung. Grund
genug, ein selbstbewußtes Leben auf
dem Fundament der „geschlechtli-
chen Identität“ zu versuchen. Ein Le-
ben, das den Mann als die zweite
Wahl der Natur nicht ausklammert,
sondern freundlich ergänzend zuläßt
Der Alltag in den Praxen deutscher
Analytiker und Therapeuten sieht an-
ders aus. 1982 sind 70 Milli onen Marie
von d en gesetzlichen Krankenversi-
cherungen für psychoanalytische und
verhaftenstherapeutische Fachpsy-
chologie ausgegeben worden. Das
rund Fünffache wurde für die psy-
chotherapeutische EnueOeistuiig
durch Psychiater und Allgemeinäizte
zusätzlich verwendet Für den glei-
chen Zei traum sind rund eine Milliar-
de Mark in Tte nihigirngsm Itt el umge-
setzt worden.
Es sind vor allem Frauen zwischen
30 und 50 Jahren in psychischer Not-
situation, die ärztlichen Rat suchen.
Gründe genug, um das 10. westdeut-
sche Psychotherapeutische S eminar
in Aachen unter das Motto „Frau sein
heute“ zu stellen. In Fachvorträgen
und Seminaren wurde Bilanz gezo-
gen über die Storungen im „seeli-
schen Haushalt“ der Frau, und eine
mögliche Hilfestellung durch den
Hausarzt, den Gynäkologen, Interni-
sten, Kinderarzt und Psychothera-
peuten aufgezeigt
1200 Teilnehmer, darunter über-
wiegend junge Ärztinnen und Ärzte,
besetzten die Kurse für tiefenpsycho-
logische Marchendeutung, Hypnose,
autogenes Training und nonverbale
Aufbereitung von Konflikten durch
die sogenannte „konzentrative Bewe-
gungstherapie“. Gerade weil Frauen
weit häufiger als Männer den Tränen
über ihre unbewätigten Probleme
freien Lauf lassen, während das ge-
standene Mannahiid allenfalls soma-
tisch leidet oder zum Suchtverhalten
Zuflucht nimmt, sehen Ärzte in sol-
chen Therapien Ansatzpunkte zur ge-
meinsamen Konfliktbewältigung.
Insbesondere jüngere Frauen und
Minner geben amriinwnd traditio-
nelle HaHnngan au£ werden zu zärt-
lich mit dem Nachwuchs schmusen-
den, sich gegenseitig vertretenden
Jäappis“ und „Pammis“. Der vielzi-
tierte Wertewandel ist im Fluß und
überspült die traditionelle Familien-
struktur.
Konfliktstoff vor allem für die älter
werdende Frau. Ihre Zahl wächst, in
Aachen leben bereits mehr Frauen
Über 75 Jahre (1900), als Kinder neu
eingeschult werden (1800). Bei ihr ist
die Therapie am schwierigsten, wie
der Bayreuther Psychiater Band Kü-
gelgen aus seinem Praxisalltag be-
richtete. Gerade deshalb wird es im-
mer dringender, sich mit ihr und ih-
ren Problemen zu beschäftigen.
WETTER: Heiter
Zu ergötzen die Herzen mit Singen und Scherzen
Wetterlage: Ein Hochdruckgebiet mit
Schwerpunkt über dem Alpenraum
bestimmt das Wetter. An seiner Nord-
flanke ist milde Meeresluft nach
Deutschland eingeflossen.
Vorhersage für Montag :
Im gesamten Bundesgebiet und Raum
Berlin stellenweise Frühnebel. Tags-
über sonnig, zeitweise auch leicht be-
wölkt und niederschlagsfrei- Tages-
höchsttemperaturen 5 bis 10 Grad.
Nachts Abhühiungauf Z bis null Grad,
im Süden leichter Frost. Schwacher
Wind, vorherrschend aus Süd bis Süd-
west
Weitere Aussichten:
Wolkig bei wenig geänderten Tempe-
raturen
Temperaturen am Sonntag . 13 Uhr:
Sj*n»i l3bBtota.wfca&MFC. «natadia*
= nUai «Springen, «fegen *SdneeUl TSdim
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Brüssel
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Stockholm
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Budapest
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Tel Aviv
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Bukarest
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Tunis
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Helsinki
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Wien
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Istanbul
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Zürich
.5°
Sonnenaufgang* am Dienstag : 7.14
Uhr, Untergang: 17.57 Uhr; M ondanf-
gang: 9.34 Uhr. Untergang: 0.13 Uhr
•in MEZ, zentraler Ort Kassel
DIETHART GOOS, Hamburg
Wer Pech hat, kann an einer zugi-
gen Stelle des großen Festsaales pla-
ziert werden. Oder man hat Tisch-
nachbarn, mit denen ein Gespräch
über vier Stunden etwas mühsam
werden kann, wenn, nanh immer
neuen Konversationsübungen die
Themen ausbleiben. Das Menü ist or-
dentlich, Gourmets geraten dabei
aber gewiß nicht in Verzückung.
Denn es kann schon passieren, daß
die Suppe kühl und das Halbgefrore-
ne lau serviert wird. Und dennoch übt
dieser Abend im Hamburger Rathaus
eine einzigartige Faszination aus.
Nicht ohne Stolz sprechen die Ver-
antwortlichen des Protokolls von
dem wohl begehrtesten festlichen
Abendessai im ganzen Lande.
Die jährliche Matth ia e -Mahlzeit, ze-
lebriert gegen Ende Februar am Na-
menstag des heiligen Matthias oder in
direkter zeitlicher Nähe, ist das älte-
ste Gastmahl auf deutschem Boden.
Seine Ursprünge gehen auf das Jahr
1356 zurück. Das „Convinium eines
Ehrbaren Rates“ bat die „Hamburg
wohlgesonnenen Mächte“ zu einem
opulenten Essen, um die zum Jahres-
anfang vom Bürgermeister vollzoge-
ne Geschäftsverteilung unter den eh-
renamtlichen Senatoren öffentlich zu
verkünden.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich
die Prozedur geändert, der eigentli-
che Anlaß ist nicht mehr gegeben,
geblieben ist aber mit dem Matthiae-
Mahl ein willkommener Anlaß des
Senats der Freien und Hansestadt
Hamburg, Politiker, Diplomaten,
Wlrtschaftsführer, Kaufleute, heraus-
ragende Persönlic h keiten des öffent-
lichen Lebens als besondere Gunst-
bezeigung oinTiilaripn.
Wer zu den Auserwählten gehört,
am Freitag abend waren es neben
dem Hausherrn Klaus von Dohnanyi
und seiner Frau Christa 365 Gäste,
der kann eines eindrucksvollen
Schauspiels im bald hundertjährigen
Rathaus si cher sein. Welches Dinner
bei Kerzenschein wird schon von ei-
ner Tafelmusik umrahmt, die Georg
Philipp Tele mann anno 1711 e»ge ns
für die Matthiae-Mahlzeit komponier-
te und in die Partitur schrieb: . . zu
ergötzen die Heizen mit Singen und
Scherzen, weü Hamburgs regierender
Götterkreis lacht“.
Und welche Tafel wird schon so
üppig mit Senatssilber geschmückt,
das gottlob wohlbehalten etliche
Kriegswirren überstand. Kostbare
Kelche, weit ausladende Leuchter,
Tafelaufsätze, schwere Silberplatten.
Und dazu für jeden Gast das tradi-
tionsreicbe Süberbesteck. Ungeniert
darf man Messer, Gabeln und Löffel
wenden, um das Alter zu ergründen.
Da kann es schon sein, daß man mit
Bestecken speist, die ein Senator im
17. Jahrhundert der Stadt beim Aus-
scheiden aus dem Amte schenkte.
Dabei zu sein, bedeutet großes ge-
sellschaftliches Prestige. Um so mehr
war mancher Notable in diesem Jahr
irritiert, als die sehnlichst erwartete
Einladung ausblieb. Klaus von Doh-
nanyi persönlich hatte die Gästeliste
durchforstet manche Namen getilgt
imri dafür neue hinzugesetzt An die-
sem Ereignis, das immerhin etwa
70 000 Mark aus der arg strapazierten
Landeskasse erfordert nahmen auf
Wunsch des Bürgermeisters hochran-
gige Vertreter des Wirtschafts- und
Kulturlebens aus nahezu allen wichti-
gen Zentren der Bundesrepublik
Deutschland und der Nachbarn teil.
So gehörte auch Artur Maul, Direktor
des Volkseigenen Kombinats für See-
verkehr und Hafenwirtschaft in Ro-
stock, zur festlichen Tafelrunde.
Glanzlichter des Abends sind die
Ehrengäste. Am Freitag waren es der
französische Kulturminister Jack
Lang und der baden-württembergi-
sche Ministerpräsident Lothar Späth.
Da sparte Gastgeber Dohnanyi in sei-
ner hunrorvolfhistorisch gewürzten
Begrüßungsansprache nicht mit Ar-
tigkeiten in Richtung Paris und Stutt-
gart Die beiden Politiker von Seine
und Neckar dankten mit vielen Kom-
plimenten für Hamburg und den Nor-
den. Doch es war mehr als nur als
Protokoll und Konvention.
Der sozialistische Kulturminister,
Professor der Rechte und ehemaliger
Schauspieldirektor, spannte den gro-
ßen Bogen der ah enrilänri jgphpTi , der
Kultur des europäischen Kemlandes.
Jack Lang warb für ein europäisches
Kulturprogramm im Fernsehen.
In seiner „Späth-Lese“, er trat erst
nach 23 Uhr an das Rednerpodium,
nahm der Regierungschef aus Stutt-
gart die Anregung aus Paris dankbar
aut Die Europäer sollten sich zusam-
mentun, um europäische Kultur und
Technologie gemeinsam zu nutzen.
Wünschenswert sei ein europäischer
FemsehkulturkanaL Der Beifall für
diese Anregungen war nicht nur
freundlich, sondern war auch Dank
für einen großen Abend im Namen
des heiligen Matthias.
Ein Toter und
viele Verletzte
bei Bränden und
Explosionen
. . dpa, Düsseldorf
Bei Explosicmem und Bränden sind
über das Wochenende in Nordrhein-
Westfalen, Niedersachsen uödBay-
em ein kteiner Junge getötet und 28
Menschen zun Teil schwer vstem
worden. Des* Sachschaden geht nach
Angaben da- Polizei in die Mühonen.
Ursache der Explosionen in einem
dreigeschossigen Wohnhaus in Düs-
seMor£in der Hausmeisterwohnung
einer Dortmunder Realschule und in
einer ehemaligen Molkerei in Soest-
Osttünnen war ausströmendes Gas.
Warum im K e lter eines von 20 türki-
schen Familien bewohnten Hauses in
Rheine Feuer ausbrach, muß noch
ermittelt werden. Ein zwei Jahre alter
Junge, kam am Samstag bei einem
. Wohnungsbrand bei Helmstedt ums
Leben. Er starb an einer Rauchvia-gif-
tung. Die Wucht derExplosion Sams-
tag nacht in dem aus der Vorkriegs-
zeit stammenden Haus in Düsseldorf
riß in Fassade und Rückfront riesige
Löcher. Feuer zerstörte den Rest Die
Bewohner konnten sich retten und
wurden verletzt in Krankenhäuser
gebracht
Größter Käseraab
AP, Parma
Die Polizei der italienischen Stadt
Parma fahndet nach einer minde-
stens zehnköpfigen Gangsterbande,
die den vermutlich größten Käseraub
aller Zeiten inszeniert hat Die be-
waffneten Banditen waren am Freitag
vor Tagesanbruch in eine Käserei ein-
gedrungen, hatten den Eigentümer
und vier weitere Personen in Schach
gehalten und schließlich Parmesan-
käse im Wert von fast einer Million
Mark auf zwei Lastwagen abtranspor-
tiert
Ohne AIDS-Gefahr
dpa. Hamburg
In Hamburg ist mit großem Auf-
wand ein „bahnbrechendes“ Verfah-
ren entwickelt worden, mit dem
AIDS- verdächtige Blutkonserven er-
kannt und ausgeschieden werden. In
spätestens acht Wochen wird das Ver-
fahren in die Praxis eingeiührt sein.
Das erklärte Gesundheitssenatorin
Christine Maring (SPD) auf einem
AIDS-Symposium in Hamburg.
Fastenaktion eröffnet
dpa, Augsburg
Die bundesweite 27. Katholische
Fastenaktion Misereor ist gestern in
Augsburg eröffnet worden. Die Ak-
tion ist vor allem den Gesundheits-
problemen der Dritten Welt gewid-
met; der Schwerpunkt soll beim indi-
schen Subkontinent liegen. Pilger-
gruppen aus dem ganzen Bistum hat-
ten sich am frühen Sonntag morgen
mit selbstgefertigten Kreuzen zu ei-
ner Stern wallfahrt nach Augsburg
auf den Weg gemacht
1000 Weißwale befreit
rtr, Moskau
Die seit Jahresanfang in einer
Bucht im Beringmeer durch Packeis
pingeschlossenen 1000 Weißwale sind
wieder frei Ein sowjetischer Eisbre-
cher hat für die Tiere einen rund 70
Meter breiten Fluchtkanal gebro-
chen.
Familiendrama
dpa, Brüssel
Bei einem Familiendrama im Brüs-
seler Vorort Overjjse haben am Wo-
chenende sieben Menschen das Le-
ben verloren. Der 63 Jahre alte Jozef
Deraymaeker ertränkte sich in einem
Brunnen, nachdem er zuvor sechs
Angehörige erschossen und dami t
seine Familie ausgelöscht hatte.
Mehr Schnee- Leoparden
dpa, Neu-Delhi
Die Zahl der vom Aussterben be-
drohten Schnee-Leoparden in La-
dakh an der indisch-chinesischen
Grenze hat sich in den vergangenen
fünf Jahren offenbar verdoppelt La-
dakh ist die einzige Region der Welt
in der es die Tiere noch gibt
ZU GUTER LETZT
JSer tickt die Schere im Kopf ganz
gewaltig. “ Die FDP-Bundestagsa bge- _
ordnete Hildegard Hamm-Brücher ' 1
auf dem Saarbrücker Parteitag.
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FOUNDED1744
w.
iurnniatL 2 S. F^3arl985 - Nr. 47 - DIE WELT
KULTUR
19
Pankraz, J. Habermas
und die Banalität
igenattig berührt wurde Pan-
Jjkraz bei Lektüre änes Vortrags,
den Jürgen Habermas vor einiger
Zeit in Spanien gehalten hat Haber-
mas besagt da den Verlust utopi-
scher Ferajxdäiven in der Politik,
und er tut das in der umständli-
chen, unfrohen* von Neologismen
veretopften Art, d ie m m einmal sein
Stil ist Aber gegen Ende des Manu-
skripts taucht plötzlich ein klar ver-
ct5nrilfrjhe r r wehmütiger Satz auf;
„Wenn die utopischen Oasen ang.
trocknen, breitet sich eine Wüste
von Banalität und Ratlosigkeit
aus."
„Sieh da“, dachte Pankraz bei
■gfrh , „auch im Päpiergemüt eines
Kathedeacbengstes wohnt die blaue
Blume der Romantik. Auch die
Weltverbesserungspläne dar aller-
neuesten Observanz werden emrig
und altem deshalb ausgetüftelt, weil
einige Zipfelmützen Angst vor der
Banalität haben. Die Utopie ist für
sie dasselbe wie das Actionkino an
der Ecke für die Halbwüchsigen.“
Ein Freund, dem Pankraz seinen
Fund zeigte, meinte, dagegen sei
doch nichts einzu wenden. Auch die
alteren Semester hätten ein Recht
auf Unterhaltung. Das ist natürlich
richtig . Nur ist d&S Hern m hantieren
mit Wehverbesserungs-Utopien in
der Regel etwas folgenreicher als
ein Kinobesuch. Man muß dabei gar
nicht an die relativ seltenen Fälle
Hcnk&n, da die Utopisten die Macht
bekommen, mit ihren Utopien
Eknst zu machen, und - statt Kino-
blut - das reale Blut ihrer Mitmen-
schen vergießen. Es genügt ein
Bück in jene Weltgegenden, wo das
Alltagsleben unter dem Gesetz
utopischer Verheißungen steht
Man wird feststellen, daß es dort
sehr viel banaler und langweiliger
zugeht als in nichtu topischen Re-
gionen- „Die Langeweile von
Minsk“ ist geradezu zum Topos der
neueren Literatur geworden.
Utopie liefert also nicht das Ge-
gengift gegen die Banalität, son-
dern ist im Gegenteil eine ihrer Vor-
aussetzungen. „Banalität“ kommt
vom französischen Je ban“, was,
neben manchem anderen, soviel
wie „öffentliche Ankündigung“
heißt Eine „prodamation banale“
oder Annonce banale“ ist in ländli-
chen Gegenden Frankreichs noch
heute eine öffentliche Bekanntma-
chung. Die Öffentliche Bekanntma-
chung erst verwandelt das Leben in
Banalität nämlich in eine von oben
formierte, eintönig gemachte Ange-
legenheit, bei der möglichst alle das
gleiche tun und denken sollen, ge-
nau wie bei der Utopie, die ja eben-
falls eine öffentliche Ankündigung
ist, ein Angriff auf Privatheit und
Individualität
Es hat in der letzten Zeit - nicht
zuletzt unter dem Einfluß von Ha-
bermas und seinesgleichen - eine
Inflation des Wortes „Utopie“ gege-
ben, dergestalt, daß mittlerweile
auch ganz persönliche Vornahmen
und Zielsetzungen als Utopien aus-
gegeben werden. JUeine Utopie ist,
eine tolle Freundin und einen guten
Ausbildungsplatz zu bekommen“,
sagen heute Schulabgänger. So
konnte der Eindruck entstehen, als
sei utopisches Denken eine pure
Selbstverständlichkeit, ein Denken
auf Ziele hin, die voll im Bereich
übersehbarer Möglichkeit liegen
und kurz- oder mittelfristig einlös-
bar sind. Der Begriff der Utopie
wurde gewissermaßen selber bana-
lisiert und dadurch freilich auch
entschärft
Demgegenüber gilt es in Erinne-
rung zu rufen, daß der politische
Utopiebegriff seit Thomas Morus
und f^rapandla keineswegs eine
Selbstvers tändlichkeit , sondern ei-
ne Zumutung sowohl für ein-
zelnen als auch für die Gesellschaft
ist Er möchte die Menschen ins
Korsett abstrakter, am Schreibtisch
ausgedachter Verordnungen zwän-
gen, und zwar im Namen nicht we-
niger abstrakter, nicht weniger aus-
gedachter Prinzipien, als da rimy
„ Der Neue Mensch“, „Die absolute
Gerechtigkeit“, JDas Paradies auf
Erden“. Der Geist der Utopie ist
tatsächlich nichts weiter als der be-
schränkte Geist des Dorfpolizisten,
der die jeweils neueste Annonce
banale“ verkündet, wobei er nie auf
den . ' Gedanken kommt zu fragen,
wer die Verwalter absoluter Wahr-
hei t en eigentlich sind, die ihm da
die Trommel in die Hand drücken.
Das Fbdertsein auf Utopie wirkt
in zweifacher Hinsicht banalisie-
rend, nach innen wie nach außen.
Zunächst wird da* Utopist mit der
Tatsache konfrontiert, daß sein an-
geblich so unfehlbares Verände-
rungs-Modell prnfftph nicht pftsren
will, immer wieder von der Wirk-
lichkeit ad absurdum geführt wird.
Er reagiert darauf mit dem Versuch,
die Wirklichkeit ihrerseits Ham Mo-
dell anzupagapn, sie an «Thm F-cfcpn
und Enden zu kappen und zu ver-
schneiden, sie „auf Linie zu brin-
gen“, sie zu „vereinheitlichen“. Die
Fälligkeit des Lebens schnurrt ihm
zusammen zu einer grauen Schar
bloßer „Widersacher“, das Utopie-
modell verwandelt sich in einen
sc heußlichen Götzen, dem nur nooh
geopfert werden muß. Jch glaubte
in einen Quell reinen Wassers zu
steigen und fiel in einen Sumpf von
Blut und Dreck“, beschrieb einst
Arthur Koestier seine Erfahrung
mit dem utopisch fixierten Kom-
munismus.
Doch das utopische Geschäft hat
auch eine Au ßenseite, und die
nimmt ebenfalls Schaden. Indem
der Utopiker die Dinge der Welt
stets nur auf ihre mögliche Verän-
derbarkeit abtastet, stumpft er ab
gegenüber den reichen Valeurs des
gplafissn HahinflteBenriftn Das eins
und Soseins. Im vertrauten, schö-
nen Rhy thm us eines unaufgereg-
ten, scheinbar nur sich selbst repro-
duzierenden Alltags vermag er bloß
„Banali tät" zu sehen, die Bemühun-
gen des „Alltagsmenschen“, seine
tägliche Pflicht wi tim, anständig m
bleiben vor Gott und den Mitmen-
schen und dadurch Sinner f ullung
zu finden, sind ihm nichts als Feig-
heit und Anp assung . Zum Schluß
bleibt ihm nur noch die „Ratlosig-
keit“ der Wüste, wie das In dem
oben zitierten Satz von Habermas
so erschütternd zum Ausdruck
kommt.
Auf den Gedanken, daß es gerade
die so emphatisch beschworenen
„utopischen Oasen“ waren, die ein
einstmals blühendes Land durch
die Unmäßigkeit ihrer Sinn-Dräna-
ge in Wüste verwandelten, kommt
Habermas nicht Aber genau da
liegt des Pudels Kern Der Reich-
tum des Lebens, sein Sinn* läßt sich
nicht auf einige Utopieflaschen ab-
ziehen. Wer es dennoch versucht,
versündigt sich an der geistigen
Umwelt Er richtet mindestens so
viel Unheil an wie jene Umweltsün-
der, die die Ozeane ruchlos mit
Dünnsäure „verklappen“.
Körnte die Sehnsüchte itbw Figuren: „DetrTanz'voe Antoine Watteau, aus der Ausstellung in Berlin
FOTO; BINDEK/miEL£
Mit der Melancholie des späten Rokoko - Die große Watteau-Ausstellung im Charlottenburger Schloß
Das Geheimnis des kleinen Murmeltiers
B erlin verdankt Hiasp Ausstellung
Friedrich dem Großen! Er war
ein Bewunderer, ein Fan, ein (wie
man heute gut deutsch sagen würde)
Afidonado Antoine Watteaus. Er be-
saß rund 90 Bilder aus dem Umkreis
des Künstlers imH 14 ei genhändig e
Gemälde. Zwölf Büder befinden sich
heute im Besitz der Staatlichen
Schlosser und Garten und der Ge-
mäldegalerie Preußischer Kulturbe-
sitz in Berlin. Als die Washingtoner
National Gallery und der Pariser
Louvre aus Anlaß des 300. Geburtsta-
ges von Antoine Watteau (1684-1721)
zu ihrer immens en AiiKs tP-Öiing anhn-
hgn kamen sie an Berlin mit seiner
neben Paris bedeutendsten Gemäl-
desammlung dieses Künstlers als
Leihgeber gar nicht vorbei Die Lon-
doner Wallace-Coltection, drittgröß-
ter Watteau-Verwalter, hat mit ihrem
strikten Reglement jedweder Auslei-
herei nhnphin einen Riegel vorge-
schoben.
Wenn auch gegenüber der Louvre-
Darbietung erheblich reduziert, wird
die Schau für Berlin nun zum sprich-
wörtlich krönenden Abschluß jener
Zitterpartie um die „Enschiffüng
nach Kythera“, die mit staatlichem
Engagement und bürgerlicher Initia-
tive (ä 15 Millionen Mark) zum glück-
lichen Verbleib des Gemäldes im
Schloß Charlottenburg führte.
Das Bild, dessen erste Version die
Goncourt-Brüder das „Wunder unter
den Wundem des Meisters“ nannten,
ist jetzt an einem Ehrenplatz im Wei-
ßen Saal, und überdies unverglast, zu
betrachten. Direkt gegenüber, er-
schütternd und bezaubernd, die
Hauptperson dieser Ausstellung: der
„Gilles“ genannte Pierrot aus dem
Louvre. Die Wissenschaft hat die le-
bensgroße Gestalt auf verschiedenste
Weise gedeutet, als Selbstbildnis des
Künstlers, gar als „Ecce-Homo“, den
an seinen Jfitbrüdem leidenden Men-
schen. Heute neigt man »har Ha wi,
dem womöglich als Ladenschild ge-
dachten Bf ld (für ahamaligan
Schauspieler, der ein Cafe betrieb)
die Melancholie wegzudiskutieren.
Dennoch: di eses Zauberbild ist
weit mehr als ein Portrait Es scheint
die Rätsel und Irritationen monu-
mental zu verdichten, die so viele an-
dere Bilder Watteaus auf geben. Zu
einer Zeit, als die italienischen Komö-
dianten aus Paris vertrieben waren,
deutete d i** y Kiinstipr das Theater
als Spiegel des Lebens - und umge-
kehrt Die Menschen der „f&tes ga-
lantes“, die sich in der Natur zu sehn-
suchtsvollen Liebesbegegnungen fin-
den, sind Darsteller eines höchst inti-
men psychologischen Menschheits-
theaters. Sie wenden sich einander
zu. Aber immer wieder gibt es die
„Unbeteiligten, die Rin ««mm , die
Abseitsstehenden“.
„Gilles“ und „Kythera“ sind beide
Gegenstand der Enträtselung in Do-
nald Fosners kürzlich von den
„Freunden der preußischen Schlös-
ser und Gärten" in deutscher Sprache
vorgelegter Watteau-Untersuchung
(Verlag Frölich & Kaufmann, 98
Mark). In beiden Fällen wird der ver-
gleichende Leser und Betrachter
Zweifel empfinden. Erhellend sind al-
lerdings Posners Beiträge zur Ges
schichte des womöglich bedeutend-
sten Stückes der Charlottenburger
Sammlung, des „Ladenschilds des
Kunsthändlers Gersaint“. Tatsäch-
lich hat der bereits todkranke Künst-
ler seihst darauf bestanden, diese un-
gewöhnlich großen Tafeln binnen
kürzester als Geschenk für Ht»n
befreundeten Gersaint zu malen. Es
ist eine besondere Pointe, dieses Ge-
mälde, das man als Watteaus persön-
lichen Kommentar zur Geschichte,
zur Kunst wwr Zeit und zur gängi-
gen Kunstbetrachtung lesen kann,
zugleich als ein Stück -Concent Art“
zu sehen. Mochte doch dieses herr-
lichste alW tJ T jiHAnsi*hi1H«>r IJ 1| Ha« so-
fort die Kauflust von Sammlern
weckte, an der Front des Ge rsa mi-
schen Bildergeschäftes auf dem Pont
Notre-Dame allen Einwirkungen der
Witterungen preisgegeben, als Alle-
gorie von der Vergänglichkeit des Le-
bens verstanden werden. Es wurde
damals freilich schnellstens wieder
abgenommen und verkauft. Heute
hängt das Büd, viel bestaunt, im kö-
niglichen Konzertzimmer in Charlot-
tenburg.
Der Künstler aus Valendennes
(das erst wenige Jahre vor seiner Ge-
burt französisch geworden war) hob
das Genre-Spiel der Niederländer auf
eine höhere Gesellschaftsebene. Die
Eleganz der feineren Gesellschaft
mischt sich mit Kostüm und Maske.
Es ist der Abschied an die alte Hi-
storienmalerei. Watteau geht es nicht
tun erzählte „Handlung“, weder in
den Rüdem von der Commedia noch
bei den Ausflügen in die verführeri-
schen Landschaften (die er im Atelier
erfand). In allem ist Musik. Ist
schwermütig-heiteres Rätsel Und
doch hatten diese allegoriehaften Bü-
der für damalige Betrachter vielerlei
verschmitzte erotische Anspielungen.
Im eindeutigen Zeitalter von Uhse,
Peep & Co. tut man sich schwer, eine
Flöte, einen Spinnrocken, ein Mur ,
meltier noch als das zu erkennen, was
sie gminnl meinen soll ten.
Die Wissenschaft findet in dieser
Schau ein weites Feld, ihre Datierun-
gen und Zuschreibungen zu überprü-
fen. Und die Wohnung Friedrichs H
in Charlottenburgs Knobelsd orff-Flü-
gel ist mehr als nur schöner Umraum:
sie zitiert den königlichen Sammler,
sie macht anschaulich, wie der „Geist
Watteaus“ das friderizianische Roko-
ko prägen sollte. Der Besucher wird
überdies Gelegenheit haben, die fran-
zösischen Gemälde des 18. Jahrhun-
derts aus Friedrichs Besitz in an-
schließenden Räumen des Neuen
Flügels zu besichtigen. Es wäre schön
gewesen, hätten sich für die Berliner
Station nun auch die niederländi-
schen und italienischen Quellen Wat-
teaus anschaulich ausschöpfen las ,
sen.
Wie schon in Paris, so ist auch hier
die Zeichnung ein, neben den Bü-
dero, mehr als gleichwertiges, ein be-
glückendes Erlebnis. Stellen sich der
Forschung bei den Gemälden immer
wieder Probleme der Deutung, der
Korrektheit der Proportion, Zweifel
an der Farbigkeit -die Einzigartigkeit
des Zeichners Watteau ist unbestrit-
ten. Dieser menschenscheue, mitun-
ter sarkastische Küns tl er d«* immpr -
fort seine Wohnungen wechselte und
Hem genauso wenige Lebensjahre
blieben wie zwei Jahrhunderte früher
Raffael, um sein über die Zeiten wei-
sendes, anrührendes Werk zu schaf-
fen, soll ja selbst lieber mit . Rötel
schwarzer und weißer Kreide ge-
zeichnet als gemalt haben. Diese
Zeichnungen, lustvoll schnell die ei-
nen, leuchtend präzise die anderen,
bildeten das Material, aus dem sich
die köstlichem Bild-Inszenierungen
zusammenfugten.
Ob er Rast und Marsch der Solda-
ten schildert, ob er seine Bewunde-
rung für das Theater zu Bildern wer-
den ließ oder das Leben selbst in der
Natur als Schauspiel deutete - nie
bildete er nur ab. Ein Regisseur, ein
lyrischdramatischer Poet, der die
Sehnsüchte seiner Figuren kannte,
da- aber auch die Enttäuschung in
ihrer Seele las. Berlin wird von dieser
Ausstellung bezaubert sein. Sie trägt
den heimlichen Titel Das Wunder
Watteau. (Bis 27. 5^ kleiner Katalog 10
Mark, wissenschaftlicher Katalog, Ni-
colaische Verlagsbuchhandlung, 40
Mark, Handel 58 Mark.)
PETER HANS GÖPFERT
MOnchner Residenztheater P. Löscher inszeniert Brechts „Leben des Galilei“
Ein wenig Klassenkampf in Alt-Rosa
E s ist schon ein Kreuz mit histori-
schen Personen, wenn sie einmal
zur Parabelfigur des Theaters umge-
arbeifet worden sind und die aktuali-
sierte Moral von ihrer Geschieht spä-
ter so aktuell nicht mehr ist Zuerst
wollte Bert Brecht 1938 mit Galilei
lediglich einen Widerstandskämpfer
der Wissenschaft zeigen, dessen Ar-
beit inmitten von Barbarei nicht für
immer widerrufen werden kamt
Nach Hiroshima bot sich eine weitaus
schärfere Moralisäenwg an. Und
s chlie ßlich steigerte sich in der drit-
■ ten Fassung der Physika - in die radi-
? kale Selbstanklage: Ohne seinen Wi-
derruf hätten die Naturwissenschaft-
ler eine Axt hippokratischen Eid ent-
wickeln können.
Daß der Regisseur Peter Löscher
jetzt im Münchner Residenztheater
gewagt hat, aus den drei Fassungen
eine vierte zu gewinnen, läßt einen
nicht gerade vertrauensvoll die neue
Querbeet-Moral -dnes „posbato man-
schen“ Gahfei erwarten.
Verschwunden sind jetzt viele An-
A *pielungen und Sentenzen, mit denen
* Bracht dfeBtem etwchaii ak Klassen-
kämpf und Galilei ab raHürai^n Welt-
: und GeseCschaftsanderer mar-
kiert.
Nicht, daß diese Stilisierung so dia-
fei konnte doch durch seinen Wider-
ruf das revolutionäre Burgertim ver-
fatei-aber Auch Brechts Spiel-Mo-
tor «scheint gedrosselt; Zumal Lö-
scher sich gewissenhaft. m‘ das
Btechfache Einfuhlungsverbot hall.
ohne aber für eine entsprechende Be-
wußtheits-Sprache im Mitdenk-
Tempo zu sorgen.
Für die 13 Szenen mit zusammen
41 genannten Schauspielern hat Rai-
mund Bauer einen hohen grauen
Raum mit schrägen Wänden gebaut
Nur Signal-Möbel (Fernrohr und Bett
für Studierzimmer; Lüster oder Stuh-
le für den Palast). Manchmal Gemäl-
dewirkung durch Lichtmalerei- Sonst
wenig optischer Reiz, sogar die außer-
ordentlich geputzten Baflgaste beim
KarHinal Bellarmin (gefährlich kom-
mod: Karl Obermayr) verdrücken
sich sogleich (zu den Augsburger
Dom-Singknaben nebenan).
Edgar M. Böhlke als Galilei ist ex-
tra unscheinbar gewandet, mit länge-
rem Grauhaar und eher asketisch als
(wie verlangt) ein sinnlich-geistiger
Genießer - ein Galüo, wie er nicht im
Buch steht Er hat sich abermals ak-
tuell angepaßt und könnte ein ehema-
liger 68er sein, deris zum Professor an
*.iner ^onnuniversität gebracht hat
Daß dem „bei gutem Essen am mei-
sten einfällt“, ist unwahrscheinlich.
Da helfen auch kein Prachtpelz und
käme Bieeht-Zigaiie des Etablierten.
In den straffen Denk-Szenen kön-
nen sich die Schauspieler immer nur
kurz profilieren. Nur einmal das ganz
andere Theater, wie ein Angriff auf
die verordnete Kärglichkeit Erwin
Faber als sehr alter Kardinal gewaltig
erzitternd im alttestamentarischen
Zorn, haut das neue Weltbild zusam-
men allein mit dem Satz: „Der Herr
ist anwesend . . Er hat am Schluß
den meisten Beifall
Sn Galileo, der auf die Dauer von
d reieinhalb Stunden eher langweilt
und offenbar keinem mehr weh tut
Hanns Eisler, dessen Mu sik dazu ge-
spielt wixd, hielt einst den Galilei für
„einen der großen Heroen der Arbei-
terbewegung“, und er meinte, da
„muß man Farbe bekennen; und die
Farbe ist rot!“
So gesehen, hielt sich der Heros an
diesem Abend bedeckt Und das Pu-
blikum sah nirgends rot Höchstens
einen anspruchsvollen Bi lderbo gen
in „Alt-Rosa“. ARMIN EICHHOLZ
Waml
BSfcleals GaBtoiHi Mönchen
FOTO: RABANUS
Nur kein Happy-End: Das Kinderprogramm bei den Berliner Filmfestspielen
Auf Suche nach geraubten Schätzen
D as 8. Kinderfilmfestival während
der 35. Beriiner Fümfestspiele
bescherte ein kunterbuntes Pro-
gramm. Allerdings gab es keinen
Klm aus der Bundesrepublik, ein
Symptom mehr dafür, HaB bei uns
der Kinder film nur noch eine jäm-
merliche Evi stanz am Rande fristet —
und auch das Fernsehen, das sich
sonst gern kinofreundlich gibt daran
nichts ändert
Früher galt es als selbstverständ-
lich, Haft ein Kinderfilm glü cklich en-
det Heute ist eher das Gegenteil ver-
bindliche RegeL In dem dänischen
Beitrag JDas Haus meiner Großmut-
ter“ ermordet die Großmutter, alles
andere als aine liebenswerte Mär-
chenfigur, die Braut des eigenen Soh-
nes, um dessen Erbgut jenes Haus
nämiirhj zu re tten. Dem jugendlichen
Publikum schmeckte soviel Melodra-
matik wenig, und die böse Tat der
schlimmen Frau rief als Echo allge-
meines Gelächter hervor.
Dramatisch ging es auch bei der
holländischen NeuverSmung von
„Ciske, die Ratte“ zu, einem Stoff;
den Wolfgang Staudte vor mehr als
zwanzig Jahren als „Ciske, ein Kind
braucht liebe“ erstenmal insze-
nierte. Der arme Ciske wird vom Le-
ben arg gebeutell, tötet seine bösarti-
ge Mutter gar, muß ins Gefängnis,
darf aber am Schluß endlich Glück
und Liebe finden. Ciskes tragisches
Geschick spielt sich vor dem Hinter-
grund der von Wirtschaftskrisen ge-
schüttelten 30er Jahre ab. Dem Regis-
seur Guido Pieters geht es jedoch um
Parallelen zur Gegenwart Ciskes, be-
hauptet er, gebe es noch immer,
selbst wenn sie heute in Häusern mit
zwei Autos und zwei Fernsehappara-
ten lebten.
Hier eine grimmige Großmutter,
dort eine sadistische Mutter, in dem
spanischen Film „Von Mann zu
Mann “ schließlich ein sich ständig
angeifemdes Elternpaar. Die Regis-
seure von Kinderfilmen haben wenig
Erbarmen mit den Eltern - und meist
recht obskure Vorstellungen vom
Kindsein in unserer Zeit In „Mann zu
Mann“ reißt ein alter Mann seiner
Familie aus, die ihn in ein Altersheim
abschieden wilL Der kleine Carlos da-
gegen entflieht seinen Ehern, die in
ihm höchstens ein Objekt für Video-
Filme und Fotoalben sehen, selten
aber ein liebebedürftiges Wesen. In
einem Kaufha us treffen sich der alte
Mann, der an sich Kinder nicht mag,
und der Junge. Dort nisten sie sich
ein, streifen tagsüber durch die Stadt
und ziehen sich abends in ihr Quar-
tier zwischen Schaufensterpuppen
und ausrangierten Matratzen zurück.
So lan g e , bis Carlos Eltern zur Ver-
nunft kommen und die Kinder des
alten Manne s erkennen, daß man
Menschen nicht ausmustem kann
und solL
Von Ausreißern handelt auch Mi-
chel Devihes Film „Die kleine Ban-
de“. Devüle, dessen Thriller „Gefahr
im Verzug“ im Hauptprogramm des
Wettbewerbs lief; erzählt von sieben
kleinen Engländ ern, die sich nach
Frankreich einschiffen und dort auf
eine Gangsterbande stoßen, deren
finstere Pläne sie durchkreuzen. Das
war eine gelungene Mischung aus
Witz und Spannung, die bei Kindern
genauso wie bei Erwachsenen letzt-
lich immer noch am besten ankommt
Ähnlich ist es mit Abenteuerge-
schichten wie „Das Geheimnis des
Moxca“ von Marco Mattolim, in dem
clevere Kinder geraubte Schätze wie-
derentdecken. Dagegen haben es Fil-
me, die belehren oder unverblümt er-
ziehen wollen, wie z3. „Die Bi-
berspur“ aus der „DDR“, wo es um
Umweltschutz geht, bei Kindern
schwer.
Wurde man die Kinder nach ihrem
Liebling unter den Beiträgen des 8.
Kinderfilmfestivals befragen, hätte
gewiß der dänische Film „Busters
Welt“ große Chancen, einen goldenen
„Teddy“ zu gewinnen. Buster, der
10jährige Held der Geschichte, ist ein
Bürsdüein 'mit dem Heiz auf dem
rechten Fleck und ein begabter Hob-
byzauberer noch dazu. Sicher laviert
er sich durch die Welt der Erwachse-
nen und macht, als eine liebe ahn
Nachbarin stirbt, die Erfahrung, daß
Leben und Tod zusammengehören
und Älterwerden auch bedeutet, rieh
nicht bei jeder U nannehml ichkpit in
eine Welt der Märchen und Magie zu
flüchten. Dieser Klm bezauberte,
weil er die Kindertraume und die
Wirklichkeit der Kinderwelt poetisch
verband, was im Kino immer noch
das schönste ist.
MARGARETE von SCHWARZKOPF
JOURNAL
Maulkorbgesetz
für Polens Kultur
JGG. Köln
In Polen trat jetzt ein neues „Rah-
mengesetz für Kultureinrichtung“
in Kraft, das die Theater und Gale-
rien, aber auch Orchester und staat-
liche Chore betrifft. Danach werden
die Intendanten und künstlerischen
Leiter nicht mehr von den Pro-
gramm- und Künstlerbeiräten ge-
wählt, sondern vom Kulturminister
ernannt Künftig besteht nur noch
eine Hälfte dieser Beiräte aus Ange-
stellten der Institution, während die
andere Hälfte von der Partei den
Staatsgewerkschaften und anderen
Massenorganisationen bestimmt
wird. Die Beiräte haben nur noch
beratende Funktion, an die der Di-
rektor nicht gebunden ist Theore-
tisch ist der Leiter bei der Pro-
gramm- und Personalpolitik völlig
frei Da ihn aber das neue Gesetz
verpflichtet, das „Mäzenatentum
des Staates zu berücksichtigen
und die Funktion eines ersten Zen-
sors zu übernehmen, heißt das in
der Praxis, daß der Leiter künftig -
mehr noch als in der Vergangenheit
- zu einer regelmäßigen Abstim-
mung mit dem Kulturministerium
verpflichtet ist
Erinnerung an den
Maler Hanns Bolz
epL Aachen
Mit seiner Ausstellung „Hanns
Bolz (1885 bis 1918) - Ein Künstler
zwischen Expressionismus und Ku-
bismus“ erinnert das Aachener
Suermondt-Ludwig-Museum an
das Werk ging« ei nheimis chen Ma-
lers, der vor dem Ersten Weltkrieg
an den wichtigsten Avantgarde-
Ausstellungen (Brücke, Arroory-
Show, Cafe-du-Döme-Kreis) betei-
ligt war. Bolz, mit Max Ernst und
Otto Freundlich befreundet starb
im Krieg als Soldat an Gasvergif-
tung. Die Aachener Ausstellung zu
seinem 100. Geburtstag (Gemälde,
Plastiken, Grafiken) kommt einer
Neuentdeckung gleich. Sie ist bis
17. Marz zu sehen und wird von
einem Katalog und Dokumenta-
tionsband (zusammen 15 Mark) be-
gleitet
Architekturschau aus
Frankfurt in Paris
AP, Frankfurt
Im Pariser Centre Pompidou
wurde die Architekturausstellung
„Nouveaux Plaisirs de l’Archi-
tecture“ eroffhet Sie war zuvor un-
ter dem Titel „Revision der Moder-
ne“ als erste Ausstellung des neuer-
öffneten Deutschen Architektur-
museums in Frankfurt gezeigt wor-
den (s. WELT v. 1. 6. 84). Die Schau,
die einen Überblick über die Archi-
tektur der Gegenwart vermitteln
win, dauert bis zum 20. April
Literaturpreis von
Bertelsmann gestiftet
dpa, München
Einen literaturpreis hat der C.
Bertelsmann Verlag in München
anläßlich seines 150jährigen Beste-
hens gestiftet Die Auszeichnung ist
mit insgesamt 50 000 Mark dotiert
und soll alle zwei Jahre vergeben
werden, erstmals 1985. In der Regel
würden drei Preise ausgesetzt: Ein
erster mit 25 000 Marie, ein zweiter
mit 15 000 Mark und ein dritter
Preis mit 10 000 Mark. Der C. Ber-
telsmann-Literaturpreis soll die Ar-
beit eines deutschsprachigen
Schriftstellers an einem literari-
schen Werte finanziell ermöglichen.
Bewerber sollten ein Expose ihres
Werks zusammen mit mindestens
50 Manuskriptseiten bis spätestens
zum 31. Mai beim Lektorat des C.
Bertelsmann Verlags in München
einreichen.
Rudolf Hartung t
dpa, Berlin
Der Schriftsteller Rüdolf Har-
tung ist, wie jetzt erst bekannt wur-
de, am vergangenen Dienstag nach
längerer Krankheit im Alter von 70
Jahren in Berlin gestorben. Har-
tung trat sowohl als Kritiker wie
auch als Lyriker und Essayist her-
vor. Von 1955 bis 1960 war er Mit-
herausgeber der „Neuen Deutschen
Hefte“, seit 1963 Chefredakteur und
Mitherausgeber der „Neuen Rund-
schau“. Er veröffentlichte unter an-
derem den Gedichtband „Vor grü-
nen Kulissen“ (1959) und den Es-
say-Band „Kritische Dialoge" (1973)
sowie die Tagebuchnotizen „In ei-
nem anderen Jahr“ (1982).
5. Espriu gestorben
dpa, Madrid
Der als größter Lyriker katalani-
scher Sprache geltende Salvador
Espriu, der mehrfach für den Lite-
ratur-Nobelpreis vorgeschlagen
worden war, ist im Alter von 72
Jahren in Barcelona gestorben. Der
Schriftsteller wurde auch durch
Prosawerke und Dramen bekannt
und hatte sich mit seinem umfang-
reichen Werk in der Sprache seiner
katalanischen Heimat zum Mittler
der verschiedenen Sprachkulturen
in Spanien gemacht 1946 veröffent-
lichte er seinen ersten Lyrikband
Cementiri de Sinera“ (Friedhöfe
von Sinera) und das Buhnenwerk
„Honda de Mort a Sinera“ (Sineras
Todesreigen).